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Kapitel 7 Lilly

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Tag zwei mit Cole, dem herrischen Barmann, lief in etwa wie Tag eins, nur dass ich dieses Mal das Gefühl hatte, er hielt mich nicht mehr für gänzlich unnütz, als wir die Speisekarte und die Lebensmittel, die wir dafür lagern, durchgingen. Am Abend durfte ich erneut den Zaungast am Bartresen mimen und Cole bei der Cocktailherstellung assistieren.

Und auch an diesem Abend zog er wieder seine Show ab. Er lächelte und flirtete auf Teufel komm raus. Allein beim Zusehen schmerzten mir an seiner statt die Mundwinkel. Es hatte seinen eigenen Reiz, einem Kerl, den man kaum kannte, beim Aufreißen zuzusehen, nämlich gar keinen.

Froh, dass der Abend zu Ende ist, lege ich mich ins Bett. Meine Füße bringen mich um. Meine Gedanken wandern erneut zu Cole. Der Kerl ist mir ein Rätsel. Sein Verhalten in der Bar passt nicht recht zu seiner Hilfsbereitschaft mir gegenüber. Aber was weiß ich schon von Cole Cortez? Ich weiß, dass er scharf ist und herrisch, dass er nicht in der besten Gegend wohnt und dass er es im Grunde genommen zum Kotzen findet, dass ich hier bin und er die Kneipe mit mir teilen muss. Aber das reicht nicht, um mir ein Urteil bilden zu können. Ich wünschte, meine Gedanken kämen endlich zur Ruhe, damit ich einschlafen kann. Es ist nach drei Uhr morgens und die Bar ist seit etwa einer Stunde geschlossen. Außerdem bin ich hundemüde. Gott, alles tut mir weh. Ich strecke meine Zehen aus und ächze, weil sie sich verspannt anfühlen und brennen. Im Kopf gehe ich tausend Dinge durch, die ich heute gelernt habe: Wir haben Burger, Chili, Sandwiches …

Irgendwo zwischen dem Lagerort für die Essiggurken und dem Ketchup, die ich mir einzuprägen versuche, schlafe ich ein.

Ich schrecke hoch, als ich höre, wie unten in der Bar ein Stuhl umgeschmissen wird. Großer Gott! Jemand räumt mir den Laden aus. Oder der Stuhl ist einfach umgefallen. Beruhige dich! Ich schlucke einen Kloß meine trockene Kehle hinunter und wische mir Schweiß von der Stirn. So oder so, ich muss nachsehen, was los ist, und die Polizei verständigen, falls jemand eingebrochen ist. Mit klopfendem Herzen schnappe ich mir das Handy und Bills Softballschläger, der in einem kleinen Wandschrank neben der Tür steht. Ich gehe ängstlich und behutsam auf die Vortreppe, von der aus man in die Bar hinuntersehen kann. Mit erhobenem Schläger spähe ich in den Gastraum. Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf, als ich den Eindringling tatsächlich entdecke. Kleine Korrektur. Die Eindringlinge.

Cole Cortez steht unten in der Bar, halb nackt, mit zwei nuttig gekleideten Mädchen, die ihn den ganzen Abend lang angebaggert haben. Und umgekehrt. Wie es aussieht, sind sie sich mehr als einig geworden. Denn Mädchen Nummer eins mit den dunklen Locken liegt auf dem Tisch ausgebreitet vor ihm, während Mädchen Nummer zwei mit dem blonden Bob hinter ihm steht und ihre Hand tief in seiner Hose steckt. Cole stöhnt laut und lustvoll auf, während er sich zum Schoß von Mädchen Nummer eins hinunterlässt. Als ich seinen Kopf zwischen ihren Schenkeln verschwinden sehe und ihre spitzen Schreie höre, gehe ich in Deckung und drehe mich weg.

Ich kann nicht glauben, was sich da gerade abspielt. Cole hat einen flotten Dreier in meiner Bar. Auf einem Tisch, den ich vor nicht mal einer Stunde abgewischt habe. Und den ich morgen ganz sicher desinfizieren werde. Zwei Mal!

Mit weit aufgerissenen Augen höre ich ihre Sexgeräusche. Davon bekomme ich ein komisches Gefühl im Bauch. Ich sollte zurück in die Wohnung gehen. Genau das sollte ich tun.

Ich tue es nicht. Stattdessen quäle ich mich weiter und höre mir Dinge an, die mir traurigerweise fremd sind. Ich kann mir nicht mal vorstellen, je selbst solche Geräusche von mir zu geben. Eins der Mädchen ruft immer wieder Coles Namen. Als wäre er ein Stoßgebet. Keine Ahnung warum, aber ich hasse es, das mitanhören zu müssen.

Noch einmal spähe ich durch die Latten des Holzgeländers und bereue es sofort, als sich das Wirrwarr aus halb nackten Gliedmaßen in mein Hirn brennt. So schnell und so leise wie möglich schleiche ich mich zurück in die Wohnung. Fest ziehe ich die Tür hinter mir zu. Ich wünschte, ich hätte das nicht gesehen. Dadurch fühle ich mich nur jünger, unerfahrener und langweiliger als ohnehin schon die meiste Zeit über.

Wenn ich an mein letztes Sexerlebnis mit einem Jungen denke und es mit dem, was ich gerade da unten gesehen habe, vergleiche, muss ich zugeben, dass ich ahnungslos bin, was diese Dinge angeht. Und Männer im Allgemeinen.

Sein Name war Rover, eigentlich hieß er Robert Franklin der Dritte, aber er hielt es für cool, sich selbst den Namen Rover zu verpassen, als er auf die Junior High kam. Wir lernten uns in der Uni kennen. Wir hatten Kurse zusammen auf der Columbia und er bat mich irgendwann beim Lernen um ein Date. Er sah gut aus, hatte kein Problem mit meinem sozialen Status, der eigentlich non-existent war, und brachte mich zum Lachen. Wir gingen drei Monate miteinander aus, und ich hatte seit meinem ersten Mal, das ich nur als absolut enttäuschend bezeichnen kann und in die Kategorie, Dinge, die ich bereue, gehört, keinen Sex mehr gehabt. Nach einem Monat Dates und Nachrichten überwand ich meine Angst, weil ich ihn mochte. Es war okay. Es war wie Schokoladenpudding. Gut und du greifst zu, wenn man ihn dir reicht, aber er ist nun mal kein Käsekuchen oder eine richtig leckere Torte. Nach drei Monaten dachte ich, dass es einfach normal wäre, dass Sex viel langweiliger ist, als alle einem glauben machen wollen. Denn egal, wie wir es anstellten, am Ende war er befriedigt, und ich hatte das Gefühl, ein angenehmes Erlebnis gehabt zu haben, mehr aber nicht. Sex war ohnehin nicht das Wichtigste, und seit der Krebs meiner Mom zum zweiten Mal ausgebrochen war, standen diese Dinge auf meiner Prioritätenliste ganz unten. Und dass ich auf Rovers Liste ebenfalls weit unten stand, erfuhr ich auf äußerst einprägsame Art und Weise.

Nach einem unspektakulären Sexquickie im schmalen Bett seines Studentenheims machte Rover quasi postkoital Schluss mit mir. Und ich fragte mich wieder einmal, warum ich mich immer in Menschen, vor allem in Männern, täuschte.

„Mal ehrlich, Lilly, mit all dem Stress, den du dauernd hast, hast du doch gar keine Zeit für einen festen Freund. Ich meine, wir hatten gerade das erste Mal seit zwei Wochen Sex. Außerdem bist du in letzter Zeit ständig angespannt. Das College ist dafür da, Spaß zu haben, und wir haben in letzter Zeit kaum welchen … Oder siehst du das anders?“ Herablassend sah er mich an, noch während er sich anzog und ich nackt in seinem Bett lag. Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Trotz der Probleme mit meiner Mom schaffte ich meine Kurse und bemühte mich, ihm eine gute Freundin zu sein, aber Rover war das völlig egal. Meine Mom hatte zum zweiten Mal eine niederschmetternde Diagnose bekommen und kämpfte jeden Tag dagegen an, und dieser arrogante Junge beschwerte sich bei mir, weil ich nicht lustig genug war und ihm nicht oft genug zur Verfügung stand. War das echt sein Ernst?

In dem Moment wurde es mir klar. Der Sex war mies. Er war mies. Und ich hatte keine Zeit, mich mit dem herumzuplagen. „Rover“, sagte ich. „Ich sehe das genau wie du.“

Das war das unspektakuläre Ende von Lilly und Rover, einem Paar, das nie wirklich eines war und als lauwarmer Schokopudding in die Annalen mieser Beziehungen einging.

Ich musste meine Kurse auf die Reihe kriegen und meiner Mom helfen. Damit war ich vollauf beschäftigt. Das hatte absolute Priorität. Die Kränkung und den Schmerz, den sein Verhalten mir zufügte, schluckte ich hinunter, weil es nicht wichtig war. Vielleicht war mir die große Leidenschaft nicht bestimmt. Ich war gut darin, das Richtige zu tun, und das tat ich auch, indem ich die Sache mit Rover beendete, gerade als er mit mir Schluss machen wollte. Dann war es zumindest meine Entscheidung. Kontrolle ist wirklich wichtig für mich. Besonders wenn es so viele andere Dinge in meinem Leben gab, die sich völlig meiner Kontrolle entzogen. Nicht lange danach ging es Mom schlechter. Ich verließ die Uni und zog wieder zu Hause ein.

Und jetzt bin ich hier. Obwohl so viel passiert ist, habe ich manchmal das Gefühl, dass ich keinen Schritt weiter bin als damals, als ich das College verlassen musste. Ich bin nur um ein paar Erfahrungen reicher, auf die ich verzichten hätte können. Manchmal, in stillen Momenten, packte es mich: Ich bin gerade einmal einundzwanzig, habe meine todkranke Mutter gepflegt und bin nun das letzte lebende Mitglied meiner Familie, die letzte Blaze, aber ich fühle mich nicht erwachsen, trotz allem. Heute Abend noch weniger als sonst.

Lilly Blaze - In Love

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