Читать книгу Welt des Vâlant - A. B. Schuetze - Страница 7
Die andere Welt
Оглавление„Ma'am!“
Ma'am? Was? Ein Mann? … Ein Mann!
Augenblicklich war Sabine zurück aus ihrer Gedankenwelt. Sie schnellte herum, um den männlichen Eindringling von Auge zu Auge gegenüberzutreten. Doch stattdessen prallte sie gegen eine steinharte, muskulöse Brust und ihr blieb für einen Moment die Luft weg.
Instinktiv trat sie mehrere Schritt zurück. Ihre Nase schmerzte, die Wangen brannten. Sie rieb sich über ihr Gesicht, nur um festzustellen, dass alles noch an Ort und Stelle saß.
Langsam ließ sie ihren Blick nach oben gleiten.
Der Mann maß bestimmt mehr als zwei Meter und war gefährlich kräftig gebaut. Dann schaute sie in ein paar haselnussbraune Augen und … ihre Wut, ihr Schrecken waren verraucht.
Augen wie aus Samt. Seine Haut … seine Haut … gebräunt und … lustig. Lange goldene Härchen kringeln sich auf jedem Zentimeter. Sie sprießen sogar aus dem Ausschnitt seines schwarzen T-Shirts heraus. Was muss der für eine Brustbehaarung haben. Oh … die vollen Lippen, sein markantes Kinn mit diesem neckischen Kinnbärtchen. Hm … Das sind dann aber auch die einzigen Haare auf dem Kopf. Die glänzende Platte umrahmt von einem dichten Kranz blonder Stoppeln … Wie ein großer, gutmütiger Teddybär.
Sabine musterte den Fremden, ohne dass ihr klar geworden wäre, wieso er eigentlich hier war. Hier auf ihrem ...
Auf meinem Balkon?
Plötzlich wurde ihr die ganze Situation bewusst. Sie straffte sich und warf den Kopf zurück. Ihre Nase tat zwar noch immer weh, trotzdem zeigte sie in diesem Moment keine Schwäche. Tapfer stellte sie den Eindringling zur Rede.
„Wer sind denn Sie? … Und wie kommen Sie überhaupt hier rein in meine …“, in meine Wohnung, auf meinen Balkon wollte sie sagen. Doch als sie sich umsah …
Sie stand auf einem terrassenartigen Felsvorsprung. Auf der einen Seite ein Tunnel in den Berg hinein, auf der anderen Seite ein Abgrund Hunderte Meter in die Tiefe. Aber in der Ferne erkannte sie die Wiesen, Wälder …
Genau wie sie es erst vor wenigen Minuten Maximiliane beschrieben hatte. Sabine schnappte entgeistert nach Luft.
„Ich bin Gore … Gore Lisgard. Nun und wie der Name Gore schon sagt, ein Wächter. Ich habe Sie in den letzten Wochen schon mehrmals hier in unserem Land gesehen. Allerdings waren Sie bisher immer wieder zu schnell verschwunden, als dass ich Sie hätte … festsetzen können. Heute aber habe ich gleich hier oben meinen Wachposten bezogen … und wie Sie sehen, nicht umsonst.“
Während der Hüne sich vorstellte und sein Anliegen vorbrachte, blitzte es immer wieder belustigt aus seinen braunen Augen.
Sabine starrte ihn mit offenen Mund an und wusste nichts zu erwidern. Er hatte im Gegensatz zu seinem rauen Auftreten eine sanfte tiefe Stimme. Allein diese hätte schon jemanden gefangen nehmen können. Verwirrt schüttelte sie den Kopf.
Ich bin in seinem Land? Welches Land? Nicht nur, dass ich hier bin. Ich bin auch noch einem von ihnen begegnet.
Gerade jetzt würde Sabine ihre Freundin dringend benötigen. Nochmals schaute sie sich um, ob sie auch wirklich nicht träumte.
In der Tat musste sich die kleine Blondine eingestehen, sie befand sich in einer verzwickten Lage. Deshalb beäugte sie erst einmal misstrauisch den Mann, der sich als Gore Lisgard vorgestellt hatte.
„Aber … ich verstehe das alles gar nicht. Wie bin ich denn hierhergekommen? Eben stand ich noch auf dem Balkon meiner Wohnung und nun …“
Abrupt wurde es ihr bewusst.
„Ich bin in ihrem Land … in Adanwe. Sie sind ein Salwidizer. Aber die Barriere … “
„Was zu Teufel … Frau! Kein Mensch weiß so etwas! Wer sind Sie und woher haben Sie dieses Wissen?“
Sabine konnte ihre Gedanken nicht zu Ende bringen, als Lisgard die Entfernung zwischen sich und ihr blitzartig schmelzen ließ und sie derb am Arm packte.
Das schelmische Funkeln in seinen Augen und das sanfte, tiefe Timbre seiner Stimme waren verschwunden. Zurück blieb nur ein argwöhnischer Wächter, der mit allen Mitteln seine Welt zu schützen suchte.
„Also Ma'am. Wer sind Sie und wie sind Sie hierhergekommen? Was wollen Sie hier und woher wissen Sie so viel über unser Volk und unsere Welt?“
Die Schärfe in seinen Fragen und der Griff, der ihren Arm wie in einem Schraubstock gefangen hielt, fachten in Sabine Zorn und Widerspruchsgeist an. Wütend funkelte sie den Kerl an, der es wagte, so mit ihr zu reden.
Sie trat ihm gegen das Schienbein, welches nur ein leichtes Grinsen seinerseits zur Folge hatte.
Er ließ sie nicht los und er bestand auf der sofortigen Aufklärung.
Ein bösartiges Knurren kam aus ihrer Kehle.
„Okay … aber lassen Sie mich erst los. Ich werde nicht weglaufen. Wohin auch?“
Gore öffnete den Griff um ihren Arm und betrachtete die zierliche, temperamentvolle Frau mit nicht minderem Interesse, welches sie vorher an den Tag gelegt und mit dem sie ihn in Augenschein genommen hatte.
„Nun? Ich höre!“
Sabine rieb sich den Arm und atmete tief durch.
„Mein Name ist Sabine. … Sabine Braune“, fügte sie hinzu, als sie bemerkte, dass Gore sie fragend ansah. „Wie ich hierhergekommen bin, weiß ich nicht. … Schauen Sie mich nicht so ungläubig an! Ehrlich. Ich sehe keinen Grund, warum ich lügen sollte. Noch dazu, wo ich es doch selber gern wüsste. … Es ist nur so, dass ich schon öfter unbeabsichtigt hier gelandet war, immer für einen Augenblick. Dachte ich zu mindestens, denn immer wenn ich in meine Wohnung zurückkehrte, waren Stunden vergangen. … Oh Gott! … Stunden. Wie lange bin ich denn jetzt schon hier? Maximiliane. Sie wird sich Sorgen machen, wenn ich weg bin und sie mich nicht finden kann.“
Wütend stampfte Sabine mit ihrem kleinen Füßchen auf, woraufhin sich Lisgard ein Lachen nicht verkneifen konnte. Das war Sabine nun doch zu viel. Sie hatte Sorgen und er lachte einfach. Sie ließ die Schultern hängen und sah die Welt unerwarteterweise nur noch durch einen Tränenschleier.
Dieser plötzliche Umschwung der Emotionen seiner jungen Festgesetzten brachten Gore Lisgard aus der Fassung. War er daran schuld? Verlegen stand er da und räusperte sich.
„Na gut. Hören Sie auf mit dem Weinen. Wir werden das alles klären. Kommen Sie. Wir gehen zu Menanim …“
„Dem Geist der Steine?“, schluchzte Sabine in ihr Taschentuch. Sie konnte das verdutzte Gesicht Gores nicht sehen, doch sie hörte die Überraschung wohl in seinen Worten.
„Ja … aber woher … Ach egal. Wir gehen jetzt zu Menanim und der wird Rat wissen.“
„Und kann er mir und meiner Freundin auch helfen?“
Sabine wollte zuversichtlich klingen, aber es gelang ihr nicht. Verzagt folgte sie Gore in den langen Tunnel des Berges. Ihre Augen wurden größer und größer und wieder einmal verschlug es ihr die Sprache.
Sie liefen nebeneinander durch die unterirdischen Gänge des Berges Omlamo, dem Berg der allwissenden Steine.
Vor Tausenden von Jahren wurden diese Stollen geschaffen. Der Boden bestand aus glatt geschliffenen Edelsteinen in den Farben eines Regenbogens. Dieser Regenbogenweg führte sie direkt in die Vita, die große Versammlungshalle. Die Wände waren in ihrer Urform belassen worden. Unendlich viele Kristalle erzeugten hier ein beinahe magisches Licht, welches so hell erstrahlte, dass keine weiteren Lichtquellen benötigt wurden.
Sabine konnte es gar nicht fassen. All dies hier.
Was würde wohl geschehen, wenn die Menschen Zugang in die Anderwelt bekämen. Nicht nur die beeindruckende Landschaft dieser Welt, nein, jetzt auch noch diese Schätze im Inneren des Berges.
Sie musste schlucken bei dem Gedanken und ihr wurde bewusst, warum die Salwidizer ihre Welt mit einer magischen Barriere schützten und auf strengste Geheimhaltung achteten.
Jetzt bin ich hier eingedrungen. Was werden sie nur mit mir machen? Hierbehalten … für immer? Töten? Aber ich bin ja nicht eingedrungen. Zumindest nicht mutwillig. Freiwillig schon gar nicht. … Und töten? Hat Jacobi nicht gesagt, sie seien friedliebend? Nein, Andreas hatte das gesagt. Doch sollten sie eigentlich auch nur eine Legende sein. Eine Legende, in die ich hineingezogen wurde.
Sie fühlte sich schlagartig nicht mehr wohl in ihrer Haut. Nervosität machte sich breit, ein flaues Ziehen im Magen, ihr Herz schlug bis zum Hals hinauf und ein leichtes Zittern durchlief ihren Körper.
Es war so still hier. Zu still. Nicht einmal ihre Schritte waren zu vernehmen, obwohl sie doch von den Wänden widerhallen mussten. Dafür war ein rasendes Bummern zu hören. Ein dumpfer Ton gleichmäßigen Trommelns. Ihr Herz.
Als sie um die nächste Kurve traten, blieb Sabine wie angewurzelt stehen.
Vor ihnen befand sich ein Tor von der Größe eines mehrgeschossigen Hauses. Der Eingang in die Vita, der Versammlungshalle der Salwidizer. Die Höhe der mit Edelsteinen und Schnitzereien kunstvoll verzierten Flügeltüren vermittelte Sabine erst jetzt die wahren Ausmaße der Tunnel.
Krampfhaft hielt sie sich an Gore fest.
Gemeinsam traten sie durch das Portal und im selben Moment spürte Sabine Tausende und Abertausende Augen auf ihre Person gerichtet. Am liebsten wäre sie in einem Mauseloch verschwunden, wenn es denn ein solches gegeben hätte.
Stolz schritt Gore neben ihr her. Als wäre es das Natürlichste der Welt, zog er Sabines kleine Hand durch seinen muskulösen Arm und gab ihr somit das Gefühl von ein wenig Sicherheit.
Neugierig schaute sie sich in der Vita um.
Eine Galerie verlief an den Wänden rund um eine Höhle, deren Höhe als auch Tiefe man nur erahnen konnte. Kristalle ließen die Höhle in einem gleißenden Licht erstrahlen. Ein überwältigender Anblick.
Wie gebannt blickte Sabine zum Mittelpunkt der beeindruckenden Höhle.
„Die Vita. Die Halle des Lebens. Im Zentrum … das Palam. Es heißt so, weil alle sehen können, was geschieht … also vor aller Augen“, flüsterte Gore Sabine ins Ohr.
„Das Palam, ein Hologramm, erzeugt durch mehrere Speichersteine, zeigt bis ins kleinste Detail die Erdkugel mit all ihren Erdteilen, Ländern und Städten. Im Erdkern befindet sich ein gigantischer silberfarbener Obsidian. Auf ihm zeigt sich der Große Menanim, wenn er zu uns spricht.“
Auf der Oberfläche der Erde schwebten Steine in Farben und Größen, deren Sinn sich Sabine nicht erschlossen.
Noch bevor sie Gore fragen konnte, wurde all ihre Aufmerksamkeit von den Anwesenden auf der Galerie gefangen genommen.
Menschen, nein … Salwidizer, wie sie unterschiedlicher hätten nicht sein können. Und doch …
Sie verkörperten ein Volk, eine Spezies und das sah man ihnen an.
Große starke Männer, denen Stolz, Ruhm, Ehre und Integrität ins Gesicht geschrieben stand. Manch einer von ihnen hatte an seiner Seite eine Frau. Wenige, wenn man bedachte, wie viele Männer hier anwesend waren.
Sabine wollte sich mit ihren Fragen gerade an Gore wenden, als auf dem Obsidian im Inneren des Palam das Gesicht des Großen Menanim, den Geist der Steine, zu flimmern begann.
Sofort erstarben alle Gespräche und es trat Ruhe unter den Anwesenden ein.
Eine kraftvolle sonore Stimme erfüllte die Halle.
„Brüder, Freunde und Gefährtinnen. Wieder haben wir uns versammelt, die Traditionen unseres Volkes zu pflegen, Neuigkeiten auszutauschen und nicht zuletzt, zu feiern. Bevor wir aber mit den Steinweihen und den Seelenbindungen beginnen, lasst uns einen Besucher unter uns begrüßen …“
Von den Worten beunruhigt begann Sabine von einem auf das andere Bein zu treten. Ihr Blut schien aus ihrem Körper zu entweichen und sich im Gesicht zu sammeln. Ihr wurden die Knie weich, als sie bemerkte, dass sie von allen Seiten aufmerksam und neugierig gemustert wurde. Glücklicherweise hatte Gore noch immer ihren Arm eingehakt und gab ihr somit den nötigen Halt.
„Gore Lisgard! Bring uns bitte die junge Dame hier nach vorn auf den Balkon …“
Der Hüne begleitete den Gast durch die Massen nach vorn zu einem Balkon, der der Galerie vorgelagert war.
Ein Blick in die Tiefe und Sabine hatte Mühe, nicht in Panik auszubrechen.
Sie legte auf ein Kopfnicken Gores ihre Hände auf die Markierungen im Geländer, umklammerte dieses aber so fest, dass die Knöchel ihrer Finger schon ganz weiß wurden. Sie vermisste plötzlich die Stärke des Mannes, der sie die ganze Zeit gehalten hatte. Wann war sie nur so von ihm abhängig geworden? War nicht er es, der sie in diese Situation gebracht hatte?
Leises Geflüster war hinter ihr zu hören, bis Menanim weitersprach.
„Brüder, Freunde und Gefährtinnen. Diese junge Frau hat mehrmals die magische Barriere durchbrochen, was vorher noch keinem Menschen gelungen war. Ich habe mich gefragt, wieso? Wieso war sie dazu in der Lage? Also habe ich Informationen gesammelt. Äußerst erstaunliche Fakten sind ans Tageslicht gekommen. Jedoch werde nicht ich es sein, der euch über dieses Phänomen aufklären wird. Es wird diese kleine blonde Menschenfrau sein. Sabine Braune …“
Jeder Salwidizer hatte Menanims Worte gehört. Einige von ihnen ließen stoßweise die Luft entweichen ob der Ungeheuerlichkeit der Informationen, andere stöhnten leise.
Sabine nahm all die Reaktionen in ihrem Kopf wahr.
Eine Menschenfrau hat die Barriere durchbrochen?
Unwiederbringlich?
Irreparabel?
Wie konnte das passieren?
Ist sie für all die seltsamen Ereignisse verantwortlich?
Wie konnten wir, es nur so weit kommen lassen? …
„Ruhe, liebe Brüder, Freunde und Gefährtinnen. Ruhe! Ihr macht doch dieses arme Mädchen ganz kirre. Lasst sie uns doch erst einmal erzählen, was ihr widerfahren ist.“ Und zu Sabine fügte er in einem fast väterlichen Ton hinzu: „Sabine, lassen Sie sich nicht einschüchtern von all den … Männern. Sie verspüren Unruhe in sich und Befürchtungen. Sie machen sich lediglich Sorgen um unsere Welt. Aber eine unserer … sagen wir, Gaben … Obwohl, eine Gabe ist es in Anbetracht der Ereignisse wohl eher nicht. … Ähm … Wir sind frei von Gewalt. Das liegt uns nicht im Blut. Sie sind also absolut sicher in unserer Mitte. Keine Bange, erzählen Sie einfach, ohne Scheu. Bitte.“
Sabine kämpfte gegen ihre Panik und jedes andere Gefühl, welches sich in ihr auszubreiten suchte. Sie schloss für einen Moment die Augen.
Tief durchatmen. Finde deine innere Ruhe. Blende alles aus. … So ist es gut. Noch ein Mal tief durchatmen. Jetzt bist du soweit, Sabine Braune.
Sie öffnete ihre Augen, konzentrierte sich fest auf Menanim und begann, ihre und Maximilianes Geschichte zu erzählen.
Sie sprach davon, wie sie auf ihrem Balkon in die Ferne bis hinter den Horizont schaute und dieses Land entdeckte, an dessen Existenz sie bis dahin nicht einmal glaubte. Sie sprach von Maximilianes Träumen, die sie auf Leinwand gebannt hatte, auch von ihren Tagträumen. Sie erzählte von ihren Nachforschungen, weil aus einem Traum die Begriffe Adanwe und Menanim herauszuhören waren. Sie sprach von ihrer Traumdeuterei und wie sich die Deutung plötzlich wie durch Magie veränderte. Sie sprach von der Legende, der sie nachgingen und von den Ereignissen vor dem Antiquariat. Sie sprach von ihrem heutigen Eintritt in die Anderwelt und wie sie Gore Lisgard begegnet war.
Sabine war nicht nur am Ende ihrer Erzählung angelangt, sondern auch am Ende ihrer Kräfte.
Gore trat neben sie, um ihr von seiner Kraft zu geben. Er legte seinen Arm um ihre schmale Taille und Sabine sah ihm dankbar in seine Augen vom Braun einer Haselnuss.
Was Sabine jedoch während ihrer Erzählung nicht wahrgenommen hatte, statt des Antlitzes Menanims war im Zentrum des Palam ein Spiegel sichtbar geworden. Die Bilder der Erinnerung aus ihrem Kopf wurden direkt auf diesen projiziert und alle Anwesenden konnten wie auf einer Leinwand im Kino sehen, was sich wann und wie zugetragen hatte.
Wieder wurde Gemurmel in der Halle laut und unter den Salwidizern machte sich Überraschung aber auch Unmut breit.
Das konnte nicht sein.
Das durfte einfach nicht sein.
Dieses Gesicht auf Maximilianes Bildern, dieser Mann, der so große Qualen erleiden musste, war allen bekannt. Wer der andere war, den Sabine nicht gesehen hatte, konnte nur eine kleine Gruppe unter den Salwidizern erahnen.
Entsetzt starrten alle Menanim an, der sich mittlerweile zurückverwandelt hatte.
„Brüder, Freunde und Seelengefährtinnen. Ich weiß, was jetzt in euren Köpfen und Herzen vor sich geht und ja … wir sind in großen Schwierigkeiten, die den Untergang unserer Welt zur Folge haben könnten. Doch dies besprechen wir nicht jetzt, nicht heute. Ein jedes zu seiner Zeit. Heute ist die Zeit der Traditionen, die Zeit des Wiedersehens der Familien und Freunde. Lasst mich jedoch noch eine Neuigkeit verkünden. Wie ihr alle wisst, bleibt mir als Geist der Steine … und so schmerzlich es ist, ich muss es gegenwärtig so sagen … es bleibt mir kaum ein Steingeheimnis verborgen. Ich sage kaum, denn immer mehr verschwimmt in den Nebeln. Aber diese bemerkenswerte junge Frau ist im Besitz eines Kleinodes, welches ausschließlich unseren Auserwählten vorbehalten ist. … Sabine … Zeigen Sie uns bitte ihre Kette, die Sie unter Ihrer Bluse tragen?“
„Was? … Wieso? … Woher? …“, stammelte Sabine und schaute mit großen erstaunten Augen Menanim an. Dieser zwinkerte ihr zu und so zog sie ihre Kette heraus und hielt sie hoch.
In ihren Händen erkannten die Salwidizer einen ihrer traditionell gearbeiteten Feueropale und dieser begann in einem feurigem Rot zu leuchten.
Eine Auserwählte?
Wenn ihre Freundin von Richard geträumt hatte, war sie möglicherweise auch …
„Brüder, Freunde und Seelengefährtinnen. Ja, es ist durchaus eine Überraschung. Eine erfreuliche Überraschung. Vielleicht zeigt uns ja diese junge Frau den Weg aus der Krise. Aber nicht jetzt. Jetzt wollen wir mit unseren traditionellen Feierlichkeiten beginnen. … Ich möchte das erste Paar bitten, zur Seelenbindung vorzutreten.“