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3. Eintritt in die Klerikerlaufbahn

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Das Datum des Jahres 1306 zeigt: Wilhelm von Ockham war für die Klerikerlaufbahn bestimmt. Als Subdiakon beschritt er die erste Stufe einer Leiter, die ihn bis zum Priesteramt qualifizieren sollte. Von einer Priesterweihe ist später nicht die Rede. Allerdings wäre sie vorauszusetzen, wenn ein anderer Hinweis auf geistliche Betätigung wirklich auf Ockham zu beziehen sein sollte: Ein Register des Bischofs Dalderby von Lincoln erwähnt, dass am 19. Juni 1318 einem Franziskaner Wilhelm von Ockham gestattet wurde, die Beichte abzunehmen.17 Das passt jedenfalls gut. Die Franziskanerstatuten von 1316, die also jetzt mit Sicherheit schon in Geltung waren, bestimmten, dass niemand als Beichtiger außerhalb des Ordens zugelassen werden sollte, ehe er nicht das dreißigste Lebensjahr vollendet hatte18 – dieses Alter hätte Ockham eben erreicht. Und die Datierung seiner Oxforder Sentenzenvorlesung ergibt, dass er im Jahre 1318 in Oxford gewesen sein muss, wo in der Tat der Bischof von Lincoln für ihn zuständig gewesen sein dürfte.

Allerdings wird in einer Londoner Handschrift eben dieser Wilhelm von Ockham unter diejenigen Brüder gerechnet, die zwischen dem 12. April und dem 8. September 1328 gestorben sind.19 Das scheint zunächst gegen eine Identität mit dem Theologen und Philosophen zu sprechen, der erst im Jahre 1347 starb20 , muss ihr aber nicht zwingend widersprechen. Als „Ableben“ mag ein übereifriger Schreiber auch Ockhams Flucht aus dem päpstlichen Avignon und seine Exkommunikation verbucht haben, die just in den genannten Zeitraum fällt; möglich ist es auch, dass diese Flucht Gerüchte über einen etwaigen Tod Ockhams nach sich gezogen hatte, die allzu rasch für wahr gehalten wurden. Freilich sind beide Varianten hochgradig spekulativ, so dass die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, dass es sich schlicht um einen anderen Wilhelm aus demselben oder einem anderen Ort namens Ockham handelt – und damit hätte man für die Frage seiner klerikalen Weihen nichts gewonnen.

Auch unabhängig von solchen Weihen, die nicht auszuschließen sind, ist aber die Tatsache der Weihe zum Subdiakon schon für sich genommen von Bedeutung, macht sie doch den Wechsel in ein anderes soziales Bezugssystem, den der Eintritt in den Franziskanerorden bedeutete, auch zu einem rechtlich gesicherten Akt: Als Kleriker ist Ockham Angehöriger eines anderen genus, eines anderen Geschlechts als die Laien21 und verfügt damit auch über einen besonderen rechtlichen Schutz vor weltlichem Zugriff.

Später wird er die einseitige Herrschaft der Kleriker in der Kirche immer wieder scharf kritisieren, er wird den Laien das Recht auf Mitsprache in Glaubensdingen zusprechen, ja erwägen, dass allein noch die Laien im Besitz der christlichen Wahrheit seien – aber er ist und bleibt selbst Kleriker. Für seine eigene Biografie dürfte dabei zu diesem Zeitpunkt bereits die Bedeutung der klerikalen Zugehörigkeit vor allem darin bestanden haben, dass den Klerikern der Weg in die Universitätslaufbahn offen stand. Die spätere Gleichsetzung von „Laien“ im rechtlich-religiösen Sinne und Ungebildeten hat ihren Grund darin, dass bis ins 14. Jahrhundert universitäre Bildung allein den Klerikern zukam. Die Weihe könnte also schon im Blick auf die angestrebte akademische Laufbahn erfolgt sein, die Ockham wohl wenig später einschlug.

Wilhelm von Ockham

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