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Auria

Galata, August 1096

Um Himmels willen, wo bist du gewesen?« Der alte Türhüter am Hause des Hypatos Pantaleone riss die Augen auf, als er Auria so unerwartet wiedersah. Dann wurde sein Blick finster. »Du glaubst nicht, welchen Ärger du mir mit deinem Olivenöl eingebrockt hast!«, schimpfte er. Doch schon hellte sich die Miene des gutmütigen Alten wieder auf. »Herr Pantaleone wird sich sehr freuen, dich wohlbehalten wieder zu haben, und erst Frau Laura! Und auch ich bin ganz erleichtert. Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?«

»Ich muss sie dem Hypatos persönlich übergeben«, unterbrach der Soldat. »Ist er zu Hause?«

Der Türhüter schüttelte den Kopf. »Er wird erst am Abend zurückerwartet. Kommt herein. In der Küche findet sich sicherlich auch etwas zu essen.« Die Miene des Soldaten hellte sich bei der Ankündigung deutlich auf und willig trat er herein. Von dem Lärm angelockt, kamen die Küchenhilfen und auch Zofe Laura angerannt. Mit offenem Mund stand sie einen Augenblick vor Auria. Dann versetze sie ihr eine schallende Ohrfeige. Die dritte an diesem Tag.

»Wo bist du gewesen, du undankbares Ding«, heulte sie los.

Auria wusste nicht wohin mit sich. Schmerz, Trauer, Mitleid, Wut und Scham schlugen über ihr zusammen.

»General Boutoumites schickt sie hierher«, kam ihr der Soldat zu Hilfe. Tatsächlich richteten sich alle Augen für einen Moment auf ihn.

»General Boutoumites? Die Stütze unseres Kaisers?«, fragte der alte Türhüter ehrfürchtig.

»Was hat Auria mit einem General zu schaffen?«, rief Laura schrill.

Der Soldat zuckte die Schultern. »Das weiß ich nicht, da müsst ihr sie selbst fragen.«

Der Moment der Ruhe war vorbei, nun drängten wieder alle auf Auria ein.

»Der Venezianer«, stammelte sie.

»Hab ich es doch gewusst!« In Lauras Stimme mischten sich Triumph und Sorge. »Theodoros«, wandte sie sich an einen der Kaufmannsknechte. »Herr Pantaleone muss sofort Nachricht von Aurias Rückkehr erhalten.«

Der junge Mann blickte verärgert auf. Ob es ihm gegen den Strich ging, von der Zofe Befehle zu empfangen, oder ob er weiter zuhören wollte, was Auria widerfahren war, blieb unklar. Doch dann sah er wohl die Notwendigkeit des Geforderten ein, nickte und lief zur Tür hinaus – die kein bisschen knarrte.

»Was hast du mit dem Venezianer zu schaffen?«, fragte Laura scharf.

»Er hat mir versprochen, mir die Stadt zu zeigen, nur den Abend lang, ich wollte zurückkommen. Doch er hat mich mitten in Konstantinopel verlassen«, heulte sie. Mehr wagte sie nicht von ihrem Abenteuer preiszugeben.

»Er hat dich, fast noch ein Kind, alleine in der Stadt gelassen?«, rief die Zofe entsetzt. »Was für ein Unhold! Aber ich habe dich vor ihm gewarnt. Ja, das habe ich!«

Doch als wenig später der Hausherr zu Hause eintraf, fiel Aurias zerrissenes Kleid auf und so kam doch noch die ganze Geschichte heraus. Der Patrizier hörte alles mit steinerner Miene an. »So hast du deine Unschuld an einen venezianischen Taugenichts von der schlimmsten Sorte verloren«, schloss er, als sie geendet hatte. »Während dein frommer Vater dich mir anvertraute, um dich in die Obhut der Kirche in Jerusalem zu bringen.« Er griff sich an die Stirn und stöhnte.

»Aber nein«, rief Auria entsetzt. »Ich bin ihm entlaufen. Gar nichts ist passiert.«

Pantaleone lachte freudlos. »Das kannst du deiner Amme erzählen.«

Laura atmete scharf ein und blickte verletzt. Doch dann schien ihr etwas einzufallen. »Das lässt sich ja überprüfen«, behauptete sie. Pantaleone sah sie fragend an und sie wandte sich an ihren widerspenstigen Schützling. »Ich muss dich untersuchen«, stellte sie streng fest. »Ob du noch, nun ja …«, sie suchte nach dem richtigen Ausdruck, »… intakt bist.« Sie errötete selbst bei dem Wort und da verstand auch Auria, was gemeint war.

»Das ist doch wohl die Höhe«, rief sie empört. »So eine Peinlichkeit!« Doch ein Blick Pantaleones ließ sie sofort verstummen.

»Bring es am besten gleich hinter dich«, wies er Laura schroff an. »Und Begunia geht mit euch«, er gab der alten Küchenmagd einen Wink. Auria wollte protestieren, wagte es dann aber doch nicht. Vor Scham und Wut stiegen ihr die Tränen in die Augen.

»Los, ab mit euch«, befahl der Patrizier.

Nach dieser Episode wurde Auria nun gänzlich in ihre Kammer verbannt. Auch die Arbeit im Infirmarium erlaubte Pantaleone nun nicht mehr. Am folgenden Tag durfte sie wenigstens für das Abendessen in die Halle kommen.

»Ich habe den Fall im Rat vorgebracht. Ab sofort ist es den Venezianern streng verboten, unser Kontor zu betreten. Der Verbrecher selbst, dieser Tristano, wurde außerhalb des Venezianischen Kontors übrigens noch nicht wieder gesehen. Foscari, ihr Hypatos, behauptet aber, er befände sich nicht dort, und gar nicht mehr in Galata. Aber wo soll er schon sein? Hat er sich vielleicht diesen Bauern auf ihrem Kreuzzug angeschlossen?«, schimpfte der Hausherr und blickte Auria an, als sei sie auch noch schuld daran, dass der Übeltäter nicht auffindbar war. »Und er hat noch die Unverschämtheit zu behaupten, dass ja kein bleibender Schaden entstanden sei und so Venedig auch keine Entschädigung zu leisten habe! Unser aller Ehre hat er in den Dreck gezogen, dieser Mistkerl!«

Das Spital zu Jerusalem

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