Читать книгу Extra Krimi Paket Sommer 2021 - A. F. Morland, Pete Hackett - Страница 31
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ОглавлениеVon der Müllkippe an der Cannary Lane aus machten sich Clive Caravaggio und unser indianischer Kollege Orry Medina auf den Weg zu Dolores Montalbans New Yorker Wohnung.
Sie lag in Greenwich Village in einem Gebäude, das im Stil der sogenannten Cast Iron-Architektur errichtet worden war, die von großen, zusammengeschweißten Metallplatten gekennzeichnet wurde. Man imitierte damit den Stil von Fabrik- und Lagerhallen, die diesen Stadtteil ursprünglich geprägt hatten. In den sechziger und siebziger Jahren hatten sich viele Künstler hier niedergelassen, die in den Achtzigern von den Yuppies verdrängt worden waren. Aber in Häusern zu wohnen, die wie Industriebauten aussahen, war immer noch hip.
Dolores Montalbans Wohnung lag im vierten Stock.
Clive und Orry ließen sich mit dem Aufzug hinauffahren.
Ein Team der Scientific Research Division war verständigt worden und auf dem Weg hier her. Es würde dafür sorgen, dass Dolores' Zimmer erkennungsdienstlich genauestens unter die Lupe genommen wurde.
Unsere Kollegen erreichten die massive Stahltür.
Sie stand einen Spalt offen. Am Zustand des Schlosses war zu sehen, dass sie gewaltsam geöffnet worden war.
Clive und Orry wechselten einen kurzen Blick. Beide griffen zu den Dienstpistolen vom Typ SIG Sauer P226 und postierten sich rechts und links der Tür.
Offenbar gab es noch jemanden, der sich für die Wohnung von Dolores Montalban interessierte.
Orry öffnete mit einem Tritt die Tür. Sie flog zur Seite.
Clive stürzte mit der SIG im Anschlag in den Raum. "FBI! Hände hoch!", rief er. Orry sicherte ihn von hinten.
Dolores Montalbans Wohnung war etwa zweihundert Quadratmeter groß und bestand aus einem einzigen Raum. Das Inventar war fast ausschließlich in den Farben schwarz und weiß gehalten.
Von der Decke hing ein Mobilé. Totenschädel in unterschiedlicher Größe baumelten an hauchdünnen Fäden. Beim geringsten Luftzug tanzten sie wild durcheinander.
In der Mitte des Raumes befand sich eine Regalwand. In den Regalen standen ein paar Bücher, außerdem mehrere Kristallkugeln, Tierschädel und Geistermasken.
Hinter der Regalwand bewegte sich etwas.
Eine Gestalt tauchte hervor. MPi-Feuer knatterte los.
Kristallkugeln und Tierschädel wurden aus dem Regal gefeuert.
Clive warf sich zu Boden. Im Fallen schoss er die SIG ab, rollte sich dann herum, während neben ihm die Kugeln den Teppichboden zerfetzten.
Orry konnte gerade zwei Schüsse in Richtung des MPi-Schützen abfeuern. Der G-man zuckte zurück. Neben der Tür fand er Deckung, presste sich gegen die Wand.
"Durchs Fenster!", rief jemand.
Offenbar war außer dem MPi-Schützen noch jemand hinter den Regalen. Die MPi knatterte erneut los. Diesmal in die andere Richtung. Fensterscheiben zersprangen. Ein schwarz gekleideter Mann sprang nach draußen, krümmte sich dabei wie ein Embryo zusammen. Er rollte sich auf dem etwa andertthalb Meter tiefer gelegenen Dach des Nachbargebäudes ab, rappelte sich auf.
Der MPi-Schütze ballerte noch einmal mit seiner Waffe durch den Raum.
Clive hechtete sich hinter eine niedrige Ledercouch.
Gut ein Dutzend MPi-Kugeln rissen die Polster auf.
Orry tauchte aus seiner Deckung hervor, ging volles Risiko und feuerte seine SIG ab.
Der MPi-Schütze wurde am Oberkörper erwischt, taumelte und fiel zu Boden. Die Regalwand riss er mit sich.
Clive sprang auf.
Mit der SIG in der Rechten lief er auf den am Boden liegenden MPi-Schützen zu. Der Kerl war zweifellos tot.
"Alles klar, Clive?", fragte Orry, der ebenfalls herbeieilte.
"Mit mir schon!", erwiderte der Italoamerikaner.
"Ich kauf mir den zweiten Mann!", versprach Orry.
Er wandte sich der zerschossenen Fensterfront zu.
Von dem Flüchtenden war nichts zu sehen.
Orry schwang sich aus dem Fenster und landete auf dem angrenzenden Dach des Nachbarhauses.
Er rannte in geduckter Haltung vorwärts. Die Schrägung und der rutschige Untergrund sorgten dafür, dass Orry sein Tempo bremsen musste, wollte er nicht hinunter stürzen.
Clive Caravaggio verständigte inzwischen unser Field Office.
Orry erreichte das Ende des Dachs, blickte hinab.
Sofort zuckte er zurück, als auf ihn geschossen wurde.
Dicht zischte das Projektil an seinem Kopf vorbei.
Eine Feuertreppe führte hinunter in einen Hinterhof. Orry hörte die schnellen klappernden Schritte auf den Metallrosten, aus dem die Feuertreppe bestand. Er blickte über den Dachvorsprung. Der G-man sah kurz das Gesicht des Flüchtenden. Es war zu einer Maske der Angst erstarrt. Umrahmt wurde es von gelocktem Haar. Ein dünner Oberlippenbart gab dem unteren Teil des Gesichts Kontur. Orry schätzte den Kerl auf nicht älter als 25 Jahre.
Er stand auf einem Treppenabsatz und ballerte in die Höhe.
Orry feuerte zurück.
Es machte klick. Der Flüchtende hatte das Magazin seiner Waffe offenbar leergeschossen. In Panik lief er weiter.
"Stehenbleiben!", rief Orry.
Der G-man landete mit einem Satz auf dem obersten Absatz der Feuertreppe. Orry nahm immer mehrere Stufen auf einmal und hetzte weiter hinunter.
Der Lockenkopf war inzwischen mit einem tollkühnen Sprung auf dem Asphaltbelag gelandet. Er schrie auf, rollte sich einigermaßen geschickt auf dem Boden ab, wie man es in Selbstverteidigungskursen beigebracht bekam.
Der Flüchtende hielt sich kurz den Fuß, rappelte sich auf und hetzte weiter.
Orry feuerte einen Warnschuss ab.
"Bleiben Sie stehen, Mann!"
Der Lockenkopf dachte gar nicht daran. Keuchend rannte er weiter. Er riss das leere Magazin aus dem Griff seiner Pistole heraus, schleuderte es von sich und griff in die Jackentasche, um ein neues hervor zu holen.
Der Hinterhof wurde von drei Seiten durch Gebäude unterschiedlicher Höhe begrenzt. Einige Pkw parkten hier. Außerdem standen auf der linken Seite einige überfüllte Müllcontainer. Auf der vierten Seite befand sich eine zwei Meter hohe Mauer, die von einer Zufahrt zur nahen Melrose Street unterbrochen wurde.
Eine Schranke versperrte den Weg. Nur wer die richtige Chipcard hatte, konnte mit dem Wagen hindurch.
Der Lockenkopf lief in Richtung der Müllcontainer.
Er schob hastig das frische Magazin in die Waffe, wirbelte herum und feuerte in Orrys Richtung.
Der G-man hatte gerade den letzten Absatz der Feuertreppe erreicht.
Für seinen Gegner war er ein Ziel wie auf dem Präsentierteller.
Orry duckte sich, feuerte zurück.
Dicht zischten die Kugeln des Lockenkopfs an ihm vorbei. Manche wurden von den Metallstreben der Feuertreppe als tückische Querschläger weitergeschickt.
Der Lockenkopf rettete sich inzwischen hinter einen Mercedes.
Orry nahm die letzten Stufen mit einem Sprung. Der Lockenkopf tauchte kurz aus seiner Deckung hervor, aber Orry rettete sich hinter einen Chevy. Dessen Seitenscheiben zerbarsten Augenblicke später unter dem Beschuss des flüchtigen Gangsters.
Der Lockenkopf rollte sich unter den parkenden Fahrzeugen hinweg.
Clive Caravaggio hatte inzwischen die Feuertreppe erreicht, hetzte mit weiten Schritten hinunter.
Im Hintergrund waren die Sirenen der Einsatzfahrzeuge des NYPD zu hören. Verstärkung war also im Anmarsch.
Der Lockenkopf tauchte plötzlich zwischen zwei parkenden Fahrzeugen hervor und feuerte auf Clive. Clive duckte sich und feuerte zurück.
Orry schnellte ebenfalls aus seiner Deckung hervor und schoss.
Der Lockenkopf duckte sich und rannte zu den Müllcontainern. Im nächsten Moment war er hinter ihnen verschwunden.
Orry setzte zu einem Spurt an.
Er verständigte sich mit Clive durch ein paar Handzeichen.
Von zwei verschiedenen Seiten pirschten sich die beiden G-men langsam an die Müllcontainer heran. Sie trafen dabei auf kein Gegenfeuer mehr.
Vorsichtig schlich Orry vorwärts, hielt sich dabei dicht an einem der Container. Als er ihn umrundet hatte, schnellte er mit der Waffe im Anschlag hervor.
Eine Gestalt tauchte von der anderen Seite her auf.
"Clive!", entfuhr es Orry. Unser indianischer Kollege senkte die Waffe.
Von dem Lockenkopf war nichts zu sehen.
Clive machte ein ziemlich ratloses Gesicht. "Verdammt, wo ist der Kerl?" Er blickte sich suchend um.
"Jedenfalls kann er sich nicht in Luft aufgelöst haben", brummte Orry. Auch er ließ den Blick schweifen. Schließlich deutete er zu einem Rost, das den Schacht zu einem Kellerfenster schützte.
Orry machte zwei schnelle Schritte darauf zu, bückte sich und hob mit einem Ruck das Rost an. Er schleuderte es zur Seite.
Der Schacht war etwa ein Meter fünfzig tief.
Das kaum gesicherte Kellerfenster war eingetreten worden.
"Bingo", flüsterte Orry. Er nahm die SIG mit beiden Händen. Ein Satz und er war unten im Schacht. Im Inneren des Kellers herrschte Halbdunkel.
Ein Geruch stieg von dort unten empor.
Gas!
Clive sah, wie selbst das bronzefarbene Gesicht unseres indianischen Kollegen ziemlich blass wurde.
"Hey, was ist los, Orry?"
"Hinlegen!"
Orry schwang sich aus dem Schacht, presste sich auf den Boden.
Im nächsten Moment ertönte ein ohrenbetäubendes Explosionsgeräusch. Der Keller verwandelte sich in einen Glutofen.
Glut und Hitze schossen aus dem Kellerfenster heraus.
Genau wie Orry hatte sich Clive flach auf den Boden gelegt, in der Hoffnung, nicht allzu viel abzubekommen.
Risse bildeten sich im Brownstone-Gemäuer.
Orry und Clive rappelten sich auf, spurteten los und entfernten sich so schnell wie möglich vom Explosionsort.
"Der Kerl muss verrückt geworden sein!", stieß Orry hervor. "Sich selbst in die Luft zu jagen!"
Clive zuckte die Achseln. Sein Griff ging zum Handy. Außer den Verstärkungskräften von NYPD und FBI musste jetzt auch der Fire Service gerufen werden.
"Oben in Dolores Montalbans Wohnung wartet übrigens noch eine Überraschung", sagte Clive, bevor er Verbindung bekam.
Orry hob die Augenbrauen.
"Wovon sprichst du?"
"Im Bad liegt ein Toter. Während ich die Verstärkung rief, warf ich einen kurzen Blick hinein und sah den Kerl in der vollen Wanne liegen."