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Erster Teil
Zweites Capitel.
El correo d‘amor

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Während die Spinnerin die legte Strophe sang, war der Reiter so weit heran gekommen, daß sie beim Wiederaufblicken seinen Anzug und sein Gesicht erkennen konnte.

Es war ein schöner Mann von fünf- oder sechsundzwanzig Jahren mit einem breitkrempigen Hute, über den sich flatternd eine feuerfarbige Feder bog.

Im Schatten, den der Hut auf das nur halb beleuchtete Gesicht warf, glänzten zwei schöne schwarze Augen, denen man es ansah, das sie sich leicht an der Glut des Zornes oder an der Flamme der Liebe entzünden könnten. Die gerade Nase von untadeliger Form überragte einen leicht an den Seiten emporgedrehten Schnurrbart und zwischen diesem und dem Kinnbarte bemerkte man prächtige Zähne, weiß und spitzig wie die des Schakals.

Trotz und vielleicht wegen der Hitze trug er einen der cordova’schen Mäntel, die wie ein amerikanischer Poncho geschnitten sind, in der Mitte eine Oeffnung zum Durchstecken des Kopfes haben und den Reiter von den Schultern bis zu der Spitze der Stiefeln bedecken. Dieser Tuchmantel, von der Farbe des Feuers wie die Feder aus dem Hute, unten und an der Halsöffnung herum mit Gold gestickt, verhüllte einen Anzug, der außerordentlich zierlich seyn mußte, wenn man nach dem schließen dürfte, was davon sichtbar war, nämlich nach dem Ende der Aermel und nach den Bändern!

Sein Pferd, das er als vollendeter Reiter beherrschte, war ein schönes fünf- oder sechsjähriges Thier mit rundlichem Hals, flatternder Mähne, kräftigem Kreuz, bis zur Erde reichendem Schweife und von jener kostbaren Farbe, welche die letzte Königin von Castilien, Isabella, in die Mode brachte. Uebrigens war es ein Wunder, daß Roß und Reiter mit dem Feuer, das in beiden glühte, die steilen Pfade hatten zurücklegen können, die wir zu beschreiben versuchten, ohne zehnmal in die Abgründe hinabzustürzen.

Ein spanisches Sprichwort sagt, es gebe einen Gott für die Betrunkenen und eine Göttin für die Verliebten.

Wie ein Betrunkener sah unser Reiter nicht aus, aber einem Verliebten zum Verwechseln ähnlich.

Unbestreitbar wurde diese Aehnlichkeit dadurch, daß der Reiter, ohne sie anzusehen, ja wahrscheinlich ohne sie zu sehen, an dem Mädchen vorüberkam, vor welchem ganz gewiß selbst der König Don Carlos, so zurückhaltend und züchtig er auch trotz seinen neunzehn Jahren war, angehalten hätte, so schön war sie, als sie den Kopf empor richtete, um den geringschätzigen Reiter anzuschauen, und flüsterte:

»Der arme Bursch! Wie schade!«

Warum beklagte die Spinnerin den Reisenden? Auf welche gegenwärtige oder künftige Gefahr deutete sie?

Das erfahren wir wahrscheinlich, wenn wir den eleganten Caballero bis zur Venta des Mohrenkönigs begleiten.

Um zu dieser Venta zu gelangen, zu welcher ihn Eile zu treiben schien, mußte er noch über ein paar kleine Thäler. In jedem derselben, wo die gebahnte Bahn nur etwa acht oder zehn Fuß breit war und durch dichtes Gebüsch von Myrthen und Erdbeerbäumen führte, standen einige Kreuze, welche andeuteten, daß die Nähe der Venta die Reisenden keineswegs vor dem Geschicke bewahrt hatte, welches ein so allgemeines zu sein schien, daß diejenigen, welche die Wege betraten, auf denen so viele angekommen, das Herz sich wohl mit dem dreifachen Erze panzern mußten, von dem Horaz in Bezug auf den ersten Seefahrer spricht. Als der Reiter sich diesen schauerlichen Orten näherte, sah er nur nach, ob sein Schwert noch an seiner Seite hänge, ob sich die Pistolen noch an dem Sattelbogen befänden; als dies die Hand mechanisch, ohne Angst, gethan hatte, ritt er im gleichen Schritte seines Pferdes, mit gleichem furchtlosen Gesichte, durch die schlimme Gegend, el malo sitio, wie man dort sagt.

Auf dem höchsten Punkte des Weges richtete er sich noch einmal in den Steigbügeln auf, um die Venta besser zu sehen; als er sie erblickte, gab er dem Pferde die Sporen und als mache der Wunsch, dem Herrn zu dienen, das Thier unermüdlich, stürzte es in das kleine Thal hinab wie ein Boot, das von dem Kamme der Wogen in die Tiefe hineinschießt.

Die geringe Aufmerksamkeit, welche der Reisende auf den Weg wendete, und der brennende Wunsch, den er zu hegen schien, die Venta zu erreichen, hatten wahrscheinlich zwei Wirkungen.

Erstlich bemerkte er etwa zehn Männer nicht, die in einer Strecke von etwa einer Viertelstunde in dem Dickicht zu beiden Seiten versteckt waren, auf der Erde lagen und die Lunte der neben ihnen liegenden Gewehre sorgsam glimmend erhielten. Bei dem Pferdegetrappel hoben die unsichtbaren Männer den Kopf, stützten sich auf den Arm und das linke Knie, nahmen mit der rechten Hand das Gewehr und legten es mechanisch an die Achsel.

Zweitens überlegten diese Männer im Hinterhalte, als sie den Reiter so schnell vorüberkommen sahen, er habe wahrscheinlich ein Geschäft in der Venta und steige da ab, sie brauchten also keineswegs an der Landstraße einen verrätherisch knallenden Schuß abzubrennen, der vielleicht eine ansehnliche Carawane abschreckte und ablenkte, die ihnen eine reichere Beute bot, als sie bei einem einzelnen Reisen, den zu finden ist, so reich und elegant er auch sein mag.

Diese auf dem Boden im Dickicht liegenden Männer waren in der That die Gräberlieferanten, auf denen sie als gute Christen Kreuze aufpflanzten, nachdem sie die Reisenden hineingelegt hatten, die so unvorsichtig gewesen waren, auf Gefahr ihres Lebens ihre Börse vertheidigen zu wollen, nachdem die würdigen Salteadores sie mit dem Gewehre in der Hand mit den überall herkömmlichen Worten begrüßt:

»Das Geld oder das Leben!«

Auf diese ihr wohlbekannte Gefahr hatte das Mädchen wohl gedeutet, als sie den schönen Reisenden kommen sah und mit einem Seufzer die Worte sprach:

»Wie schade!«

Die Männer im Hinterhalte hatten indeß, wie wir gesehen haben, aus irgend einem Grunde kein Zeichen von ihrer Anwesenheit gegeben. Wie aber Jäger, denen sie glichen, ihren Posten verlassen, sobald das Wild vorüber ist, so kamen auch einige von ihnen, die erst den Kopf vorstreckten, dann den ganzen Körper, hinter dem Reisenden aus dem Walde hervor und gingen nach der Venta zu, in deren Hof der Reiter sprengte.

In dem Hofe stand ein Mozuelo, den Zügel des Pferdes in Empfang zu nehmen.

»Ein Maß Gerste für mein Pferd, ein Glas Xeres für mich, ein möglich gutes Essen für die, welche mir folgen.«

Als der Reisende dies gesagt hatte, erschien der hostalero (Wirth) an dem Fenster und die Männer aus dem Gebüsche erreichten die Thür.

Von beiden Theilen sah man einander an und die Blicke der Männer aus dem Dickicht bedeuteten:

»Wir haben also recht gethan, daß wir ihn nicht anhielten.«

Der Blick des Wirthes antwortete:

»Vollkommen.«

Da der Reiter diesen doppelten Blick nicht beobachtet hatte, weil er damit beschäftigt gewesen war, den Staub von seinem Mantel und seinen Stiefeln zu schütteln, sagte der Wirth:

»Tretet ein, Herr. Wenn auch dir Posada »zum Maurenkönige« im Gebirge liegt, ist sie doch, Gott sey Dank, wohl versorgt. Wir haben alle Arten von Wildbret, nur nicht Hasen, der ein unreines Thier ist. Wir haben eine olla potrida auf dein Herd und einen gaspecho. Wenn Ihr warten wollet. . . Einer unserer Freunde, ein gewaltiger Jäger, verfolgt einen Bären, der vom Gebirge heruntergekommen ist; wir werden Euch also bald frisches Fleisch bieten können.«

»Wir haben keine Zeit auf die Rückkunft deines Jägers zu warten, so verlockend auch der Antrag ist.«

»So werde ich mein Bestes thun.«

»Ja . . . Wenn ich auch überzeugt bin, daß die Señora, deren Bote ich bin, eine Göttin ist, die nur von Blumenduft und Morgenthau lebt, mache immerhin dein Bestes bereit und sage mir, welches Gemach Du ihr anweisen willst.«

Der Wirth öffnete eine Thür und zeigte dem Reisenden ein großes mit Kalk geweißtes Zimmer mit Eichenholztischen und Vorhängen an den Fenstern.

»Dies da,« sagte er.

»Gut,« antwortete der Reisende; »schenke mir ein Glas Xeres ein, siehe zu, daß mein Pferd sein Maß Gerste bekommt und laß mir in deinem Garten einen Strauß der schönsten Blumen pflücken.

»Das soll geschehen,« antwortete der Wirth. »Wie viel Couverts?«

»Zwei: eins für den Vater, eins für die Tochter. Die Diener essen in der Küche, nachdem sie die Herrschaft bedient . . . Geht nicht sparsam mit dem Weine gegen sie um.«

»Seyd unbesorgt. Wer so spricht wie Ihr, wird gewiß immer rasch und gut bedient.«

Wahrscheinlich um den Beweis für das zu geben, was er eben gesagt hatte, ging er hinaus und rief:

»Heda! Gil, zwei Gedecke! Perez, hat das Pferd die Gerste bekommen? – Amapola, lauf in den Garten und, schneide alle Blumen ab, die Du da findest.«

»Seht wohl!« flüsterte der Reiter und er lächelte zufrieden. »Nun, mein Theil! »

Von der Kette, die an seinem Halse hing, löste er eine goldene Kugel von der Größe eines Taubeneies, die durchbrochen gearbeitet war, öffnete sie, stellte sie auf den Tisch, holte aus der ersten Stube eine glühende Kohle, that sie in die goldene Kugel und streute auf die Kohle eine Prise Pulver, dessen Rauch sich alsbald in dem Gemache verbreitete und jenen lieblichen, starken Duft ausströmte, der dem Geruche so wohl thut. sobald man in das Gemach einer Araberin tritt.

In diesem Augenblicke kaut der Wirth zurück. In der einen Hand trug er einen Teller mit einem Glase voll Xeres und in der andern eine eben erst angebrochene Flasche. Ihm folgte Gil mit Tischtuch und Servietten und einem Haufen Teller, dann Amapola mit einem Arm voll jener Blumen mit brennenden Farben, die bei uns nicht ihres Gleichen haben, in Andalusien aber so gewöhnlich sind, daß ich nicht einmal ihren Namen erfahren konnte.

»Mache nun einen Strauß aus den schönen Blumen, Mädchen.« sagte der Reiter, »und gib die übrigen mir.«

Amapola suchte die schönsten Blumen aus und als sie zu einem Strauße zusammen gethan waren, fragte sie:

»Ist es so recht?«

»Vollkommen,« antwortete der Reisende; »binde sie nun zusammen.«

Das Mädchen sah sich nach einem Faden, einer Schnur um, aber der Reisende nahm aus seiner Tasche ein Band in Gold und Purpur, das er zu diesem Zwecke mit sich gebracht zu haben schien und von dem er ein Stück mit seinem Dolche abschnitt.

Dies Bandstück gab er der Amapola, welche den Strauß band und nach der Weisung des Reisenden auf einen der Teller legte, die Gil auf den Tisch gestellt hatte.

Er selbst streute die übrigen Blumen von dem Hofthore bis an den gedeckten Tisch in dem Gemache, dann rief er den Wirth nochmals und sagte:

»Da ist ein Philippdor für die Mühe, die ich Dir gemacht habe.«

Der Wirth verbeugte sich und der junge Reisende fuhr fort:

»Wenn Don Inigo Velasco de Haro Dich fragt, wer die Mahlzeit bestellt habe, so sagst Du: ein Mann, der Dir nicht bekannt. Fragt Dich Dona Flor, wer die Blumen gestreut, den Strauß bereitet, den Wohlgeruch verbreitet, so antwortest Du: ihr Liebesbote, Don Ramiro d’Avila.

Nach diesen Worten schwang er sich leicht aus sein schönes Roß, das der Mozuelo am Zügel hielt, jagte aus dem Hofe der Venta hinaus und setzte seinen Weg in Galopp nach Granada zu fort.

El Salteador

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