Читать книгу Das Giganten Krimi Paket September 2021: Krimi Paket 13 Romane - A. F. Morland - Страница 77
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ОглавлениеIm Scheinwerferlicht tauchte das Hinweisschild auf, das vor der Abzweigung zur Fähre über den Des Plaines River stand,
Butch wollte den Blinker betätigen.
„Fahr weiter!“, entschied Cantrell. „Wir verlieren unnötig Zeit, wenn wir uns auf den Zufall verlassen. Aller Wahrscheinlichkeit ist die Fähre um diese Zeit nicht mehr in Betrieb. Im Sommer wäre es möglich. Aber jetzt ist kaum damit zu rechnen.“
O’Reilly nickte und fuhr weiter nach Norden.
„Wie weit ist es bis zur nächsten Brücke?“, wollte Silk wissen.
„Eine knappe Meile“, überschlug Cantrell. Er konnte sich nach der Maßstabsangabe des Stadtplanes richten, da die Straße schnurgerade war.
Sie brauchten nur wenige Minuten. Dann kam die Brücke in Sicht. Butch bog nach rechts ab. Mit dröhnendem Zwölfzylinder schoss das Einsatzfahrzeug der Schwarzen Maske über die Wassermassen des Flusses hinweg.
Sie erreichten das Waldgebiet. Düster schoben sich die hoch aufragenden Bäume vor den nächtlichen Himmel von Chicago. Kurz darauf kamen sie an die nächste Kreuzung. Butch verringerte das Tempo. Sein Chef hatte sich bereits auf der Karte orientiert.
„Nach rechts abbiegen“, bestimmte er knapp.
Die Straße führte mitten durch das Waldgebiet der Forest Preserve von Elmwood Park.
„Etwa fünfhundert Yards“, sagte der Gangsterjäger, „dann muss eine Abzweigung nach Osten kommen, die von dieser Seite aus zur Fähre über den Des Plaines River führt.“
Es dauerte keine sechzig Sekunden. Dann zeigte sich, dass der Kriminalist richtig kalkuliert hatte. Butch stieg in die Bremse und zog die schwere Limousine nach rechts.
„Schalte die Scheinwerfer aus“, bestimmte sein Chef nach wenigen Yards, „und dann halte an.“
O’Reilly drückte die Taste, die die Scheinwerfer erlöschen ließ. Dann schaltete er den Motor aus und ließ den Wagen noch ein Stück im Leerlauf rollen. Fast lautlos kam die Limousine schließlich zum Stehen.
Der Gangsterjäger faltete die Karte zusammen und gab sie dem blonden Hünen zurück. Er stocherte noch einmal kurz die Skizze des Jugoslawen. Dann steckte er den Zettel in die Brusttasche und stieß die Beifahrertür auf.
Er deutete schräg nach rechts in die Dunkelheit des Waldgeländes. „Das ist die ungefähre Richtung“, erklärte er.
„Wenn ich in zwanzig Minuten nicht zurück bin, wisst ihr, was ihr zu tun habt.“
Die Schwarze Maske hatte keine Mühe, sich trotz der Dunkelheit zu orientieren. Für die scharfen Augen des Kriminalisten war die Nacht nicht mehr als eine beginnende Dämmerung. Wieder einmal machte sich die unbeabsichtigte Auswirkung des Attentats zu seinen Gunsten bemerkbar: Er war nachtsichtig!
Cantrell hatte die Skizze im Kopf. Als er den Schotterweg erreichte, der nach rechts von der Asphaltfahrbahn abzweigte, wusste er sofort, dass dies die Richtung für ihn war.
Nach wenigen Minuten lichtete sich vor ihm der dichte Baumbestand. Dann erkannte der Gangsterjäger durch die Baumstämme hindurch den blockhüttenähnlichen Bungalow, der scheinbar völlig im Dunkeln lag. Doch der Wagen, der vordem Gebäude stand, ließ darauf schließen, dass sich das Gespür der Schwarzen Maske als untrüglich erwiesen hatte.
Der Gangsterjäger verlangsamte seine Schritte und schlich sich näher an den Bungalow heran. Im nächsten Moment erkannte er den Kopf eines Mannes, der an der ihm abgewandten Seite der Limousine lehnte.
Abwartend verharrte die Schwarze Maske hinter einem Baum. Nach einigen Augenblicken schob sich der Mann eine Zigarette ins Gesicht. Das aufflammende Streichholz zeichnete die Umrisse seines Kopfes vor einem feurig roten Hintergrund.
Dann fuhr es dem Gangsterjäger durch Mark und Bein. Der langgezogene Schrei, der aus dem Bungalow drang, ließ ihn keinen Atemzug lang mehr zögern. Nur noch im Unterbewusstsein registrierten seine Sinne, dass es der Schrei einer Frau gewesen war.
Der Maskierte schnellte vorwärts.
Auch der Mann an der Limousine war allem Anschein nach erschrocken. Er starrte zur Tür des Bungalows hin, als würde sich dort irgend etwas ergeben, was die Ursache des Schreies erklären konnte.
Al Marrero sollte es vorerst nicht mehr erfahren.
Mit langen Sätzen umrundete die Schwarze Maske das Heck der Limousine und warf sich auf den völlig überraschten Gangster.
Als Marrero das leise Geräusch hörte und die Gefahr erkannte, war es bereits zu spät. Er wirbelte herum, erkannte den düsteren Schatten, der auf ihn zuflog. Dann spürte er nur noch einen dumpfen Schlag. Klaglos ging Marrero zu Boden.
Der Maskierte beugte sich über sein Opfer. Er sah, dass der Gangster innerhalb der nächsten fünf Minuten nicht wieder zu sich kommen würde. Das genügte.
Lautlos schlich sich die Schwarze Maske an das nächstliegende Fenster des Bungalows heran. Der gellende Schrei, der selbst durch die Holzwände des Gebäudes überdeutlich zu hören gewesen war, war längst verklungen.
Atemlos legte der Gangsterjäger sein Ohr an die Scheibe und horchte. Dann stockte ihm der Atem. Deutlich konnte er das schwere Keuchen eines Mannes und das prasselnde Geräusch zerreißenden Stoffes hören. Im gleichen Moment wusste er, dass er keine Sekunde mehr vergeuden durfte.
Er musste es einzig und allein darauf ankommen lassen, dass sein Eingreifen völlig überraschend kam. Ein geräuschloses Vorgehen war jetzt nicht mehr möglich.
Mit dem linken Ellenbogen stieß der Gangsterjäger blitzschnell die Fensterscheibe ein. Krachend zersplitterte das Glas. Seine Rechte fuhr durch den Fensterrahmen, fand in Sekundenschnelle den Griff und drehte ihn herum. Mit einem kraftvollen Ruck riss er beide Fensterflügel gleichzeitig auf.
Die Hände des Gangsterjägers fegten den schweren Vorhang beiseite. Er packte die Fensterbrüstung und schwang sich in den Innenraum des Bungalows.
Slim Coughlin wirbelte herum. Sein Gesicht spiegelte grenzenloses Erstaunen, als er den dunklen Schatten der Schwarzen Maske auf sich zu huschen sah. Siedend heiß durchfuhr den Killer die Erkenntnis, dass er einen entscheidenden Fehler gemacht hatte.
Er kam nicht mehr dazu, seine Waffe an sich zu reißen. Stahlharte Fäuste packten ihn an der Schulter und zogen ihn mit unwiderstehlicher Kraft zurück.
Coughlin ließ sich einfach fallen, um auf diese Weise dem Griff des Maskierten zu entgehen. Es gelang ihm nur für den ersten Moment. Dann verspürte er einen Schlag zwischen die Schulterblätter, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Mit einem wilden Aufschrei ging Coughlin der Länge nach zu Boden.
Bevor er sich aufrappeln konnte, hatte ihn die Schwarze Maske an den Revers gepackt und erneut in die Senkrechte gebracht.
Aus den Augenwinkeln heraus erkannte der Gangsterjäger Susan Morales. Sie lag auf der Couch. Die Kleidung hing ihr in Fetzen vom Körper. Sie war bewusstlos.
„Jetzt fehlt nur noch, dass du um Gnade winselst!“, knurrte der Maskierte böse. „Aber dazu kommst du nicht mehr, Freundchen!“ Ein Handkantenhieb beförderte den Gangster blitzartig ins Traumland. Kraftlos sank er in sich zusammen und rutschte langsam an der Wand zu Boden.
Der Maskierte zog das Nylonseil hervor, das er stets bei sich trug. Innerhalb von wenigen Augenblicken hatte er den Bewusstlosen damit zu einem bewegungsunfähigen Paket verschnürt.
Rasch beugte sich der Gangsterjäger über Susan Morales. Aufatmend stellte er fest, dass ihr nicht mehr zugestoßen war als ein schwerer Schock, von dem sie sich allerdings vermutlich nicht so rasch erholen würde.
Die Schwarze Maske verließ den Bungalow und rannte mit langen Sätzen zurück zum Einsatzfahrzeug.
Butch ließ sofort den Motor an, als sein Chef auftauchte. Cantrell dirigierte ihn zum Bungalow. Mit wenigen Worten informierte er seine beiden Mitarbeiter über die Geschehnisse der letzten Minuten.
„Hör zu, Butch“, sagte der Kriminalist, „du fährst Susan Morales auf dem schnellsten Weg zum nächsten Krankenhaus. Sie hat vermutlich einen schweren Schock erlitten.“
„Am besten fahre ich mit, Sir“, meinte Silk, „falls sie unterwegs zu sich kommt, kann Butch sich nicht um sie kümmern.“
„In Ordnung“, stimmte Cantrell zu. „Wenn ihr sie abgeliefert habt, kommt ihr auf dem schnellsten Weg hierher zurück. Ich werde Captain McConnors informieren. Der Bungalow hat Telefon.“
Der Gangsterjäger kümmerte sich währenddessen um die beiden bewusstlosen Gangster.
Al Marrero war gerade im Begriff, wieder zu sich zu kommen. Bevor er vollends bei Besinnung war, entledigte ihn der Maskierte seines Hosengürtels und fesselte ihm damit die Hände auf den Rücken. Dann zog er den Gangster hoch und beförderte ihn durch die offene Tür in den Bungalow, wo Coughlin immer noch zusammengekrümmt und wohl verschnürt auf dem Fußboden lag.
Mit offenem Mund starrte Marrero erst auf seinen regungslosen Komplicen und dann auf die Schwarze Maske, deren furchterregendes Erscheinungsbild er bislang nur vom Hörensagen gekannt hatte. Marrero brachte kein Wort hervor.
Der Gangsterjäger stieß ihn in einen der Sessel. „Wie heißt du?“, fragte er. In seiner Stimme lag eisige Kälte, die Marrero ungewollt zusammenzucken ließ.
„Ich sage nichts“, erwiderte Marrero ängstlich, „kein Sterbenswörtchen. Ich rede nur bei der Polizei und auch dann nur im Beisein meines Anwaltes.“
„Diese Praxis scheinst du ja schon bestens zu kennen“, zischte der Maskierte, „aber so einfach wirst du nicht davonkommen.“ Er versuchte es mit einem uralten, aber immer noch wirksamen Bluff. „Bevor ich deinen Komplicen auf die Bretter geschickt habe, war er so dumm, mir einiges zu erzählen, was er eigentlich nicht vorhatte. So zum Beispiel, dass ihr beide für Feldman, Corelli und Kovacz arbeitet. Eine verbrecherische Arbeitsgemeinschaft, die einzig und allein das Ziel hatte, die Veröffentlichung einer brisanten Illustrierten-Reportage zu verhindern.“
Marrero starrte sein Gegenüber mit schreckgeweiteten Augen an. Obwohl er nicht alle Worte des Maskierten verstanden hatte, wusste er doch soviel, dass der Unheimliche offenbar mehr wusste als ihm lieb war. Dennoch war Marrero stur genug, um trotz seiner grenzenlosen Überraschung die Lippen zusammenzukneifen.
„In Ordnung“, stieß der Gangsterjäger plötzlich nach, „die Beweise, die wir haben, genügen der Polizei auch so. Ob du nun redest oder nicht, du änderst damit nichts mehr.“
Marrero wollte jetzt doch etwas sagen. Er sah ein, dass er seine Lage wahrscheinlich nur verbessern konnte, wenn er redete. Doch der Maskierte kümmerte sich nicht mehr um ihn. Er hatte sich abgewandt und beschäftigte sich mit Coughlin, den er unsanft vom Fußboden aufklaubte und ebenfalls in einem Sessel deponierte.
Zwei, drei Ohrfeigen brachten den Killer zur Besinnung. Er schüttelte den Kopf wie ein begossener Pudel. Dann erkannte er den Maskierten, der ihn mit durchdringendem Blick ansah.
„Sieh einer an“, lächelte Coughlin, „so trifft man sich wieder!“
„Allerdings. Nur sind die Umstände diesmal ungleich ungünstiger für dich, Coughlin. Das Spiel ist aus. Feldman, Corelli und Kovacz sitzen endgültig in der Patsche. Selbst der beste Anwalt wird ihnen jetzt nicht mehr helfen können.“
Coughlin runzelte die Stirn. Er verzerrte schmerzhaft das Gesicht. Offenbar hatte er Mühe, seine Gedanken zu sortieren. Nach einigen Minuten nickte er verstehend. Er versuchte zu grinsen. Es misslang.
„Okay, Mister“, stöhnte er, „du hast gewonnen. Vielleicht kannst du ein gutes Wort bei den Bullen für mich einlegen, damit sie mich als Kronzeugen engagieren.“
Al Marrero wagte einen wütenden Protestruf.
„Halt’s Maul!“, schrie Coughlin. „Was ich tue, bestimme ich selbst.“
„Sehr vernünftig, Coughlin“, nickte der Gangsterjäger, „ich werde mich erkenntlich zeigen.“
„Ausgezeichnet. Ich hoffe, ich kann mich darauf verlassen. All right, dann haut Feldman und diesen fetten Italiener gemeinsam mit dem windigen Jugoslawen in die Pfanne! Wenn ich schon kein Geld von den Burschen kriege, dann sollen sie dafür wenigstens im eigenen Saft schmoren.“
„Du hast also für die drei gearbeitet, nicht wahr?“
„Das weißt du doch längst, Mister. Sie haben mich angeheuert, nicht mal für ’nen außergewöhnlichen Lohn. Und ich war so dämlich, den Job anzunehmen.“
„Wen hast du umgelegt?“
„Sorry. Damit kann ich nicht dienen. Den Reporter und den Bullen, der das Girl bewachte, hat Eddy Mills ausgeknipst. Der persönliche Leibwächter von Serge Kovacz. Ich hatte lediglich den Auftrag von Feldman und den beiden anderen, das Girl umzulegen. Aber dazu ist es ja nicht gekommen.“
Der Gangsterjäger antwortete nicht mehr. Er richtete sich auf und ging zum Telefon. Aus dem Gedächtnis wählte er die Nummer des Polizeihauptquartiers und verlangte Captain McConnors.
„Starten Sie einen Großeinsatz“, erklärte er, ohne sich mit Namen zu melden. „Fordern Sie Haftbefehle für Feldman, Corelli, Kovacz und deren Gorillas an. Ich habe einen Kronzeugen, vielleicht sogar zwei. Die Beweismittel reichen aus.“
McConnors brachte im ersten Moment keine Antwort hervor. „Donnerwetter!“, stieß er dann mit ehrlichem Erstaunen hervor. „Das hätte ich nicht erwartet. Im Übrigen wird der Großeinsatz keine besonderen Komplikationen bringen, schätze ich. Unsere Freunde sind noch in Feldmans Villa versammelt. Wenn wir uns beeilen, können wir sie noch erwischen, bevor sie sich verflüchtigen.“
„Viel Glück“, erwiderte Cantrell, „und bitte lassen Sie Slim Coughlin und seinen Komplicen von Beamten des nächsten Polizeireviers abholen.“ Er beschrieb mit knappen Worten die Lage des Bungalows, der bislang für Mike Feldman als Sommerresidenz gedient hatte.
Dann legte der Gangsterjäger auf. Er konnte den Captain jetzt nicht mehr aufhalten. McConnors würde alle Hände voll zu tun haben, um in Minutenschnelle ein kleines Heer von Polizeibeamten auf die Beine zu stellen, die das Grundstück Feldmans an der St. Paul Street hermetisch abriegeln würden.
Bevor der Maskierte den Bungalow verließ, überzeugte er sich noch einmal davon, dass die Fesseln der beiden Gangster fest genug saßen, um ihnen in der nächsten Viertelstunde eine Flucht unmöglich zu machen.
Draußen brauchte der Gangsterjäger nur kurz zu warten. Dann tauchten die Scheinwerfer des Einsatzwagens auf, Wenig später stoppte der Wagen vor seinen Füßen.
„Susan Morales ist in besten Händen“, berichtete Silk, als Cantrell einstieg.
„Der Chefarzt kümmert sich persönlich um sie“, fügte Butch hinzu, „er ist Anfang Dreißig und außerdem Junggeselle.“
Der Kriminalist musste lächeln, obwohl er noch immer daran dachte, wie Coughlin mit der Frau umgegangen wäre, wenn er nicht rechtzeitig daran gehindert worden wäre.
Cantrell berichtete seinen beiden Mitarbeitern kurz von dem Geständnis des Killers und von seinem Telefongespräch mit McConnors.
Sie warteten etwa zehn Minuten vor dem Bungalow. Dann fuhren sie los. Auf dem Weg zur Brücke über den Des Plaines River kam ihnen ein Streifenwagen mit zuckendem Rotlicht entgegen.