Читать книгу Das Giganten Krimi Paket September 2021: Krimi Paket 13 Romane - A. F. Morland - Страница 62
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ОглавлениеDie LaSalle Street glich einem Hexenkessel. Hundert Yards vor der Ecke Jackson Boulevard hatten uniformierte Beamte der City Police ein etwa quadratisches Terrain abgeriegelt. Die Cops, die sich zu einer Kette eingehakt hatten, konnten die Menschenmassen nur mit Mühe zurückhalten.
Eine knappe Viertelstunde nach der Entdeckung des heimtückischen Mordes war die zuständige Mordkommission unter Leitung von Lieutenant Harry Rollins am Tatort eingetroffen.
Das kastenförmige Spezialfahrzeug mit den Gerätschaften der Spurensicherungsexperten war kurzerhand auf den Bürgersteig gefahren, um dort Platz zu schaffen. Zwei Streifenwagen der City Police parkten mit rotierendem Rotlicht auf der äußersten rechten Fahrspur der LaSalle Street in Höhe von Barney Goldbergs Chevy. Vier Verkehrscops waren eingesetzt, um den Fahrzeugstrom über die verbleibenden Fahrspuren zügig am Schauplatz des blutigen Geschehens vorbeizuleiten.
Um die Streifenwagen herum, bis auf den Bürgersteig hinter den Kastenwagen, hatten die Beamten der City Police ihre Absperrung aufgebaut, die sie nur mit Mühe halten konnten. Innerhalb der Absperrung waren die Beamten der Mordkommission fieberhaft bei der Arbeit.
Diese Arbeit, die zu tragisch war, um jemals zur Routine zu werden, wurde durch die Neugierigen erschwert.
Die Stimmung der Leute näherte sich dem Siedepunkt. Immer häufiger wurde das aufgeregte Gemurmel der Menschenmassen durch wütende Zwischenrufe übertönt.
„Zurück in die dreißiger Jahre!“, grölte jemand.
„Al Capone lebt!“, fiel ein anderer ein. Einen Augenblick herrschte Stille.
„Wozu sind die Cops eigentlich da!“, schrie plötzlich eine Frau in schrillem Diskant. Beifallsrufe gaben ihr Auftrieb. „Unsere Steuergelder können sie verplempern. Und der Erfolg? Man ist seines Lebens nicht mehr sicher! Nicht einmal am hellen Tag auf offener Straße!“
Die Menge steigerte sich zu einem erregten Gebrüll, dessen Durcheinander kaum noch zu verstehen war. Für die Beamten an der Absperrung wurde die Lage zusehends kritischer.
Lieutenant Rollins steigerte das Arbeitstempo seiner Leute mit knappen Anweisungen.
Der Fotograf hatte seine letzten Aufnahmen geschossen. Die Position der Leiche war mit Kreidestrichen auf dem Asphalt markiert worden. Der Arzt beugte sich noch einmal über den Toten, dann ließ er ihn mit einem weißen Laken zudecken.
Er trat an Rollins heran. „Meinetwegen kann er weg, Lieutenant.“
Rollins nickte. Er war nervös. „In Ordnung, Doc. Ich möchte wissen, wo der Leichenwagen bleibt. Er hätte schon vor fünf Minuten hier sein müssen.“
Der Polizeiarzt deutete vielsagend auf den Fahrzeugstrom, der sich an ihnen vorbeischob. „Bei diesem Verkehr? Wir sind mitten in der Rushhour. Da hilft selbst das Rotlicht nur wenig.“
Rollins zuckte die Achseln. Natürlich hatte der Doc recht. Aber in dieser Situation konnten selbst dem vernünftigsten Mann die Nerven durchgehen.
Die Spurensicherer nahmen jeden Inch in der Umgebung des Chevy unter die Lupe. Obwohl jeder von ihnen ahnte, dass die Arbeit wenig Erfolg bringen würde, musste sie erledigt werden. Mit der gewohnten Sorgfalt, die schon so manches Mal wertvolle Hinweise erbracht hatte.
Doch es war völlig eindeutig, dass Goldberg von einem vorbeifahrenden Wagen aus erschossen worden war. Der Arzt hatte es an den Einschüssen in seinem Körper mit ziemlicher Sicherheit feststellen können. Weitere Einzelheiten musste die Obduktion ergeben.
Der Leichenwagen kam mit heulender Sirene und zuckendem Rotlicht in Sicht. Minutenlang verstummte das wütende Stimmengewirr der Zuschauer. Barney Goldbergs Leiche wurde in einen Sarg gelegt und in Sekundenschnelle verladen. Wenige Augenblicke später brauste der Leichenwagen los.
Der Hauptanziehungspunkt für die Schaulustigen war von der Bildfläche verschwunden. Allmählich begannen sich die Menschenmassen zu lichten. Die Proteststimmen wurden kläglicher und wichen nach und nach einem undeutlichen Gemurmel, das merklich leiser wurde.
Lieutenant Rollins atmete auf. Auch die Beamten an der Absperrung konnten Luft holen.
Bis auf den Mann, der die Leiche entdeckt hatte, gab es keine Zeugen. Jedenfalls hatte sich niemand gemeldet.
Die Personalien waren anhand von Goldbergs Papieren festgestellt worden. Beim Eintreffen der Mordkommission waren Barney Goldbergs Kollegen bereits zur Stelle gewesen. Sie hatten kaum ein Wort hervorgebracht, als Rollins sie gebeten hatte, zurück in ihr Büro zu gehen und dort auf ihn zu warten. Sie hatten eingesehen, dass es so sein musste. Goldberg konnten sie ohnehin nicht mehr helfen.
Die Spurensicherer packten ihre Geräte ein. Sie hatten getan, was sie konnten. Rollins hatte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es war einer jener Fälle, in denen man von vornherein ahnte, dass kaum Aussicht bestand, den oder die Mörder jemals zu erwischen.
In seine Gedankengänge platzte erneutes Sirenengeheul. Ein dritter Streifenwagen der City Police bahnte sich mit Rotlicht seinen Weg zu der Stelle, an der vor etwa einer halben Stunde Barney Goldberg gestorben war.
District Attorney Richard Snyder und Captain Horatio McConnors, Polizeichef von Chicago City, kletterten aus dem Fond des Wagens. Snyder war schlank und hochgewachsen, das Auffälligste an ihm war eine dicke Hornbrille. McConnors’ kantiger Schädel mit dem eisgrauen Stoppelhaar, sein buschiger Schnurrbart und die dichten Augenbrauen verliehen ihm ein bärbeißiges Aussehen. Wer ihn kannte, wusste, dass dieser Eindruck nur äußerlich war.
Die beiden Männer begrüßten den Leiter der Mordkommission. Wortlos sahen sie sich um. Rollins gab ihnen im Telegrammstil die wichtigsten Informationen.
„Drei Kugeln“, wiederholte McConnors stirnrunzelnd. Mechanisch schob er sich eine seiner berüchtigten Zehn-Cent-Zigarren zwischen die Lippen. In geschlossenen Räumen ließ der Gestank des Krauts alle Anwesenden nach kurzer Zeit flüchten. Jetzt verfinsterte der schweflig-gelbe Qualm die Frühlingssonne.
„Wir werden bald wissen, mit welcher Art Waffe der Mann erschossen wurde“, meinte Snyder.
„Mit Sicherheit war es keine Maschinenpistole“, brummte McConnors, „bei nur drei Kugeln …“
„Sie haben vermutlich recht, Sir“, nickte Rollins, „die Schüsse waren sehr gut gezielt. Weitere Einschüsse fanden sich nicht. Weder in dem Chevy noch sonst irgendwo in der Umgebung.“
„Wahrscheinlich hat der Killer einen Schalldämpfer benutzt.“ McConnors sog nachdenklich an seiner Kraut-Zigarre.
„Das würde erklären, warum sich keine Tatzeugen gemeldet haben“, bestätigte Lieutenant Rollins.
„Wenn der oder die Killer eine Maschinenpistole oder ein Schnellfeuergewehr benutzt hätten“, folgerte Snyder, „dann hätte es durch die Knallerei sofort einen Menschenauflauf gegeben. Möglich ist allerdings auch, dass von einem der gegenüberliegenden Häuser aus geschossen wurde.“
„Der Doc meint nein“, widersprach Rollins, „er will die Einschusswinkel noch genau prüfen. Aber nach dem, was er an Ort und Stelle feststellen konnte, schließt er darauf, dass die Schüsse beinahe waagerecht und aus allernächster Nähe kamen.“
„Okay“, meinte McConnors, „das lässt sich alles rekonstruieren. Aber wie sieht es mit dem Motiv aus? Was für ein Mann war der Ermordete? Welchen Beruf hatte er, wo wollte er hin? Und so weiter.“
Er blickte Rollins fragend an.
„Kommen Sie“, bat der Lieutenant, „Sie werden es gleich erfahren.“ Wortlos ging er voraus. Snyder und McConnors folgten ihm erstaunt. Die Absperrung war inzwischen aufgelöst worden. Die Zuschauermassen hatten sich fast vollständig verflüchtigt.
Lieutenant Rollins führte seine Begleiter zu dem Wolkenkratzer, der direkt neben dem etwa gleich hohen Eckgebäude stand. Sie betraten die Eingangshalle und enterten den Lift. Draußen fuhren die Fahrzeuge der City Police ab. Lediglich ein Streifenwagen blieb stehen, der in eine Parklücke rangierte, um auf McConnors, Snyder und Rollins zu warten.
Rollins drückte den Knopf für das zwanzigste Stockwerk. Er deutete auf das Schild, das Aufschluss über die einzelnen Firmen gab, die sich in den verschiedenen Etagen des Bürogebäudes befanden. „Die Zeitschrift Stars and Stripes ist Ihnen vermutlich ein Begriff“, erklärte er, während sie im Expresstempo hinauf fuhren. „In diesem Haus befindet sich die Chicagoer Redaktion. Die Zentrale des Verlages ist in New York, aber in allen größeren Städten der Vereinigten Staaten werden Außenredaktionen unterhalten. Barney Goldberg war Reporter. Er bezog bei Stars and Stripes ein festes Gehalt!“
„Moment mal!“, platzte es Richard Snyder über die Lippen. „Stars und Stripes? Das ist doch die Illustrierte, die jetzt diese Reportage veröffentlicht hat…“
„Natürlich!“, fiel ihm McConnors ins Wort. „Vorgestern erschienen. Meine Sekretärin hat es mir gleich auf den Schreibtisch gepackt. Knallharte Geschichte. Wie war noch der Titel – äh …“
„Die heimlichen Bosse von Chicago“, klärte ihn Snyder trocken auf, „es ist eine Serie. Was vorgestern erschienen ist, war die erste Folge.“
„Richtig!“, echoten Snyder und McConnors fast gleichzeitig.
Sie kamen nicht mehr dazu, den Wortwechsel fortzusetzen. Die Fahrstuhlkabine stoppte sanft im zwanzigsten Stockwerk. Sie stiegen aus. Rollins ging voran. Links befand sich die Anmeldung der Redaktion. In einem Glaskasten saß ein bebrilltes Girl, das einen völlig verstörten Eindruck machte. Beinahe erschrocken verließ sie ihren Platz, als Rollins ihr seine Dienstmarke hingehalten hatte. Das Girl öffnete die Tür und ließ die drei Beamten eintreten.
„Hier entlang“, bat sie leise und deutete auf eine gepolsterte Tür, die am Ende des kurzen Korridors lag. Sie öffnete und ließ die Männer eintreten.
Sie kamen in einen rechteckigen Raum, der offenbar für Konferenzen diente. Um einen langen Marmortisch waren insgesamt zehn Stühle mit Lederpolster gruppiert.
„Einen Augenblick bitte“, hauchte das Empfangsgirl und verschwand durch eine Mattglas-Schiebetür in einem Nebenraum.
Es dauerte keine halbe Minute. Die Schiebetür wurde erneut geöffnet, und die ganze Mannschaft drängte sich herein. Vorweg ein zur Fülligkeit neigender Mittvierziger mit markantem Hakennasenprofil, spärlichem Haarwuchs und randloser Brille.
„Melloway“, stellte er sich vor, „Saul Melloway.“ Er brauchte nichts hinzuzufügen. Seine Stimme war leise und bedrückt. Trotzdem war herauszuhören, dass er der Boss in diesem Laden war.
McConnors, Snyder und Rollins nannten. ihre Namen. Melloway schüttelte ihnen spontan die Hand.
„Bitte nehmen Sie Platz, Gentlemen“, bat er und deutete auf die Ledergepolsterten.
Nacheinander stellte er seine Mitarbeiter vor. Susan Morales war die einzige Frau. Sie hatte einen leicht südländischen Teint und kurzgeschnittenes schwarzes Haar. Ihr knappsitzendes auberginefarbenes Kostüm bewies, dass sie über Idealmaße verfügte. Der Rock bedeckte die Knie.
Chuck Hendricks, ein Sechs-Fuß-Mann mit strohblondem Crew Cut, war Chefreporter der kleinen Truppe. Er neigte zu Sommersprossen, die ihn jungenhaft erscheinen ließen. Earl Sanders war dunkelblond, athletisch gebaut und breitschultrig. Man sah ihm an, dass er Sportler war. Simon Ferrer, der Fotograf der Mannschaft, wirkte leicht gedrungen. Ein unverkennbarer Bauchansatz verstärkte diesen Eindruck. In seinem runden Gesicht mit den braunen Augen lag etwas, das ihn sympathisch machte.
„Unsere ersten Ermittlungen haben in etwa Aufschluss darüber gebracht, wie ihr Kollege ermordet wurde“, informierte Harry Rollins das Redaktionsteam. „Letzte Sicherheit werden wir haben, wenn der Obduktionsbefund vorliegt.“ In knappen Zügen erläuterte er die Feststellungen der Mordkommission.
„Vielen Dank“, sagte Melloway leise, nachdem der Lieutenant geendet hatte. „Es war für uns alle ein Schock. Unfassbar. Es ist einfach nicht zu begreifen …“ Er schüttelte fassungslos den Kopf.
„Für mich ist die Sache klar“, meldete sich Chuck Hendricks erregt zu Wort. Er blickte die beiden Polizeibeamten und den Attorney beschwörend an. „Sie wissen von unserer ersten Veröffentlichung über Chicagos Unterwelt, Gentlemen. Barney Goldberg hat maßgeblich daran mitgearbeitet. Wie wir alle. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass es eine der sensationellsten Veröffentlichungen seit Jahren ist.“
„Kann man wohl sagen“, nickte McConnors zustimmend.
„Genau“, bekräftigte Hendricks eifrig, „was wir ausgegraben haben, ist geeignet, Chicagos Syndikatsbossen schlaflose Nächte zu bereiten. Es liegt doch auf der Hand, Gentlemen: Die Gangster fürchten um ihre Sicherheit. Deshalb haben sie uns einen Warnschuss vor den Bug gesetzt.“
„Dieser Warnschuss, wie du es nennst, hat immerhin Barney Goldbergs Leben gefordert“, stöhnte Saul Melloway. Er wandte sich an die drei Beamten. „Wissen Sie, wenn Chuck recht hat, dann können wir keinen Schritt mehr tun, ohne um unser Leben fürchten zu müssen.“
„Warum haben Sie nicht vorher daran gedacht?“, fragte Richard Snyder knapp.
Melloway blickte ihn überrascht an. „Sie meinen, vor der Veröffentlichung?“
„Richtig.“
„Nun, äh – um ehrlich zu sein, also …“ Melloway wand sich in Verlegenheit und fand keinen rechten Anfang.
„Reden wir nicht drum herum“, unterbrach ihn Earl Sanders heftig, „wozu sollen wir uns etwas vormachen? Wir haben die Sache auf die leichte Schulter genommen. Wir wollten ganz Chicago damit überraschen, auch die Polizei. Es sollte wie eine Bombe einschlagen. Ist es ja auch. Daran gibt es für mich keinen Zweifel.“
„Eine verdammt harte Selbstbeschuldigung“, knurrte Melloway grimmig.
„Stimmt’s denn etwa nicht?“, schrie Sanders mit rotem Kopf.
„Seid doch vernünftig!“, bat Susan Morales, die bislang geschwiegen hatte. „Es hat keinen Zweck, wenn wir uns gegenseitig Vorwürfe machen. Deshalb wird Barney nicht wieder lebendig.“
„Phrasendrescherei“, murmelte Sanders wenig galant. Er senkte beleidigt den Kopf.
„Na und?“, konterte Susan forsch. „Manchmal sind Phrasen durchaus angebracht!“
„Hören Sie auf, sich gegenseitig verrückt zu machen“, fuhr Captain McConnors väterlich dazwischen. „Uns geht es jetzt um zwei Dinge: Erstens, den Mord an Barney Goldberg aufzuklären, und zweitens, Sie vor möglichen weiteren Anschlägen zu schützen, was nach den Vermutungen von Mr. Sanders durchaus begründet erscheint. Dazu habe ich noch eine Bitte.“ McConnors sah jetzt Melloway, den Redaktionschef, an. „Schildern Sie uns in kurzen Zügen, welche Fakten im ersten Teil Ihrer Reportagen-Serie bereits genannt wurden, und was in den weiteren Fortsetzungen folgen soll. Sie werden verstehen, dass wir den Text nicht mehr genau im Kopf haben.“
„Selbstverständlich, Sir“, ergriff Melloway das Wort, „am besten gibt Ihnen Chuck Hendricks dazu ein paar Erläuterungen. Er hat das Reportage-Team geleitet, zu dem die Anwesenden gehörten – und Barney Goldberg.“
„Okay“, begann Hendricks gedehnt, „wir haben fast ein halbes Jahr an der Story gearbeitet. Auf eigene Faust. Ohne jede Unterstützung. Aber es hat sich gelohnt. Wir brauchten eine Menge Informanten dazu, die wir mit einiger Mühe auch bekommen haben. Unser Verlag ist zum Glück in finanzieller Hinsicht nicht kleinlich. Es ist so“, Hendricks grinste, „mit kriminalistischen Ermittlungen sind unsere Recherchen natürlich nicht zu vergleichen. Wir konnten unseren Informanten zusichern, dass wir ihre Namen niemals preisgeben werden. Es ist uns gelungen, ein paar Leute aufzutreiben, die den Mut hatten, den Mund aufzumachen. Wenn auch zum Teil nur andeutungsweise. Aber immerhin. Was uns fehlte, haben wir uns durch eigene Aufenthalte in der Unterwelt herangeholt. Es war nicht immer ganz ungefährlich, zugegeben. Aber wir haben es geschafft. Nun, ich will es kurz machen. Der erste Teil unserer Reportage, der jetzt erschienen ist, schildert ganz allgemein die Arbeit der Gangstersyndikate. In erster Linie, was den Rauschgifthandel, die Prostitution und die sogenannten Schutzorganisationen anbetrifft. Wir haben einen Kneipenbesitzer an Land gezogen, der von solch einer Organisation kontrolliert wird und regelmäßig seine Abgaben zahlen muss.“
„Wer ist der Mann?“, wollte McConnors wissen.
„Sorry, Sir.“ Hendricks zuckte die Achseln. „Sie kennen das Pressegesetz. Wir haben uns verpflichtet, seinen Namen nicht preiszugeben. Niemandem. Auch der Polizei nicht. Okay, in dem ersten Teil der Reportage haben wir also angekündigt, dass wir in den nächsten Fortsetzungen mit konkreten Fakten und auch Namen von Syndikatsbossen aufwarten werden. Wir haben geschildert, welche Nachforschungen wir angestellt haben. Unsere Angaben waren so gewählt, dass mit Sicherheit einige der Bosse schlagartig nervös geworden sind.“ Deutlich war aus Hendricks’ Worten zu hören, wie stolz er auf die geleistete Arbeit war.
Sekundenlang herrschte betretenes Schweigen im Konferenzzimmer der Illustrierten-Redaktion.
„Sie hätten sich vorher mit uns in Verbindung setzen sollen“, meinte der Attorney schließlich. „Diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen.“
Susan Morales war die einzige, die eine Antwort wusste. „Sie mögen recht haben, Mr. Snyder. Und Sie können sicher sein, dass wir uns alle am Tod von Barney mitschuldig fühlen. Aber das Geschehene kann nun einmal nicht mehr rückgängig gemacht werden.“
„So war es nicht gemeint“, lenkte Snyder ein, „für zukünftige Fälle sollten Sie an meine Worte denken. Sie können uns glauben, dass wir die Gepflogenheiten der Unterwelt aus jahrelanger Erfahrung kennen.“
„Lassen wir es dabei bewenden“, schlug McConnors vor. Er erhob sich. „Sie werden im Laufe des Tages noch telefonisch von uns hören.“
Sie verabschiedeten sich und fuhren mit dem Lift bis ins Erdgeschoss. Auf der Straße wartete der Streifenwagen.
„Zum Headquarters, Sir?“, erkundigte sich der Fahrer bei McConnors, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte.
„Nein.“ Der Captain schüttelte den Kopf. „Fahren Sie nach Western Springs, Clinton Street.“