Читать книгу Das Giganten Krimi Paket September 2021: Krimi Paket 13 Romane - A. F. Morland - Страница 71
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ОглавлениеCantrell hatte die Nachricht noch vor Rollins’ Besuch in der Redaktion der „Stars and Stripes“ von dem Chef der Mordkommission erhalten. Zu diesem Zeitpunkt war bereits bei der gesamten City Police von Chicago Alarmstimmung ausgebrochen. Verbitterung, dumpfe Trauer und gleichzeitig wilde Entschlossenheit, die Täter dingfest zu machen, bemächtigten sich der Beamten in Uniform und Zivil.
Kurze Zeit nach dem Anruf von Lieutenant Rollins traf Captain McConnors im Bungalow in der Clinton Street ein. Er war auf das äußerste erregt. Man sah es ihm jedoch nicht an. Lediglich die Tatsache, dass der Captain eine Kraut-Zigarre nach der anderen ansteckte und ungerührt das Arbeitszimmer des Anwalts verpestete, ließ auf seinen inneren Zustand schließen. Und ebenso wie Butch und Silk kannte Tony Cantrell die Angewohnheiten des Polizeichefs schon seit vielen Jahren.
McConnors hatte in kurzen Zügen Einzelheiten über den heimtückischen Mord an John Quincy erläutert. „Quincy wurde vermutlich mit einer Schalldämpferpistole erschossen“, schloss er. „Der Standort des Schützen wurde von den Spurensicherern ermittelt. Daran gibt es nicht viel zu deuteln.“
Der Anwalt setzte nachdenklich seine Pfeife in Brand. „Mir scheint, die Syndikate schrecken vor nichts mehr zurück. Die Illustrierte hat mit ihrer Reportage vermutlich einen wahren Aufstand der Unterwelt entfesselt.“
„So kann man es fast nennen“, bestätigte McConnors grimmig. Er beugte sich vor. „Aber eines kann ich garantieren. Jetzt werden die Burschen auf Granit beißen. Alles was in Chicago auch nur auf die Bezeichnung Polizei hört, wird hinter ihnen her sein. Und das ist nicht wenig. Mit dem Mord an Quincy haben die Kerle ihren ersten Fehler gemacht.“
„Vielleicht haben sie nicht damit gerechnet, dass Susan Morales und auch ihre Kollegen bereits unter Polizeischutz standen“, meinte Philby tiefsinnig, „möglicherweise ist die Entführung schon vorher geplant gewesen, und dann kam ihnen Quincy in die Quere.“
„Möglich“, sinnierte der Anwalt, „aber kaum wahrscheinlich. Quincy ist aus dem Hinterhalt erschossen worden. Ähnlich wie Barney Goldberg. Die Gangster mussten also vorher gewusst haben, dass Susan Morales einen Begleiter hatte, und sie haben sich von vornherein darauf eingestellt. Denn sonst hätten sie improvisieren müssen. Und dann wäre Quincy wahrscheinlich nicht in den Rücken geschossen worden.“
„Vielleicht haben sie diese Susan Morales ständig beschattet“, meinte Butch, „oder sie sind sonstwie informiert worden. Wer weiß, über welche düsteren Informationskanäle diese Brüder verfügen.“
„Keine Unterstellungen!“, protestierte Captain McConnors. An dem Zwinkern in seinen Augen war zu erkennen, dass er es nicht ernst meinte. „Chicagos Polizei ist heute nicht mehr mit den Verhältnissen vor dreißig Jahren zu vergleichen. Korruption ist ein Wort, das wir zumindest in dieser Stadt nicht mehr kennen. Wie es anderswo aussieht, kann ich nicht beurteilen.“
Cantrell musste lächeln. „Haben Sie jemals festgestellt, dass wir etwas an der Polizei auszusetzen hätten?“
McConnors musste verneinen. „Natürlich nicht. Aber ich habe jetzt noch eine kleine Überraschung auf Lager.“
„Überraschungen sind das Salz des Lebens“, erklärte Butch mit Denkermiene, „besonders dann, wenn sie von der Polizei kommen.“
McConnors ließ sich nicht beirren. „Auf der Fahrt hierher habe ich per Funk mit Rollins gesprochen. Er hat es geschafft, die Manuskripte der Illustriertenreportage zu bekommen. Allerdings nicht von diesem komischen Melloway, sondern von seinem Chefreporter. Melloway soll vor Wut fast geplatzt sein.“
„Das kann ich mir gut vorstellen“, nickte Cantrell. „Die Überraschung ist im Übrigen wirklich gelungen. Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, noch an die Manuskripte heranzukommen, wenn ich ehrlich sein soll.“
Eine knappe Zigarettenlänge später traf auch Lieutenant Rollins im Bungalow an der Clinton Street ein. Er gab Captain McConnors den roten Schnellhefter mit den Manuskripten. Flüchtig stocherte der Polizeichef die eng beschriebenen Seiten.
„Ich werde mich später damit befassen“, meinte er dann, „unser Freund Cantrell wird damit mehr anfangen können. Oder sollte ich mich täuschen?“ Lächelnd reichte er den Hefter weiter.
Cantrell nahm ihn mit einem dankbaren Nicken entgegen. „Sie täuschen sich keineswegs, Captain. Wenn es stimmt, was Saul Melloway uns über die Art des Texte gesagt hat, dann werde ich schon sehr bald wissen, in welche Richtung wir unsere nächsten Schritte zu lenken haben.“
„Okay“, meinte Inspector Rollins, „dann würde ich vorschlagen, dass wir die Gentlemen nicht länger stören, Captain. Bei der bevorstehenden Lesestunde würden wir uns sowieso nur langweilen.“
„Ich glaube, Sie haben recht, Rollins“, nickte McConnors. Er erhob sich ächzend aus seinem Besuchersessel und verabschiedete sich von den drei Kriminalisten. „Als Gegenleistung für die Manuskripte verlange ich lediglich, ständig auf dem Laufenden gehalten zu werden!“, rief er im Hinausgehen.
„Ein Versprechen, das wir noch nie gebrochen haben“, erinnerte ihn Silk.
Der Captain nickte nur. Dann zog er die Tür hinter sich ins Schloss und folgte Rollins nach draußen.
Cantrell und seine beiden Mitarbeiter bereiteten sich auf das Studium der umfangreichen Texte vor. Vorher ließen sie sich von Carol einen duftenden Tee servieren, der ihren Eifer beflügelte. Dann teilten sie die Manuskripte in drei gleiche Stapel auf. Jeder nahm sich einen vor.
Fast eine Stunde lang herrschte im Arbeitszimmer des Anwalts tiefes Schweigen. Selbst der Fall einer Stecknadel wäre zu hören gewesen. Sowohl Cantrell als auch Butch und Silk hatten Notizpapier neben sich liegen, auf dem sie besonders beachtenswerte Punkte herausschrieben.
Dann war es geschafft.
Fast gleichzeitig legten Cantrell und Philby ihren Lesestoff beiseite. O’Reilly war wenige Minuten später ebenfalls fertig.
Cantrell blickte in die Runde. „Was meint ihr?“
„Genügend Ansatzpunkte“, erklärte Butch rundheraus.
„Die Auswahl ist groß genug“, bestätigte der Anwalt. „Wir werden uns das beste heraussuchen und einen Anfang machen.“