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11. Vor- und Nachteile der Kohlekraftwerke in Deutschland

Strom in Deutschland - erzeugt von fossilen Energieträgern.

Noch im Jahr 2014 erzeugten deutsche Kohlekraftwerke ca. 43% des gesamten Bruttostroms für die Bevölkerung. Damals ergab die zusammengefasste Summe aus Erdgas und Mineralölprodukten sogar rund 54%.

Quelle: Statistisches Bundesamt).

Fossile Energieträger waren damals die wichtigste Energiequelle für die Industrie, die deutsche, Haushalte, richtiger gesagt für die gesamte Wirtschaft. Im Zuge der angestrebten Energiewende werden die Kohlekraftwerke ihre Bedeutung verlieren und irgendwann keine Rolle mehr spielen. Da die Energiewende „ins Stocken geraten ist“, wird bis 2038 weiter auf Kohlekraftwerke zurückgegriffen werden.


Ganz im Gegenteil. Wir müssen schnellstmöglich auf die jetzigen Kohlekraftwerke verzichten. Die obige Emissionsgrenzwerte-Aufstellung sollte nur zum Nachdenken animieren.

Keines der weltweiten Kohlekraftwerke, außerhalb Deutschlands erzielt auch nur annähernd solche niedrigen Schadstoffwerte.

Außer,… dem CO2 neutralen Kohlekraftwerk in Indien.

Wenn man bedenkt, dass das gesamte Genehmigungsverfahren fehlerhaft war und der Europäische Gerichtshof im April 2017 in seinem Urteil festgestellt hat, dass die Genehmigung zum Bau nicht hätte erteilt werden dürfen, da die Umweltverträglichkeit nicht korrekt geprüft worden sei, kann man kein Verständnis für die Verwaltung aufbringen.

Es ist wie immer: Niemand ist für das Fehlverhalten verantwortlich.

Vattenfall, verklagte die Bundesregierung, nach den Regeln des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID)vor einem Schiedsgericht auf 1,4 Milliarden Euro. Außerdem wurde eine Klage vor dem OVG Hamburg geführt.

In beiden Verfahren musste die Bundesrepublik einem teuren Vergleich zustimmen.

Es ist genau diese Tatsache, die eines erweiterten Kommentars bedarf.

Internationale Schiedsgerichtsverfahren nach den Regeln des: Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID).

Die meisten Leser werden sich noch gut an die Verhandlungen, des letztendlich gescheiterten Freihandelsabkommens TTIP, erinnern können. Dort verhandelten die EU und die USA nicht nur über Zölle und Produktstandards, wie es uns lange weis gemacht wurde, sondern auch über den sogenannten Investitionsschutz.

Bei diesem Investitionsschutz hätten europäische und US-amerikanische Unternehmen vor internationale, aber private, Schiedsgerichte ziehen können, wenn sie ihre Investitionsentscheidungen aufgrund politischer Entscheidungen in den Vertragsstaaten gefährdet gesehen hätten. Diese Schiedsgerichtsverfahren können bereits bei einer Gefährdung eingeleitet werden. Die USA machten die Verankerung von privaten Schiedsgerichtsverfahren im TTIP-Abkommen zur Grundbedingung. Im deutsch-kanadischen Handelsabkommen CETA ist der umstrittene Investitionsschutz fest verankert worden. **

Das Problem besteht darin, dass was ursprünglich als Schutz vor staatlicher und juristischer Willkür gedacht war, von den global aufgestellten und agierenden Konzernen mittlerweile weltweit als Machtinstrument benutzt wird.

Diese Schiedsgerichtsverfahren erteilen den klagenden Unternehmen „die Lizenz zum Ausplündern“. Inzwischen läuft die einstmals als Investitionsschutz gedachte Regelung komplett aus dem Ruder. Die Konzerne werden von einer „Horde“ gewiefter und spezialsierter Wirtschaftsanwälte unterstützt, die ständig und auf eigene Faust mögliche Entschädigungsfälle recherchieren, um dann entsprechende „Global Player“ dazu aufzufordern, Staaten und Länder vor einem privaten Schiedsgericht zu verklagen.

Wie weit diese Art der „provozierten“ Klagen mittlerweile gediehen ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass mittlerweile Investoren, die Klagen von Konzernen vorfinanzieren, um später einen Teil der Entschädigungssumme als Rendite einzustreichen.

Das Resultat solcher Verhaltensweisen:

Früher gab es Jahre ohne ein einziges Verfahren.

Das ist heute ganz anders.

** Nach dem Brexit, brachte der britische Premier Boris Johnson ein solches Handelsabkommen mit der EU, explizit in weitere Verhandlungsgespräche ein. Sollten sich die EU-Verhandlungspartner darauf einlassen, wären sämtliche EU-Standardbestimmungen mit einem Schlag ausgehöhlt.

Am größten privaten Schiedsgericht, dem bereits mehrfach erwähnten Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) mit Sitz bei der Weltbank in Washington, sind ständig mehr als 200 Verfahren anhängig.

Deutschland ist dort einer der als „Antragsgegner“ gelisteten Staaten. Bereits 2012 verklagte der schwedische Energiekonzern Vattenfall aufgrund eines Investitionsschutzabkommens mit Schweden, das deutsche Wirtschaftsministerium auf mehr als vier Milliarden Euro Entschädigung. Dem folgte 2017 das Verfahren wegen des Kohlekraftwerkes Moorburg, bei dem Deutschland einem teuren Vergleich zustimmen musste. Im Fall der Klage aus 2012, hat das internationale Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten (ICSID) in Washington seine Zuständigkeit für den Fall ICSID Fall-Nr. ARB/12/12)erklärt. Der Vorgang betrifft die Abschaltung der AKW Brunsbüttel und Krümmen. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen worden. Das hängt allerdings damit zusammen, dass die Bundesrepublik die Zuständigkeit des ICSID angezweifelt und beantragt hatte, die Klage daher abzuweisen. Dabei hatte sich die Bundesregierung auf eine EuGH-Entscheidung vom März 2018 bezogen. Bei diesem Urteil ging es um Schadenersatzklagen von Unternehmen aus der EU gegen einzelne Mitgliedsstaaten. Mit dem Urteil hatte der EuGH einen Schiedsspruch in Milliardenhöhe zu Gunsten eines Unternehmens komplett kassiert und damit aufgehoben. Dagegen wehrte sich Vattenfall mit der Feststellung, dass das Verfahren Vattenfall gegen die Bundesrepublik auf dem europäischen Energiechartavertrag beruht, der ein multinationalles Abkommen ist, das auch von der EU unterzeichnet wurde. Das von der Bundesrepublik Deutschland angeführte EuGH-Urteil beruhe hingegen auf bilaterale Verträge zwischen Staaten. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, die Entscheidung prüfen zu wollen.

Die Brisanz liegt darin, dass mit den Schiedsgerichten die demokratischen Gesetzgebungen einzelner Staaten unterwandert werden.

Fakt ist, dass es sehr selten vorkommt, dass ein Konzern nach einem Prozess vor einem privaten Schiedsgericht leer ausgeht.

In der Regel verlieren die Staaten.

Weil man bei privaten Schiedsgerichten weder in Berufung gehen kann noch Revision einlegen darf, versuchen manche Staaten die Entschädiggungszahlung zu mindern, indem sie politische Zugeständnisse und Kompromisse machen.

Der Weg vor ordentliche Gerichte in den jeweiligen Ländern ist unwiderruflich versperrt.

Es sprechen keine Berufsrichter Recht. Es sind hochbezahlte, von den Parteien bestellte Juristen, die verbindlich entscheiden.

Interessant ist zu wissen, dass wir, die Deutschen, den Investitionsschutz „erfunden haben“. In den 1960er Jahren fingen deutsche Firmen an, im Iran und Pakistan und in weiteren Entwicklungsländern zu investieren.

Damals traute niemand der dortigen Justiz. Um eine gesicherte Investitionslage garantieren zu können, ließ sich Deutschland von den jeweiligen Regierungen vertraglich zusichern, dass sie anstelle der jeweiligen nationalen Justiz ein internationales privates Schiedsgericht als Gericht akzeptierten. Damit sollten investitionsbereite Unternehmen in den Ländern a gesichert werden. Bei einer Schädigung oder Enteignung sollten sie den Staat auf Entschädigung verklagen können. Jetzt fällt uns dieses „Druck“-Verhalten auf die eigenen Füße.

Das fast schon frivole an der Ganzen Sache ist, dass dieses Recht natürlich auch für (hier in diesem Falle) iranische und pakistanische Unternehmen galt, die in Deutschland investierten. Da es damals solche Fälle jedoch nicht gab, waren die sogenannten Investitionsschutzabkommen für die entwickelten Staaten völlig risikolos, während den Schwellen- und Entwicklungsländern keine andere Wahl blieb, als zu unterschreiben, wenn sie Unternehmen aus dem Ausland ansiedeln wollten. Aufgrund des Ungleichgewichtes kam es dazu, dass immer mehr solcher „fragwürdigen) Investitionsschutzabkommen geschlossen wurden. Deutschland hat mittlerweile 130 Verträge unterzeichnet. Weltweit sind über 3.200 Verträge in Kraft. Mittlerweile sieht das Ganze anders aus.

Die Bundesrepublik wird von global agierenden Konzernen vor solchen Schiedsgerichten verklagt. Diese Klagen bewirken, dass politische Entscheidungen im Laufe eines Verfahrens geändert, oft sogar zurückgenommen werden.

Es ist zu befürchten, dass Staaten aus Angst vor einem teuren Schiedsgerichtsprozess auf Verbesserungen des Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutzes verzichten.

Inzwischen haben sich bereits mehrere Staaten geweigert, auslaufende Investitionsschutzverträge zu verlängern. Dem gegenüber steht, dass im Rahmen des Freihandelsab- kommens CETA wieder einen Investitionsschutz vereinbart wurde.

Damit wurde den Großkonzernen tatsächlich ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem sie die beteiligten Staaten, „auf ihre Linie bringen können“.

Während es die hinterfragenden Kritiker vor solchen „einseitigen“ Vor-Sicherheitsleistungen regelrecht graust, lachen sich weltweit die Klageprofis in den Anwaltskanzleien ins Fäustchen. Für sie ist der Investorenschutz ein lukratives Geschäft.

Wie es in der Vergangenheit mit dieser „zweifelhaften Errungenschaft“, den internationalen Schiedsgerichten, gehen kann, zeigen die nachfolgenden Beispiele, die so aus einer Internetveröffentlichung entnommen wurden.

Ecuador musste in einem Fall eine Milliarde US-Dollar zahlen. Das südamerikanische Land hatte dem US-Konzern Occidental Ölförderverträge im Amazonasgebiet einseitig aufgekündigt.

Uruguay wiederum droht eine Schadenersatzforderung des Schweizer Tabakkonzerns Philip Morris, weil das Land unter einem Präsidenten, der als Onkologe gearbeitet hat, den Raucherschutz verschärft hat.

Kanada musste sich aufgrund des NAFTA-Freihandelsabkommens gegenüber mehreren Ölkonzemen verantworten. In einem Fall hatte die Provinz Québec ein Fracking-Moratorium erlassen, in einem anderen sollten Ölfirmen in einen Forschungs- und Entwicklungsfonds einzahlen, der den ärmeren kanadischen Provinzen zugute kommen sollte.

El Salvador kommt möglicherweise der Bürgerprotest gegen eine Goldmine teuer zu stehen, weil eine Firma eine geplante Goldmine nicht mehr eröffnen konnte.

Uruquay musste in Bezug des bestehenden Raucherschutzes, genauso wie die Stadt Hamburg einem Vergleich zustimmen und verschärfte Umweltauflagen wieder aufweichen.

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