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Dr. Torben Lorentz trat aus dem Operationssaal und tat einen tiefen Atemzug. Er hatte eine Kürettage hinter sich. Die Ausschabung der Gebärmutter war mit unerwarteten Komplikationen verbunden gewesen: Die Patientin hatte sehr viel Blut verloren, aber sie hatte rechtzeitig vorgesorgt und schon vor einem halben Jahr Eigenblut in der Seeberg-Klinik deponiert. Das hatte man ihr heute zugeführt, und der junge Chirurg war zuversichtlich, dass sie sich von dem Eingriff rasch erholen würde.

„Müde?“, sprach ihn plötzlich Dr. Nicola Sperling an.

Er nahm sie jetzt erst wahr. „Oh.“ Er lächelte erfreut. „Hallo.“

„Magst du eine Tasse Kaffee?“, fragte Nicola.

Er tippte mit dem Finger auf ihre Nasenspitze. „Schwangere Frauen sollen keine Suchtmittel konsumieren.“

„Ich nehme selbstverständlich koffeinfreien Kaffee“, erwiderte Nicola.

Sie gingen ins Casino. Dass Nicola ungeliebte Gäste in ihrem Haus hatte, wusste Torben noch nicht. Sie fand nie den richtigen Zeitpunkt, es ihm zu sagen.

Während sie den Kaffee tranken, fragte Torben: „Wie fühlst du dich?“

„Ganz gut“, antwortete Nicola.

„Und wie geht es unserem Baby?“

„Vermutlich auch nicht schlecht.“ Nicola lächelte. „Es macht sich jedenfalls auf keine wie immer geartete Weise bemerkbar.“

Torben griff über den Tisch nach ihren Händen. „Liebling, ich wollte schon seit längerem mit dir reden, aber man kommt ja vor lauter Arbeit zu nichts …“

„Was hast du auf dem Herzen?“, fragte sie.

„Naja …“ Er wiegte den Kopf. „Also … Ich wohne allein … Du wohnst allein … Wir führen zwei getrennte Haushalte … Ich meine, das ist irgendwie unsinnig, wo wir doch die Absicht haben, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Wäre es nicht angenehmer für uns beide, wenn ich meine Wohnung aufgeben und zu dir ziehen würde?“

Sie erschrak. „Wann?“

„Von mir aus gleich heute.“

Sie hatte urplötzlich ein flaues Gefühl im Magen. „Gleich heute?“, fragte sie krächzend.

Er musterte sie befremdet. „Wäre dir das etwa nicht recht?“

„Doch, doch“, beeilte sie sich zu versichern. „Schon.“ O Gott, sie war so entsetzlich durcheinander. „Natürlich. Es ist nur …“

„Ja?“

Sie hob verlegen lächelnd die Schultern. „Du überfällst mich damit ein bisschen.“

„Tut mir leid“, sagte Torben leicht pikiert. „Ich dachte, du würdest dich über meinen Vorschlag freuen. Wenn ich gewusst hätte, dass er so schlecht ankommt …“

„ Er kommt überhaupt nicht schlecht an“, fiel sie ihm aufgewühlt ins Wort. Bruno, ich hasse dich!, dachte sie. „Es es geht mir nur ein bisschen zu schnell.“ Sie drückte Torbens feingliedrige Hände und dachte: Verflucht, Bruno, in was für eine Situation hast du mich gebracht?

„Bitte sei nicht beleidigt, Liebling“, flehte sie. Ihr Geist suchte nach einer plausiblen Erklärung für ihr sonderbares Verhalten. Sollte sie Torben hier und jetzt die Wahrheit sagen? Sie entschied sich dagegen, nahm Zuflucht bei einer Notlüge. „Ich – ich wollte dich überraschen, doch nun muss ich es dir wohl sagen: Ich habe die Handwerker im Haus.“

„Wozu?“, fragte er erstaunt.

„Na ja, ich lasse mein Heim familiengerecht ausstatten. Ich wollte dich damit überraschen, aber daraus wird nun leider nichts …“

Mit dieser Unwahrheit hatte sie einen kleinen Aufschub erwirkt, aber aufgeschoben war nicht aufgehoben. Sie musste Torben so bald wie möglich von Bruno Pfaff, ihrem Stiefbruder, dem Schandfleck der Familie, erzählen.

Ärzte und Schicksale Auswahlband 8010 - 8 Romane: Manchmal kommt das Glück ganz unverhofft

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