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13. „Es gibt kein Menschenrecht auf Wasser“.

Dass er diese menschenverachtende Stellungnahme gleich ab schwächte, indem er die Aussage auf ein fehlendes Wasseranrecht für Swimmingpools und Golfplätze bezog, und zugleich die Herstellung von Biokraftstoffen mit einbezog, da deren Produktion große Wassermengen benötige, zeigt dennoch seinen tatsächlichen Hintergedanken.

Im Folgenden sagte Brabeck-Letmathe und damit auch Nestlé, dass die Menschen sparsamer mit Wasser umgehen, wenn es sie etwas kostet.

Deswegen vertrete er die Meinung: Unbegrenzter Zugang zu Wasser solle kein Menschenrecht sein, sondern jeder, der es finanziell kann, müsse dafür bezahlen.

Nirgendwo sagt er, dass armen Menschen der Zugang zu Wasser entzogen werden solle oder dürfe. Im Ergebnis vertritt der „Nestlé-Mann“ die Meinung, dass er das Wasser, dass jeder Mensch zum täglichen Verbrauch benötigt, also etwa zum Trinken oder Waschen, schon als Menschenrecht betrachte. "Jede Regierung sollte verantwortlich dafür gemacht werden, dass ihre Bevölkerung Zugang zu diesem Menschenrecht hat. Wenn die Menschen das nicht bezahlen können, dann soll die Regierung dafür sorgen, dass sie diesen Zugang gratis erhalten", sagte er etwa in einem Interview mit der Schweizer Zeitung Blick.

Brabeck-Letmathe hat das Menschenrecht auf freien Zugang zu Wasser nie wirklich verneint. Er hat es aber erheblich beschnitten. Soweit das Nestlé Statement, dem Unternehmen, dem unsere dauerlächelnde Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner so zugetan ist.

Eine Expedition in die Welt des Flaschenwassers verdichtet sich zu einer Geschichte über die Strategien des mächtigsten Lebensmittelkonzems der Welt. Am Ende bleibt das Bild einer Firma, die sich weltweit Rechte an Wasserquellen sichert, um den Wassermarkt der Zukunft zu dominieren.

Nestlé selbst sieht sich anders – nämlich als Unternehmen, das dank „Corporate Citizenship“ die Trinkwasserressourcen auf dieser Welt verantwortungsvoll bewirtschaftet.

Das Diagramm sollte uns dennoch zu denken geben.


Für Interessierte -der Hinweis:

Die Vittel-Quellen, -auch dort hat Nestlé seine Hände im Spiel.

Zu welchen Auswüchsen Schiedsgerichte führen können, zeigt Ihnen der unten stehende Bericht deutlich auf.


Eigentlich wollen loan und Viorel Micula nur viel Geld verdienen. Doch seit die Zwillingsbrüder deswegen vor ein Schiedsgericht gezogen sind, stellt sich in Europa eine ganz neue Frage: Was zählt in dieser Welt mehr: Europäische Gesetze? Oder die Entscheidungen privater Schiedsgerichte?

Die Geschichte der in Rumänien geborenen Micula-Brüder beginnt in den neunziger Jahren. Damals kauften sie eine schwedische Firma und nutzten diese, um wiederum in Rumänien zu investieren. Dort, in Großwardein am Fuße des Apuseni-Gebirges, gab es eine Mineralwasserquelle. Die Brüder errichteten eine Abfüllanlage für Wasser, Säfte und Limonaden. Das war auch deswegen lukrativ, weil der rumänische Staat großzügige Subventionen genehmigte. So musste ihre Firma kaum Einfuhrzölle auf Rohstoffe zahlen und keine Mehrwertsteuer auf Maschinen. Gewinne brauchte sie nicht zu versteuern.

In etwas holprigem Deutsch, aber voller Stolz beschreibt das Viorel Micula auf der Internetseite der Firma: "Wir, einige Menschen haben es geschafft, hervorragend zu beweisen dass die Sachen auch in diesem Land gut ergehen können." Es lief sogar so gut, dass sein 18-jähriger Sohn Victor schon mal mit dem Helikopter zur Schule fliegen durfte. Wenn er nicht den Ferrari nahm.

Das alles klingt wie eine typisch postsozialistische Goldgräbergeschichte. Doch der Fall Micula geht weit darüber hinaus. Er zeigt exemplarisch, wie sich manche Unternehmer eine Extrajustiz zunutze machen, die sich parallel zur staatlichen Rechtsprechung immer mehr ausbreitet und so den politischen Spielraum von Regierungen immer stärker reduziert. Binnenmarktes nutzen zu Können, musste aas Land eine ganze Reine europäischer Regeln übernehmen. Die Regierung strich deswegen schon während der Beitrittsverhandlungen Privilegien der heimischen Wirtschaft. Sie brachte ihre Gesetze auf europäischen Standard und reduzierte die Subventionen. Auch die für die Firma der Miculas.

Die Brüder ärgerte das enorm. Sie nahmen sich einen Anwalt, jedoch nicht irgendeinen. Sie heuerten den bekanntesten Fachmann für solche Probleme an. Der zog für sie gar nicht erst vor irgendein rumänisches Gericht. Er wandte sich an das internationale Schiedsgericht ICSID in Washington.

Der Anwalt heißt Emmanuel Gaillard, sein Büro liegt an der Champs-Élysées in Paris. Der Franzose ist ein Star seiner Zunft. "Es gibt keinen, der besser ist oder nur eben so gut. Er übertrifft sie alle", schreibt der Branchendienst Who’s Who Legal. Auf seiner Website rühmt sich der Jurist seines jüngsten und mit Abstand größten Coups: In diesem Sommer hat er für die ehemaligen Mehrheitsaktionäre des russischen Ölkonzerns Yukos Oil ein Verfahren gewonnen. Er erzielte für seine Klienten, wie er selbst stolz schreibt, die "größte Summe, die jemals von einem Schiedsgericht zuerkannt wurde". Wegen unrechtmäßiger Enteignung wurde Russland verurteilt. Die Regierung soll 50 Milliarden Dollar Schadensersatz zahlen.

Gaillard hat für die Yukos-Aktionäre aber nicht in Russland geklagt. Sondern vor einem Schiedsgericht in Den Haag.

Solche Schiedsgerichte gibt es noch in anderen Städten. Zwischen ihnen herrscht reger Wettbewerb, denn es geht um viel Geld. Die Anwälte der Kläger, die der Beklagten und auch die Gerichte selbst verdienen ganz gut an den Gebühren. Das müssen sie auch, schließlich arbeiten dort nicht klassische, vom Staat bezahlte Richter, sondern Juristen, auf die sich die Streitparteien zuvor einigen. Sie werden aktiv, wenn ein Investor sich von einer fremden Regierung um sein Geld gebracht sieht und er sich auf eine "Schutzklausel" berufen kann. Diese Klauseln stehen mittlerweile in zahlreichen internationalen Abkommen. Die Regierungen schreiben sie dort hinein, weil sie glauben, dass ihr Land so für Investoren attraktiver wird. Tatsächlich aber ist in den vergangenen Jahren vor allem die Zahl der teuren Schiedsverfahren gegen Staaten stark gestiegen.

Den Miculas kam zugute, dass ihr Anwalt Gaillard ein schwedischrumänisches Investitionsschutzabkommen nutzen konnte. Weil die Brüder ihre Investitionen über Schweden geleitetet hatten.

Zwei in Rumänien geborene Milliardäre klagen mithilfe eines französischen Anwaltes vor einem Schiedsgericht in Washington auf der Grundlage eines schwedisch-rumänischen Abkommens. Man kann so etwas als Globalisierung der Rechtsprechung bezeichnen.

Oder als Privatisierung.

Zur Erinnerung:

Dies ist keineswegs ein „herausgepickgter“ Einzelfall.

Solche, oder ähnliche Fälle, gibt es zu hunderten.

Seien wir einmal gespannt, was die EU mit Großbritannien aushandelt.

Wenn den britischen Firmen Absatzmärkte wegbrechen, klagen sie halt vor internationalen Schiedsgerichten ihre verloren gegangenen Umsätze ein.

Wir werden sehen, was uns die nahe Zukunft bringt.

Was hier als Satire erscheint, ist Wirklichkeit

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