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Kendra

Ich bin genervt. Anders kann ich es nicht beschreiben. Eigentlich gibt es dafür auch keinen anderen Ausdruck, als genau dieses eine Wort. Und auch während der Fahrt zu meiner Arbeitsstelle kann ich dieses Gefühl nicht zur Seite schieben.

In den letzten Jahren habe ich es immer geschafft, meinen privaten Ärger in den Hintergrund zu schieben, sodass er mir auf der Arbeit nicht im Weg steht. Doch während ich durch den dichten Verkehr fahre, ahne ich bereits, dass es mir dieses Mal nicht gelingen wird.

Und das nur, weil der Typ mir näher geht, als er es eigentlich sollte.

Mir ist bewusst, dass das nicht gut ist. Ändern kann ich es leider aber auch nicht.

Immer wieder denke ich darüber nach, was sein verdammtes Problem ist. Sein Freund hat mir zwar gesagt, dass ich es nicht persönlich nehmen soll. Doch irgendwie mache ich das. Schließlich habe ich ihm nichts getan und dementsprechend hat er auch keinen Grund, mich so anzugehen. Und das weckt die Neugierde in mir.

Ich denke sogar darüber nach, ob es etwas mit seinem Job als Soldat zu tun hat. Aus Erfahrung weiß ich, dass diese Männer und Frauen Dinge sehen und tun müssen, die nicht immer leicht zu verarbeiten sind.

Wenn er keine Lust hat, sich mit mir zu unterhalten, soll er es einfach sagen. Um genau zu sein habe ich auch keine Lust mit jemanden zu sprechen, der sich so wenig unter Kontrolle hat, wie das bei ihm anscheinend der Fall ist. Obwohl ich nicht einmal sagen kann, ob es wirklich daran liegt oder einfach, weil er ein Arschloch ist.

Doch wenn ich ehrlich bin muss ich zugeben, dass ich eher zu der zweiten Möglichkeit tendiere. Es ist egal, was einem passiert ist, man sollte schon auseinanderhalten können, wer etwas damit zu tun hat, und wer nicht.

Und ich gehöre eindeutig zu der letzten Gruppe.

Als ich die Praxis betrete, in der ich arbeite, habe ich die Hoffnung, dass ich diesen Mist loswerden kann, als ich einen Blick auf meinen überfüllten Schreibtisch werfe. Ich will mich auf meine Arbeit konzentrieren und nicht weiter an ihn denken. Vor allem deswegen, weil es eh nichts ändern würde. Allerdings brauche ich nicht lange, um festzustellen, dass dies nicht so leicht ist.

Während der nächsten Stunden wandern meine Gedanken immer wieder zu ihm. Dabei ist es egal, wie sehr ich versuche, mich auf andere Dinge zu konzentrieren.

Als ich mich abends auf den Weg zu meiner Schwester mache, habe ich noch immer keine Lösung gefunden, die es mir ermöglicht, besser mit ihm umzugehen. Und das bedeutet, dass ich keine Ahnung habe, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll.

Dieser Mann hat eine Art an sich, die es mir beinahe unmöglich macht, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Und das nicht nur deswegen, weil er den Arsch heraushängen lässt.

„Du hast ja keine Ahnung, was hier zurzeit los ist“, begrüßt mich diese und schließt mich in ihre Arme, nachdem sie ihre Wohnungstür geöffnet hat.

„Was ist denn los?“

Während ich spreche, begutachte ich das ganze Werkzeug, welches im Flur liegt. Außerdem sind irgendwelche Ersatzteile dort noch verteilt, mit denen ich jedoch nichts anfangen kann.

„Neben uns haben sie die Handwerker im Haus, Wasserrohrbruch. Ich kann dir sagen, das ist nichts Gutes. Sie haben keine Ahnung, wie lange sie brauchen werden, da sie nicht absehen können, welche Wohnungen es betrifft. Gerade sehen sie bei mir nach. Bei mir steht zwar nichts unter Wasser und so wie es aussieht, sind die Wände auch trocken, aber sie wollen sichergehen.“

Meine Schwester verzieht das Gesicht und zeigt mir so, dass sie nicht sehr glücklich darüber ist. Doch das kann ich nachvollziehen. Die Vorstellung, dass man meine Wände aufreißen würden, sorgt auch nicht unbedingt dafür, dass ich gute Laune hätte.

„Wenn du willst, können wir uns auch an einem anderen Tag treffen“, schlage ich ihr vor. „Es muss nicht unbedingt jetzt sein.“

Ich sehe kurz an ihr vorbei in den Flur, der zum Badezimmer führt. Dort kann ich zwei Handwerker hören, die sich anscheinend über irgendwelche Messergebnisse unterhalten. Doch genau kann ich das nicht sagen.

„Nein, alles in Ordnung. Wir müssen nur leider in der Wohnung bleiben. Ich kann die Handwerker ja schließlich schlecht hier alleine lassen.“

„Das ist überhaupt kein Problem.“

Kaum habe ich ausgesprochen, ergreift sie meine Hand, zieht mich hinter sich her in die Wohnung und bedeutet mir mit einem Knopfnicken, dass ich mich auf ihr großes Sofa setzen soll.

„Nun erzähl aber mal, wie das neue Haus so ist. Ich gebe zu, dass ich neidisch auf dich bin. Ich hätte auch gerne ein Haus, warte aber, bis ich einen Freund habe und nicht mit allen Kosten alleine dastehe.“

„Du weißt aber schon, dass ich es nur gemietet habe, oder?“, erinnere ich sie und grinse sie dabei frech an.

„Ich weiß. Doch das ändert nichts daran, dass die Kosten eindeutig höher sind, als bei meiner kleinen Wohnung.“

Abwartend sieht sie mich an.

In kurzen Sätzen beantworte ich die Frage meiner Schwester.

Dabei überlege ich aber gleichzeitig, ob ich sie bezüglich meines reizenden Nachbarn um Rat fragen soll. Doch schnell verwerfe ich diese Idee wieder. Ich würde gerne ihre Meinung dazu hören. Doch meine Schwester ist dafür bekannt, dass sie auch gerne einmal über das Ziel hinaus schießt. Sie würde nur alle möglichen Theorien aufstellen, wieso er so darauf ist.

Und in diesem Fall müsste ich zugeben, dass ich mir selber schon den Kopf darüber zerbrochen habe.

Etwas, was ich nicht will.

Es reicht schon so, dass ich den ganzen Tag an ihn denken musste. Da will ich mich jetzt nicht auch noch über ihn unterhalten. Sollte sein Verhalten sich mir gegenüber allerdings nicht ändern, werde ich das auf jeden Fall machen und mir alles anhören, was sie zu sagen hat.

Nachdem die Handwerker verschwunden sind, und zum Glück nichts gefunden haben, bestellen wir uns eine Pizza und sehen uns einen Film an. Auch wenn ich es nicht schaffe, Brady ganz aus meinem Kopf zu verbannen, steht er wenigstens nicht mehr ganz oben, worüber ich froh bin.

Seal Team 9

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