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Оглавление28. Januar: An der Piazza Navona
Ich verbrachte zwar weniger als achtundvierzig Stunden in Rom, aber in dieser Zeit wurde ich von so vielen Eindrücken überwältigt, dass ich nicht mehr wusste, wo ich war, als ich nach Köln, der Stadt, in der ich seit mehr als zehn Jahren wohne, zurückkam. In meinem Kopf wirbelten noch all die Bilder herum, die ich gesehen hatte, und immer wieder ertappte ich mich dabei, wie meine Gedanken zurückschweiften.
In Rom stiegen wir im Hotel Raphael Largo Febo 2 ab, ganz in der Nähe der Piazza Navona. Das Hotel ist der Wohnsitz eines hohen Regierungsbeamten und wird Tag und Nacht von bewaffneten Einheiten bewacht. In der unmittelbaren Nähe dürfen keine Autos parken - eine Vorsichtsmaßnahme gegen Terroristen.
Mein Zimmer lag im fünften Stock und hatte einen kleinen Wintergarten, der auf einen Balkon hinausführte. Als wir unsere Koffer ausgepackt hatten, machten wir einen kleinen Bummel durch die Piazza Navona und tranken in einem der Cafés dort einen Cappuccino. Die Piazza Navona ist sehr lang und ziemlich eng, und irgend jemand hat mir mal erzählt, dass hier früher Pferderennen stattfanden. Trotzdem fürchte, ich, will ich lieber gar nicht erst anfangen, sie zu beschreiben, vor allem nicht, wie sie bei Nacht aussah, denn sonst würde ich wahrscheinlich nie fertig. Ich will mich deshalb auf ein paar der hervorstechendsten Details beschränken, die meiner Meinung nach für die ganze Stadt repräsentativ sind. Wenigstens für den Teil, den ich gesehen habe. Um es gleich vorwegzunehmen, alles war voller Leben. Hier herrschte keine Museumsatmosphäre; wenn man wollte, konnte man alles anfassen. Die Farbe, die von den Häuserwänden abblätterte, sprach von Zerfall, aber dieser Eindruck machte alles nur umso anziehender, so wie eine Lederjacke immer mehr Charakter kriegt, je öfter man sie trägt. Das wichtigste jedoch war, dass die Piazza einen nicht erdrückte. Am frühen Abend, kurz nach Sonnenuntergang, wenn die Straßenlaternen bereits an, der Himmel jedoch noch nicht ganz dunkel war, war sie am schönsten. Dann strömten die Menschen von allen Seiten herbei wie flüssige Lava. Sie war die Mitte eines Irrgartens, das Zentrum eines Labyrinths, von Straßen und Gassen umgeben, die ineinander übergehen, von Geschichte, Mode, Männern, Frauen und Kindern erfüllt. Kurz: ein Ort, den ich unbedingt wiedersehen will. Man konnte seinem Charme einfach nicht entkommen ...
Capuccino auf der Piazza Navona (Foto: Archiv/Alan Bangs)
Heute morgen, als ich wach wurde, hörte ich als erstes, wie jemand »Smile« pfiff, den Song, den Charlie Chaplin für »Modern Times« komponiert hatte. Ich spitzte die Ohren und lächelte.