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PROLOG

Es war eine dunkle, sternenklare Nacht.

Wind wirbelte Blätter am Boden des Waldes auf und trug sie hinauf zu den Baumkronen. Die Luft war angenehm kühl, dunkle Schatten spiegelten sich auf der Oberfläche eines kleinen Waldsees. Das Wasser war schwarz und so tief wie ihre Verzweiflung.

Sie lag in der Hütte neben dem See. Eine alte, kleine Wanderhütte. Sie hatte Mühe, den Schmerzen zu trotzen, die aus ihrem Unterleib aufstiegen. Immer wieder wurde sie von Krämpfen heimgesucht, die ihren gesamten Körper erzittern ließen. Und der einzig klare Gedanke, den sie in jener Nacht fassen konnte, war, dass er sie verlassen hatte.

Er hatte sich gegen sie und ihr gemeinsames Kind und stattdessen für sein Volk entschieden.

Nun war sie allein, vollkommen hilflos in dieser Hütte, irgendwo im tiefen Wald.

Eine Wehe ließ sie erneut zusammenfahren und sie krallte sich mit der Hand an einem freistehenden Stuhl fest. Es brannte höllisch. Sie konnte kaum noch klar sehen, die dunklen Umrisse des Raums verschwammen vor ihren Augen.

Plötzlich hörte sie draußen Schritte, die über das kiesige Ufer zur Hütte rannten, in der sie lag. Panik lähmte ihre Glieder.

Sie hatte doch alles extra vorbereitet. Keiner durfte bei der Geburt dabei sein. Keiner durfte das Kind sehen! Keiner durfte seine Augen sehen, sonst wäre alles verloren!

Die einfache Holztür wurde aufgestoßen und eine schmale Gestalt trat ein.

Sie trug einen langen Mantel und das schwarze Haar fiel ihr ins Gesicht. ,,Ozea?“, krächzte die Gebärende. Die Gestalt senkte nur den Kopf und trat neben sie. Sie schob einen ihrer langen, dünnen Arme unter dem Mantel hervor und tastete nach ihrem Bauch.

„Es kommt“, murmelte sie.

Ihre Augen lagen unter den dunklen Wimpern verborgen, doch dann hob sie die Lider und ihre efeugrüne Iris kam zum Vorschein. Die Gebärende zuckte zusammen, als sie erneut eine Wehe durchfuhr.

Ozea hatte recht, das Kind würde in wenigen Augenblicken kommen.

Ihr wurde die Luft aus den Lungen gepresst. Ihre Kehle war staubtrocken und jeder Atemzug brannte im Rachen. Sie hielt die Luft an und tat alles Mögliche, um ihr Kind endlich zu sehen, es in den Armen zu halten.

Ozea nahm den kleinen Körper entgegen und wickelte ihn in ein Tuch. Sie murmelte beruhigende Worte, während die erschöpfte Mutter langsam wieder Luft bekam.

Ozea übergab ihr das Kind und sie hielt es in den Armen, wie sie sich es vorgestellt hatte. Es war ein wunderschönes Kind.

Dann legte Ozea den Mantel ab, sie wusste, was das bedeutete. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

„Du darfst uns nicht verraten. Ozea bitte, wir sind verloren“, flehte sie.

Die Dunkelhaarige sah sie aus schmalen Augen an, das helle Grün hatte sich verfinstert. Sie nahm das Kind wieder an sich und betrachtete es eine Weile.

Sie sog scharf die Luft ein.

Mit zitternden Fingern gab sie der Mutter ihr Kind zurück.

„Warum gibst du ihm keinen Segen?“, fragte diese ängstlich, obwohl sie es längst wusste.

Ozeas Blick war flüchtig. „Es sind die Augen deines Kindes. Sie sind nicht so, wie sie sein sollten, und das weißt du. Sie werden es jagen und sie werden es bekommen. Auch wenn du es beschützen willst, du wirst es niemals wie ein normales Kind behandeln können.“

Ozea zog die schwarzen Brauen zusammen. „Hüte es, solange du kannst. Liebe es, so sehr du nur kannst, denn eure gemeinsame Zeit ist begrenzt, das weißt du so gut wie ich. Sie werden es herausfinden, früher oder später finden sie jeden.“

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