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Essenz der Gerüchte

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Noch immer stand die junge Frau mit ihrem kleinen Sohn auf dem Arm da und starrte auf den nicht mehr vorhanden Spiegel.

Während der Aufzeichnungen von Sabines Erinnerungen stieß sie einen kleinen Schrei aus. Der Schreck trieb ihr das Blut aus den Wangen und versetzte ihren Körper in eine Starrheit.

Das konnte er nicht sein. Das durfte er nicht sein. Der Mann auf den Bildern, die die Freundin dieser Frau, dieser Sabine gemalt hatte. Auf keinen Fall. Nicht er.

Jean nahm Corri den kleinen David aus den Armen und flüsterte ihr zärtlich zu: „Liebling. … Es wird sich alles klären. Komm. … Wir müssen zu unserer Seelenbindung. Menanim hat uns schon zwei Mal aufgerufen. … Komm, Schatz.“

Auch ihn hatte diese Information zutiefst getroffen.

Doch Jean war ein Salwidizer. Einer von den Alten. Sich jetzt und hier seine Emotionen anmerken zu lassen, lag nicht in seinem Wesen.

Er legte seinen freien Arm um Corris Schultern und führte sie auf den kleinen Balkon, auf dem noch vor wenigen Minuten Sabine gestanden hatte.

Wie in Trance legte Corri ihre Hände auf das Geländer und sprach gemeinsam mit Jean den Eid der Seelenbindung, die einer Eheschließung in der Welt der Menschen gleichkam.

Nach ihnen folgten Hannes und Judith. Zwei Paare … ungewöhnlich für ein Jahr, denn nur wenige menschliche Mädchen mit den richtigen genetischen Eigenschaften erblickten das Licht der Welt.

Man konnte an den Fingern abzählen, wie viele Salwidizer in den nächsten Jahren eine Frau finden würden, um mit ihr eine Seelenbindung einzugehen.

Beim diesjährigen Treffen gab es keine jungen Salwidizer, die ihr dreißigstes Lebensjahr beendet hatten und somit konnten auch keine mit der Steinweihe in die Reihen der Männer aufgenommen werden. Damit war das traditionelle Zeremoniell in der Vita beendet.

Einen jeden Salwidizer zog es angesichts der Neuigkeiten zu seiner Familie. Die Fest- und Feierlaune war, obwohl Menanim nochmals an den eigentlichen Sinn und die Bedeutung der Treffen erinnert hatte, mit den letzten Ereignissen verschwunden. Trauer, Sorgen und Ratlosigkeit machten sich unter den Salwidizern breit. Eine Stimmung, die seit Anbeginn der Zeit noch niemals derartige Ausmaße angenommen hatte.

Die Versammlungshalle leerte sich und nur eine kleine Gruppe blieb zurück.

Jean und Judith versuchten Corri zu trösten, deren Starre sich in einen Weinkrampf aufgelöst hatte.

„Er ist wieder da. … Ich wünschte, ich hätte mich geirrt. … Ich habe ihn gespürt … damals … als ihr weggefahren seid, Georg. … Du, Richard und Conrad“, brachte Corri mühsam zwischen ihrem Schluchzen hervor. Unentwegt flossen die Tränen und ihr Körper wurde regelrecht von unkontrollierbaren Zuckungen geschüttelt.

Georg McCullen lief ruhelos auf und ab. Die Arme vor der Brust verschränkt, um in seinem Zorn nicht irgendwo dagegen zu schlagen. Er war aufgewühlt und stinksauer. Stinksauer auf seine Einheit, die diesen Verbrecher nicht hatte finden können. Stinksauer auf seinen Freund, der unbedingt im Alleingang gewissen Gerüchten nachgehen musste. Stinksauer auf sich selbst, weil er ihn nicht aufgehalten hatte oder mit ihm gegangen war.

Noch vor zwei Monaten war die Welt fast in Ordnung gewesen. Alle hatten so glücklich ausgesehen und auf ein freudiges Wiedersehen zur Zusammenkunft gehofft. Stattdessen sollte sich die Aufgabe des Hohen Rates als erfolglos erweisen und Richard … Richard war, wenn man den Ausführungen dieser Sabine Glauben schenken durfte, ein Gefangener dieses Verbrechers.

Georg verhielt seine Schritte vor Corri, um gleich darauf hilflos und wütend seine Wanderung fortzusetzen.

Vielleicht hätte er Corri und Judith den Schmerz weitestgehend ersparen können, aber er fand keine Möglichkeit, keine Gelegenheit, seinen Freunden die Wahrheit zu sagen. Oder brachte er es einfach nur nicht fertig, ihnen von ihrer Mission zu erzählen? Es machte ihn so … ohnmächtig … so machtlos.

Sabine, die nach dem Meeting nicht wusste, wie es nun mit ihr weitergehen sollte, stand noch immer mit Gore etwas abseits der anderen. Sie beobachtete angespannt die kleine Gruppe.

Es tat ihr sehr leid, dass ihre Erinnerungen so ein Drama ausgelöst hatten.

Der Fremde auf Maximilianes Bildern war scheinbar ein naher Verwandter der blonden Frau. Warum sonst sollte sie so in Tränen ausgebrochen sein.

Betrachtete man das Gesicht ihres Seelengefährten, so sah man in die Augen des Mannes auf den Bildern. Nur fehlte ihnen dieser Schmerz, diese Pein, die Traurigkeit. Vielleicht waren sie ja Brüder?

Auch dieser hochgewachsene Mann, der sein schwarzes Haar in einem Zopf im Nacken zusammengehalten trug, war sichtlich erregt. Seine smaragdgrünen Augen funkelten böse und die Adern an seinem Hals traten deutlich hervor.

Eingeschüchtert rückte Sabine näher an Gore heran.

Er beobachtete ebenfalls die anderen Männer. Er kannte sie gut und wusste, wie nahe ihnen der Verlust eines Freundes ging.

Zwei weitere Männer waren in einen unübersehbaren heftigen Disput verstrickt. Gore und Sabine konnten zwar nicht hören, über was sie diskutierten, doch Gestik und Mimik sprachen Bände. Wild gestikulierten sie mit ihren Armen in der Luft herum.

Plötzlich stürmten sie vorwärts.

„He Leute … sachte! … Immer schön mit der Ruhe. Sagt mir, was ihr wollt und wir können darüber reden.“

Gore konnte sich gerade noch zwischen Sabine und die Männer schieben. Er hielt die Arme zur Abwehr ausgestreckt, sodass die beiden schlagartig stehen blieben.

Was soll das denn?

Verdutzt sahen sie erst sich gegenseitig an, dann Gore.

Nervös fuhr sich Hannes mit der Hand durch sein raspelkurzes, braunes Haar.

„Wir wollen nur mit ihr da reden. Weiter nichts. Also geh uns aus dem Weg“, blaffte er schließlich und beobachtete unbeeindruckt, aus Augen so blau wie ein Bergsee, wie sich Sabine zitternd weiter hinter Gore schob.

Obwohl Gore seine Freunde verstand, galt seine gesamte Loyalität dieser kleinen verschüchterten Frau. Keiner sprach so, weder mit ihr noch mit ihm. Aus seinem Gesicht verschwand jegliche Gemütsruhe und seine Wangenmuskeln zuckten. Es war klar, er würde sich mit jedem anlegen, der Sabine etwas antat.

„Nicht in dem Ton. … Und die da … heißt Sabine. Für euch Frau Braune, wenn ihr euch nicht anders benehmen könnt. … Kommt runter und seht zu, dass Georg sich in den Griff bekommt und dann … dann können wir reden.“

Sich zu Sabine umdrehend fügte er hinzu: „Ist doch okay für dich, oder? Du brauchst dich vor denen nicht zu ängstigen. Die blasen sich nur so auf. Die tun dir nichts. Außerdem werde ich nicht zulassen, dass dir irgendetwas passiert.“

Sabine war, wie so oft in letzter Zeit, sprachlos. Dieser vertraute Ton, diese Gesten. Ein unsicheres Lächeln stahl sich um ihren Mund. Sind sie sich doch erst vor kurzem das erste Mal begegnet und er wollte sie als einen Eindringling festsetzen. Nun jedoch fühlte sie sich in seiner Gegenwart sicher und so … geborgen. Er war ihr Ruhepol.

Langsam kam sie hinter seinem breiten Rücken hervor und nickte verlegen.

Ein weiteres Mal schaute Hannes Conrad, den Ruhigeren von beiden, verdutzt an. Schließlich zog er eine Augenbraue nach oben. Um seinen Mund zuckte es … als wäre er äußerst amüsiert?

Beschwichtigend hob er die Hände und verbeugte sich leicht vor Sabine.

„Ich muss mich entschuldigen. Da bin ich wohl mit meinem Temperament über das Ziel hinausgeschossen. Es sollte nicht so … na ja … eben nicht so klingen. Ich hoffe, Sie nehmen meine Entschuldigung an und natürlich die von Conrad auch … Frau Braune“, erwiderte er nach der Zurechtweisung Gores.

Er ging gemäßigten Schrittes auf Sabine zu, auf keinen Fall Gore aus den Augen lassend, und reichte ihr zur Bekräftigung seiner Worte die Hand.

„Vielleicht dürfte ich Sie dann auch mit … Sabine anreden?“, schob Hannes seiner Entschuldigung nach.

Am liebsten hätte Sabine laut aufgelacht, aber in Anbetracht der Situation wäre dies wohl unpassend gewesen. Stattdessen schenkte sie den Männern ein gewinnbringendes Lächeln und reichte ihnen die Hand.

„Ich weiß, sie denken, dass ich und meine Freundin an allem Schuld sind. Aber so ist es ganz gewiss nicht. Wir würden auch gern erfahren, was mit uns geschehen ist. Sie dürfen nicht glauben, dass uns das alles gefällt. … Und wenn wir uns gegenseitig helfen können … Sehr gern.“

Ein ängstlicher Blick Sabines in Georgs Richtung ließ die Freunde zu den anderen Anwesenden zurückkehren. Sie redeten eindringlich auf Georg ein, der sich daraufhin beruhigte und Sabine fragend anschaute und nickte.

Gemeinsam mit Corri, die noch die letzten Tränenspuren beseitigte, Judith und Jean kehrten die Männer zu Sabine und Gore zurück. Unschlüssig standen sich alle gegenüber. Keiner wusste so recht, den Anfang zu machen.

Judith, die es gewohnt war, Probleme offensiv anzugehen, ergriff die Initiative.

Sie fasste nach Sabines Hand und meinte: „Dann mach ich mal den Anfang. … Ich bin Judith. Vor einem Jahr selbst noch ein Mensch bis ich meinen Mann Hannes fand. … Und der kleine, temperamentvolle Fratz ist John, unser gemeinsamer Sohn.“

Lächelnd drehte sie sich zu den anderen um und stellte einen nach dem anderen vor. „Corri, meine allerbeste Freundin, genau wie ich, vor einem Jahr noch Mensch und jetzt mit Jean verheiratet oder … seelenverbunden. Der Winzling ist David. … Und Conrad kennst du ja schon. … Es ist doch okay, wenn wir uns duzen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: „Und das hier ist Georg. Er schaut immer ein wenig grimmig. Aber ein ganz … Lieber. Ist nicht so gern mit Menschen zusammen. Lieber streunt er mit seinen Wölfen im Wald herum. … Stimmt's?“, fügte sie Georg auf den Arm boxend hinzu.

Georg räusperte sich und suchte nach den passenden Worten. Reden war nicht so unbedingt sein Ding. Hilfesuchend schaute er sich nach seinen Freunden um, die ihm jedoch alle nur ein herausforderndes Lächeln zukommen ließen. Nicht sicher, was er sagen sollte, verdrehte er die Augen und räusperte sich abermals.

„Hm … wie gesagt. Ich bin Georg McCullen. Ich weiß nicht, ob es mich freut, dich kennenzulernen … Quatsch. Entschuldige. … Noch mal von vorn. Ich freue mich schon dich kennenzulernen. Nur schade, dass die Umstände nicht so sind … Ach was. Am besten wir setzen uns gleich alle zusammen und analysieren die Lage. Es gibt so viele offene Fragen, deren Beantwortung wohl allen am Herzen liegen. Ähm … Ursprünglich wollte ich zu Rudolfo und seiner Familie. Was hattet ihr vor? … Was meint ihr, spricht irgendetwas dagegen, wenn wir zusammen bei ihm reinschneien?“

Georg kratze sich am Kinn und sah erwartungsvoll in die Runde.

Schulterzucken, Kopfnicken …

„Das wird den Renzinis gefallen. Das Haus mit einem Schlag voll. Du willst sie aber nicht darauf vorbereiten?“

Jean, der einen ausgeprägten Hang zum Humor besaß, war ganz in seinem Element. Seine mitternachtsblauen Augen sprühten vor Schalk, als Georg nach kurzem Überlegen den Kopf schüttelte.

„Aber. … Halloho? … Ich muss nach Hause. Wie lange bin ich denn jetzt schon hier? Maximiliane wird sich solche Sorgen machen, wenn ich nicht da bin. … Das ist doch richtig, dass die Zeit hier langsamer vergeht?“, meldete sich Sabine zaghaft zu Wort. Sie wollte nicht noch mehr Salwidizer kennen lernen und schon gar nicht den Berg verlassen. Mit ein wenig Glück fand sie den Weg auf die Plattform und könnte dann wieder durch das Portal ihre Wohnung betreten. Hoffentlich.

Doch wenn sie jetzt mit der Gruppe zu diesem Rudolfo Renzini ginge … Nein. Das wollte sie auf keinen Fall. Auf Unterstützung hoffend schaute sie Gore an.

Der jedoch schüttelte den Kopf.

„Pass auf Sabine. Das geht nicht. Wenn du gehst, gehen uns auch viel Antworten verloren. Wenn wir mit dir gehen, kommen wir nicht zurück. Die Barriere öffnet sich nur einmal im Jahr.“

Er sah die Frage in ihrem Gesicht und sagte schnell:

„Nein. Wir wissen nicht, ob wir alle durch das Portal gehen können, durch welches du gekommen bist. Auch ist keineswegs sicher, ob es jetzt nach Stunden noch offen ist. … Glaub mir, es ist besser, wir machen es so, wie Georg es vorgeschlagen hat. Hier kann uns Menanim helfen. In deiner Welt können wir nur in einem kleinen Zeitfenster Nachrichten hierher senden und müssen dann einen ganzen Tag auf die Antwort warten. … Wenn deine Freundin genauso ein cleveres Persönchen ist wie du, dann wird sie auf dich warten und nichts unternehmen.“

Sabine traten Tränen in die Augen, die sie bisher tapfer versuchte zu verdrängen.

Gore nahm sie in die Arme und drückte sie kurz tröstend an seine Brust.

Corri trat neben Sabine und streichelte ihr sachte über den Rücken.

„Wenn wir alle Antworten haben und wissen, wie wir vorgehen müssen, kehren wir alle zu deiner Freundin zurück und helfen euch. … Versprochen. … Komm! … Lass uns gehen!“

Normalerweise würden sich alle Salwidizer, sobald sie den Omlamo verließen, zu Rudolfo beamen. Leider war dies mit Sabine nicht möglich und so ging die kleine Gruppe zu Fuß hinunter in den Ort.

Das Haus der Renzinis war eins der vielen Holzbauten, die Sabine schon so oft bewundert hatte.

Wie nicht anders zu erwarten, stand Rudolfo mit seiner Frau Maritta bereits in der Tür und erwarteten sie voller Ungeduld.

„Ihr dachtet doch nicht etwa, den alten Renzini zu überrumpeln? Da müsst ihr früher aufstehen.“

Lachend empfing er seine Freunde mit dem traditionellen Schlag der Begrüßung auf die Schulter. Den Frauen gebührte eine formvollendete Verbeugung.

Maritta umarmte die Frauen herzlich.

„Rudolfo stand die ganze Zeit am Fenster und lauschte. Er wusste, dass euch die Informationen aus der Bahn werfen und ihr sofort einen Plan ausarbeiten würdet. Also hoffte er, einige eurer Gedanken aufzufangen, wenn ihr den Berg der allwissende Steine verlasst. … Aber kommt doch herein. Ich habe auch schon eine Kleinigkeit für den ersten Hunger vorbereitet.“

Sie wurden in einen Raum, der fast größer als Sabines gesamte Wohnung war, geführt. Ein großer runder Tisch mit zahlreichen Stühlen bildete den Mittelpunkt des Zimmers. Viel Besuch war hier nicht selten.

Eine Wand wurde von einem deckenhohen Bücherregal eingenommen. Gegenüber stand eine gemütliche Sitzecke vor einem offenen Kamin, wie ihn Sabine noch nie gesehen hatte.

Ist das schwarzer Marmor auf Hochglanz poliert und kunstvoll verziert?

Mit großen Augen schaute sich Sabine bewundernd um. So also wohnen die … Salwidizer?

„Sabine …“, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Gore winkte sie zu einem Stuhl an seiner Seite. Die Geste rief allen Anwesenden einen überraschten Ausdruck ins Gesicht.

Magst die Kleine wohl? Aber du weißt … Seelengefährten“, konnte sich Hannes nicht verkneifen, Gore telepathisch aufzuziehen. Dieser runzelte die Stirn, was wiederum Sabine sah und fragte: „Was? Hab ich etwas falsch gemacht?“

„Nein, nein. Alles gut“, beschwichtigte er die junge Frau und warf Hannes einen bösen Blick zu.

Letzterer hatte arg Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.

Da kam es gelegen, dass Georg den Faden aufnahm und sich zum eigentlichen Zweck ihres Treffens äußerte.

„Das, was wir heute in der Vita erfahren haben, veranlasst mich, euch reinen Wein einzuschenken.“

Georg räusperte sich nervös.

„Als wir vor zwei Monaten auf Menanims Geheiß zu einer geheimen Mission aufbrachen … Nun wir erfuhren, dass Voland ausgebrochen war und erhielten den Auftrag, ihn ausfindig zu machen und festzusetzen. Leider konnten wir weder herausfinden, wie ihm der Ausbruch aus dem Vulkangestein der versunkenen Insel gelingen konnte, noch fanden wir eine Spur von ihm. … Bis zu dem Zeitpunkt, als uns diverse Gerüchte zu Ohren kamen. Gerüchte, die besagten, dass eine große Menge an traditionell gefertigten Ketten mit Feueropalen verschwunden war, dass die Barriere auf welche Art auch immer geschwächt wurde, dass vermehrt Kinder der Menschen spurlos verschwanden, dass das kriminelle Potential der Menschen bewusst aufgeputscht und dass Zwietracht unter den Menschen gesät wurde. Es waren Gerüchte und doch … Richard wollte ihnen nachgehen. Er wollte deren Ursprung unbedingt finden. Seitdem … seitdem wird er vermisst.“

Georg strich mit der Hand über sein Gesicht. Er sah müde und verzweifelt aus. Doch er wollte und musste der Sache auf den Grund gehen. Er empfand es als seine Pflicht, alle Fakten auf den Tisch zu legen und seine Freunde in Kenntnis zu setzen.

„Heute … Heute nun haben wir einen Anhaltspunkt erhalten, was mit ihm geschehen sein könnte. Wir alle haben auf den Zeichnungen von Sabines Freundin eindeutig Richard erkannt. … Sabine, dass deine Freundin von ihm geträumt hat, kann nur bedeuten, dass Richard einen Weg gefunden hat, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Du sagtest doch, sie träumt von ihm?“

Träume.

Corri atmete schmerzhaft aus. Sie hatte ebenfalls mit Träumen zu kämpfen gehabt, als die Salwidizer in ihr Leben getreten waren. Nur wurden ihr diese Träume von Voland, diesem irren Verbrecher, suggeriert. Es tat Corri in der Seele leid, was da scheinbar mit Maxililiane passierte.

Sabine hatte den ganzen Ausführungen mit offenen Mund zugehört. Und wenn sie auch nur die Hälfte verstand, so war ihr doch klar, dass es um eine sehr ernsthafte Bedrohung ging.

„Aber um jemanden Träume zu schicken … Ich denke, das geht nur in direktem Kontakt mit einem Salwidizer und höchstens noch bei Auserwählten?… Ähm … Sabine … Auserwählte sind menschliche Frauen mit besonderen genetischen Veranlagungen wie übersinnliche Fähigkeiten. Solche Mädchen werden von den Steinen schon bei ihrer Geburt gefunden und erhalten zum Zeichen einen unserer Feueropale … “

„So einen Stein?“, unterbrach Sabine Jean ungeachtet dessen, was er eben über die Steine gesagt hatte. Sie hielt ihre Kette in der Hand und der Stein begann zu leuchten.

„So einen hat Maximiliane auch. Wir wollten schon immer etwas haben, was uns miteinander verbindet. Etwas ganz Eigenes. Dann haben wir diese Ketten mit dem roten Stein auf einem Markt entdeckt. Uns gefiel die filigrane Verarbeitung der Fassung und ganz besonders dieses intensive Leuchten, wenn wir die Steine berührten.“

Erst jetzt bemerkte Sabine, dass sie von allen mit großen überraschten Augen angestarrt wurde.

Sie betrachtete ihren Stein und …

Was hatte Jean gesagt? … Zum Zeichen einen Feueropal … Oh. Diese Kette? Bin ich eine Auserwählte?

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