Читать книгу Krimi Sammelband 7010: 7 Action Thriller November 2019 - A. F. Morland - Страница 9
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ОглавлениеSteve McCoys Gegenüber war einige Jahre älter. Er trug einen modisch geschnittenen Anzug und hatte dichtes, schwarzes Haar. Die Brille mit dem schmalen, silbernen Rand verlieh ihm einen intellektuellen Anstrich.
Steve ließ sich auf einen Stuhl sinken und streckte die Beine aus. „Okay, schießen Sie los!“
Der andere lehnte sich hinter seinem Schreibtisch zurück. „Ich heiße Max Taylor und werde von nun an mit Ihnen zusammenarbeiten. Ich bin sicher, dass wir ein gutes Team bilden werden. Ihre Qualitäten kenne ich, mir müssen Sie am Anfang Vertrauen schenken, bis ich Ihnen beweisen kann, dass Sie sich auf mich verlassen können.“
Steve nickte. Das war eine ungewöhnliche Antrittsrede. Aber Taylor schien zu wissen, welche Empfindungen ein Agent hatte, dessen Führung wechselte. „Was ist mit Colonel Greene? Meist hat er bisher meine Einsätze koordiniert.“
„Sie waren ja auch im Urlaub. Das ging alles ziemlich überraschend. Aber Alec Greene ist derzeit unabkömmlich. Er muss sich um einige andere Dinge von höchster nationaler Bedeutung kümmern.“
„Nun gut. Dann müssen wir wohl miteinander auskommen.“
„Keine Sorge, ich bin von Anfang an beim Department und seit einigen Jahren bin ich praktisch die rechte Hand des Colonels. Ich bin über alle Angelegenheiten informiert.“
Steve lächelte. „Na schön, kommen wir zur Sache. Ich habe keine Ahnung, worum es überhaupt geht.“
Taylor machte ein ernstes Gesicht. „Die Aktion scheint schon vermasselt, bevor sie überhaupt begonnen hat. Das ist nicht zu ändern. Trotzdem müssen wir weitermachen, wir haben keine andere Wahl. Das Projekt hat die höchste Dringlichkeitsstufe erhalten, und das Pentagon tritt uns täglich auf die Zehen. Aber bevor ich zu den Einzelheiten komme, möchte ich gern noch mal hören, was am Flughafen in New York passiert ist.“
Steve räusperte sich. „Ich sah, wie ein Mann erschossen wurde. Ich stand oben auf der Balustrade und wartete auf den angekündigten Kurier, denn meine Maschine sollte in wenigen Minuten abfliegen, und ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Informationen. Als ich den Mann aus dem Taxi springen sah, ahnte ich instinktiv, dass es unser Mann war. Er machte nur ein paar Schritte, als ein Plymouth neuerer Bauart mit getönten Scheiben vorfuhr und aus dem Innern mehrere Schüsse fielen. Von meiner Position aus war nicht mal zu erkennen, wie viele Leute in dem Wagen saßen. Ich bin dann sofort hinuntergerannt, aber der Mann war schon tot. Ich stellte fest, dass seine Tasche verschwunden war, das Kettchen war vermutlich mit einer Zange durchtrennt worden.“
„Das heißt, die Aktion war vorbereitet. In dem Menschengewühl, das um den Toten entstand, nutzte ein anderer die Chance aus und trennte den Koffer vom Handgelenk. Halten Sie es für möglich, dass niemand so etwas merkt?“
Steve McCoy nickte. „Sicher. Die Leute achten viel weniger auf solche Dinge als man glaubt. Aber ich bin noch nicht überzeugt davon, dass die Aktion vorbereitet war. Dazu war das Risiko eigentlich zu groß. Es kann doch durchaus sein, dass ein Taschendieb oder ein beliebiger anderer Gauner den Mord ausnutzte und den Koffer an sich nahm. Vielleicht in der Hoffnung, dass sich Geld darin befand.“
„Das ist denkbar. Aber trotzdem bleibt der Mord. Und einen Kurier umzulegen, wäre völlig sinnlos, wenn man nicht an seine Unterlagen heranwollte. Ich gebe zu, dass ein solches Verfahren ungewöhnlich und selten ist, aber es ist schon vorgekommen.“
Steve nickte nachdenklich. „Wir müssen von der schlimmsten Möglichkeit ausgehen. Was also befand sich in dem Koffer?“
Eine kurze Pause entstand, ehe Taylor antwortete. „Alle Unterlagen für Sie! Ihre neue Tarnung. Ein Flugticket von Paris nach Damaskus. Und Ihr neuer Auftrag.“
„Damaskus? Ich wusste nur, dass ich nach Paris fliegen soll.“
„Ja. Die Operation ist an unsere Abteilung übergeben worden, weil sie mit Mitteln gelöst werden muss, die in unseren Bereich fallen. Ich selbst war längere Zeit im Mittleren Osten, sodass der Colonel mir die Einsatzleitung übertragen hat. Die Aufgabe ist nicht einfach, und die örtlichen Vertreter der CIA haben uns ausdrücklich gebeten, einen neuen Mann zu schicken, da sie fürchten, dass sie bei der Gegenseite alle bekannt sind.“
„Aha. Und worum geht es nun?“
„Sie sollen einen Mann aus Damaskus herausholen und ihn sicher auf amerikanisches Gebiet bringen.“
„Kann dieser Mann nicht selber kommen? Die syrischen Grenzen sind doch nicht hermetisch abgeriegelt.“
Taylor blickte ihn ruhig an. „Der Mann ist sowjetischer Wissenschaftler und will zu uns überlaufen. Er ist Mitglied einer größeren sowjetischen Delegation, die sich für ein paar Tage in Damaskus aufhält. Da er ein wichtiger Mann für die Sowjets ist, wird man ihn nicht aus den Augen lassen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass man ihn im Verdacht hat.“
„Woher wissen Sie, dass dieser Mann überlaufen will?“
„Er hat sich in Leningrad an einen unserer Verbindungsleute gewandt und auch Beweise seiner ehrlichen Absicht geliefert. Wir sind da sehr vorsichtig geworden, seit der sowjetische Geheimdienst mehrfach versucht hat, unseren Geheimdiensten Doppelagenten ins Nest zu schmuggeln. Eine solche Gefahr besteht in diesem Fall nicht, denn dieser Mann ist schon allein aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeit für uns von äußerster Wichtigkeit.“
„Aber wenn die Gegenseite jetzt die Unterlagen unseres Kuriers hat, weiß sie doch, um welchen Mann es sich handelt, und sie kann entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten.“
Taylor schüttelte den Kopf. „So unvorsichtig waren wir nun wieder nicht. Der Mann wird sich mit einem Erkennungswort bei Ihnen melden. Wir haben für Sie ein Zimmer im Hotel New Semiramis gemietet – dort wohnt die Delegation mit dem Wissenschaftler ebenfalls. Sie werden sich mit unserem üblichen Erkennungszeichen für solche Zwecke identifizieren. Der Mann vor Ort weiß, wie das aussieht. Trotzdem eilt die Sache, denn natürlich kann unser Mann jederzeit hochgehen, schließlich weiß die Gegenseite jetzt ganz genau, dass eines ihrer Schäfchen türmen will.“
„Wie heißt die Zielperson?“, fragte Steve McCoy.
„Er heißt Oleg Alexandrowitsch Petrow und ist Fachmann für Schallortungen unter Wasser. Das ist ein Thema, an dem wir brennend interessiert sind, denn es ist für unsere Sicherheit von entscheidender Bedeutung.“
Steve hob die Schultern. „Ich verstehe davon nicht viel, wenn ich ehrlich sein soll.“
Taylor winkte ab. „Das brauchen Sie auch nicht. Ich werde Ihnen aber erklären, warum es so wichtig ist. Ein modernes Atom-U-Boot operiert heute in einer Tiefe bis zu siebenhundert Metern und bei einer Geschwindigkeit von vierzig oder fünfzig Knoten. Opas U-Boot-Abwehr, also Zerstörer mit Wasserbomben, ist damit witzlos geworden. Heute erledigen das Hubschrauber und Anti-U-Boote mit weitreichenden Torpedos. Aber dazu muss man die feindlichen U-Boote erst mal orten, und Schallwellen sind zurzeit das einzig brauchbare Instrument.“
„Und in diesen Dingen kennt Genosse Petrow sich also bestens aus?“
„Ja. Genau. Und nicht nur das, er ist sogar der bedeutendste Wissenschaftler der Sowjets auf diesem Gebiet.“
„Aha.“ Steve McCoy lehnte sich zurück. „Und unsere eigenen Leute? Verstehen die nicht so viel davon?“
Taylor lächelte breit. „Doch. Aber wir möchten gern wissen, was die Kollegen auf der anderen Seite in der Schublade haben. Und das wird uns Petrow sagen.“
„Wie weit reichen solche Ortungsanlagen eigentlich?“
„Das ist sehr unterschiedlich. Ein normales Echolot reicht senkrecht nach unten, es ist also begrenzt. Die modernen Sonarverfahren, also die Horizontalortung, reichen schon sehr weit. Alle größeren Marineeinheiten haben heute solche Anlagen an Bord. Ein Jagd-U-Boot, das in großen Tiefen operiert, hat eine Sonaranlage von der Größe eines Einfamilienhauses. Die damit erzeugten Ultraschallstrahlen können einen in der Nähe schwimmenden Menschen töten. Die Fernortung, die von festen Anlagen aus arbeitet, kann ganze Ozeane abtasten. Denn unter günstigen Bedingungen können sich Schallwellen im Wasser Tausende von Kilometer ausbreiten. Das hängt unter anderem von der Zusammensetzung des Meerwassers ab.“
Steve nickte anerkennend. „Sie sind gut informiert. Gratulation!“
Taylor machte eine abwehrende Handbewegung. „Ich habe ein paar Artikel darüber gelesen, vorher hatte ich auch keine Ahnung. Aber ich glaube, Sie haben jetzt eine Vorstellung, warum diese Angelegenheit für uns so wichtig ist. Wir müssen Petrow kriegen, und ich werde mich dafür einsetzen, dass Sie alle Vollmachten bekommen, die notwendig sind. Geld spielt in diesem Fall keine Rolle. Ihr Verbindungsmann in Damaskus bekommt Anweisung, Ihnen ohne Kommentar behilflich zu sein.“
„Wie ich ihn heraushole, ist meine Sache, nehme ich an? Ich kenne mich ein wenig in der Gegend aus. Das kann man von hier aus auch nicht entscheiden.“
Taylor blickte ihn nachdenklich an. „Sie haben völlig freie Hand. Man hat mir eine Menge über Sie erzählt – ich werde mich darauf einstellen. Tun Sie, was notwendig ist! Melden Sie sich jetzt in der Technik! Sie bekommen eine neue Ausrüstung.“
Steve erhob sich und ging zur Tür, als Taylor ihm zurief: „Noch etwas. Wenn wir Petrow nicht kriegen können – die Sowjets dürfen ihn auf keinen Fall zurückhaben. Sie verstehen, was ich meine?“
Steve hatte schon die Hand auf der Klinke. Seine Augen hatten sich eine Spur dunkler gefärbt. „Ich verstehe sehr gut, was Sie meinen, Mister Taylor. Auch eine solche Entscheidung liegt bei mir.“