Читать книгу Das Rätsel des toten Einhorns Kripow & Kripow Herr Doktor und die Polizei - A. F. Morland - Страница 9
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Das Bockmerholz war ein rund zwei Quadratkilometer großes, geschlossenes Laubwaldgebiet und stand etwa zur Hälfte unter Naturschutz. Es lag einen halben Kilometer südlich des hannoverschen Stadtteils Wülferrode und im Osten des Kronenbergs. Im Osten wurde der Wald von der Landesstraße L 388 nach Wülferrode begrenzt, im Süden von der B 443. Der Boden bestand hauptsächlich aus Geschiebedecksand und Geschiebelehm. Dadurch ergaben sich kleinflächig wechselnde Wasserverhältnisse, zum Teil mit Staunässe. Das Bockmerholz galt als ein Rest des uralten Nordwaldes im Städtedreieck zwischen Hannover, Hildesheim und Braunschweig.
Es zeichnete sich durch einen artenreichen Eichen-, Eschen- und Hainbuchenwald aus, der sich im naturnahen Zustand befand. Außerdem gab es dort zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Das Gelände, wo man die Tote gefunden hatte, war weiträumig abgesperrt worden. Vor der Absperrung parkte ein weißer Klein-Truck, auf dessen Dach ein reichlich großer Parabolspiegel befestigt war. NDR stand an den Flanken – Norddeutscher Rundfunk – und zwar in noch größeren Buchstaben. Wieder einmal hatten die Fernsehleute ihre Nase vorn. Doch das bedeutete nicht, dass sie auch nur einen Zentimeter weiterfahren konnten.
Kommissarin Kathrin Kripow stieg aus ihrem Wagen, zeigte dem Polizeibeamten ihren Dienstausweis und passierte die Absperrung. Um sie herum gab es nichts außer dichtem Nadelwald. Kathrin näherte sich der reglosen Gestalt, die in einigen Metern Entfernung auf dem Boden lag. Das Mädchen mochte etwas fünfzehn oder sechzehn Jahre alt sein. Sie hatte blonde Haare und trug ein weißes Einhornkostüm, das in Brusthöhe blutdurchtränkt war. Kommissar Stefan Lehnert tauchte zwischen den Bäumen auf und trat neben Kathrin.
„Der Täter hat mehrmals mit einem Messer auf sie eingestochen“, sagte er.
„Wissen wir schon, wer das Mädchen ist?“
„Rebecca Döring, fünfzehn Jahre alt, wohnhaft in Ahlem. Sie trug einen Anhänger um den Hals, auf dem ihr Name, ihre Adresse und ihre Blutgruppe eingetragen waren. Sie hatte Blutgruppe AB Rh-negativ. Ist sehr selten. Gerade mal ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland hat diese Blutgruppe.“
„Und weshalb ist sie als Einhorn verkleidet?“
Stefan zuckte mit den Schultern. „Vielleicht war sie auf einem Kostümfest.“
„Hier draußen?“, fragte Kathrin skeptisch, während sie sich umblickte. „Halte ich für ziemlich unwahrscheinlich. Hier gibt es weit und breit keine Häuser.“
„Vielleicht hat sie jemand in seinem Auto mitgenommen“, erwiderte Stefan. „Es kam zum Streit, sie stieg aus und rannte in den Wald. Der Täter folgte ihr und stach auf sie ein.“
„Möglich“, sagte Kathrin. „Warten wir erst mal das Ergebnis der Obduktion ab. War die Spurensicherung schon da?“
„Ja. Die haben ihre Arbeit vor etwa zehn Minuten beendet. Hatten es sehr eilig. Mussten noch zu einem weiteren Einsatz.“
„Wann ist die Leiche eigentlich gefunden worden?“, erkundigte sie sich.
„Vor etwa zwei Stunden. Von einem Förster.“
„Wo ist er?“
Stefan deutete hinter die Absperrung. „Er sitzt mit Theo in dem Streifenwagen dort drüben und macht seine Aussage. Wir haben den Bereich sofort abgesperrt.“
„Sehr umsichtig.“
„Trotzdem glaube ich nicht, dass die Spurensicherung allzu viel Brauchbares finden konnte. In der letzten Nacht hat es geregnet.“
„Ach, irgendetwas findet man immer“, erwiderte Kathrin. „Und wenn es bloß eine Kleinigkeit ist.“