Читать книгу Gilbartas Fluch - A. B. Schuetze - Страница 8
5. Kapitel
ОглавлениеUm die Überbleibsel ihres Traumes von sich abzuschütteln, schwang sich Elfriede aus dem Bett. Sie öffnete das Fenster und schaute hinaus auf das Meer. Auf dessen dunkler Oberfläche glitzerten Wassertropfen, die von der Sonne geküsst wurden, wie kleine Diamanten.
Das Wetter versprach einen wundervollen Tag. Ob dies auch hier im Herrenhaus für sie zutraf, würde sich zeigen. McMall war nicht anwesend und Amanda sollte gemeinsam mit Jasper van Drühe in den frühen Morgenstunden ebenfalls die Insel verlassen.
Elfriede hatte jedenfalls nicht die Absicht, sich den Tag von irgendwem vermiesen zu lassen.
Auf dem Weg ins angrenzende Bad versuchte sie, sich ins Gedächtnis zu rufen, ob am Vorabend die Rede davon gewesen war, wann und wo sie ein Frühstück bekam. Anscheinend nicht, jedenfalls fiel es ihr nicht ein. Also musste sie die Küche suchen oder William fragen, wenn sie ihn treffen sollte.
Frisch geduscht, das Haar zu einem französischen Zopf geflochten sowie ein leichtes Tages-Make-up aufgelegt, welches die Augen und Brauen betonte und einen wachen Blick machte, schlüpfte sie in eine sandfarbene Culotte, ein marineblaues Top und dazu passende Ballerinas.
Bevor sie das Zimmer verließ, betrachtete sie ihre Erscheinung schnell noch einmal kritisch im Spiegel, weniger der Eitelkeit wegen als vielmehr aus Gewohnheit. Sie mochte es, adrett und gepflegt aufzutreten.
Lächelnd machte sie sich auf den Weg ins Esszimmer. Dort hoffte sie zumindest William, Oliver, Liam oder einen der Angestellten des Hauses vorzufinden. Schon auf den letzten Stufen vernahm sie Stimmen durch die offene Tür des Salons. William und Amanda.
Sie und van Drühe verließen demnach die Insel erst später. Das bedeutete, dass sich Elfriede an diesem Morgen wohl oder übel nochmals dem ablehnenden Verhalten der rothaarigen Hexe, wie sie sie im Stillen nannte, stellen musste.
Sie hielt mitten im Schritt inne und lauschte dem Gespräch zwischen Vater und Tochter. Es ging offenbar um das Thema wie bei ihrer Ankunft. Gestern erst war diese Diskussion zwischen McMall und Amanda geführt worden. Auf jeden Fall legte sie in der Tat das gleiche unbeherrschte Temperament an den Tag.
Was fand sie an diesem Kerl, dass sie sich so für eine gemeinsame Zukunft mit ihm ins Zeug legte? Sie konnte nicht leugnen, McMall sah umwerfend aus. Sein Benehmen hingegen ließ zu wünschen übrig.
Amanda beurteilte das definitiv anders und schenkte deshalb Williams Argumenten keinerlei Bedeutung.
„Einen wunderschönen guten Morgen, schöne Frau!“
Wie aus dem Nichts stand Jasper van Drühe vor Elfriede, die unvermittelt zusammenzuckte.
„Wir haben doch nicht etwa fremden Gesprächen gelauscht, Fräulein Elfriede?“, neckte van Drühe sie mit erhobenem Zeigefinger. Sein schelmisches Grinsen verlieh ihm jungenhafte Gesichtszüge.
„Nicht dass ich wüsste, Herr van Drühe. Ich war lediglich in Gedanken versunken. … Ob der Morgen ein wunderschöner bleibt, wird sich zeigen. Aber gleichwohl wünsche ich Ihnen ebenfalls einen guten Morgen.“ Einerseits ärgerte sie sich darüber, ertappt worden zu sein. Andererseits freute sie van Drühes Anwesenheit. Sogleich nahm sie die letzten Stufen.
Als Elfriede ihm antwortete, erkannte er nicht nur in ihrer Stimme, sondern auch in ihrer Mimik etwas Schalkhaftes, etwas Verschmitztes. Es brachte ihn so richtig zum Lachen. „Sie scheinen es faustdick hinter den Ohren zu haben. McMall wird sein blaues Wunder erleben.“
Sofort zog sie ihre Brauen Richtung Nasenwurzel. Dabei drehte sie den Kopf ein wenig und sah ihr Gegenüber fragend von der Seite an.
„Sie sind eine toughe Person, die mit harten Bandagen kämpfen kann, wenn Sie Ihre Interessen vertreten. Mit Bismarcks Worten gesagt: Sie lassen sich nicht die Butter vom Brot nehmen“, beeilte sich van Drühe klarzustellen.
Allerdings beschlich Elfriede die Vermutung, dass er etwas anderes meinte und gerade noch die Kurve bekommen hatte. Da sie aber, wie er so schön bemerkte, ihre eigenen Interessen vertrat, hakte sie nicht weiter nach. Sollte Jasper van Drühe ruhig glauben, sie wäre mit seiner Erklärung zufrieden.
Wenn sie freilich die Meinung vertrat, McMall spielte keine Rolle dabei, lag sie nicht so ganz richtig. Ihr Traum der letzten Nacht besagte da etwas … Schnell wischte sie den Gedanken beiseite. Das musste nicht jeder wissen. Schon gar nicht dieser Mann.
„Ja, so betrachtet, kann ich nicht widersprechen. Sie scheinen aus dem gleichen Holz geschnitzt zu sein, denn Sie begegnen McMall ebenfalls auf Augenhöhe“, stimmte sie ihm zu und versuchte das Gespräch von ihrer Person abzulenken. „Ich hatte gestern Abend keine Möglichkeit, etwas über Sie zu erfahren. Wo und wann sind Sie zum ersten Mal McMall über den Weg gelaufen?“
„Über den Weg gelaufen … So könnte man es auch ausdrücken. … Vor zwei Jahren in seiner Ausstellung in Amsterdam habe ich ihm ein Gemälde für seine Sammlung angeboten. Es ist eins von denen, für die Sie ein Gutachten erstellen sollen. Wir, McMall und ich, wissen, dass es echt ist. Doch Ihre Freundin, die Besitzerin der Galerie, möchte es nur ausstellen, wenn auch ein Gutachten vorliegt.“ Van Drühe verdrehte in gespielter Empörung die Augen. Er neigte dazu zu sagen, die Galeristin handelte übervorsichtig. Dennoch musste auch er dieses Verhalten aus versicherungstechnischen Gründen befürworten. „Aber kommen wir zurück, wie ich McMall kennenlernte. Amanda hat uns miteinander bekannt gemacht. Bei der Gelegenheit konnte ich ihm auf den Zahn fühlen. Haben Sie schon die zahlreichen Gerüchte gehört, die sich um seine Person ranken? Ich kann Ihnen sagen ...“ Er wackelte viel bedeutend mit dem Kopf. „Ich wollte es genau wissen. Deshalb habe ihn direkt darauf angesprochen“, raunte er Elfriede hinter vorgehaltener Hand zu. Gleich darauf schaute er sich vorsichtig nach allen Seiten um, auf der Suche nach ungebetenen Zuhörern.
Verständnislos schüttelte Elfriede über van Drühes Benehmen den Kopf. Zum einen hatte er nichts Genaues über die Gerüchte gesagt und zum anderen … Wer sollte sie hier belauschen? „So hätte ich Sie keineswegs eingeschätzt. …“
„Wie so?“, unterbrach er sie neugierig.
„So sensationslüstern“, erklärte Elfriede ihm mit mühsam unterdrücktem Lachen.
„Oh, genau das Gleiche hat McMall auch zu mir gesagt. Oder war es sensationsgeil? Hm … Was soll ich davon halten?“ Sein Blick sprach Bände und es fiel ihr schwer, ernst zu bleiben.
„Es ist mir egal, was Sie davon halten“, beteuerte sie nun doch kichernd und knuffte ihn leicht vor die Brust, „denn Sie interpretieren mehr in die ganze Angelegenheit hinein, als jemals sein wird.“ Trotzdem wüsste sie nur allzu gern, was diese ganzen Anspielungen sollten. Ihr Lächeln machte gespitzten Lippen und Falten auf der Stirn Platz. Wusste er mehr als sie? Um van Drühe nicht zu zeigen, dass seine Aussagen sie mehr beschäftigten, als sie sollten, wandte sie sich dem Salon zu.
Aus diesem drangen noch immer Fetzen einer hitzigen Diskussion zu ihnen heraus.
Vor der offenen Doppeltür blieb Elfriede stehen.
„Gehen Sie ruhig hinein. Wir folgen Ihnen.“ Auf der Treppe war Oliver erschienen, leger gekleidet in schwarze Jeans und einen Pullover der gleichen Farbe.
Zurückblickend starrte sie ihn einen Moment lang an. Irgendwie wirkte er heute Morgen sportlich, knallhart und … sexy. Sein dunkles, an den Schläfen leicht ergrautes Haar machte ihn interessant. Nicht zu vergessen seine blauen Augen. Warum war ihr das nicht gestern schon aufgefallen? Auch Oliver besaß eine gewisse Ausstrahlung, die es mit McMall und van Drühe allemal aufnehmen konnte.
„Elfriede? Alles in Ordnung? Ich habe Sie doch nicht erschreckt?“
Erschreckt? Natürlich nicht. Nur beinahe aus den Latschen gehauen. Elfriede konnte nicht glauben, was ihr da schon wieder durch den Kopf ging. „Oh nein, nicht erschreckt. Ich war nur … Egal. … Guten Morgen, Oliver“, antwortete sie, ihm ein kleines Lächeln schenkend.
Auch Jasper van Drühe begrüßte McMalls Assistenten. „Ist schon wieder voll in Fahrt, unsere Amanda“, fügte er mit einem Nicken in Richtung Salon hinzu.
Oliver hob eine Braue und zog tief Luft durch die Nase. „Ja, unsere Amanda. Dieses Gespräch wird regelmäßig hier geführt … erst mit Dugal und am Tag darauf mit William. Keiner der beiden Männer bezweifelt, dass sie Dugal wirklich liebt, nur nicht so wie … eine Frau. Sie liebt ihn wie seine Schwester. Schon ihr ganzes Leben lang. Leider erkennt sie es selbst nicht. Noch nicht. … Geben Sie nicht auf Jasper. Amanda mag Sie. Sie braucht nur noch etwas Zeit, um zu erkennen, was sie an Ihnen hat.“ Oliver klopfte nach seiner kleinen Ansprache van Drühe auf die Schulter. Anschließend drängte er an Elfriede vorbei. „Kommen Sie schon, die da drinnen beißen nicht. Wenn sie uns hören und sehen, beenden sie ihre Auseinandersetzung.“
Elfriede sah nicht aus, als ob Olivers Worte sie überzeugten. Nach Amandas Auftreten vom Vorabend glaubte sie eher, diese Frau könnte sich auf sie stürzen und ihr die Augen auskratzen. „Ich glaube kaum, dass meine Anwesenheit Ms. Spencer beruhigen wird. Ich habe das Gefühl, sie kann mich nicht leiden. Warum auch immer“, gab sie zu bedenken.
Wie miteinander abgesprochen, schüttelten beide Männer die Köpfe und grinsten Elfriede an.
„Das ist nichts Persönliches. Es liegt nicht an Ihnen, Elfriede, sondern an Dugal. Amanda reagiert nur so, wenn McMall seine Aufmerksamkeit auf eine andere Frau richtet, weil diese sein Interesse erregt. Gestern Abend hat er Sie keine Sekunde aus den Augen gelassen. Und Amanda kam nicht umhin, es zu bemerken. Wie auch? Er agierte nicht gerade subtil“, erklärte Oliver die Situation.
Wieder einmal war Elfriede verblüfft. Der Mann wusste zu viel. Gehörte er ebenso wie William, Amanda und allem Anschein nach auch van Drühe zu McMalls Familie? Machte sie das zu einem eingeschworenen Team? Kannten alle die Geheimnisse voneinander? Wussten sie sie zu bewahren? Sie standen jedenfalls nicht in einem normalen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis. Da musste auf alle Fälle mehr sein … sehr viel mehr.
Wie Oliver vorausgesagt hatte, beim Eintreten der drei verstummte der Disput zwischen Vater und Tochter.
Auch das Frühstück wurde allgemein schweigend eingenommen.
Amanda zog das Register freundlich bis heiter.
William trat reserviert höflich auf, so wie man ihn kannte. Als guter Geist des Hauses kümmerte er sich um das persönliche Wohl eines jeden.
Neben knusprigem Speck, gebratenen Eiern, Champignons und Tomaten wahlweise mit und ohne Käse wurden allerlei landesübliche Köstlichkeiten aufgetischt.
Ein schottisches Frühstück war ohne einen Tattie Scone nicht komplett. Das Gebäck bestand hauptsächlich aus einem Kartoffelteig, der direkt aus der Bratpfanne heiß serviert wurde. Desgleichen durfte der Rowie, ein herzhaftes schottisches Brötchen … blätterteigartig, sehr buttrig im Geschmack … nicht fehlen.
Die Lorne-Wurst, auch bekannt als quadratische oder geschnittene Wurst, zählte zum beliebtesten Bestandteil eines Frühstücks in Schottland. Ebenso gehörte der White Pudding, ähnlich dem Black Pudding nur ohne Blut, auf den Tisch.
Wem es nicht nach irgendeiner Wurst gelüstete, für den gab es Arbroath Smokie, ein geräucherter Schellfisch, der im ganzen Land als eine Spezialität galt.
William zählte diese Speisen auf, sichtlich stolz darauf, sie den Gästen anbieten zu dürfen.
Elfriede dagegen hob bei der Fülle des deftigen Angebotes die Brauen. Sie schüttelte fast schon entsetzt den Kopf. Bei der einen oder anderen Speise wollte sie sich deren Zutaten nicht einmal vorstellen. Während sich die Männer Haufen an Essen auf ihre Teller schaufelten, nahm sie deshalb lieber nur ein wenig Obst und von dem traditionellen Haferbrei, der eine feine, cremige Konsistenz besaß.
***
Eine Stunde später brachen Amanda und Jasper van Drühe auf. Ihr Gepäck hatte Liam bereits im Helikopter verstaut.
„Wartet einen Moment, ich fliege gleich mit euch mit“, rief Oliver den beiden zu. Entschuldigend wandte er sich an Elfriede, die nun gar nichts mehr verstand.
Sollte er ihr nicht die Gemälde zeigen und ihr bei eventuellen Fragen als Ansprechpartner zur Seite stehen? Warum in Dreiteufelsnamen verließ er dann mit den anderen die Insel?
„Es tut mir leid, Elfriede, aber ich muss dringend aufs Festland. Ein Notfall in der Familie. Sie zählen auf mich. Deshalb habe ich mir heute einen freien Tag genommen. Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. William ist eingeweiht. Er kann Sie mit Rat und Tat unterstützen. Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse.“
Böse sein? Das war nicht der richtige Ausdruck für das, was Elfriede bei dieser Eröffnung empfand. Dieser Auftrag entpuppte sich wahrlich als das Allerletzte. Sie machte drei Kreuze, wenn der hinter ihr lag. Ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubernd antwortete sie zuckersüß: „Das ist doch alles kein Problem, Oliver. Ich werde mich eben an William wenden. … Es hat mich gefreut, Sie kennengelernt zu haben.“ Kurz angebunden verabschiedete sie sich ebenfalls von van Drühe und der rothaarigen Hexe. Sie schaute den dreien hinterher, bis sie den Salon verlassen hatten. Im Anschluss hielt sie Ausschau nach dem Butler.
Der stand mit ernster, verschlossener Miene am anderen Ausgang des Esszimmers.
Ob William überhaupt lächeln konnte? Vielleicht nicht, denn es ziemte sich wohl nicht für den Butler einer Lordschaft. Stets Contenance und Akkuratesse an den Tag legen. So verhielt sich gut geschultes Personal des Adels.
„William, ab sofort sind Sie also für meine Wenigkeit verantwortlich. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Bilder zeigen würden, für deren Gutachten ich herbeordert worden bin. Lassen Sie uns bitte keine Zeit verschwenden.“ Dermaßen gestelzt sprach sie für gewöhnlich nicht. Hoffentlich fühlte sich der arme William nicht von ihr auf den Arm genommen.
Zumindest ließ er sich das nicht anmerken. Wie schon einmal festgestellt, er war ein Butler der alten Schule.
„Wenn Sie mir bitte folgen würden, Ms. Bauer“, äußerte sich William lediglich. Er ging ihr voran zu einer der kleineren Türen in der großen Empfangshalle.
Zu Elfriedes Überraschung befand sich dahinter ein Fahrstuhl, der sie beide ins Untergeschoss brachte. Als die Fahrstuhltür sich wieder öffnete, klappte ihr der Unterkiefer herunter. Staunend schaute sie sich um.
Hatte sie einen normalen Keller erwartet, so konnte sie nicht falscher liegen. Vor ihr erstreckte sich ein riesiger Saal, dessen Wände, Decke und Fußboden aus poliertem Naturstein bestanden.
Erstaunlich. Es gab keine Fugen im Gestein. Waren das die Originalwände einer natürlich entstandenen Höhle? Hatte sie einst etwaigen Schmugglern gedient? Existierte dann noch ein zweiter Zugang … geheim, aufs offene Meer führend? Für einen Notfall nur logisch. Konnte das so gewesen sein oder doch ganz anders?
Elfriede drehte sich einmal im Kreis.
Diese Räumlichkeit war nicht nur dafür geschaffen worden, Gemälde sowie andere Kunstgegenstände sicher unter optimalen Voraussetzungen in Sachen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichteinstrahlung aufzubewahren, sondern auch für Besucher in Szene zu setzen.
William räusperte sich. „Ms. Bauer, darf ich Ihnen die Werkstatt und die beiden Gemälde zeigen? … Bitte hier entlang.“
Innerlich verdrehte Elfriede zum zigsten Mal die Augen. Sie würde sich niemals mit Williams Ausdrucksweise anfreunden können. Natürlich durfte er ihr die Gemälde zeigen, denn dafür war sie hergekommen. Sie freute sich schon, die Werkstatt zu sehen, die nach McMalls Angaben über alle modernen Mittel, Materialien und Gerätschaften sowohl zur professionellen Restaurierung als auch für die Erstellung von Expertisen und Gutachten verfügte.
Wer besaß als Privatsammler eine solch hochwertige und teure Ausrüstung? Die, die sie kannte, brachten ihre Gemälde zu einem anerkannten Restaurator oder Gutachter. Aber ein Sammler, der alles vor Ort hatte, kam ihr zum ersten Mal unter. Umso gespannter blickte sie dem Ereignis entgegen.
William führte Elfriede in einem zügigen Tempo durch die Galerie, sodass sie zu ihrem Bedauern kein Auge auf die Gemälde werfen konnte. Jedoch hoffte sie, dies im Anschluss nachholen zu können.
Vor einem Durchgang mit Rundbogen in einen angrenzenden Raum blieb William stehen. „Hier finden Sie alles, was Sie brauchen, Miss Bauer. … Gleich neben dem Eingang stehen die beiden Bilder für die Gutachten.“
Elfriede schaute sich interessiert um.
Ihr Blick blieb an einem der Bilder hängen. Auch wenn das Werk noch nie ausgestellt worden war, so kannte sie es. Bei einem Blick heute Morgen aus ihrem Fenster hinaus aufs Meer hatte sie das Motiv gesehen.
Sie drehte sich fragend zu William um, der lediglich mit den Schultern zuckte. Entweder wusste er nichts darüber oder aber: er wollte oder besser gesagt, durfte ihr nichts sagen.
Elfriede nickte verstehend und blickte erneut auf die Gemälde. Sagte McMall nicht etwas von einem dritten Bild, welches restauriert werden sollte? Wünschte er dafür nicht einen Kostenvoranschlag? Warum fehlte es? Ihr sollte es egal sein. Dennoch … „Sagen Sie, William, sollte da nicht noch ein drittes Bild sein?“
War der Mann bei ihrer Frage etwa gerade zusammengezuckt? Wohl nicht. Elfriede hatte sich geirrt.
Allerdings machte William den Eindruck, als fühlte er sich bei der Frage nicht so recht wohl. Verlegen antwortete er: „Seine Lordschaft hielt es für angebracht, Ihnen das besagte Gemälde persönlich zu zeigen. … Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, Ms. Bauer. Für den Fall, dass Sie etwas benötigen, dort befindet sich ein Hausapparat, über den Sie mich erreichen können. Andernfalls finden Sie mich oben im Haus.“
Plötzlich konnte William gar nicht schnell genug den Raum verlassen. Elfriede schaffte es nicht einmal zu antworten. Eine knappe Verbeugung und … er war verschwunden.
Merkwürdig. Je länger sie sich in diesem Haus aufhielt, umso geheimnisvoller benahmen sich dessen Bewohner. Sollte ihr das zu denken geben?