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Pascal Bruno
IX

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Am ersten Mai 1805 war ein Fest auf dem Schloss Castelnuovo; Pascal Bruno war guter Laune, und gab einem seiner guten Freunde, Namens Placido Meli, einem ehrbaren Schmuggler aus dem Dorfe Gesso, und zwei Mädchen, welche dieser letztere von Messina in der Absicht mitgebracht hatte, eine vergnügte Nacht zuzubringen, ein Abendessen. Diese freundschaftliche Aufmerksamkeit hatte Bruno innig gerührt, und um nicht an Artigkeit gegen einen so vorsorglichen Kameraden zurückzubleiben, hatte er es übernommen, der Gesellschaft die Ehre seines Hauses zu erzeigen, dem zu Folge waren die besten Weine von Sizilien und Calabrien aus den Keller, der kleinen Feste heraufgeholt, die ersten Köche von Bauso angenommen, und all dieser seltsame Luxus, in welchem sich der Held unserer Geschichte zuweilen gefiel, für diese Veranlassung entfaltet.

Das Gelage war teufelmäßig im Zuge, und dennoch waren die Tischgenossen erst an dem Anfange des Mittagessens, als Ali eintrat und Placido ein Billet eines Bauern von Gesso überbrachte. Placido las es, und indem er das Papier zornig zwischen seinen Händen zerrieb, rief er aus:

– Bei Christi Blut! er hat seine Stunde gut gewählt!

– Wer das, Gevatter? sagte Bruno.

– Bei Gott! Der Kapitän Luigi Cama von Villa-San-Giovanni.

– Ah! sagte Bruno, unser Rumlieferant?

– Ja, antwortete Placido; er lässt mir melden, dass er sich an dem Strande befindet und dass er eine ganze Ladung hat, deren er sich zu entledigen wünscht, bevor die Douaniers seine Ankunft erfahren.

– Die Geschäfte vor Allem, Gevatter, sagte Bruno. Ich werde Dich erwarten, ich bin in guter Gesellschaft, und sei unbesorgt, wenn Du nicht zu lange ausbleibst, so wirst Du von alledem wiederfinden, was Du zurücklässt, und mehr, als Du davon nehmen kannst.

– Es ist die Sache einer Stunde, erwiderte Placido, indem er sich in die Gründe seines Wirtes zu fügen schien; das Meer ist fünf Hundert Schritte weit von hier.

– Und wir haben die ganze Nacht, sagte Pascal.

– Guten Appetit, Gevatter.

– Glückliche Reise, Meister.

Placido entfernte sich, Bruno blieb allein mit den beiden Mädchen, und, wie er es seinem Gast versprochen hatte, litt die Fröhlichkeit des Abendessens durchaus nicht durch diese Abwesenheit; Bruno war liebenswürdig für zwei, und das Gespräch und die Pantomime begann eine höchst lebhafte Wendung zu nehmen, als die Tür aufging und eine neue Person eintrat, Pascal wandte sich um und erkannte den maltesischen Kaufmann, von welchem wir bereits mehrere Male gesprochen haben, und von dem er einer der besten Kunden geworden war.

– Ah! bei Gott! sagte er, seien Sie willkommen, besonders wenn Sie Serailpastillen, Tabak von Latakis und Schärpen von Tunis mitbringen; hier sind zwei Odalisken, welche erwarten, dass ich ihnen das Taschentuch zuwerfe, und es wird ihnen eben so lieb sein, dass es mit Gold gestickt ist, als wenn es von einfachem Mousselin wäre. Apropos, Ihr Opium hat Wunder getan.

– Es freut mich, antwortete der Maltheser, aber in in diesem Augenblicke komme ich wegen anderer Sachen, als meinem Handel.

– Du kommst zum Nachtessen, nicht wahr? Dann setze Dich dorthin, und sei ein zweites Mal willkommen; das ist ein königlicher Platz, einer Flasche gegenüber und zwischen zwei Mädchen.

– Euer Wein ist vortrefflich, ich bin überzeugt davon, und diese Damen scheinen mir liebenswürdig, antwortete der Maltheser, aber ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen.

– Mir?

– Ihnen.

– Sag.

– Ihnen allein.

– Dann auf morgen die Mitteilung, mein würdiger Kommandeur.

– Ich muss Sie auf der Stelle sprechen.

– Dann sprich vor Allen; es ist hier Niemand zu viel, und wenn ich mich wohl befinde, so ist es mein Grundsatz, mich nicht stören zu lassen, handelt es sich auch um mein Leben.

– Gerade um dieses handelt es sich.

– Bah! sagte Bruno, indem er die Gläser füllte, es gibt einen Gott für die rechtschaffenen Leute. Auf Deine Gesundheit, Kommandeur. – Der Maltheser leerte sein Glas. – Es ist gut! jetzt setze Dich und predige, wir hören Dir zu.

Der Kaufmann sah wohl, dass er sich in die Laune seines Wirtes fügen müsste, er gehorchte ihm dem zu Folge.

– So ist es recht, sagte Bruno, und jetzt, was gibt es?

– Sie wissen, fuhr der Maltheser fort, dass die Richter von Cavaruso, von Spadafora, von Bouso, von Saponara, von Divicto und von Romita verhaftet Worden sind.

– Ich habe so etwas sagen hören, sagte Pascal Bruno nachlässig, indem er ein volles Glas Wein von Morsalla leerte, welcher der Madera Siziliens ist.

– Und Sie wissen die Ursache dieser Verhaftung?

– Ich denke sie mir; ist es nicht, weil der Fürst von Carini, übler Laune darüber, dass seine Geliebte sich in ein Kloster zurückgezogen hat, findet, dass sie zu viel Langsamkeit und Ungeschicklichkeit auf die Verhaftung eines gewissen Pascal Bruno verwenden, dessen Kopf drei Tausend Dukaten wert ist?

– Ganz recht.

– Sie sehen, dass ich von dem unterrichtet bin, was vorgeht.

– Indessen ist es möglich, dass es gewisse Dinge gibt, die Sie nicht wissen.

– Gott allein ist groß, wie Ali sagt; aber fahren Sie fort, und ich werde meine Unwissenheit gestehen, ich wünsche Nichts mehr, als mich zu unterrichten.

– Wohlan! die sechs Richter haben sich versammelt, und haben jeder fünf und zwanzig Unzen zusammengelegt, was Hundert und fünfzig macht.

– Oder auch, antwortete Bruno immer mit derselben Sorglosigkeit, achtzehn Hundert und neunzig Livres. Sie sehen, dass wenn ich meine Bücher nicht pünktlich führe, es nicht deshalb geschieht, weil ich nicht rechnen kann . . . weiter?

– Nachher haben sie diese Summe zwei oder drei Leuten anbieten lassen, welche sie als Ihren gewöhnlichen Umgang kennen, ob sie ihnen helfen wollten, Sie gefangen zu nehmen.

– Mögen sie anbieten; ich bin fest überzeugt, dass sie auf zehn Meilen in der Runde keinen Verräter finden werden.

– Sie irren sich, sagte der Maltheser, der Verräter ist gefunden.

– Ah! äußerte Bruno, indem er die Stirn runzelte und die Hand an seinen Dolch legte, und woher weißt Du das?

– O! mein Gott, auf die einfachste und natürlichste Weise, ich war gestern in Messina bei dem Fürsten von Carini, der mich hatte rufen lassen, um türkische Stoffe zu kaufen, als ein Bedienter ihm ein paar Worte ins Ohr sagte. – Es ist gut, antwortete der Fürst laut, er möge eintreten. – Er gab mir nun einen Wink, in ein Kabinett zu treten, ich gehorchte, und da er durchaus nicht ahnete, dass ich Sie kenne, so hörte ich die Unterhaltung, welche Sie betraf.

– Ja, nun denn?

– Nun denn! der Mann, den man meldete, war der Verräter; er machte sich anheischig, die Thor Ihrer Feste zu öffnen, sie ohne Verteidigung zu überliefern, während Sie zu Nacht äßen, und selbst die Gendarmen bis in Ihren Speisesaal zu führen.

– Und kennst Du den Namen dieses Mannes? sagte Bruno.

– Es ist Plaeide Meli, antwortete der Maltheser.

– Gottes Blut! rief Pascal die Zähne knirschend aus, er war so eben hier.

– Und er ist ausgegangen?

– Einen Augenblick, bevor Sie kamen.

– Dann holt er die Gendarmen und die Compagnieen; denn so viel ich urteilen kann, waren Sie mit dem Abendessen beschäftigt.

– Du siehst es.

– Ganz recht. Wenn Sie fliehen wollen, so ist kein Augenblick zu verlieren.

– Ach fliehen! sagte Bruno lachend. Ali! . . .Ali! . . . – Ali trat ein. – Verschließe das Thor des Schlosses, mein Sohn, laß drei meiner Hunde in dem Hofe los, laß den vierten, Lionna, heraufkommen . . . und mach die Munition zurecht. – Die Frauen stießen Geschrei aus. – O! schweigt, meine Göttinnen, fuhr Bruno mit befehlender Gebärde fort, es handelt sich hier nicht darum, zu singen; still, und geschwind, wenn es beliebt. – Die Frauen schwiegen. – Leiste diesen Damen Gesellschaft, Kommandeur, fügte Bruno hinzu, was mich anbetrifft, so muss ich meine Runde machen.«

Pascal nahm seine Büchse, schnallte seine Patronentasche um und schritt auf die Thür zu, aber in dem Augenblicke, als er die Schwelle betreten wollte, blieb er horchend stehen.

– Was gibt es? sagte der Maltheser.

– Hören Sie nicht meine Hunde heulen? der Feind rückt heran; sehen Sie, sie kommen noch fünf Minuten später, als Sie. – Still, meine Tiger, fuhr Bruno fort, indem er das Fenster aufmachte und ein besonderes Pfeifen hören ließ. – Es ist gut, es ist gut, ich bin benachrichtigt. – Die Hunde stöhnten leise und schwiegen; die Frauen und der Maltheser schauderten vor Schrecken, indem sie errieten, dass sich irgend etwas Schreckliches zutragen würde. In diesem Augenblicke trat Ali mit der Lieblingshündin Pascals ein; das edle Tier ging gerade auf seinen Herrn zu, richtete sich auf seinen Hinterfüßen auf, legte ihm die beiden Vorderfüße auf die Schultern, blickte ihn voller Verstand an und begann leise zu heulen.

– Ja, ja, Lionna, sagte Bruno, ja, Du bist ein herrliches Thier. – Dann streichelte er es mit der Hand und küßte es auf die Stirn, wie er es mit einer Geliebten gemacht hätte.Die Hündin stieß ein zweites leises und klagendes Geheul aus. – Gehen wir, Lionna, fuhr Pascal fort, es scheint, dass es Eile hat. Gehen wir, meine Schöne, gehen wir. – Und er entfernte sich, indem er den Maltheser und die beiden Frauen in dem Eßzimmer ließ.

Pascal ging in den Hof hinab und fand die drei Hunde, welche sich unruhig gebärdeten, aber ohne noch anzudeuten, dass die Gefahr sehr dringend wäre. Nun machte er die Gartentür auf und begann die Runde desselben zu machen. Plötzlich blieb Lionna stehen, hielt die Nase in den Wind und ging gerade auf einen Punkt des geschlossenen Raumes zu. An dem Fuße der Mauer angelangt, richtete sie sich auf, wie um sie zu ersteigen, indem sie ihre Zähne an einander klappern ließ und dumpf brüllte, wobei sie nachsah, ob ihr Herr ihr gefolgt wäre. Pascal Bruno stand hinter ihr.

Er verstand, dass in dieser Richtung und nur einige Schritte weit entfernt ein Feind versteckt wäre, und indem er sich erinnerte, dass das Fenster von dem Zimmer, in welchem Paolo Tommasi Gefangener gewesen war, gerade auf diesen Punkt die Aussicht hatte, so ging er rasch wieder hinauf, von Lionna gefolgt, welche mit offenem Rachen und blutigen Augen durch das Zimmer ging, in welchem die beiden Mädchen voller Angst das Ende dieses Abenteuers abwarteten, trat in das anstoßende Zimmer, das ohne Licht war, und dessen Fenster offen stand. Kaum eingetreten, legte sich Lionna auf den flachen Leib, kroch wie eine Schlange nach dem Fenster, dann, als sie nur noch einige Fuß weit von demselben entfernt war, und bevor Pascal nur daran dachte, sie zurückzuhalten, sprang sie wie ein Panther durch die ihr gebotene Öffnung, indem sie sich wenig darum bekümmerte, auf der andern Seite zwanzig Fuß hoch hinabzufallen.

Pascal fand sich zugleich mit der Hündin am Fenster; er sah sie drei Sprünge nach einem alleinstehenden Olivenbaum machen, dann hörte er einen Schrei. Lionna hatte einen hinter diesem Olivenbaum versteckten Mann bei der Gurgel gepackt.

– Zu Hilfe! rief eine Stimme aus, welche Pascal als die Placido’s erkannte; zu Hilfe, Pascal! zu Hilfe! . . . ruf Deinen Hund zurück, oder ich schlitze ihm den Bauch auf.

– Pack an! . . Lionna, pack an! Beiß ihn tot, beiß ihn tot, Lionna! bring den Verräter um! . . .

Placido erriet nun, dass Bruno Alles wusste, nun stieß auch er ein Brüllen des Schmerzes und des Zornes aus, und ein Kampf auf Tod und Leben begann zwischen dem Manne und dem Hunde.Bruno sah auf seine Büchse gestützt diesem seltsamen Zweikampfe zu. Während zehn Minuten sah er bei dem Ungewissen Scheine des Mondes zwei Körper kämpfen, fallen und wieder aufstehen, von denen er weder die Natur, noch die Gestalt unterscheiden konnte, so sehr schienen sie nur noch einen auszumachen.Während zehn Minuten hörte er verworrenes Geschrei, ohne dass er das Geheul des Menschen von dem des Hundes zu unterscheiden vermochte; endlich, nach Verlauf von zehn Minuten fiel der eine von den beiden, um nicht wieder aufzustehen, es war der Mensch.

Bruno pfiff Lionna, schritt von Neuem durch das Esszimmer, ohne ein Wort zu sagen, ging rasch hinab und machte seiner Lieblingshündin das Thor auf, aber in dem Augenblicke, wo sie ganz blutig von Messerstichen zurückkehrte, sah er in der Straße, welche von dem Dorfe nach dem Schloss hinaufführte, unter einem Strahle des Mondes Flintenläufe blitzen. Sogleich verrammelte er die Tür, und ging wieder in das Zimmer hinauf, in welchem sich die zitternden Gäste befanden. Der Maltheser trank, die beiden Mädchen sagten ihre Gebete her.

– Nun? sagte der Maltheser.

– Nun, Kommandeur? wiederholte Bruno.

– Placido?

– Er hat sein Teil, sagte Bruno, aber da fällt eine andere Legion von Teufeln uns auf den Leib.

– Welche?

– Die Gendarmen und die Compagnieen von Messina, wenn ich mich nicht irre.

– Und was wollen Sie tun?

– Zuvörderst, so viel als ich vermag von ihnen töten.

– Und nachher?

– Nachher . . . werde ich mich mit dem Reste in die Luft sprengen.

Die Mädchen stießen lautes Geschrei aus.

– Ali, fuhr Pascal fort, führe diese Mädchen in den Keller, und gib ihnen Alles, was sie von Dir verlangen, ausgenommen Licht, aus Furcht, dass sie Feuer an das Pulver legen möchten, bevor es Zeit ist.

Die armen Geschöpfe fielen auf die Knie.

– Vorwärts, vorwärts, sagte Bruno mit dem Fuße stampfend, gehorcht! Und er sagte das mit einer solchen Gebärde und in einem solchen Tone, dass die beiden Mädchen aufstanden und Ali folgten, ohne dass sie eine einzige Klage auszustoßen wagten.

– Und jetzt, Kommandeur, sagte Bruno, als sie hinausgegangen waren, löschen Sie die Lichter aus und stellen Sie sich in eine Ecke, wo die Kugeln Sie nicht treffen können, denn da kommen die Musikanten, und die Tarantella wird beginnen.

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