Читать книгу Mit Killern muss man teilen: Thriller Sammelband 11 Krimis - A. F. Morland - Страница 70
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Zusammen mit unseren Kollegen Clive und Orry fuhren Milo und ich nach Rikers Island.
In einem Verhörraum trafen wir uns mit Shane Kimble, der in Begleitung von Cheyenne Masters erschien, einer jungen, aufstrebenden Strafverteidigerin, die für die renommierte Kanzlei Richardson, Franklyn & Partners arbeitete. Wer immer diese Kanzlei mit seinem Mandat betraute, durfte nicht arm sein. Zwar war Shane Kimbles Drogenvermögen seinerzeit nach dem Rico’s Act beschlagnahmt worden, aber offenbar hatte er es doch irgendwie geschafft, einige seiner Drogengelder irgendwo in einem sicheren Drittland zu parken. Über Vertrauensleute konnte er dann an die Gelder heran. Es hätte mich persönlich nicht gewundert, wenn die Kanzlei Richardson, Franklyn & Partners selbst ihre Finger in diesem Verschleierungsspiel gehabt hätte. Der seriöse Ruf dieser Kanzlei rührte vor allem aus jener Zeit, als Doug Richardson senior noch persönlich die Geschäfte geführt hatte. Seit nunmehr fünf Jahren hatte der alte Richardson sich jedoch aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und seine Kanzleianteile in die Hände seines Sohnes gelegt, der weit weniger Skrupel zu haben schien. Immerhin waren er geschickt genug, um sich nichts nachweisen zu lassen, aber es pfiffen die Spatzen von den Dächern, dass die Anwälte dieser Kanzlei sich zumindest mittelbar an diversen Geldwäschegeschäften beteiligt hatten.
Shane Kimble war ein großer, breitschultriger Mann, dem anzusehen war, dass er die Zeit auf Rikers Island dazu genutzt hatte, seine Muskeln in den Fitnessräumen dieser Strafanstalt zu stählen. Sein Haar war kurz geschoren. Am Oberarm trug er eine Tätowierung, die ihn als Mitglied der SOUTH BRONX TIGERS auswies, einer Gang, die er lange Zeit angeführt hatte, bis die Ermittlungen von James Longoria dafür gesorgt hatten, dass er nun wohl den Rest seines Lebens hinter Gittern sitzen musste. Er hatte weder mit vorzeitiger Entlassung noch mit Bewährung zu rechnen. Das ging schon allein wegen seines Verhaltens während des Strafvollzugs nicht. Immer wieder war Shane Kimble in Streitigkeiten verwickelt. Er hatte einen Mitgefangenen ins Koma geprügelt. Seit anderthalb Jahren lag der Mann, ein schwarzer Halbpuertoricaner aus der Bronx – nun schon in der Intensivabteilung des Bethesda Hospitals, wo man die Möglichkeit hatte, sich umfassend um ihn zu kümmern.
Shane Kimble ließ sich auf den bereitstehenden Stuhl fallen.
„Nehmen Sie ihm Handschellen und Fußfesseln ab“, wandte sich Clive Caravaggio an einen der Wächter, die ihn bis in den Gesprächsraum begleitet hatten.
Der flachsblonde Italoamerikaner kam sofort und ohne Umschweife zur Sache.
„Wir sind heute hier, weil Staatsanwalt James Longoria gestern Morgen erschossen wurde.“
Shane grinste breit. Er entblößte dabei eine Reihe mit Metallzähnen.
„Ich habe davon gehört!“, bekannte er und lachte heiser. „Gute Nachrichten sprechen sich schnell herum hier drinnen.“
„Wir suchen den Täter und...“
Clive wurde von Kimble grob unterbrochen.
„Was soll der Mist hier?“, tönte der Mann, der sich noch immer für eine der größten Nummern in der Bronx zu halten schien. „Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich James Longoria nicht leiden kann! Außerdem sollten Sie mal meine Akte genauer studieren, bevor Sie sich mit jemandem wie mir an einen Tisch setzen. Sie hätten dann feststellen können, dass in meinem Fall jeglicher Hafturlaub und was es sonst noch so für Vergünstigungen gibt, ausgeschlossen wurde. Ich habe also ein wirklich wasserdichtes Alibi!“ Kimble erhob sich von seinem Platz und streckte dem Wachmann die Hände hin. „Ich nehme an, dass Gespräch ist damit beendet. Gehen wir besser jeder für sich zur Tagesordnung über.“
„Einen Moment bitte!“, mischte ich mich ein.
Der neben Kimble stehende Wachmann legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte ihn zurück auf den Stuhl.
„Was ist denn noch?“, brummte Shane Kimble. Er verdrehte die Augen. „Zu dem Thema habe ich alles gesagt, was zu sagen ist. Punkt. Ende. Aus.“
„Nein, das ist nicht wahr!“, widersprach ich und riss damit nun endgültig die Gesprächsführung an mich. „Sie haben uns noch nicht erklärt, wieso die Waffe, mit der Sie damals einen Menschen erschossen und mehrere weitere schwer verletzt haben, jetzt plötzlich wieder in Umlauf gebracht wurde.“
Shane Kimble runzelte die Stirn und sah mich mit schiefen Blicken an.
„Wie bitte?“, fragte er, so als hätte er mich nicht verstanden.
„Sie haben richtig gehört“, ergänzte Orry. „Die Waffe, die Sie damals nach Ihrer letzten Schießerei irgendwo versteckt haben müssen, ist wieder aufgetaucht.“
„Aber verdammt noch mal, G-man, geht das nicht in Ihren Schädel hinein? Ich war hier unter Aufsicht und habe die Waffe nicht abgedrückt!“ Er kicherte. „Das werden auch all Ihre Untersuchungen beweisen!“
„Wo befand sich diese Waffe während der letzten Jahre?“, fragte ich.
„Keine Ahnung, G-man!“
„Ich weiß nicht, ob Sie hier drinnen alles haben, was Sie brauchen“, meinte ich. „Aber vielleicht ist es nicht schlecht, wenn die Staatsanwaltschaft weiß, dass Sie kooperieren wollen.“
„Den Teufel werde ich tun!“, erwiderte Shane Kimble.
„Ganz wie Sie wollen!“, sagte Clive. Der flachsblonde Italoamerikaner schien genug von den Ausweichmanövern des ehemaligen Gang-Anführers zu haben. „Aber wenn sich herausstellt, dass Sie die Verbrechen aus den Mauern von Rikers Island heraus geplant und in Auftrag gegeben haben, dann wird man Sie nicht hier in New York lassen, sondern irgendwo anders hin verlegen. Ich weiß nicht, wie es mit Ihren Besuchsrechten dann noch steht...“
„Glauben Sie wirklich, dass dieser Mord mit meiner alten Waffe begangen worden wäre, wenn ich hinter der Sache stecken würde?“, fragte Shane Kimble zurück. Er lief dunkelrot an und machte eine wegwerfende Handbewegung, die so ausholend und heftig ausgeführt wurde, dass die in der Nähe postierten Wachmänner schon nervös wurden. „Ihr G-men müsst mich für reichlich dämlich halten.“
„Dann sagen Sie uns doch einfach, wo Ihre Waffe die letzten Jahre aufbewahrt wurde und von wem!“, beharrte Clive Caravaggio. „Wenn Sie wirklich jemand in die Pfanne hauen wollte, dann bekommen wir das heraus! Andernfalls hängen Sie nach der derzeitigen Beweislage mit drin, weil jeder glauben wird, dass Sie einen Ihrer Leute losgeschickt haben, damit er mit der alten Waffe ein Zeichen setzt!“
„Das ist doch Unsinn!“
„Rache aus dem Knast mit perfektem Alibi! Aber sobald wir den Kerl haben, der abgedrückt hat, wird der reden und Sie in die Pfanne hauen, bevor er die Schuld allein auf sich nimmt. Da können Sie sicher sein!“
„Hören Sie auf!“
„Mein Mandant könnte behaupten, die Waffe vor seiner damaligen Verhaftung einfach weiterverkauft zu haben“, mischte sich Kimbles Anwältin ein. „Und ich sehe nicht, wie Sie diese Behauptung widerlegen könnten!“
„Bravo. Lady! Geben Sie den Ärschen Zunder!“, rief Kimble. „Ich behaupte einfach, was die Lady sagt und Ihr könnt mich dann mal!“
„Wenn Ihr Mandant dämlich gewesen wäre und unter Geldmangel gelitten hätte wäre das plausibel“, antwortete Clive. „Aber beides wird niemand behaupten wollen. Außerdem stellt sich dann die Frage, wieso er uns den Käufer nicht nennt und mit uns kooperiert!“ Clive wandte sich wieder direkt an Kimble. „Und sagen Sie nicht, dass es nicht auch für Sie nicht noch schlimmer kommen könnte!“
Kimble lehnte sich zurück.
Die Pose großspuriger Lässigkeit war jetzt von ihm abgefallen.
Er schien mit sich selbst zu ringen und brauchte vielleicht nur noch einen kleinen Anstoß, um etwas zu tun, was für einen ehemaligen Gang Leader aus der Bronx so etwas wie den Verlust der Ehre bedeutete.
„Wenn herauskommt, dass ich mit Ihnen zusammenarbeite, bin ich erledigt“, sagte er.
„Hören Sie auf“, mischte sich die Anwältin ein. „Sie setzen meinen Mandanten in unzulässiger Weise unter emotionalen Druck.“
„Ich mache ihn lediglich auf seine Situation aufmerksam“, erklärte Clive.
„Das haben Sie zu genüge getan. Mein Mandant hat seine Position sehr unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Er hat mit dem Tod von James Longoria nichts zu tun. Was das Auftauchen dieser ominösen Waffe angeht, so kann er sich auf den fünften Zusatz zur amerikanischen Verfassung berufen, wonach sich niemand selbst belasten muss. Im übrigen muss ich sagen, das Ihre These, wonach mein Mandant irgendein Rachezeichen oder so etwas setzen wollte, an den Haaren herbeigezogen ist!“
Clive verzog das Gesicht zu einem dünnen Lächeln und wandte sich Cheyenne Masters zu. „Wie sollte sich Mister Kimble durch eine Aussage denn selbst belasten, wenn seine bisherigen Aussagen der Wahrheit entsprechen und er tatsächlich nichts mit dem Mord an Staatsanwalt Longoria zu tun hat?“
„Schon der unangemeldete Besitz dieser Waffe war eine Straftat, die noch nicht verjährt ist!“, gab die Anwältin zu bedenken.
„Ich bitte Sie, das ist nicht Ihr Ernst, Miss Masters!“, stieß Clive aufgebracht hervor. „Angesichts der Strafe, die das Gericht ihrem Mandanten bereits aufgebrummt hat, dürfte...“
„Ich denke, es ist alles gesagt worden, was in dieser Sache von Belang ist. Die Unterredung dürfte damit beendet sein, Gentlemen!“
Shane Kimble lehnte sich zurück und klatschte mit seinen großen, prankenartigen Händen Beifall.
„Richtig so, Lady! Machen Sie die Typen fertig!“ Dann hielt er einem der Wachleute seine Hände über Kreuz entgegen. „Schließt mich wieder in meine Zelle! Ich werde hier seelisch misshandelt!“, schrie er.