Читать книгу Welt des Vâlant - A. B. Schuetze - Страница 4
Träume auf Leinwand gebannt
ОглавлениеAugen … in den Farben des unendlichen Kosmos. Ein intensives Kobaltblau mit winzigen Punktierungen. Augen, bei deren Betrachtung man in den grenzenlosen Weiten des Universums versinken mochte. Ein dichter Kranz tiefschwarzer Wimpern gab ihnen einen geheimnisvollen Ausdruck.
„Du hast wieder mit dem Malen angefangen?“
Sabine stand vor der Staffelei und betrachtete das Augenpaar, dessen Aura sie regelrecht gefangen nahm. So viel Trauer, Schmerz und Pein sprachen aus ihnen. Die zierliche, blonde Frau konnte sich einfach nicht losreißen von diesem Anblick.
„Was meinst du?“, erklang eine Stimme aus dem benachbarten Zimmer. Ein Kopf mit kurzen, schwarzen Locken schaute durch die Tür.
„Ach das. Ja. Nein. Ich weiß noch nicht so recht.“
Die Hände an einem Tuch abtrocknend, schlenderte die junge Frau, zu der dieser freche Bubikopf gehörte, hinüber ins Atelier und blieb neben Sabine stehen. Sie neigte den Kopf zur Seite und ließ ihren Blick über das Bild gleiten.
Immer wieder faszinierten sie diese Augen. Augen, von denen sie in den letzten Nächten so oft geträumt hatte, dass sie diese unbedingt auf Leinwand bannen musste. War es ihr gelungen, die Intensität der Gefühle in den Augen richtig wiederzugeben? In diesen kosmosblauen Augen, deren Traurigkeit sie bis ins Mark erschütterte.
Maximiliane wusste es nicht.
„Ist es die Möglichkeit, dass Augen so schauen können? Sag mir auf der Stelle, wer dafür Modell gesessen hat. Mit diesem Kerl muss ich unbedingt ein Date haben.“
Zutiefst beeindruckt von den Zeichenkünsten ihrer Freundin hatte Sabine mehr vor sich hingemurmelt als mit Maximiliane gesprochen. Eine Gänsehaut lief über ihre Arme. So einen Typen hatte sie sich schon immer gewünscht. Einen Typen mit Augen, die jegliche Facetten von Emotionen zum Ausdruck brachten.
Maximiliane lächelte die kleine Blondine mit dem unbändigen Hunger nach Männern an.
„Kein Modell, Schatz.“
Sie legte einen Arm um die Taille ihrer Freundin und führte sie zu einem der anderen, jedoch noch unvollendeten Bildern.
„Ich habe von ihm geträumt. … Nacht für Nacht erscheint er mir. … Anfangs nur die Augen. Als flehten sie mich an, ihm zu helfen. Aber dann …“
Die letzten Worte waren kaum noch zu hören, so überwältigten sie ihre Gedanken an die Träume.
Sabine schnappte plötzlich nach Luft. Ihre Augen wurden groß. Sie klammerte sich an Maximiliane fest und vergrub ihre Fingernägel in deren Unterarm.
„Sag mir nicht … Von ihm hast du geträumt?“
Ungläubig starrte die junge Frau auf eines der beiden Skizzen vor ihr. Ein Bild von einem Mann. Sie schluckte. Was sie sah, ähnelte der Studie der menschlichen Proportionen von Leonardo da Vinci.
Ein hochgewachsener Mann stand nackt mit gespreizten Armen und Beinen … Ja wo? Noch ließen die dünnen Konturen nur den eigentlichen Akt erkennen. Aber der athletische Körperbau, die wohlproportionierten Muskeln waren durchaus schon sehr vielversprechend definiert. Den Kopf hatte er in den Nacken geworfen und den Rücken durchgebogen. Es schien, als ob er schwebte.
Sabines Mimik war wie eingefroren, als sie den perfekten Penis auf den prallen Hoden wahrnahm. Ihr Gehirn setzte für einen Moment aus. Sie wusste nichts zu sagen. Ihre Urinstinkte wurden geweckt. Speichel lief ihr im Mund zusammen.
„Hallo, Schnecke. Vergiss nicht Luft zu holen. Deine Haut hat bereits einen leicht bläulichen Schimmer angenommen,“ ermahnte Maximiliane, lachte leise und puffte sie leicht in die Seite. „Ich weiß ja, dass er faszinierend ist. Aber ich wusste nicht, dass dich dieser Anblick gleich ins Wachkoma schießt. … Schau! … Hier hab ich dann noch ein Porträt.“
Damit zog sie ein weißes Leinentuch von der dritten Staffelei. Zum Vorschein kam ein atemberaubendes Männerantlitz.
Sabine stieß einen heißeren Quiekser aus und Maximiliane konnte ihr gerade noch ihren Malhocker unter den Po schieben, bevor sie auf den Boden plumpste. Ihre Beine fühlten sich plötzlich ganz weich an und gaben einfach nach.
„Das … das glaube ich jetzt echt nicht. Das … das sieht so … so echt aus. So, als ob er jeden Moment aus dem Bild heraustritt. Max, … ich wusste gar nicht, dass du so … so lebendig malen kannst. Und du bist sicher, dass du von diesem Typen nur geträumt hast und ihm noch nie begegnet bist? … Sorry. Sicher. Du würdest es wissen. So jemanden vergisst man nicht. Ich bin … Keine Ahnung. Mir fehlen einfach die Worte. Das nennt man dann wohl sprachlos.“
„Oder ein Phänomen. Meiner besten Freundin gehen die Worte aus“, meinte Maximiliane und zog eine Augenbraue leicht nach oben.
„Komm schon. Es ist doch nur ein Mann. … Und er ist noch nicht einmal real. Nur eine Traumfigur.“
Während sie mit diesen Worten auch sich selbst versuchte zu beruhigen, fuhr sie wie in Trance mit den Fingern leicht über die von einem Drei-Tage-Bart überschatteten Fältchen um seinen Mund.
Nur ein Traum. Ein Nacht- und ein Tagtraum. … Wer bist du? Was hat man dir angetan? Weshalb musst du nur so leiden? Wenn ich dir doch …
Irritiert sah Sabine eine einzelne Träne über Maximilianes Wange rollen und ihr wurde schnell klar, dass auf jeden Fall mehr hinter dieser Träumerei stecken musste.
„Hey, Süße. Mich hat dieser dunkelhaarige Typ mit der aristokratischen Nase, den dunkelblauen Augen, aus denen der Schmerz aller Welt spricht, und diesem sinnlichen Mund mit den vollen Lippen … Dieser Typ hat mich total umgehauen. Aber dich scheint er ja regelrecht aus dem seelischen Gleichgewicht geworfen zu haben. … Komm, lass uns rüber zur Couch gehen und dann … Dann reden wir.“
Ein etwas wehmütiges Lächeln umspielte Maximilianes Mund, als sie es sich auf dem gemütlichen Sofa im Kolonialstil bequem machte.
Sabine schüttelte schnell einige Kissen auf, damit sich Maximiliane dort hineinkuscheln konnte, und verschwand gleich darauf in der Küche, um einen kräftigen Kaffee zu brühen.
Im Schrank fand sie noch einige Kekse und so kam sie wenig später mit einem Tablett zurück.
„So. Hier ist eine kleine Stärkung und nun erzähl, was es mit dem geheimnisvollen Kerl auf sich hat“, drängte Sabine ihre Freundin.
Minuten des Schweigens vergingen.
Ein tiefer Seufzer entrang sich Maximilianes Brust. Sie nippte an der Tasse und knabberte gedankenverloren an einem Stück Gebäck. Dann schüttelte sie zaghaft ihren Bubikopf und begann zu erzählen.
„Ach, Bine. Ich weiß ja auch nicht so recht. Zuerst war es nur ein Traum. Ich habe ihm gar keine Bedeutung beigemessen. … Als ich dann jedoch immer wieder den gleichen Traum hatte … Ich war so durcheinander. Er sah mich mit solch einem Schmerz an, dass ich nachts mit einem Schluchzen aufgewacht und mein Kopfkissen Tränen getränkt war. Ich bin aufgesprungen und habe das erste Bild gemalt. In den darauffolgenden Nächten wiederholten sich die Träume von diesem Mann. Er schwebte in einer kugelförmigen Kammer. An Hand- und Fußgelenken hatte er dicke … Ich nehme an … Magnetfesseln und um den Hals ein ebensolches Halsband. Wie gesagt, ich nehme es an. Es sah halt aus wie elektronische Fußfesseln oder … ja eben Magnetfesseln. Du weißt schon, ganz so, wie in Sciencefiction-Filmen.“
Maximiliane berichtete alles wie in einem Dämmerzustand, als nehme sie ihre Umgebung nicht wahr. Doch dann machte sie eine Pause und sah ihre Freundin verzweifelt an.
Diese nahm ihre Hände in die ihren und streichelte zärtlich darüber.
Es beunruhigte Sabine, dass diese Träume Maximiliane fast jede Nacht heimsuchten.
Was hatte das zu bedeuten?
Wenn sie nicht dahinter kamen, fürchtete sie, Maximiliane könnte ernsthaft Schaden nehmen und krank werden. Die taffe Dunkelhaarige war eigentlich eine starke Frau und hat ihr schon so oft tatkräftig aus den verschiedensten Miseren geholfen. Zu gern würde sie ihr nun die gleiche Hilfe zukommen lassen. Beide kannten sich schon seit der Krabbelgruppe, wie ihre Mütter immer so gern erzählten. Eine Freundschaft auf den ersten Schrei.
Bei ihren Erinnerungen musste Sabine schmunzeln. Doch dieses kleine Lächeln erstarb, als sie in das gequälte Gesicht ihrer Freundin sah.
„Er sah mich immer so an und bewegte seine Lippen. … So, als wollte er mir irgendetwas sagen. Doch ich hörte kein Wort. Ich verstand ihn nicht. Ich mache mir Vorwürfe deswegen, denn was, wenn ich ihm helfen sollte und nicht konnte?“
Maximiliane drückte fest Sabines Hände und schaute ihr beschwörend in die Augen.
„Max, da ist doch noch mehr? Oder? Du verschweigst mir doch da noch was.“
Sabine spürte es. Sie sah es. Sie wusste es. Da ist noch etwas, was Maximiliane belastete. Wie konnte sie ihr helfen, wenn die ihr nicht alles erzählte. Deshalb nickte sie ihrer Freundin aufmunternd zu und wartete gespannt auf die Fortsetzung.
„Na ja, es ist nicht nur, dass ich nachts von ihm träume. Seit zwei Tagen habe ich das Gefühl, dass meine Gedanken auch tagsüber abgleiten. Die Luft flimmert und dann … dann … Es ist, als ob ich in einen riesigen Spiegel oder eine Luftblase schaue und er direkt zum Greifen nah vor mir erscheint. Ich brauchte nur die Hand ausstrecken und ihn berühren. … Oh, ich habe es versucht. Doch dann ist alles in einem Funkenregen verschwunden.“
Maximiliane hatte ihre Hände mittlerweile denen von Sabine entzogen.
Nun starrte sie in ihre Kaffeetasse und getraute sich nicht, die Frau neben sich wieder anzuschauen.
„Meinst du ich werde verrückt?“, flüsterte sie leise.
Sabine strich wieder eine Träne, die sich aus Maximilianes Augen gestohlen hatte und auf dem Weg in ihren Kaffee war, sachte weg und fuhr ihr leicht über die Wange.
Verrückt? Maxi und verrückt? Auf gar keinen Fall. Maxi doch nicht. Aber verrückt hört sich die ganze Geschichte schon an. Andererseits … Flimmern der Luft … nein, nein, nein. Bei mir ist das was anderes.
Sabine nagt an ihrer Unterlippe, während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen. Davon musste Maxi aber nichts wissen, und so versuchte sie, diese liebenswerte Person zu trösten.
„Auf gar keinen Fall. Komm schon, Schatz. Lass dich davon nicht unterziehen. Wir bekommen das schon hin. … Hast du sonst schon jemandem davon erzählt? Die Bilder gezeigt?“
Als Maximiliane kopfschüttelnd verneinte, stand Sabine auf, ging hinüber zu den Bildern und breitete über ein jedes ein weißes Leinentuch.
„So, Max, damit sind die Bilder erst einmal verschwunden und wir lassen sie vorläufig links liegen. Vielleicht hören deine Träume ja dann auf. Du darfst dich nicht so damit beschäftigen. Du bist so was von auf ihn fixiert, dass dein Unterbewusstsein gar nicht mehr zur Ruhe kommen kann.“
Während die lebhafte, junge Frau danach den Tisch abräumte, kam ihr eine weitere brillante Idee.
„Was hältst du davon? Willst du nicht mit zu mir kommen? Andere Umgebung, andere Nächte und ... andere Träume. … Ach und mir würdest du damit auch ein großen Gefallen tun. … Bitte, bitte, bitte. Nur bis zum Ende der Semesterferien. Komm lass uns die Stadt gemeinsam unsicher machen.“
Sie musste dabei ihren ganzen Charme spielen lassen, wusste sie doch, dass Maximiliane die Stadt nicht so mochte. Ihr war da alles zu hektisch, zu laut, zu dreckig. Sie liebte ihre kleine Mansardenwohnung mit dem Atelier hier am Stadtrand.
Sabine selbst hingegen fuhr total auf den ganzen Trubel einer Großstadt ab. Geschäfte, Reklame, Discos, Männer … Das war ihre Welt.
Und obwohl die Freundinnen so grundverschieden waren, es gab wohl kaum eine so innige Freundschaft wie die der beiden Frauen. Irgendwo ergänzten sie sich auf wundersame Weise.
Sabine zwinkerte noch ein paar Mal mit den langen, schwarzen Wimpern, die ihre leidenschaftlichen, grünen Augen umrahmten. Ein Lächeln legte sich nicht nur um den hübschen, kleinen Schmollmund, nein, auch in den Augen widerspiegelte sich dieses in nicht zu widerstehenden Freudenfünkchen.
Was sollte Maximiliane da nur tun?
Sie musste unwillkürlich lachen.
„Okay, okay … Überredet. Bis zum Ende der Semesterferien.“
***
Schnell hatten die beiden Frauen eine kleine Reisetasche mit den nötigen Utensilien und Kleidungsstücken gepackt und schon waren sie auf dem Weg in die City.
Sabine würde Maximiliane durch alle einschlägigen Boutiquen schleifen, sich mit ihr durch die angesagtesten Nachtclubs tanzen, stundenlang im Eiskaffee sitzen und das rege Treiben auf der Straße beobachten sowie über die Passanten lästern.
Das würde ein irres Vergnügen werden. Für Sabine.
Maximiliane würde Eindrücke sammeln und diese in ihrem Skizzenblock festhalten. Vorausgesetzt sie kämen lebend bei Sabine zu Hause an.
Sie saß mit schweißnassen Händen neben ihrer Freundin in deren schon arg schrottreifem Flitzer, ihrem Ein und Alles.
Sabine war eine leidenschaftliche Fahrerin und nahm es oftmals mit der Verkehrssicherheit nicht ganz so genau. Es beflügelte sie, wenn andere Autofahrer hupten oder ein Blitzer auf sie aufmerksam wurde. Ein richtiger kleiner Verkehrschaot.
„Bine! Bitte! Ich will die Autofahrt, wenn schon nicht genießen, so doch wenigstens überleben.“
Sabine lachte, fuhr mit quietschenden Reifen um die letzte Kurve und parkte rasant mit nur einem Zug in die einzige noch freie Parklücke vor ihrem Hochhaus ein.
„Traraaaa! Da sind wir. Mit mir fährst du ganz sicher. Nix passiert“, laberte Sabine ihre Beifahrerin an, die gerade die Luft aus ihren Lungen entweichen ließ.
Ups. Wie lange hat Maxi wohl nicht geatmet? Eher noch wäre sie wahrscheinlich erstickt, als durch einen Unfall ums Leben gekommen zu sein.
Lachend half Sabine ihrer Freundin beim Aussteigen und bugsierte sie durch die Lobby zum Fahrstuhl, der sie in die 12. Etage brachte, wo eine kleine gemütliche Zwei-Zimmer-Wohnung mit Balkon ihr Eigen war.
Maximiliane liebte den riesigen Balkon, der einen einzigartigen Ausblick über die Stadt bot. Freiheit, soweit man sehen konnte.
Früher, wenn sie als Kind zusammen mit Sabine auf dem Dachboden ihrer Großeltern gespielt und durch das winzige Bodenfenster hinausgeschaut hatte, da hatte sie schon das Gefühl, die ganze Welt gesehen zu haben. Was hätte sie damals zu solch einem Ausblick gesagt? Das ganze Universum?
Von hier oben sah die Stadt so … nun so grün aus. Man mochte sich bei einem Stadtbummel gar nicht vorstellen, wie viele Grünflächen doch hier versteckt waren. Hier … hier oben konnte sie stundenlang stehen und die Weite in sich aufnehmen.
Sabine stellte sich neben Maximiliane und drückte ihr ein Glas in die Hand.
„Mit einem Hugo auf unser ach so tolles Leben. Ist es nicht fantastisch hier. Vor allem … Weißt du, was da draußen für Abenteuer auf uns warten? Wow!“
Die lächelte ihre Freundin an. Sabine konnte sich über alles und jede Kleinigkeit freuen, hinter jeder Situation etwas Positives entdecken, immer und überall das Leben in vollen Zügen auskosten. Sie war schon auf ihre Art ein liebenswertes Unikum.
„Ähm … Wer ist Hugo?“, wollte Maximiliane verdutzt wissen und nippte an ihrem Glas. „Hmmm … lecker. Was ist das?“
Sabine brach in schallendes Gelächter aus.
„Schätzchen, du bist unbezahlbar. … Das ist Hugo. … Prosecco, Limette, Holunderblütensirup … und Minze. Lecker, was?“
Dabei schaute sie, noch einen Schluck Hugo langsam auf ihrer Zunge tanzen lassend, in die Ferne, hinter den Horizont.
„Den heutigen Abend werden wir zu Hause verbringen. Ich habe den Pizza-Service schon angerufen. Wir setzen uns hier hin, süffeln noch ein paar Hugos, schnabulieren unsere Big-Pizza und schauen dem Sonnenuntergang zu. … Was hättest du gern für Musik? Ich kann mit alten Schlagern aufwarten. Für einen Discofox sind die immer gut. … Ich meine nur für den Fall, dass der Hugo dazu verleitet, uns ein wenig peinlich aufzuführen und das Tanzbein sowie die Hüften schwingen zu wollen. Oh mein Gott, was für ein Satz! Hugo verdreht mir schon meine Zunge …“
Beide Frauen mussten herzlich lachen. Sie fühlten sich so herrlich frei von Sorgen. Noch am Morgen hätten sie dies nicht glauben können. Was doch so ein Tapetenwechsel bewirken konnte. Es war eine gute Idee von Sabine. So ließ es sich leben. Auf jeden Fall bis zum Ende der Ferien.
Einige Hugos später, die Sonne verschwand gerade am anderen Stadtende, kuschelten sich die Frauen in ihre Korbstühle und lauschten dem Gesang der Vögel in den Bäumen des gegenüberliegenden Parks sowie den Oldies aus dem Radio. Anheimelnd träumten sie vor sich hin.
Die laue Abendluft und das Gefühl der Geborgenheit entlockten Maximiliane ein genüssliches Schnurren.
Vollkommen zufrieden und mit sich im Reinen waren ihr die Augen zugefallen und ihre Gesichtszüge sprachen von tiefer Entspannung.
Ein winziges Zucken um ihre Mundwinkel und ein sinnliches Lächeln stahl sich auf ihre kirschroten Lippen, die leicht geöffnet waren.
Sabine beobachtete die Freundin und war froh, dass es ihr nun schon besser ging.
Hoffentlich holen sie diese Träume hier nicht ein. Sie sieht so entspannt und friedlich aus. Vielleicht kann sie mir … Ach mach dich nicht verrückt. Es war nichts und es wird auch nicht mehr sein. Einbildung. … Alles nur blöde Einbildung.
Sie wusste nicht, wie lange sie Maximiliane angeschaut und ihren eigenen Gedanken nachgehangen hatte, als die plötzlich zu stöhnen begann. Ihre Gesichtszüge verzogen sich schmerzlich und unverständliche Worte kamen über ihre Lippen.
Stocksteif saß Sabine auf dem Rand ihres Stuhles und konnte sich nicht rühren. Gespannt starrte sie ihrer Freundin auf den Mund, um zu verstehen, was sie da sagte.
Doch das Einzige, was sie vernahm, waren ihr völlig abstruse und unbekannte Begriffe.
Vielleicht eine fremdartige Sprache?
Für Sabine absolut unvorbereitet schreckte Maximiliane hoch und zog scharf die Luft ein.
Sie krallte sich an die Armlehnen ihres Stuhles und versuchte sich zu orientieren. Sie sackte wieder zusammen und Tränen liefen ihr in kleinen Bächen über die Wangen.
Sofort war Sabine bei ihr und nahm sie in den Arm.
„Ist ja gut. Sch … Sch … Sch … War nur ein Traum. Ist schon gut. Du bist hier … bei mir.“
Sie wiegte die junge Frau, bis sie wieder zur Ruhe kam.
„Schatz, du hast im Schlaf gesprochen. Seltsame Worte. Adanwe. Menanim. Kannst du dich erinnern?“, fragte Sabine ihre Freundin, die sich langsam von den Auswirkungen des Traumes erholte.
„Ich habe gesprochen?“, wunderte sich Maximiliane verwirrt.
„Er war wieder da. … Er … Er hat so gelitten und wollte mir etwas sagen. Aber … es war, … wie ein Rauschen beim Telefonieren … Ich habe nur vereinzelte Worte verstanden. Aber ich weiß nicht, …“
Grübelnd massierte sie sich die Schläfen. Sie zermarterte sich den Kopf. Doch da war nichts mehr. Nur Leere.