Читать книгу Umgelegt vom Killer: Krimi Koffer 9 Romane - A. F. Morland, Pete Hackett - Страница 16
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Das Schloss hielt Roberto Tardellis erstem vehementen Ansturm nicht stand. Die Tür flog zur Seite und knallte gegen die Wand. Mit einem weiten Satz war der Mafiajäger in der Wohnung. Ein Blick genügte, um die Szene zu überschauen. Claudia Bregg lag mit schreckgeweiteten Augen auf einer breiten französischen Liege.
Ihre Bluse – ein hauchdünnes Ding, durch das die rosige Haut schimmerte – war bis zum Nabel offen. Der Rock war so weit hochgerutscht, dass man den schneeweißen Slip und sehr, sehr viel von den endlos langen Beinen sehen konnte. An ihren kleinen Ohrläppchen baumelten jene großen Ohrringe, von denen Bathseba Lane gesprochen hatte.
Ihre rechte Wange glühte rot. Die fünf Finger einer großen Männerhand zeichneten sich deutlich darauf ab.
Der Bursche, der sie geschlagen hatte, war ein Schwergewicht, das man ernst nehmen musste. Ein Kerl mit Fäusten, die Betonsäulen knicken konnten, und überbreiten Schultern. Sein Gesicht war grau vor Wut.
In dem Augenblick, wo Roberto Tardelli zur Tür hereingeflogen kam, war der Vierschrötige gerade im Begriff, seinen schwarzen Ledergürtel aus den Schlaufen zu reißen, um das Mädchen damit zu züchtigen.
„Lass den Gürtel lieber, wo er ist, Junge“, sagte Roberto Tardelli eisig, „sonst marschierst du hier ohne Hosen raus!“
Der Große starrte Roberto verwirrt an und fragte Claudia: „Verdammt, wer ist das? Was hat der hier zu suchen?“
„Ich bin ein Freund von Claudia“, behauptete Roberto. „Und ich bin hier, um zu verhindern, dass du der Kleinen eine Verzierung abbrichst!“
„Zum Teufel, sie verdient die Prügel!“, schrie der Vierschrötige zornig.
„Wieso?“
„Sie hat mich bestohlen!“
„Das ist nicht wahr!“, verteidigte sich Claudia. „Ich habe ihm den Hunderter, den er vermisst, nicht aus der Brieftasche geklaut. Er muss ihn irgendwo verloren haben.“
„Du hörst, was die Lady sagt!“, knurrte Roberto.
„Diese Biester lügen doch alle wie gedruckt!“
„Ich sage die Wahrheit!“, schrie Claudia mit wild funkelnden Augen. Jetzt, wo Roberto da war, hatte sie keine Angst mehr vor dem Mann.
Dieser stemmte die klobigen Fäuste in die Seiten. „Zum Henker, ich will meinen Hunderter wiederhaben!“
„Dann such ihn da, wo du ihn ausgestreut hast!“, empfahl ihm Roberto Tardelli.
„Du hältst dich da besser raus, Junge!“, blaffte der Vierschrötige. „Das ist eine Angelegenheit, die nur mich und Claudia betrifft. Besser, du machst ‘ne Fliege, bevor ich unangenehm werde.“
„Wenn hier einer das Feld räumt, dann bist du das, Freund!“, gab Roberto Tardelli scharf zurück.
Der andere spannte seine Muskeln. „He, nimmst du dein loses Maul immer so voll?“
Roberto grinste den Großen schief an. „Möchtest du Claudia entscheiden lassen, wer von uns beiden bleiben darf?“
„Verdammt, es ist ganz klar, dass du gehst, und zwar auf der Stelle, weil ich dich nämlich höchstpersönlich an die Luft setzen werde!“
Das Schwergewicht walzte mit blutunterlaufenen Augen heran. Der Bursche verließ sich auf seine Kraft, mit der er Roberto Tardelli ungespitzt in den Boden hätte rammen können, wenn dieser den Fehler gemacht hätte, sich dem Gegner frontal entgegenzuwerfen.
Es wurde ein Kampf Hirn gegen Faust.
Der Vierschrötige schoss einen Hammer ab, der Roberto in der Mitte entzwei geschlagen hätte – wenn er getroffen hätte. Doch der wendige Mafiajäger wich diesem und den nachfolgenden Schlägen geschickt aus. Er konterte mit sicherem Auge und nutzte die Fehler des andern hart und blitzschnell zu seinem Vorteil aus.
Er geriet keine Sekunde in ernsthafte Gefahr.
Hingegen machten dem Großen Robertos brettharte Handkanten schwer zu schaffen. Binnen Kurzem kassierte der Vierschrötige drei Treffer, die ihn hart an den Rand einer schmählichen Niederlage bugsierten. Er versuchte, als Roberto auf dem Vormarsch war, einen Entlastungsangriff, der jedoch ziemlich schiefging. Als Roberto Tardelli die ungedeckte Kinnspitze des Gegners bemerkte, machte er das Maß mit einem kraftvoll hochgezogenen Uppercut voll.
Der streitsüchtige Kerl torkelte rückwärts aus der Wohnung.
Roberto folgte ihm bis auf den Gang, und als er zu einem neuerlichen Schlag ansetzte, riss der Schwere die Hände beschwörend hoch und gurgelte mit dick angeschwollenen Lippen: „Es reicht! Ich habe genug, verdammt!“
„Okay“, nickte daraufhin Roberto. Er blieb noch in Kampfstellung. „Dann darfst du dich jetzt empfehlen. Und ich würde an deiner Stelle nicht noch mal hierher kommen. Es könnte sein, dass wir uns wieder begegnen.“
„Gott behüte!“, ächzte der Große, machte auf den Hacken kehrt und trottete mit hängenden Schultern davon. An dieser Niederlage würde er noch lange knabbern. Er war doppelt so breit und etwas größer als Roberto – und hatte dennoch seine Dresche bekommen. Das muss einen ja ins Grübeln bringen.
Roberto Tardelli hörte die schweren Schritte des Burschen. Er vernahm das Ächzen der Stufen, die vom ersten Stock zum Erdgeschoss hinunterführten, und dann klappte die Haustür.
Das Feld war geräumt.
Als Roberto in Claudia Breggs Wohnung zurückkehrte, lag das Mädchen immer noch auf dem breiten Bett.
Jetzt erst brachte das Mädchen seine Kleidung in Ordnung. Sie warf Roberto einen erstaunten, dankbaren Blick zu. Dann stand sie auf, ging zu einer in die Wand eingebauten Bar, füllte zwei Gläser mit mildem Bourbon und reichte eines davon ihrem Schutzengel, der bei ihr im genau richtigen Moment aufgetaucht war.
„Danke“, sagte sie sanft. „Sie haben sehr viel für mich getan.“
Die fünf Finger an ihrer Wange verblassten langsam. Roberto erwiderte schmunzelnd: „Ich hab‘s gern getan. Ich kann Kerle, die Mädchen schlagen, nicht ausstehen.“
„Jetzt schulde ich Ihnen etwas“, sagte Claudia.
„Unsinn ...“
„Doch, doch.“ Sie wies auf das Bett. „Wollen Sie mit mir schlafen?“
Roberto blickte das Mädchen verwundert an. „Ich bin nicht deswegen hier, Claudia.“
„Das macht nichts. Ich wüsste nicht, wie ich mich anders dankbar erweisen könnte.“
„Ich schon“, sagte Roberto lächelnd. Er beschrieb den Mann, hinter dem er her war, und mit dem Claudia vor dem „Little Tattoo“ gesehen worden war. Es fiel ihm nicht schwer, Mel Kowalski zu beschreiben. Das Dossier, das COUNTER CRIME von diesem gefährlichen Killer angelegt hatte, war nicht nur viele Seiten stark, sondern ihm lagen auch eine Menge Aufnahmen bei, die diesen Berufsmörder in Badehose, Trainingsanzug, Smoking, Parka und so weiter zeigten.
Claudia wusste sofort, von wem Roberto sprach.
Sie hätte wohl kein Wort über Kowalski gesagt, wenn sie nicht in Robertos Schuld gestanden hätte. Schweigen gehörte zu ihren grundlegendsten Geschäftsprinzipien. Doch dieses eine Mal machte sie eine Ausnahme. Und so erfuhr der Mafiajäger, dass Mel Kowalski dem Mädchen erzählt hatte, er wolle heute nach Chicago fliegen.
Für Roberto stand fest: Wenn der Profikiller das gewollt hatte, dann hatte er es inzwischen auch bestimmt getan. Anders formuliert hieß das: Mel Kowalski noch länger hier in Miami Beach zu suchen, war vollkommen sinnlos. Seine Fährte würde erst wieder in Chicago aufzunehmen sein.