Читать книгу Dicke morden erstaunlich schnell Berlin 1968 Kriminalroman Band 51 - A. F. Morland - Страница 8
Оглавление4
Carlo Winters Fehler bestand darin, dass er zu vertrauensselig war und den Mund im Freundeskreis nicht halten konnte. Dadurch war die Gefahr gegeben, dass auch mal etwas an ein Ohr gelangte, dem es besser vorenthalten geblieben wäre. In alkoholseliger Laune hatte Winter mit Freunden über seinen Einbruch bei Manfred Seeliger gesprochen. Man hatte ihm wegen der Doggen davon abgeraten. Sie hatten stundenlang diskutiert. und Winter hatte erklärt, wie er die Sache angehen würde.
Die Freunde rieten ihm weiterhin ab.
Doch er wollte beweisen, dass es für ihn ein Kinderspiel war, bei Seeliger einzusteigen.
Und das kam auch Peter Stein zu Ohren.
Stein war ein hässlicher Kerl. Fett, riesig, ohne ein einziges Haar auf dem Schädel, und er besaß auch keine Augenbrauen. Ein breiter Gürtel schnitt tief in seine schwammige Leibesmitte. Sein Doppelkinn, Hängebacken und kleine, böse Augen vervollständigten den Eindruck. Er war ungemein kräftig, und ein Gewissen besaß er nicht. Vermutlich arbeitete er deshalb für jeden, der ihn bezahlte, als Killer. Eiskalt hatte er schon viele Menschen sterben sehen, ohne dass ihn das auch nur im Geringsten berührt hätte. In West-Deutschland und in West-Berlin. Und es gab Gerüchte, dass er selbst im Osten Aufträge annehmen würde. Aufträge, die den dort buchbaren Killern einfach zu heiß waren.
Diesem Peter Stein kam zu Ohren, was Carlo Winter plante.
Und sogleich plante auch Stein etwas. Er wusste, dass bei Manfred Seeliger einiges zu holen war, und er beabsichtigte, Winter seinen Job tun zu lassen und ihm hinterher die Beute abzunehmen.
Von dem Tag an, als er diesen Entschluss fasste, ließ er Winter nicht mehr aus den Augen. Wohin der Ganove auch ging, Peter Stein blieb ihm auf den Fersen. Auch als Carlo Winter seinen Coup landete, befand sich Stein in der Nähe. Es bot sich aber keine Gelegenheit, dem Einbrecher die Beute gleich abzunehmen, deshalb fasste sich Stein in Geduld.
Am darauffolgenden Abend wollte der Auftragsmörder jedoch nicht mehr länger warten. Winter würde die Beute nicht ewig in seinem Apartment aufbewahren. Er würde danach trachten, sie so bald wie möglich zu verscherbeln. Vielleicht schon morgen. Folglich musste sie sich Stein heute noch unter den Nagel reißen.
Er stieg aus seinem schwarzen Ford Taunus, angelte eine rot-schwarz karierte Jacke aus dem Wagen und zog sie an. Anschließend begab er sich zum Kofferraum und entnahm ihm eine Schrotflinte, deren Lauf abgesägt war. Mafiosi nannten diese Waffe Lupara. Auf nahe Distanz war damit eine verheerende Wirkung zu erzielen. Da Carlo Winter sich nicht freiwillig von der Beute trennen würde, musste Stein sie mit Gewalt in seinen Besitz bringen. Das machte ihm nichts aus, und es störte ihn auch nicht, dass Winter mit einer Frau zusammen war. Dann gab es eben zwei Tote.
Wenig später betrat er einen finsteren Hinterhof und überkletterte eine Backsteinmauer. Niemand hätte ihm diese Wendigkeit zugetraut. Ringsherum brannten Lichter in den Wohnungen. Fernsehapparate waren eingeschaltet. Eine Mischung aus zahlreichen verschiedenen Programmen hing in der Dunkelheit.
Der Mörder machte sich am Schloss der Hoftür zu schaffen. Ein simpler Dietrich genügte. Schon ließ sich die Tür öffnen.
Schritte!
Peter Stein zuckte zurück. Er drückte die Tür zu, doch sie schnappte nicht ins Schloss, ging ächzend wieder auf.
Dieses Ächzen vernahm der Hausmeister, der sich in diesem Augenblick auf dem Weg zu seiner Dienstwohnung befand. Im dritten Stock war eine Lampe ausgefallen. Der Hausmeister hatte die Glühbirne ausgetauscht, nachdem sich drei Mieter bei ihm beschwert hatten. Er war ein Mann, der die Bequemlichkeit liebte. Von Arbeit hielt er nicht allzu viel. Wenn es sich einrichten ließ, ging er ihr tunlichst aus dem Weg.
Vor seiner Wohnungstür blieb er stehen. Ein Graukopf mit Basedowaugen und Hasenzähnen. Er war nicht schön, hatte aber trotzdem eine Frau fürs Leben gefunden, weil doch meistens auf jeden Topf ein Deckel passt.
Sein Blick war auf die offene Hoftür gerichtet. Er wusste mit Sicherheit, dass er sie am späten Nachmittag abgeschlossen hatte. Wer hatte sie aufgesperrt?
Sein Pflichtbewusstsein meldete sich. Auch sein Misstrauen wurde wach. Langsam ging er auf die Tür zu. Auf der Schwelle blieb er stehen und ließ seinen Blick schweifen. Es war zu finster. Man konnte kaum etwas erkennen.
„Ist da jemand?“, fragte der Hausmeister in die Dunkelheit hinein. Vielleicht befand sich einer der Mieter im Hof. „Hallo!“
Keine Antwort.
Peter Stein zog sich hinter die Mülltonnen zurück. Er beobachtete den Hausmeister. Der Mann schaltete die Lampe über der Tür ein und trat nun doch zwei Schritte in den Hof. Stein presste sich gegen die Wand. Er hielt die abgesägte Schrotflinte in beiden Händen. Es war für den Hausmeister besser, umzukehren.
Doch unter Steins Schuh knirschte ein Stück Plastik, als er versehentlich drauftrat. Das alarmierte den Graukopf.
„Da ist ja doch jemand“, sagte er rau und bewegte sich auf die Mülltonnen zu.
Stein wartete auf den richtigen Moment. Sobald er gekommen war, stieß er sich von der Wand ab. Der Hausmeister stoppte entsetzt. Er riss abwehrend die Arme hoch und wollte einen Schrei ausstoßen, doch das ließ Stein nicht zu. Er schlug dem Hausmeister den kurzen Waffenlauf gegen die Schläfe. Der Graukopf verdrehte die Augen und brach seufzend zusammen. Stein fing ihn auf und warf ihn achtlos hinter die Mülltonnen. Die Ohnmacht des Mannes würde lange genug anhalten. In der Zeit konnte sich Stein in aller Ruhe um Carlo Winter kümmern.