Читать книгу Das Giganten Krimi Paket September 2021: Krimi Paket 13 Romane - A. F. Morland - Страница 66
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ОглавлениеSumpfenten und Blässhühner nahmen schnatternd Reißaus.
„Mit deinen Elefantenmanieren vertreibst du selbst die friedlichsten Tiere aus ihrem beschaulichen Dasein!“, meinte Silk kopfschüttelnd.
„Reg dich nicht auf“, knurrte Butch mit gespieltem Ärger. „Dem Federvieh schadet es nicht das geringste, wenn mal Menschen in einem Wasserfahrzeug in diesen Breiten aufkreuzen.“
O’Reilly hatte das geliehene Ruderboot mit ungestümem Riemenschlag in einen Seitenarm der Lagoon getrieben. Die Lagoon, im Nordteil des Douglas Park gelegen, hatte viel mit einer echten südländischen Lagune gemeinsam. An diesem Tag sogar die strahlende Sonne, die ihr Wohlwollen über Chicago ausschüttete.
Der Seitenarm war etwa drei bis vier Yards breit und an beiden Seiten von den herunterhängenden Zweigen mächtiger Trauerweiden umrahmt.
„Irgendwo muss er stecken“, meinte Butch zuversichtlich und ließ sich von Silk durch die Biegungen des Seitenarmes dirigieren.
Sie passierten eine enge Stelle, in der Butch die Ruder seitlich an das Boot klemmen musste. Mit genügend Schwung kamen sie durch.
Butch wollte die Riemen wieder eintauchen, als ein leiser Ruf ertönte. Ganz aus der Nähe.
Die beiden Detektive sahen sich suchend nach allen Seiten um.
„Nichts zu sehen“, meinte Silk achselzuckend, „er hat sich zu gut versteckt.“
„Hier!“, kam die Stimme wieder. „Hierher.“ Die ungewöhnliche Akustik unter den Trauerweiden machte eine genaue Ortung unmöglich.
„Hier ist gut“, brummte O’Reilly, „mir scheint, der Typ will uns auf den Arm nehmen.“
„Moment mal!“ Silk starrte angestrengt nach rechts, an der breiten Schulter seines Kollegen vorbei. Er hatte eine Bewegung unter den Ästen der Trauerweiden ausgemacht, die fast bis auf die Wasseroberfläche herunterhingen. Im nächsten Moment war er sicher, den dunkelbraunen Rumpf eines Ruderbootes ausgemacht zu haben.
„Hast du ihn?“, erkundigte sich Butch.
Silk nickte. „Zwei Strich Steuerbord, dann sind wir dran.“
„Aus dir spricht der perfekte Sailor“, grinste Butch. Er setzte den Kahn in Bewegung. Sekunden später zogen sie die Köpfe ein und ließen die Zweige über sich hinwegrascheln.
Mit einem dumpfen Laut schlug Holz gegen Holz. Die beiden Detektive richteten sich auf.
„Müsst ihr einen gleich rammen!“, protestierte die Stimme von vorhin. Sie gehörte einem schmächtigen Kerlchen, das auf dem Boden seines ebenfalls geliehenen Ruderbootes kauerte und vorsichtig über die Bordkante hinwegspähte.
„Nichts für ungut“, erklärte Silk lächelnd, „das Vergnügen ist im Honorar inbegriffen.“
„Weiß der Teufel, was ihr noch alles mit mir anstellen wollt“, murrte das Kerlchen. „Für die lausigen Dollars, die ihr ausspuckt, riskiere ich Kopf und Kragen. Wenn ihr wüsstet, was ich mir da aufgeladen habe – bei der nächsten Gelegenheit legen sie mich um, wenn ihr mich weiter auszuquetschen versucht.“
„Hör auf mit der Preistreiberei, Paul!“, warnte Butch. Er sog zwei Zwanziger aus dem Jackett. Die dürren Finger des Kleinen grapschten gierig danach. Blitzschnell waren die Dollarscheine in Pauls schmuddeliger Wildlederjacke verschwunden. „Ihr wisst doch, dass ich euch alles gesagt habe, was mir zu Ohren gekommen ist“, murrte er, „die Sache, in die ihr da eure Nasen ’reinstecken wollt, ist verdammt heiß. Viel zu heiß, sage ich euch!“
„Eben drum“, lächelte Silk, „du kennst uns doch lange genug. Wir interessieren uns nun mal brennend für heiße Sachen.“
„Ihr werdet euch noch früh genug die Finger verbrennen. Das garantiere ich euch. Und mir wird es nicht viel besser ergehen, wenn ich noch weiter den Mund aufreiße.“
„Okay“, winkte Butch mit gütlicher Miene ab. „Die Vorrede hat uns jetzt lange genug aufgehalten. Kommen wir endlich zum Geschäft, alter Knabe! Du hast deinen Teil weg. Jetzt wollen wir unseren.“
„Was soll’s denn sein?“ Paul grinste listig. Obwohl er alles andere als einen zuverlässigen Eindruck machte, war er doch bereits seit Jahren einer der wertvollsten V-Männer des Cantrell-Teams. Paul arbeitete als Hehler. Einer von der kleinen Sorte, die sich mit relativ geringfügigen Sachen abgaben und daher auf freiem Fuß wertvoller waren als hinter Gittern. Denn Paul – seinen Nachnamen kannte niemand – hatte seine Ohren überall dort, wo es in der Unterwelt interessant war.
„Wir wissen, dass Slim Coughlin tatsächlich in einer heißen Geschichte drinsteckt“, erklärte Silk, „dein Tipp war also in Ordnung, Paul. Jetzt möchten wir noch wissen, um was für eine Sache es sich handelt.“
„Ihr seid lustig“, gluckste der V-Mann. „Ich würde was drum geben, wenn ich’s wüsste. Dann wüsste ich nämlich auch, ob ich meines Leben noch sicher bin.“
„Komm, komm! Spiel nicht den großen Märtyrer“, mahnte Butch. „Bislang bist du noch immer mit heiler Haut davongekommen. Auch wenn du so getan hast, als ob du das Messer schon halb im Rücken gehabt hättest. Also, sing uns dein Lied!“
„Ihr verlangt wirklich zu viel von mir, Jungs.“ Paul zuckte die mageren Schultern. „Okay, ich werde euch das sagen, was ich weiß. Aber dann seid vernünftig und gebt euch damit zufrieden.“
„Ist genehmigt.“ Silk nickte gespannt. „Nun“, fuhr der V-Mann gedehnt fort, „einige Leute fühlen sich verdammt auf den Schlips getreten. Wer, kann ich euch nicht sagen. Jedenfalls dreht es sich um diese Illustriertengeschichte, wisst ihr.“
„Wissen wir“, bestätigte Butch, „weiter!“
„Na ja, das hat einigen Wirbel gegeben. Unsereins bekommt so was natürlich nur am Rande mit. Aber immerhin habe ich erfahren, dass Coughlin einen neuen Job gekriegt hat. Ich hab’s euch ja schon erzählt. Ihr wisst, dass Coughlin in den Monaten vorher für niemanden gearbeitet hat. Okay, es ist zwar nur ’ne Vermutung von mir, aber ich nehme an, dass Coughlins Job mit dem Aufruhr wegen der Illustriertengeschichte zusammenhängt. Das macht die Erfahrung. Man bekommt in den Jahren ein Gefühl für solche Dinge.“
„Du schwafelst, Paul“, mahnte Silk, „bis jetzt haben wir noch nichts wesentlich Neues gehört.“
„Sachte, sachte. Schließlich muss ich euch die Vorgeschichte erklären. Nun, es hat sich also herumgesprochen, was Coughlin neuerdings treibt. Und nach und nach sickert es auch durch, was möglicherweise dahintersteckt …“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause.
„Puh“, stöhnte Butch, „wenn du glaubst, dass wir vor Spannung platzen, hast du dich schwer getäuscht.“
„Hi, hi, hi“, kicherte Paul, „du bist ’n schlechter Schauspieler, O’Reilly. Aber ich will euch wirklich nicht auf die Folter spannen. Um auf die Sache zurückzukommen: Man munkelt, dass sich mehrere Syndikate zusammengeschlossen haben, um gemeinsam gegen die drohende Gefahr vorzugehen. Und zwar mit ziemlich radikalen Mitteln. Sie sollen eine Art Sonderkommando gebildet haben, dem einige der gefährlichsten Killer angehören. Das wär’s. Mehr kann ich euch leider nicht bieten.“
Die beiden Detektive waren für einen Moment sprachlos.
„Es reicht“, meinte Silk dann, „du hast uns ein ziemliches Stück weitergeholfen, Paul.“
„Donnerwetter“, staunte der Kleine, „diese Dankbarkeit kennt man gar nicht an euch.“
Butch setzte bereits seine Ruder in Aktion. „Bis später, Paul! Vielleicht brauchen wir deine Hilfe noch einmal. Vielleicht aber auch nicht.“
„Letzteres wäre mir lieber“, meinte der V-Mann ehrlich.
Dann war das Boot mit den beiden Detektiven aus seinem Blickfeld verschwunden.
Eine Viertelstunde später saßen Butch und Silk in dem schwarzen Buick Electra, den ihr Chef für seine offiziellen Fahrten benutzte. Den Wagen hatten sie auf dem Parkplatz vor dem Bootsverleih ab gestellt.
Für die Rückfahrt nach Western Springs brauchten sie fast eine Dreiviertelstunde.
Dann ließen sie sich im Arbeitszimmer des Anwalts nieder, um einen ausführlichen Bericht zu erstatten. Butch und Silk wechselten sich dabei ab. Tony Cantrell hörte aufmerksam zu.
Die Nachricht schien ihn nicht übermäßig in Erstaunen zu versetzen.
„Im Grunde genommen war damit zu rechnen“, meinte er, nachdem seine Mitarbeiter geendet hatten.
Butch und Silk sahen ihn ziemlich verdutzt an.
„Das Attentat auf Barney Goldberg war der Anfang“, sagte Cantrell nachdenklich. „Nach dem, was Lieutenant Rollins uns berichtet hat, sind zumindest einige von Goldbergs Kollegen überzeugt, dass der Mordanschlag eine Reaktion auf die Veröffentlichung des ersten Teils der Fortsetzungsserie ist. Ich glaube, dass diese Überzeugung richtig ist.“
„Nun gut“, gab Silk zu, „aber damit ist noch immer nicht gesagt, dass sich die Syndikate gleich zur Kooperation entschließen.“
„Ich bin anderer Meinung“, widersprach Cantrell. „Erstens fühlt sich durch die Veröffentlichung vermutlich nicht nur einer allein angesprochen. Und zweitens: wenn es nur einer wäre, bedeutete es für ihn ein erhebliches Risiko, allein etwas gegen die Reporter zu unternehmen. Wenn aber die Syndikate zusammenarbeiten, können sie sicher sein, dass die Reporter, die immerhin über gute Informationsquellen verfügen, keine Chance haben, sich gegen den Vergeltungsschlag zu wehren.“
„Dann haben sie aber nicht mit uns gerechnet“, knurrte Butch grimmig.
„Eben“, lächelte Cantrell vieldeutig.