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Die Sprache des Gebets
ОглавлениеWährend ich dies schreibe, hat Kate gerade zwei Drittel ihres ersten Jahres als Lehrerin für Tanz und Choreografie an einer katholischen Oberschule in Newcastle upon Tyne hinter sich. Kurz nach dem Beginn ihres Schuljahres fragte sie mich, ob ich ihr bei einem Beitrag zu einer Veranstaltung helfen könne. Thema war das Problem, durch Gruppendruck auf Abwege geführt zu werden. Zu der Präsentation sollte ein Gebet gehören, das eine ihrer Schülerinnen vortragen und das für alle verständlich sein sollte. Nachdem ich das folgende Gebet verfasst hatte, merkte ich, dass ich in meinem Bemühen um Worte und Sätze und Gedanken, die junge Leute ansprechen könnten, tatsächlich etwas geschrieben hatte, was eigentlich jeder Mensch sich ohne Weiteres aufrichtig zu eigen machen könnte.
Warum brauche ich so lange, um solche Lektionen zu lernen? Vor Jahren, als ich mit Kindern unterschiedlichen Alters in einer Heimsituation arbeitete, rief ich alle Kinder zusammen, um über ein kleines Transistorradio (kennen Sie die noch?) zu sprechen, das aus dem Mitarbeiterbüro entwendet worden war. Ich war mir absolut sicher, dass dieses »schwere« Verbrechen von einem unserer Jüngsten, einem achtjährigen Jungen namens Richard, verübt worden war. Dementsprechend achtete ich bei meiner Ansprache an die Gruppe darauf, dass mein Tonfall und meine Wortwahl sorgfältig auf diese Altersgruppe abgestimmt waren.
»Also«, sagte ich, wobei ich es vermied, Richard direkt anzusehen, und mich anhörte wie eine etwas strengere, aber warmherzig großmütterliche Version von Inge Meysel (kennen Sie die noch?), »ihr fragt euch sicher, warum ich euch alle zusammengerufen habe. Leider muss ich euch sagen, dass irgendjemand – irgendjemand – das kleine schwarze Radio aus dem Büro genommen hat, und ich glaube, die betreffende Person weiß, von wem ich spreche.« Ich machte eine eindrucksvolle Pause. »Ich möchte also, dass diese Person Folgendes tut: Sobald diese Versammlung beendet ist, möchte ich, dass du losgehst und das Radio von dort holst, wo du es versteckt hast, und es dann zu mir bringst und dich entschuldigst. Dann werden wir kein Wort mehr darüber reden. Wenn du das aber nicht tust – nun, dann werde ich zu dir kommen, und ich kann dir sagen, dass ich sehr, sehr böse sein werde. Sehr böse! Und das wird dir bestimmt nicht gefallen, oder?«
Schweigend defilierten sie hinaus, und zehn Minuten später klopfte es leise an der Bürotür. Herein stolperte ein hartgesottener achtzehnjähriger Junge namens Russ mit verlegener Miene und einem kleinen schwarzen Radio in der Hand. Meine Ansprache hatte gewirkt. Der richtige Todesfall, die richtige Wortwahl, der falsche Verdächtige. Hätte ich Russ für den Schuldigen gehalten, so hätte ich ihn nicht über eine öffentliche Versammlung zur Rede gestellt, und auf keinen Fall hätte ich eine so simple Methode angewandt.
Vielleicht gibt es für unsere Versuche zu beten etwas Ähnliches zu lernen. Ich mag viele liturgische Gebete einfach deswegen, weil ich schön geschriebene Prosa mit Herz liebe. Aber es ist gewiss an der Zeit, uns von dem unbeholfenen, pseudofrommen Schwachsinn zu befreien, den wir in sogenannten offenen Gebetsgemeinschaften hinausblöken. Gott muss es ziemlich enttäuschend finden, dass auf die angeregtesten Diskussionen unter Christen häufig eine Gebetszeit folgt, in der an die Stelle normaler, herzlicher Kommunikation trübe Mantren und formelhafte Bitten treten, vorgetragen in künstlicher, leicht sonderbarer Sprache.
Es erfordert natürlich einige Übung, sich in diesem Bereich zu verändern. Abgesehen von allem anderen steht manchen Leuten dabei die meist unausgesprochene Frage im Weg, ob sie überhaupt daran glauben, dass der Gott, zu dem sie sprechen, tatsächlich existiert. Ein trivialer, aber möglicherweise nicht unwichtiger Punkt. Laut zu jemandem zu sprechen, den man nicht sehen kann, ist in dieser Hinsicht eine regelrechte Selbstentblößung.
Jedenfalls werden wir nicht locker lassen mit unseren Versuchen, Gott gegenüber so herzlich und gesprächig zu sein, wie wir es bei unseren Freunden sind, und abzuwarten, was dann passiert. In Matthäus 6 schlägt Jesus vor, dass wir uns in unsere Zimmer zurückziehen, damit wir unter vier Augen mit unserem Vater sprechen können. Gute Idee und ein sehr guter Ort, um sich im Normalsein zu üben.
Dies ist das Gebet, das ich für Kates Mädchen und ihre Schulveranstaltung geschrieben habe.