Читать книгу Ein kleines, leichtes Glück - Adi Hübel - Страница 8

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4. Ein Königreich

Die Leiter vom Dachboden abwärts, gelangte man vom ersten Stock dann über die Stiege hinunter, durch eine Schwingtüre in den Eingangsraum, der direkt unter der oberen Küche lag. Ab dem ersten warmen Sommertage stand die Eingangstüre tagsüber immer offen, wurde auch in der Nacht nicht verschlossen.

Der Aufenthalt im Haus, nur bis zum ersten Stockwerk aus Stein erbaut, war im Sommer hier unten erträglich. Der zementierte Fußboden kühlte die nackten Füße und machte die Kinder bei längerem Spielen im Dämmer frösteln. Die Räumlichkeiten waren gleich angeordnet wie oben: eine Stube, ein Schlafzimmer, eine Kammer, in der ab einem für Katharina nicht mehr erinnerbarem Zeitpunkt ein Onkel Hans, ein sogenannter Wagner von Beruf, sich eine Werkstätte eingerichtet hatte.

Eines ist sicher, es geschah das Wunder, dass Kathi mit sechs Jahren zum ersten Mal auf eigenen Schiern stand, die der Onkel für sie angefertigt hatte. Überwältigend und unfassbar damals der Gedanke, etwas zu besitzen, das vor ihr noch niemand besessen hatte, etwas Neues, Ganzes, ohne einen Flicken, etwas nur für sie alleine.

Durch die schwere Eingangstüre hinaus in den Garten. Vom Eingang weg führte ein Mittelweg zwischen den Beeten hindurch zu einer kleinen Grasfläche, zu einer Bank unter Sträuchern. Der schmale Weg war, um die Beete zu schützen, entlang des Hauses und des Mittelganges durch einen einfachen Zaun aus Pflöcken und Brettern begrenzt, auf dem die Kinder sitzen und sich schaukeln konnten.

Zurückblickend gewahrte man, dass der obere Teil des Hauses und der Anbau, in welchem der Abort lag, aus Holz errichtet und mit längs geschnittenen Brettern geschützt war, in den Jahren verwittert zu tiefem Grau. Ein kräftiger Spalierbaum, im Herbst mit riesigen, goldgelben Birnen behangen, der Stolz des Großvaters, breitete sich über die Südfront des Hauses. Rundum leuchtete braunrot bis zur halben Höhe aufgeschichtetes Holz, links der Eingangstüre stand der Brunnen.

Tag und Nacht floss hier Wasser, verursachte das immer gleiche dünne Rauschen. Trog und Wasserröhre aus einem dicken Baumstamm gehöhlt, verrotteten langsam und stetig im Laufe der Jahre. Am Brunnen konnten die Kinder spielen, den Abfluss verstopfen, Überschwemmungen verursachen, an heißen Sommertagen sich in den Trog setzen, sich und andere untertauchen. Selbst im Winter versiegte die Quelle nicht. Auch dann lief das Wasser beständig, wenn auch dünner und zaghafter, in harten Wintern erstarrt zu einer Kaskade von Eiszapfen. Es war die einzige Wasserstelle des Hauses. Die Erwachsenen schöpften mit Eimern das im Inneren des Hauses benötigte Wasser und auch die Kinder schleppten mit kleinen Gefäßen hilfreich Wasser ins Schaff. Riesige Holunderbüsche überschatteten den Brunnen, aus deren weißen Blütendolden die Großmutter in heißem Schmalz herrlich schmeckende Küchlein backte und deren Beeren zu Marmeladen und Saft gekocht, manche Erkältung kurierten.

Dann das kleine Viereck der Tiere: eine winzige Hütte für einige Hühner, ein paar Hasenställe an der Wand. Die an das Rasenstück angrenzende kleine Wiese war umzäunt mit einem Lattenzaun, das kleine Reich eines Arbeiters eng umschließend. Gering an Ausmaßen, war es doch, überquellend von Blüten und Farben, für Katharina ein Königreich.

Ein kleines, leichtes Glück

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