Читать книгу Der Finanzwesir - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen. Intelligent Geld anlegen und finanzielle Freiheit erlangen mit ETF und Index-Fonds - Albert Warnecke - Страница 39
ОглавлениеTo build or not to build?
Eine ganz wichtige Entscheidung auf dieser Ebene ist die Frage: Will ich in einer selbst genutzten Immobilie wohnen?
Die Entscheidung für oder gegen eine selbst genutzte Immobilie ist eine Weichenstellung im Leben. Es ist die größte finanzielle Entscheidung, die die meisten von uns jemals treffen und deren Folgen einen jahrzehntelang begleiten werden. Für die meisten Leser dürfte die Entscheidung für eine Immobilie gleichzeitig die Entscheidung gegen ein Aktien-Depot sein.
Der Weg zur eigenen Immobilie
Wer ein Haus kaufen oder bauen will, hat meist einen Zeithorizont von weniger als zehn Jahren. Man will ja das Haus nicht als Oma und Opa bewohnen, sondern als junge Familie. Da heißt es, möglichst viel Eigenkapital anhäufen. Jeder Euro an Eigenkapital verbessert die Konditionen bei der Bank. Die besten Konditionen kriegt der, der das Haus eigentlich bar bezahlen könnte; niedrige Schuldzinsen wiederum verbessern die Rendite.
Wie aber kommt man zu Eigenkapital? Man spart wie verrückt und versucht, möglichst oft eine Gehaltserhöhung zu bekommen. Das gesparte Geld wird sicher auf einem Tages- oder Festgeldkonto verwahrt, denn man muss zum Zeitpunkt X eine genau definierte Summe zur Verfügung haben. Planbarkeit schlägt Rendite. Solange man die Inflation schlägt, ist alles gut. Wertpapiere (Aktien, ETFs, Fonds) können das nicht leisten. Deshalb: Börsenverbot, denn zum Tag X soll die Summe Y garantiert verfügbar sein. Alles unter zehn Jahren Haltedauer ist in meinen Augen Spekulation.
Es ist ein Unterschied, ob Sie zur Bank gehen und sagen können: Ich will bauen und habe 70.000 € auf dem Tagesgeldkonto, welche Konditionen kriege ich? oder ob Ihr ETF-Depot zur Zeit 70.000 € wert ist. Die 70.000 € Tagesgeld wird Ihnen die Bank voll als Eigenkapital anrechnen, das ETF-Depot vielleicht zu 30-50 Prozent.
Dazu kommt: Man zahlt eine Immobilie nicht nebenbei ab. Wertpapier-Depot + Immobilienkreditschulden = Spekulation auf Kredit an der Börse. Das ist ein absolutes No-Go für jeden seriösen Anleger! Man versucht unter allen Umständen, die Immobilie schuldenfrei zu bekommen, weil man nur so seine Handlungsfähigkeit wiedererlangt.
Schuldentilgen hat das beste Risiko/Rendite-Verhältnis. Das Risiko ist gleich null und da Schuldzinsen höher sind als Guthabenzinsen, ist die Rückzahlungsrendite höher als die Rendite, die man mit Tages- oder Festgeld erwirtschaftet (ebenfalls null Risiko).
Der Weg als Mieter
Während der Hausbesitzer in spe einen Zeithorizont von maximal 10 Jahren hat, kann ein Mieter 30-40 Jahre lang alle Börsenstürme aussitzen. Deshalb kann er – im Rahmen seiner Risikotoleranz – in Wertpapiere investieren und von der höheren Rendite profitieren. Wenn er dann aber doch auf einmal eine Immobilie haben will, kann es sein, dass sich sein Depot gerade in südlichen Gefilden befindet und arg geschrumpft ist.
Gibt’s denn keinen Kompromiss?
Nein, ich sehe da keinen Kompromiss. Die beiden Wege sind zu unterschiedlich und nur, wer sich konsequent für einen Weg entscheidet, kann auch wirklich von den Vorteilen der jeweiligen Entscheidung profitieren.
Welcher Weg der bessere ist? – Keiner! Beide haben ihre Tücken und ihre Vorteile. Es bringt auch nichts, darüber zu diskutieren, denn zu jedem Pro gibt es ein Kontra. Es ist eine typische Lebensstil-Entscheidung.
Nicht so schlau ist es, mitten im Rennen die Pferde wechseln: Wer eigentlich immer eine Immobilie wollte, dann aber mit Mitte 40 feststellt, dass das doch nichts wird mit einer Familie, verliert 15 Jahre Börsenwachstum und Zinseszins. Wer dagegen auf die Börse setzt und nun auf einmal feststellt, dass er in drei Jahren bauen möchte, muss voll auf die Notbremse treten und verkaufen. Mit etwas Glück stehen die Aktien zu diesem Zeitpunkt gerade gut, mit etwas Pech aber eben nicht. (Hinweis: In so einer Situation einen Kredit für die Immobilie aufzunehmen, um abzuwarten, bis sich die Kurse wieder erholt haben, ist eine katastrophal schlechte Idee.)
Die Themen eigenes Haus und eigene Kinder hängen nicht umsonst eng zusammen. Beide sind weichenstellend und man bindet sich auf Jahrzehnte. Bevor diese beiden Punkte nicht geklärt sind, können Sie nicht konsequent einen der beiden Wege einschlagen, sondern müssen eine Sowohl-als-auch-Strategie verfolgen.