Читать книгу 7 Kriminalromane für lange Dezember-Nächte - A. F. Morland - Страница 19
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Mein Kollege Jan Slieter und ich fuhren nach Bremen.
Jan und ich wechselten uns jeweils während der Fahrt am Steuer ab. Als wir durch die Außenbezirke von Bremen fuhren, war Jan gerade an der Reihe.
Wenig später erreichten wir das Gelände des Bremer Polizeipräsidiums und fuhren in die Tiefgarage. Mit dem Aufzug gelangten wir zum Büro von Kommissar Jensen, der uns freundlich begrüßte.
Er stand der Mordkommission vor und hatte einen der Mordfälle, die in Zusammenhang mit dem Serientäter in Verbindung gebracht wurden, der es auf Rothaarige abgesehen hatte, bearbeitet.
Ein Fall, den man noch immer keiner Lösung hatte zuführen können.
Jensen war ein Mann mit blonden Haaren. Fast zwei Meter hoch ragte er empor und außerdem war er so breit, dass man ihn eher für einen Catcher halten konnte als für jemanden, der einem geregelten Büro-Job nachging. Und das war Jensens Job, seit er seine jetzige Position innehatte.
Jensen stand hinter seinem Schreibtisch auf. Er langte über den Tisch, um uns die Hand zu geben.
Wir stellten uns kurz vor.
„Ich bin Kommissar Ubbo Norden aus Emden und dies ist mein Kollege Jan Slieter. Sie müssten mit Herrn Menninga gesprochen haben...“
„Ja, Sie wurden mir bereits angekündigt.“ Er blickte auf die Uhr. „Allerdings habe ich ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass Sie heute noch bei mir vorbeischauen...“ Jensen zuckte mit den Schultern und verschränkte dann die Arme vor der Brust. „So habe ich auch mal gedacht, als ich gerade in der Mordkommission angefangen hatte und den Tod einer gewissen Kim-Jennifer Monteleone untersuchte.“
„Klingt italienisch“, meinte Jan. „Sie sah mit ihren roten Haaren allerdings eher wie jemand aus, der irische Vorfahren hat.“
„So kann man sich täuschen, Jan“, meinte ich.
Kommissar Jensen holte ein Foto aus der Schublade seines Schreibtischs. So abgegriffen, wie das Bild an den Rändern war, musste es für Jensen eine besondere Bedeutung haben. Wir verstanden wenige Augenblicke später auch, worin die bestand. „Sieben Jahre ist das jetzt her. Das war mein erster Fall bei der Mordkommission, bei dem ich die Leitung hatte. Und er ging gleich daneben. Der Täter läuft wahrscheinlich noch immer frei herum und fährt damit fort, rothaarige Frauen zu töten. Glauben Sie mir, ich würde alles dafür tun, damit diese Sache endlich einen Abschluss findet.“
„Erzählen Sie uns, was mit Kim-Jennifer Monteleone geschah“, forderte ich. Ich hatte diesen Namen zwar in den Unterlagen gelesen, mich aber mit den Einzelheiten noch nicht beschäftigt. Dazu war einfach noch keine Zeit gewesen. Aber immerhin wusste ich, dass man bei Kim-Jennifer Monteleone zumindest die Leiche gefunden hatte und man daher die Tat relativ genau hatte rekonstruieren können. Bei einigen Opfern war lediglich reichlich Blut gefunden worden. Und anderen waren einfach nur verschwunden und erst unsere Funde an Bord der PRIDE OF EMDEN hatten die Verbindung zu dieser Mordserie gezogen.
Jensens Augen wurden schmal. Er bot uns einen Platz und Kaffee an. Wir nahmen beides dankend an. Der Kaffee kam aus dem Automaten und war ganz in Ordnung.
„Kim-Jennifer Monteleone war Lehrerin an der einer der hiesigen Realschule. Wir fanden sie in ihrem Wagen, der in einem kleinen Waldstück abgestellt worden war. Sie war mit einem Elektro-Schocker betäubt worden. Zuvor hat es einen kurzen Kampf gegeben. Deswegen haben wir sieben Jahre alte DNA des Täters unter den Fingernägeln des Opfers.“
„Wie starb sie?“, fragte ich.
„Der Täter hat ihr eine Reihe von Adern aufgeschnitten und sie ausbluten lassen. Es gab allerdings keine Hinweise auf eine Vergewaltigung oder einen Versuch in diese Richtung. Dem Täter ging es nicht um Sex, sondern...“ Jensen zögerte.
„Macht? Rache? Ein allgemeiner Hass auf Frauen oder auf Rothaarige im Besonderen?“, hakte ich nach.
„Ja, das denke ich, könnte es gewesen sein. Allerdings befinde ich mich da in einem Disput mit unserem neuen Profiler. Der bezeichnet die Tat als rituelle Zwangshandlung. Aber damit kann ich ehrlich gesagt nicht viel anfangen.“
„Wir würden gerne mit Ihrem Profiler sprechen“, sagte ich.
„Werden Sie!“, versprach Jensen. „Mit Dr. Frank F. Martin arbeiten wir erst seit einem halben Jahr zusammen. Ich bat ihn mal, sich die Unterlagen von damals und insbesondere die Tatortrekonstruktion noch einmal anzusehen, was er auch tat.“
„In anderen Fällen, die man diesem Serientäter zuschreibt, wurde keine Leiche gefunden“, stellte ich fest. „Was hat ihn wohl im Fall von Kim-Jennifer Monteleone davon abgehalten, die Leiche verschwinden zu lassen?“
„Vielleicht wollte er zurückkehren und hatte dann keine Gelegenheit mehr dazu. Der untersuchende Gerichtsmediziner stellte später fest, dass die Tote bereits eine Stunde nach Eintritt des Todes gefunden wurde.“
„Und wer hat sie gefunden?“, fragte Jan.
„Eine Rentnerin, die in der Nähe ihre tägliche Jogging-Runde absolvierte. Eine fitte Frau. Ich habe mich mehrfach mit ihr unterhalten und sie nach Beobachtungen gefragt, die sie gemacht hat.“
„Vielleicht könnten wir uns sie auch noch einmal vornehmen“, schlug Jan vor.
Aber Kommissar Jensen schüttelte den Kopf. „Sie ist letztes Jahr gestorben. An einem Herzinfarkt. Was mal wieder beweist, dass man dem Tod nicht davonlaufen kann.“
„Wir brauchen Angaben über chemische Betriebe in der Gegend, bei deren Produktionsvorgängen Säuren entstehen wie diejenige, die wir an Bord der PRIDE OF EMDEN gefunden haben“, erklärte ich. „Wenn Norma Jeremies, und die anderen, bisher noch nicht identifizierten Opfer, die in den Fässern verstaut und der Zersetzung preisgegeben wurden, tatsächlich von diesem Serientäter umgebracht wurden, dann hatte der zweifellos Zugang zu diesem Abfällen.“
Jensen nickte. „Das ist in der Tat ein neuer Aspekt, den Ihre Ermittlungen erst in den Fall eingeführt haben“, gab er zu.
„Der Täter könnte Angestellter einer Giftmülldeponie, eines Entsorgungsunternehmens oder eines Betriebes der chemischen Industrie gewesen sein“, sagte ich.
„Geben Sie uns genauere Daten über die Chemikalien.“
„Sind unterwegs“, versprach ich. „Die Kollegen des Erkennungsdienstes arbeiten daran.“
„Ich hoffe nur, dass dabei mehr herauskommt als heißer Luft, wie bei den bisherigen Ermittlungen“, meinte Jensen. In diese durch und durch negative Beurteilung schien er seine eigene Arbeit durchaus einzuschließen.
„Sobald wir genaueres Wissen haben, kommen wir auf dieser Spur vielleicht weiter.“
Das Telefon auf Kommissar Jensens Schreibtisch klingelte.
Er nahm ab.
Auf seiner Stirn bildete sich eine tiefe Furche. „Eine Meldung, die ins Raster passt“, erklärte Jensen, nachdem er aufgelegt hatte. „Rabea Frerich, 25 Jahre alt und Sekretärin bei der Norddeutschen Total-Versicherung. Sie ist seit gestern Abend verschwunden. Jetzt wurde sie in ihrem Wagen gefunden. Betäubt mit einem Elektroschocker und mit geöffneten Venen...“
„Genau wie bei Kim-Jennifer Monteleone“, stellte ich fest.
„Ja. Der Rote-Haare-Mörder scheint wieder zugeschlagen zu haben.” Jensen wirkte grimmig. Er umrundete den Schreibtisch und griff nach seiner Jacke, die an einem Haken an der Wand hing. „Der Fundort der Leiche ist nicht weit von hier entfernt. Wenn Sie wollen, können Sie mich gleich begleiten. Die Kollegen sind am Tatort und beginnen dort mit der Arbeit.“