Читать книгу Umgelegt vom Killer: Krimi Koffer 9 Romane - A. F. Morland, Pete Hackett - Страница 17

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Obwohl die Hitze in Miami Beach beinahe unerträglich gewesen war, hatte sie ihm besser gefallen als dieser verdammte Regen, der Chicago in eine einzige riesige Pfütze verwandelte. Wie an grauen Schnüren rann das Wasser ununterbrochen vom Himmel. Seit acht Stunden. Und es war noch immer kein Ende abzusehen. Vom Michigansee pfiff ein kühler Wind durch die Straßenschluchten der Metropole und peitschte den wenigen Menschen, die bei diesem Sauwetter unterwegs waren, den Regen erbarmungslos ins Gesicht.

Roberto kroch die Feuchtigkeit in alle Glieder.

Er ging mit verdrossener Miene seines Weges.

Irgendwie kam ihm die Millionen-Einwohner-Stadt, in der er sich nicht zum ersten Mal aufhielt, feindselig vor. So als wollte sie ihn hier nicht haben, weil sie sich noch sehr gut an die vielen Unruhen erinnerte, die er in der jüngsten Vergangenheit hier gestiftet hatte.

COUNTER CRIME bestand nicht nur aus Agenten. Diese große Organisation, die sich so hervorragend zu tarnen wusste, verfügte über ein Netz von Kontaktleuten, Zuträgern, Sympathisanten und Spitzeln, das sich über die gesamten Vereinigten Staaten ausbreitete. Selbstverständlich gab es auch äußerst wichtige Stützpunkte in Übersee. Da waren sie allerdings nicht so dicht gesät wie in den USA.

Alle Leute, die mit COUNTER CRIME irgendwie in Verbindung standen, und in dieser Stadt lebten, waren von Roberto Tardelli bereits kontaktiert worden, doch ohne Erfolg. Keiner hatte Mel Kowalski gesehen.

Dennoch war Roberto felsenfest davon überzeugt, dass sich der Killer in Chicago aufhielt.

Roberto hatte sich auch da blicken lassen, wo man aus den verschiedensten Gründen etwas gegen die Mafia hatte, und er hatte mit Männern gesprochen, die im Allgemeinen sehr gut über die Ehrenwerte Gesellschaft Bescheid wussten. Ihnen allen hatte der COUNTER CRIME-Agent klargemacht, dass er scharf wie eine schwedische Rasierklinge auf einen Tipp war, der ihn auf Mel Kowalskis Spur brachte.

Mit einem vorwurfsvollen Blick zum Himmel stieg Roberto Tardelli aus seinem fuchsiaroten Plymouth Fury.

Er lief auf das Hotel zu, in dem er für die Dauer seines Chicagoer Aufenthalts abgestiegen war.

Er schüttelte sich im Foyer wie ein begossener Pudel.

Der Mann an der Rezeption nickte und lächelte. „Bei einem solchen Wetter ist es in unserer Bar am schönsten, Sir.“

„Eine ausgezeichnete Idee“, erwiderte Roberto. Er fuhr mit dem Lift zur sechsten Etage hoch, zog sich trockene Sachen an und bestellte wenig später in der Hotelbar eine Flasche kalifornischen Rotwein. Er trank, und dachte dabei an die herrliche Sonne, in der dieser köstliche Tropfen, der seine Kehle wie Öl hinunterrann, gereift war.

Das lange Warten begann.

Jedes Mal, wenn das Telefon anschlug, zuckte Roberto zusammen. Immer hoffte er, dass der Anruf für ihn sein würde.

Nach einer halben Stunde begann er sich zu fragen, ob er auch tatsächlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, um des Killers habhaft zu werden. Mitten in diese Überlegungen hinein schrillte abermals das Telefon.

Bestimmt wieder nicht für mich, dachte Roberto bitter.

Der Keeper nahm das Gespräch entgegen, drückte den Hörer sodann an seine Brust, wandte sich zu Roberto um, der auf einem Hocker jenseits des Tresens saß, und fragte: „Sind Sie Mr. Tardelli?“

„Seit meiner Geburt“, sagte Roberto aufgekratzt. Die Zeitbombe, die er gelegt hatte, schien jetzt hochzugehen.

„Ein Anruf für Sie.“

„Geben Sie her“, verlangte Roberto tatendurstig. Der Keeper brachte den Apparat und stellte ihn vor Roberto hin.

„Hallo, Mr. Tardelli ...“ Eine aufgeregte Stimme. Zitternd. Die Stimme eines Mannes, aber ziemlich schrill.

„Mit wem spreche ich?“, wollte Roberto wissen.

„Harry Mark.“ Ein Spitzel, der seine Informationen an jeden verkaufte, der sie haben wollte. Er machte seine Geschäfte mit der Polizei genauso wie mit den Gangstern, mit Privatdetektiven ebenso wie mit Mafiosi. Und manchmal verkaufte eiserne Informationen auch zweimal. Dass er an dieser Geschäftspraktik noch nicht zugrunde gegangen war, war vermutlich seiner großen Cleverness zuzuschreiben, und auch seiner langen Nase, mit der er rechtzeitig riechen konnte, wenn es für ihn brenzlig wurde.

„Was gibt‘s, Harry?“, fragte Roberto.

„Ich glaube, ich habe was für Sie, Mr. Tardelli.“

„Spuck‘s aus.“

„Nicht am Telefon und nicht umsonst.“

„Du würdest sogar dem Teufel deine Seele verkaufen, was?“

„Warum nicht?“ Harry Mark lachte nervös. „Ist nur schade, dass er sie nicht haben will.“

„Vielleicht bist du ihm noch nicht schlecht genug“, sagte Roberto. „Wie komme ich an die Information?“

„Kennen Sie den aufgelassenen Bootshafen in Evanston?“

„Ja“, antwortete Roberto.

„Da erwarte ich Sie. In einer halben Stunde.“

„Kannst du mir bei diesem Hundewetter keinen attraktiveren Treffpunkt anbieten?“, meckerte Roberto.

Harry Mark überhörte den Einwand. „Vergessen Sie nicht, einen Hunderter mitzubringen, Mr. Tardelli, denn so viel ist die Information, die ich für Sie habe, nämlich wert.“

Roberto wollte einen anderen Treffpunkt vorschlagen, doch Harry Mark ließ ihm dazu nicht die Gelegenheit, sondern hängte sofort auf. Der Mafiajäger blickte den Telefonhörer missmutig an und schimpfte: „Verflixt, jetzt muss ich noch mal ohne Schwimmweste in diese Sintflut hinaus.“

Der Regen hatte kein bisschen nachgelassen. Hinzu kam, dass der düstere Tag allmählich zum dämmerigen Abend wurde, und somit waren die Sichtverhältnisse hier draußen denkbar schlecht.

Der aufgelassene Bootshafen war so ziemlich das hässlichste Stück Chicago, das Roberto Tardelli kannte.

Die Mole war gebrochen, und hohe Wellen krachten immer wieder dumpf dagegen, als wollte der See dieses Gebilde von Menschenhand völlig zerstören. Die Gischt schoss steil zum Himmel empor, tat sich mit dem Regen zusammen und wurde vom Wind weit über das Gelände getragen.

Roberto hatte eine wasserundurchlässige Nylonjacke übergezogen. Er sprang über tiefe Pfützen, in denen man ertrinken konnte, stolperte über Unrat und Müll, dessen Lagerung hier eigentlich verboten war, wie mehrere unübersehbare Tafeln verkündeten, um die sich jedoch kein Mensch scherte.

Halb verfallene Baracken tauchten aus dem grauen Schleier der Wassermassen auf. Sie schienen geduldig darauf zu warten, bis sich eine Planierraupe ihrer erbarmte.

Roberto versuchte mit seinen Augen die Regenwand zu durchdringen. Das Wasser prasselte ihm unaufhörlich auf den Kopf, rann in breiten Bächen aus seinem Haar, über sein Gesicht, in seinen Nacken. Er fröstelte.

Harry Mark war nirgendwo zu entdecken.

Roberto vermutete den Spitzel in einer der beiden Baracken, die halbwegs Schutz vor dem ekelhaften Wetter boten. Er eilte darauf zu, blickte durch eines der eingeschlagenen Fenster.

„Harry?“

Nichts. Nur das Rauschen des Regens und das dumpfe Klatschen der Wellen im Hintergrund war zu hören.

Es gab mehrere Erklärungen dafür, dass Harry Mark nicht antwortete. Der Bursche konnte zum Beispiel im letzten Moment die Courage verloren haben, hatte auf den Hunderter gepfiffen und war zu Hause geblieben. Es konnte natürlich auch jemand anders dafür gesorgt haben, dass es Harry nicht möglich war, die Verabredung einzuhalten ...

Eine Vielzahl von Gedanken jagten durch Roberto Tardellis Kopf, während er zur zweiten Baracke hinüberwechselte.

Harry Mark war auch dafür bekannt, dass seine Gangart nicht immer ganz sauber war. Und die Mafia ließ es sich gewiss einiges kosten, wenn man ihr den meistgehassten Mann ans Messer lieferte.

Eine Falle?

Die Einsamkeit dieser Gegend war dafür geradezu prädestiniert.

Hatte Harry Mark sein Spiel mit gezinkten Karten gespielt?

Roberto angelte unverzüglich seine Luger aus der Schulterhalfter. Er wollte nicht unvorbereitet sein, falls die eben angestellte Überlegung sich als zutreffend erweisen sollte.

Der Mafiajäger erreichte die zweite Baracke.

„Harry?“, rief er auch hier zum Fenster hinein in die undurchdringliche Schwärze.

Abermals keine Antwort. Dafür aber ein Geräusch, das Roberto Tardelli aufhorchen ließ und warnte. Ein Geräusch, das hier nichts zu suchen hatte: das metallische Klacken eines Pistolenschlittens.

Es war eine Falle!

Roberto schnellte herum. Er suchte nach einer Deckung. Da rief ihn plötzlich jemand scharf an: „Tardelli!“

Und der COUNTER CRIME-Agent erstarrte.

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