Читать книгу 5 lange und 7 kurze Krimis - A. F. Morland - Страница 14
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Оглавление„Hören Sie, Inspektor“, sagte McGowan, Ex-Colonel und Chef der Polizei von Oaks. Ein weißhaariger, schlanker SpencerTracyTyp, ein Bilderbuchmann fürs heile Amerika. „Also, Wyan, ich will ja so eine Anzeige nicht weiter tragisch nehmen“, fuhr er fort und sah Wyan aus seinen glasklaren Augen an, „Nur sie besteht, und wir haben da bestimmte Gesetze. Die beiden Leute haben ihre Namen genannt, ich habe sie schon richterlich verhören lassen, also sie würden sogar einen Eid leisten.”
„Einen Meineid, wollten Sie sagen, Colonel“,verbesserte ihn Wyan gelassen. „Solche Anzeigen wegen Erpressung kennen wir doch. Immer, wenn irgendwo mal was besonders scharf Stinkendes ausgegraben wird von uns, da kommen solche Anzeigen. Was weiter, Sir?“
McGowan verzog das Gesicht, und sein berufsmäßiges Politikerlächeln schmolz dahin. Als Polizeiboss war er wählbar. Er war in seiner Politikerlaufbahn schon alles mögliche in der Stadtregierung gewesen, auch einmal lange Jahre Bürgermeister, aber nun hatten sie dort einen jüngeren Mann, der liberaler dachte, was schon wegen der Farbigen erwünscht war. Für den konservativen, leicht radikalen McGowan war dann der Sessel des Polizeichefs gerade richtig. McGowan war nicht scharf auf spektakuläre Erfolge, er wollte nur keine Zwischenfälle, keine Pannen, keine Skandale. Er wollte überhaupt nicht auffallen. Das bedeutete in Oaks die absolute Wiederwahl für dieses Amt, Und das Amt gefiel ihm. Alles lief ohne sein Zutun. Die Beamten waren eingearbeitet. Er konnte sich damit abfinden, da und dort ein paar passende und noch öfter ein paar belanglose, nichtssagende Worte von sich zu geben.
„Ich möchte, dass Sie die längst fälligen Urlaubstage nehmen, Inspektor“, sagte McGowan.
„Aha.“. '
„Ja“, fuhr McGowan fort, „denn diese Anzeige ist ja immerhin ärgerlich. Ich weiß auch, dass man Sie irgendwo wegziehen möchte. - Was bearbeiten Sie gerade?“
Wyan lachte geringschätzig.
„Ich bearbeite zur Zeit siebenundachtzig Fälle. Welchen, Sir, könnten Sie erwähnt wissen wollen?“
McGowan wand sich wie ein Wurm.
„Aber da muss doch einer sein, ich meine, irgendwo stecken doch mächtige Leute dahinter? Zwei Meineide sind doch nicht billig!“
„Eben, und meist fallen diese Meineid-Experten vor Gericht um, wenn man sie gut herannimmt. Und der neue Staatsanwalt, den wir haben, der legt sie aufs Kreuz. Es wäre doch gut, wenn wir sie bis zum Schwur bringen.“
Genau das wollte McGowan nicht. Das würde womöglich Skandal, Presseaufmerksamkeit, Unruhe bedeuten. Dinge, die er nicht brauchen konnte. Er wollte lautloses Wirken.
„Denken Sie mal an die Wahlen!“
„Ein Erfolg für Sie, wenn wir Ihnen die Hintermänner dieser zwei kleinen Schweinehunde auf den Tisch legen. Vielleicht irgendein riesiger Konzern. Zum Beispiel so etwas wie die Deburo Werke.“ Er sah McGowan forschend an. als wollte er keine Regung seines Chefs versäumen.
McGowan zuckte beim Namen Deburo Werke zusammen, als wäre er von der Tarantel gebissen worden.
„Was sagen Sie? Haben Sie etwa einen Fall, wo solche Leute betroffen sind?“
„Ja, das haben wir.“
McGowan schnappte nach Luft.
„Aber, Wyan, ich meine, das können wir ... Also ich bin dafür, dass Sie Ihren Urlaub nehmen. Ich gebe Ihnen noch zwei Wochen für die viele Arbeit, die Sie in letzter Zeit bewältigt haben, zusätzlich. Bezahlt natürlich.“
Wyan wusste alles. McGowan kniff. Seine Partei bekam von den Deburo Werken sehr viel Geld zur Wahl. Das war in ganz Amerika bekannt.
„Sie sind sehr freundlich, Sir“, sagte Wyan mit spöttischem Lächeln. „Das wird die Ganoven riesig freuen. Meine Frau freut sich übrigens auch. — Und wer wird mich vertreten, Sir?“, erkundigte sich Wyan lauernd, denn ihm waren die Personalprobleme seiner Abteilung hinreichend geläufig.
„Hmm, darüber werde ich nachdenken. Vielleicht Hanson.“
„Aha, das hatte ich mir gedacht, Sir. Also, dann kann ich ja wohl gehen, nicht wahr?“
„Ja, ja, und machen Sie sich keine Gedanken über die Anzeige, die wird ganz sicher wieder zurückgezogen, wenn man hört, dass Sie Urlaub haben.“
Es war unverhüllt, was hier geschah. Hanson war die größte Niete, die im Department frei herumlief. Der Sohn eines Parteifunktionärs. Kam es bei der Wahl zum Umschwung, war Hanson der Erste, den man feuern würde. Aber noch regierten die Demokraten in Oaks.
Wyan dachte an Helen Teflin und war sich klar, in welch großer Gefahr sie schwebte, wo man es sogar auf ihn als dem bearbeitenden Beamten abgesehen hatte. Das waren die alten Tricks. Anzeigen, Meineide, Entlastung vom Amt, ein Nachfolger, der nichts konnte und nichts tat, wurde eingesetzt, der Fall schlief ein, Ende. Zeugen tauchten auf, die das glatte Gegenteil der Wahrheit berichteten, die sogar für entsprechende Bezahlung den hanebüchensten Meineid ablegten, und wenn nichts wirkte, wurde mit Gewalt nachgeholfen.
Ohne Ambitionen auf Ruhm und den Dank der Bürger seiner Stadt nahm Wyan seine Aktentasche, stopfte noch einige persönliche Papiere aus der Schreibtischschublade hinein, verabschiedete sich von seinen Kollegen und ging, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Dass ihm Urlaubsgeld, womöglich sogar eine Prämie gezahlt wurde von der Verwaltung, darauf konnte er sich fest verlassen. Niemand fuhr unter Colonel McGowan besser als einer, der genau das tat, was McGowan wollte. Das Wohl der Bürger interessierte McGowan höchstens, wenn es wahltaktisch nützlich war.
Nun saß Anthony Hanson an Wyans Schreibtisch, strahlte die Kollegen an, die ihn mit hämischem Grinsen beobachteten, und die Akten zum Fall des verunglückten Mexikaners Zamrico wurden fein säuberlich eingepackt und komplett an die Untersuchungskommission des Staates geschickt, damit auch ja nicht die geringste Notiz wie eine abgezogene Handgranate im Büro zurückblieb. McGowan war die Sache los. Die Kommission hatte den Schwarzen Peter.