Читать книгу Der Finanzwesir - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen. Intelligent Geld anlegen und finanzielle Freiheit erlangen mit ETF und Index-Fonds - Albert Warnecke - Страница 40

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So machen Sie es besser

Nehmen Sie Bleistift und Papier und verschließen Sie Ihre Ohren vor den Sirenengesängen der Finanzindustrie und der Medien. Hören Sie nur auf sich und die Menschen, die Ihnen nahestehen. Ihre persönliche Situation entscheidet. Was erwarten Sie in den nächsten 5, 10 oder 20 Jahren vom Leben?

Sie sind ein kinderloser Single, der einen recht sicheren Arbeitsplatz hat, ein dem Einkommen angemessenes Leben führt und dazu noch als Einzelkind ein Haus samt Grundstück als Erbe zu erwarten hat? Müssen Sie sich dann noch großartig um das Thema Börse kümmern?

Sie möchten eine Familie gründen und ein Haus kaufen? Wie wollen Sie das schaffen, wenn Sie auf ein Einkommen verzichten müssen?

Sie wollen spätestens mit 40 aus dem klassischen Berufsleben ausscheiden? Wie schaffen Sie eine Sparquote jenseits der 50 Prozent?

Es ist Blödsinn jetzt einen Zwanzigjahresplan aufzustellen. Das klappt ja schon mit Fünfjahresplänen nicht. Aber so ganz grundsätzlich ist zu klären, ob Sie sich ab 60 auf Enkel und Garten freuen oder darauf, dass Sie als Single tun und lassen können, was Sie wollen.


Checkliste Anlagepolitik

Machen Sie sich klar: Was sind meine nie hinterfragten Gewohnheiten und Glaubenssätze in Bezug auf Geld? Diese Glaubenssätze stecken ganz tief in Ihnen drin. Sie müssen sich entscheiden:

 Sind diese Glaubenssätze positiv und als Fundament Ihrer Anlagepolitik geeignet oder

 wollen Sie sich von diesen Glaubenssätzen emanzipieren?

Sie können nur Vermögen bilden, wenn Sie selbst es sich erlauben. Solange Sie Geld schmutzig finden und sich für seinen Besitz schämen, wird das nichts mit der entspannten Vermögensbildung.

Wie fang ich’s an?

Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Diese Weisheit des Lexikografen Samuel Johnson gilt auch für den Weg zur finanziellen Unabhängigkeit und oft genug sind Umwege erforderlich oder man gerät auf Abwege.

Theoretisch ist die Sache simpel:

1 Bestandsaufnahme

2 Ziel definieren

3 Vermögen bilden

In der Praxis ist das alles nicht so einfach, aber es geht. Der Trick ist: Man darf sich nur ganz wenig vornehmen. Also nicht: Ich mach am nächsten Wochenende die perfekte Finanzplanung für die nächste Dekade (das haben die Russen damals schon mit Fünfjahresplänen nicht hinbekommen), sondern: Ich schreib mal alle Ausgaben der nächsten Woche auf. Wenn dann noch eine gewisse Sturheit dazukommt, die dafür sorgt, dass man am Ende der Woche sagt: Ich verlängere noch mal für eine Woche, dann hat man auf einmal die Ausgaben eines Monats aufgeschrieben und damit schon den ersten Meilenstein erreicht.


Wo bin ich?

Der erste Schritt ist ganz einfach. Erst einmal wie ein guter Arzt eine Bestandsaufnahme machen: Was haben wir an festen Einnahmen (Gehalt, Kindergeld), was an Ausgaben? Diese Bestandsaufnahme ist die Positionsbestimmung und die Basis für sämtliche weiteren Schritte.

Fangen Sie heute an und schreiben Sie Ihre Einnahmen und Ausgaben auf. Das kann per Excel geschehen, aber eine Kladde reicht auch. Ich habe damals als Student meine Ausgaben in ein kleines Büchlein eingetragen. So wusste ich, was ich im Monat ausgegeben hatte. Meine Einnahmen waren damals sehr überschaubar, die hatte ich im Kopf.

Seien Sie genau und gründlich. Eine unvollständige Datenbasis ist unbrauchbar. Seien Sie aber nicht zu genau und zu gründlich. Ich habe einmal den Fehler gemacht, sämtliche Kassenzettel zu sammeln und hatte dann die Kategorien Einkauf/REWE, Einkauf/EDEKA, Einkauf/ALDI … Eine supergenaue Erfassung, aber brutal arbeitsaufwendig. Das Ende vom Lied: Ich habe genervt aufgegeben. Jetzt stelle ich es schlauer an: Sämtliche Einkäufe, die das tägliche Leben betreffen – also Lebensmittel, Drogerie- und Apothekenartikel – kommen in eine Kategorie.

Der Trick ist: So arbeitssparend wie möglich, aber so genau wie nötig. So eine Bestandsaufnahme braucht Zeit, bevor sie aussagekräftig wird. In diese Summe X für diese Position ausgeben?

Wo will ich hin?

Der nächste Schritt ist die Formulierung von Zielen. Zum Beispiel:

 Ich möchte finanziell unabhängig werden. Das bedeutet: Ich möchte nur noch Arbeiten ausführen, die mir wichtig sind, und dabei mit Menschen zusammenarbeiten, die ich respektiere.

 Ich möchte eine Immobilie erwerben und mindestens über 100.000 € Eigenkapital verfügen, da ich dann besonders günstige Kreditzinsen erhalte.

 Ich möchte mich in zehn Jahren selbstständig machen und brauche dazu ein Eigenkapital von 50.000 €.

 Ich möchte eine Familie gründen und dann zu Hause bleiben und mich um die Kinder kümmern.

Ganz wichtig: All diese Ziele definieren das Lebensglück.

Für die ersten beiden Schritte brauchen Sie keinen Versicherungsmakler und keinen Finanzberater. Menschen, die Ihnen nahestehen, sind hier viel wichtiger. Über Geld zu reden, bedeutet zuerst einmal, über Wertvorstellungen und Lebensziele zu reden. Persönlich-philosophisch hilft mehr als nüchternes Kalkulieren.

Seien Sie vor allem ehrlich zu sich selbst. Was wollen Sie vom Leben und warum? Weil Sie es wollen oder weil Sie vermuten, dass der Nachbar Sie sonst scheel ansieht?

Es wird ja oft empfohlen, aber muss man seine Ziele aufschreiben? Keine Ahnung, ich hab’s nicht gemacht, aber vielen Leuten scheint es zu helfen.

Erst im dritten Schritt geht es konkret um Kapitalanlagen und Versicherungen.

Der Weg ins finanzielle Glück mit der Muli-Strategie

Die Schulden müssen weg, dann Vermögen aufbauen … Auf dem Papier klingt das alles ganz lässig: Hopp, hopp, hopp – Bestandsaufnahme, Ziel definieren, Vermögen bilden und fertig ist die Laube.

Die Praxis ist leider etwas schmutziger:

Antworten Sie auf die Frage nach Ihrer Altersvorsorge so was wie: Ich habe einen Bausparvertrag – mein Arbeitgeber hat irgend so eine betriebliche Altersvorsorge, da sollen wir alle mitmachen, hat die Tante vom Personalbüro gesagt. Das wird direkt vom Gehalt eingezogen, der Arbeitgeber tut auch was dazu, aber frag mich nicht, wie viel. Dann liegt noch was auf’m Tagesgeldkonto rum, aber die Zinsen sind ja auch nicht so der Burner. Vielleicht sollte ich mal so einen dieser Tagesgeldvergleiche im Internet runterladen? Aber man kommt ja zu nix heutzutage. Nach der Arbeit hab ich keine Lust mehr und am Wochenende will man ja auch mal freihaben. Besteht der Garten Ihrer Finanzen nicht aus sorgfältig gepflegten Beeten und wachstumsstarker Zinspflänzchen, sondern ist mehr so Kraut und Rüben? Tja dann …

Ich möchte Ihnen einen Mentaltrick präsentieren, mit dem Sie das Naturwüchsige Ihrer Finanzen in den Griff kriegen. Aber Achtung: Dieser Abschnitt ist ziemlich lang und mäandert munter durch die Gegend. Bis kurz vor knapp werden Sie sich fragen: Und was hat das nun mit meinen privaten Finanzen zu tun? Ich verspreche Ihnen: Es wird, aber nicht in 140 Zeichen.

Bier und Salzgebäck oder eine Tasse Kaffee am Start? Dann fangen wir mal an:

Es begab sich zu der Zeit, als die Kinder des Finanzwesirs noch klein waren und man deshalb Familienurlaub auf dem Bauernhof ums Eck machte. Die Finanzwesirin musste aus beruflichen Gründen am Montag noch einmal schnell ins Büro und fuhr deshalb zurück nach Hause, um sich passend einzukleiden: raus aus den Freizeitklamotten, rein in die Businesskleidung und noch schnell in den Keller, die Schuhe aufpolieren.

KREISCH!

Kellertür blitzschnell zugeschlagen. Wieder vorsichtig geöffnet.

ENTSETZEN! DA IST WASSER IM KELLER! VIEL WASSER! WIESO IST WASSER IM KELLER? WASSER GEHÖRT NICHT IN DEN KELLER!

Kurze Zwischenfrage: Was hat ein gefluteter Keller mit meinen privaten Finanzen zu tun? Antwort: Abwarten, kommt noch. Erst klären wir die Frage, was den Keller überschwemmt hat.

Am Wochenende ging ein mächtiges Gewitter über unserem Stadtteil nieder. In der Tagesschau redeten sie von einem Jahrhundertunwetter und die BILD krähte: Die Sintflut war da. Das Gewitter hatte die Kanalisation gründlich überfordert, die daraufhin den Rückwärtsgang einlegte und die Mischung aus Ab- und Regenwasser in die Häuser drückte.

Unser Bonusproblem: Wir waren erst vor Kurzem eingezogen und mit zwei kleinen Kindern macht man nicht den Keller schön, sondern sagt den Umzugshelfern: Geht in die Fläche und stellt den ganzen Kram einfach auf den Boden. Regale sind eh total überbewertet.

Die Finanzwesirin sah sich einem stinkenden Chaos aus durchgeweichten Kartons, abgesoffenen Werkzeugkisten und womöglich funktionsuntüchtigen Elektrogeräten (Waschmaschine, Trockner, Kühlschrank) gegenüber.

Fünf Kellerräume mit Beton- oder Fliesenboden, ein Kellerraum mit Teppich. – Würde das auch als drastische Beschreibung Ihrer persönlichen Finanzen durchgehen, lieber Leser?

Warum war die Finanzwesirin so entsetzt? Ganz einfach weil ihr in diesem Augenblick durch den Kopf ratterte, was das Hochwasser schlimmstenfalls bedeuten konnte:

1 Was ist, wenn die Waschmaschine kaputt ist?

2 Woher bekommen wir eine neue?

3 Was ist, wenn der Händler die versprochene Lieferzeit nicht einhalten kann? Dann muss ich die Wäsche in die Wäscherei geben. a) Nehmen die auch Kinderwäsche? b) Wenn die Kinderwäsche nehmen, wird die dann auch so gewaschen, dass das der zarten Kinderhaut nicht schadet? Wenn nicht, muss ich eine neue Waschmaschine kaufen. a) Was ist, wenn die Maschine dann geliefert wird, aber nicht richtig funktioniert …

Ich höre dann mal auf. Das Prinzip ist dank des Beispiels mit meiner Frau hoffentlich klar geworden. Bei einem Computer würden jetzt die Schaltkreise schmelzen: System overload! Tür zu und nix wie weg.

Kennen Sie dieses Gefühl, wenn Sie Ihre persönlichen Finanzen betrachten? Jetzt kommt mein Auftritt: Die Muli-Strategie.

Muli? Ja, Muli – kennen Sie doch aus dem Western: stoisches Viech, trottet im Allgemeinen durch die staubige Sierra. Ich habe mich weniger für die Gesamtsituation interessiert, sondern einfach mal die sechs Türen ausgehängt und in die Garage zum Trocknen gebracht. Sechs Wabenkerntüren wiegen nicht viel und sind in 30 Minuten raus. Ein türenloser Keller sieht schon richtig nackt aus. Der erste optische Erfolg.

Wichtig: Auch weiterhin nicht weiter als bis zur eigenen Nasenspitze denken!

Als Nächstes kam das Kabuff unter der Treppe dran: Vier Plastikbottiche, die höher waren als die Flut. Raus damit und nach 50 Minuten hieß es: Victory! Der erste Raum ist leer.

Victory? Na ja, ist das nicht eher Selbstbetrug? Wenn man doch nur mal den Teppich im Kellerraum links betrachtet … Tja, das Muli hat aber Scheuklappen auf und trottet stumpf und hirnlos zwischen Keller und Garage hin und her. Das Muli sieht das Elend nicht, sondern nur den nächsten Karton im nächsten Kellerraum.

Ein Karton ist nur ein Karton. Einen Karton in die Garage zu tragen ist wirklich keine Heldentat, das kann jeder. Und danach noch einen, und danach noch einen …

So habe ich mich zwei Tage durch den Keller gewühlt. Dann hatte ich gewonnen.

Und was hat das jetzt mit meinen Finanzen zu tun?

Die Muli-Strategie hilft auch hier: Ihre Finanzen überfordern Sie, Geldanlage ist ein gordischer Knoten? Nun, dann geben Sie Ihrem Gehirn doch einfach mal frei und tragen Sie Ihre Besitztümer zusammen. – Nicht vom Keller in die Garage, sondern vom Aktenordner in eine Excel-Tabelle.

Ich habe hier eine Datei, die heißt gesamtüberblick.xls und ist ein halbes Megabyte groß. 2008 habe ich angefangen. Damals hatte die Datei nur einen Reiter, mittlerweile sind es 20 geworden. Ich habe ganz winzig angefangen und unter der Überschrift Kontenliste im August 2008 aufgeschrieben, bei welcher Bank wir welches Konto haben und was da so drauf ist. Das lässt sich prima in zwei Stunden erledigen. Dann hat man die Sache aber auch schon schick formatiert. Das ist meine persönliche Schwäche. Die Zahlen sind gleich drin, aber dann muss das noch ein bisschen aufgehübscht werden. Damit wäre dann der erste Raum fertig.

Der nächste Raum wären dann die Versicherungen. Welche habe ich, was kosten die mich? Ganz wichtig: Scheuklappen auflassen! Immer Muli bleiben. Nicht schon beim Erfassen der Konten auf die Versicherungen schielen! Damit macht man sich nur verrückt.

Denn: Die Waschmaschine war voll okay, der hat die Flut nichts ausgemacht.


Unseren Finanzen hat die Muli-Strategie sehr gutgetan.

Der Finanzwesir - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen. Intelligent Geld anlegen und finanzielle Freiheit erlangen mit ETF und Index-Fonds

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