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4. Das radikale Fragen als Wurzel der Metaphysik

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Inwiefern ist nun das Philosophieren, verstanden als radikales Fragen, der Ursprung sowohl der Metaphysik wie der Kritik an dieser? Zunächst: inwiefern gründet die Metaphysik im radikalen Fragen?

Als das erste Grundthema der Metaphysik ist im Paragraphen 4 die Frage nach dem Sein des Seienden im Ganzen bestimmt worden. Die Möglichkeit dieser metaphysischen Grundfrage nun gründet insofern im Wesen des Philosophierens als des radikalen Fragens, als dieses alles, und das besagt das Seiende im Ganzen, in die Fraglichkeit stößt. Mag das Philosophieren auch damit beginnen, dies oder jenes fraglich zu machen, so wird es doch aus sich selber heraus dahin gedrängt, das Seiende im Ganzen infragezustellen. Die Frage nach diesem aber geht darauf, ob und wie es ist; sie richtet sich demnach auf das Sein des Seienden im Ganzen. Das Philosophieren wird somit im Zuge der Radikalisierung seines Fragens notwendig vor die Aufgabe gestellt, nach dem Sein des Seienden im Ganzen zu suchen, und das heißt: metaphysisch zu fragen.

Auch das zweite Grundthema der Philosophie als Metaphysik, die Frage nach dem Ursprung des Seienden im Ganzen, erwächst aus dem Wesen des Philosophierens als des radikalen Fragens. Was zunächst fragwürdig wird, ist das, was sich selbstverständlich als unfraglich gibt: das nächst Gegebene, die selbstverständliche Umwelt, das, was „vor der Hand liegt“, τἁ πϱόχειϱα, wie Aristoteles sagt (M 982 b 13). An diesem nun wird nicht nur fraglich, ob es so ist, wie es dem nächsten Hinblick erscheint; vielmehr wird, im Zuge der Radikalisierung des Fragens, darüber hinaus auch fraglich, ob es überhaupt ist. Auf diese doppelte Frage jedoch kann das Seiende aus sich selber heraus offenbar keine stichhaltige Antwort geben. Es kann nur darauf verweisen, daß es darum ist und so ist, wie es ist, weil es in seinem Dasein und Sosein in etwas anderem gründet, das ihm die Gewähr seines Bestandes gibt. Die Antwort, die das Fragen nach dem Sein des Seienden von diesem selbst her erhält, ist also die Verweisung auf ein Darum. Die Frage nach dem Sein des Seienden wird auf ein Warum, auf einen Grund und Ursprung des Seienden verwiesen. Das radikale Fragen geht, von der Sache selbst geleitet, auf die „radices“, die Wurzeln des Seienden. Daher auch sagt Aristoteles, das „Staunen“, von dem das Philosophieren seinen Ausging nimmt, richte sich „auf das, über dessen Ursache man in Unwissenheit ist“ 2.

Doch auch vor dem Ursprung, auf den das fraglich gewordene Seiende jeweils verweist, kann das Fragen aus seinem radikalen Wesen heraus nicht haltmachen. Auch dieser Ursprung selber wird fraglich. Will er sich nun dadurch sichern, daß er seinerseits auf ein tiefer Gründendes, ein ursprünglicher Entspringenlassendes, verweist, so wird auch dieses vom radikalen Fragen her in seiner vermeintlichen Sicherheit erschüttert und in die Fraglichkeit gestoßen. Von seinem radikalen Wesen her drängt das Fragen schließlich über alles einzelne Gründende und Entspringenlassende hinaus und richtet sich auf einen möglichen Ursprung des Seienden im Ganzen, auf einen Grund, in dem es gründet, daß das Seiende überhaupt ist und daß es so ist, wie es ist: auf einen Grund und Ursprung aller Wirklichkeit überhaupt. In diesem Sinne bestimmt Schelling die Philosophie als „die Wissenschaft, die … überall auf die letzten Gründe geht“ (XIII 149) 3.

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