Читать книгу 7 Kriminalromane für lange Dezember-Nächte - A. F. Morland - Страница 68
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Direkt von der Federal Plaza fuhren wir nach Brooklyn hinüber. Ein Besuch bei »Captain Steelwalker« alias Laramie Stone stand auf unserem Nachmittagsprogramm.
Wir fuhren über die Brooklyn Bridge. Aber es war gegen vier Uhr nachmittags, und die Rushhour hatte unser beschauliches Städtchen im Würgegriff. Fast eine halbe Stunde lang ging es Stop-and-go über den East River. Der Himmel war nicht mehr ganz so wolkenlos wie noch am Morgen. Ein starker Wind fegte vom Atlantik her über Manhattan. Vorboten des angekündigten Wetterwechsels.
Ich saß am Steuer des Sportwagens und quälte mich langsam voran. Mein Partner nutzte die Zeit und telefonierte über sein Handy. Guter Laune plauderte er mit Carol.
Die Vielbeschäftigte wollte am nächsten Morgen nach Hongkong fliegen. Milo versprach hoch und heilig, sie noch vor Sonnenuntergang in ihrem Apartment abzuholen. Sie wollten essen gehen. So viel bekam ich notgedrungen mit.
Ich schnappte mir mein eigenes Handy und wählte Lindas Nummer.
»>Female<Redaktion, McCain?«
Ihre raue Altstimme löste eine Vibration unter meinem Zwerchfell aus. Wenn ich sie nicht bald wiedersah, würde ich noch wahnsinnig werden. Ich sehnte mich nach der attraktiven blonden Lady. So ist das mit der Liebe - mach einer was dagegen.
»FBI, Trevellian«, meldete ich mich. »Entsinnst du dich noch dunkel ein mich?«
»Sehr dunkel.«
»Na, prächtig! Ich will dich sehen. Bist du heute Abend in der Redaktion?«
»Mindestens bis zehn - hab noch eine Menge zu tun.«
»Dann komm ich in die Redaktion.«
»Vor Weihnachten noch?«
»Lass dich überraschen.« Ich brach die Verbindung ab. Von der rechten Seite Milos Grinsen.
Auch der hartnäckigste Stau löst sich irgendwann auf. Gegen fünf erreichten wir Flatbush, und kurz vor halb sechs stoppten wir vor Stones Haus.
Sein Manager war bei ihm, räumte aber das Feld, nachdem Stone uns miteinander bekannt gemacht hatte. Ich habe den Namen des Mannes vergessen.
Nicht mal an seine Haarfarbe erinnere ich mich. Die elegante Pianistin konnte ich nirgends entdecken.
»Waren die Kollegen von der City Police schon bei Ihnen?«, erkundigte ich mich.
»Am frühen Morgen haben sie mich aus dem Bett geklingelt«, lachte Stone.
Sein Lachen wirkte etwas gezwungen.
»Sie kamen zu viert - den ganzen Vormittag über haben sie meinen Garten durchkämmt. Ich bin gespannt, ob ich das Ergebnis morgen in der Zeitung nachlesen kann.«
»Keine Sorge, Mister Stone - der leitende Beamte hat mir hoch und heilig versprochen, die Medien aus dem Spiel zu lassen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr, Mister Trevellian.«
Stone stand auf. »Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten? Er war heute ganz in schwarz gekleidet: schwarze weite Pumphosen, ein langes weites Hemd, schwarz, das bis übers Brustbein offen war. Selbst seine Turnschuhe waren schwarz.
Milo und ich winkten ab. »Was fällt Ihnen zu dem Namen Johnson ein?« Milo schoss die Frage ab, um derentwillen wir uns durch die Rushhour nach Flatbush gequält hatten. »Eric Johnson?«
»Eric Johnson?« Stone setzte sich wieder, stützte den Kopf in die Rechte und machte eine nachdenkliche Miene. »Gar nichts.« Er zuckte mit den Schultern. »Helfen Sie mir auf die Sprünge.«
»Er war Richter im New York County Courthouse.« Ich überließ es meinem Partner, Stone zu interviewen, und konzentrierte mich darauf, den Schauspieler genau zu beobachten.
Er seufzte tief und presste die Handflächen gegen sein Kinn. Seine dünnen Brauen wölbten sich. Seine dunklen Augen wanderten zwischen Milo und mir hin und her. »Warum konfrontieren Sie mich mit dieser alten Geschichte?«
»Sie kannten ihn also?«
»Oh ja ...« Stone lehnte sich zurück und wirkte plötzlich reichlich bekümmert. »Oh ja. Ich stand vor ein paar Jahren vor Gericht. Zusammen mit einigen ...«
Er zögerte, suchte nach den richtigen Worten. »... mit einigen alten Freunden. Der Richter hieß Johnson. Er hat uns freigesprochen. Aber das wissen Sie wahrscheinlich. Warum fragen Sie mich nach dem Mann?«
Ich registrierte, dass Stone jetzt deutlich distanzierter war als vor Milos Frage. Er ging in Habachtstellung und war misstrauisch geworden.
»Johnson ist tot«, antwortete Milo.
Stones Augen wurden schmal. »Tot?« Er neigte den Kopf und gab sich keine Mühe mehr, sein Misstrauen zu verbergen. »Was hat das mit mir zu tun?«
»Vielleicht gar nichts, vielleicht sehr viel.« Ich schaltete mich wieder in das Gespräch ein. »Eric Johnson wurde ermordet. Und zwar auf eine Weise, die mich sehr an den Tod ihres Schäferhundes erinnert hat.« In knappen Worten schilderte ich ihm die Falle, in der der arme Richter sein Leben ausgehaucht hatte. »Man wollte Sie auf ähnliche Weise töten!«
Er schwieg, und wir ließen ihm Zeit, die Neuigkeit zu verarbeiten. Er rieb sich das Kinn, kratzte sich hinter dem Ohr und strich sich ständig über seine Kraushaarstoppeln. Nachdenklich kam er mir vor, sehr nachdenklich.
»Sie sagten mir gestern, Sie hätten keine Feinde, Mister Stone«, ergriff ich wieder das Wort. »Ich stelle Ihnen die Frage noch einmal - gibt es irgendjemanden, der Sie und Eric Johnson leiden sehen will? Womöglich aus ein und demselben Grund?«
»Sie meinen ...?« Leise sprach er jetzt, und seine Stimme klang eine Spur heiserer als noch vor wenigen Minuten. »Sie meinen, die Frau, die behauptet hat, wir hätten sie ...?« Er zuckte mit den Schultern. »Ich hatte diese alte Sache vollkommen ausgeblendet ...«
Plötzlich straffte sich seine Gestalt.
»Hören Sie, Mister Trevellian. Damals wurde meine Unschuld bewiesen - aber Sie wissen ja, wie die Leute sind. Sie gieren nach negativen Schlagzeilen. Wenn irgendetwas davon in die Presse gerät ...«
»Von uns erfährt keiner was«, unterbrach ich ihn. »Was war mit der Frau?«
»Es ... es ist lange her.« Er wirkte verlegen, war unruhig und fahrig. »Wir waren junge Heißsporne. Das Mädchen wollte mit Sex experimentieren, konnte den Hals nicht voll kriegen. Alles Mögliche wollte die Kleine ausprobieren. Natürlich waren auch Drogen im Spiel. Ich nehme an, ihr Vater wollte Schmerzensgeld herausschlagen. Anders kann ich mir die Anzeige heute nicht erklären. Und dass sie sich deswegen neun Jahre später rächen will, kann ich mir schon gar nicht vorstellen!«
Milo und ich verständigten uns durch Blicke. »Okay, Mister Stone.« Milo stand als Erster auf. »Das war’s schon. Wir müssen jeder Spur nachgehen. Als Leinwand-Cop wissen Sie das sicher.«
»Dein Eindruck?«, fragte ich Milo, als wir wieder im Sportwagen saßen.
»Wir müssen der Sache nachgehen. Lassen wir uns die Akten aus dem County Courthouse kommen, damit wir den Namen der Frau erfahren. Und dann besuchen wir sie ...«