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Erster Teil
Drittes Capitel.
Don Inigo Velasco de Haro

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Da sich das schöne Mädchen mit der Ziege in einem Thaleinschnitte befand, so konnte sie den jungen Herrn in die Venta nicht hinein und nicht wieder herausreiten sehen, aber mit Aufmerksamkeit schien sie aufzuhorchen, ob nicht ein Geräusch von dem was geschehe zu ihr gelange. Mehrmals schlug sie die schönen Augen fragend nach dem Himmel auf und sie schien sich zu wundern, daß dem Erscheinen des jungen schönen reichen Herrn kein außerordentliches Ereigniß folge.

Da sie ihren Platz nicht verlassen und das Gespräch des Reisenden mit dem Wirthe nicht gehört hatte, so wußte sie natürlich nicht, welchem ganz selbstsüchtigen Umstande von Seiten der Freunde der Venta der Liebesbote der schönen Dona Flor sein Entkommen verdankte.

In dem Augenblicke übrigens, als Don Ramiro d’Avila alle Vorbereitungen getroffen hatte, die Venta »zum Maurenkönige« zur Aufnahme des Don Inigo Velasco und dessen Tochter würdig zu machen, aus dem Hofe sprengte und seinen Weg nach Granada fortsetzte, zeigte sich den Augen der Zigeunerin der Vortrab der Carawane, die der elegante Reisemarschall angekündigt hatte.

Diese Carawane zerfiel in drei gesonderte Haufen.

Der erste, welcher den Vortrab bildete und wie gesagt, am westlichen Abhange des Berges sich zu zeigen begann, bestand aus einem einzigen Manne, der zur Dienerschaft des Don Inigo Velasco gehörte. Wie aber die Campieri Siciliens, die in Friedenszeiten Diener sind, in der Stunde der Gefahr Krieger werden, so trug auch dieser Mann in einem Anzuge, der halb militärisch, halb Livrée war, ein langes Schwert an der Seite, saß kerzengerade auf dem Pferde und seine Flinte mit der brennenden Lunte, die er auf das Knie gelegt hatte, ließ keinen Zweifel über, daß die Carawane im Falle des Angriffs sich vertheidigen wolle.

Das Hauptcorps, welches etwa dreißig Schritte hinter ihm folgte, bestand aus einem Manne von sechzig bis fünfundsechszig Jahren und einem Mädchen von sechzehn oder achtzehn.

In gleicher Entfernung hinter ihnen kam der Nachtrab, bestehend aus zwei Dienern mit dem Schwert an der Seite und der rauchenden Luntenflinte auf dem Knie.

Im Ganzen also fünf Personen.

Da die Dienerschaft nur eine untergeordnete Rolle in; dieser Geschichte zu spielen hat, während dem Vater und der Tochter die Hauptrollen zufallen, wird man uns erlauben, die Herren Nuñez, Camacho und Torribio weiter nicht zu beachten, unsere Aufmerksamkeit dagegen ausschließlich dem Don Inigo Velasco de Haro und der Dona Flor, seiner Tochter, zuzuwenden.

Don Inigo Velasco war, wie gesagt, sechzig bis fünfundsechzig Jahre alt, doch sah er körperlich noch jung aus, so daß man ihn einen Greis nicht wohl nennen konnte.

Sein kaum ergrauender Bart, sein nur leicht mit Winterschnee bedecktes Haar, das er nach der Mode Philipps des Schönen und Ferdinands des Katholischen lang trug, zeigten höchstens ein Alter von fünfzig oder fünfundfünfzig Jahren.

Gleichwohl hatte ihn das Unglück betroffen, wie alle, die eine ruhmreiche Jugend gehabt, daß er sein Alter nicht verbergen konnte, weil er mehr als einmal und zu verschiedenen Zeiten seine Spur tief in die Geschichte seines Vaterlandes eingedrückt hatte. Als Erbe eines der berühmtesten Namen und einer der reichsten Familien Ostindiens, gedrängt zur Luft von Abenteuern durch die Liebe zu einem Mädchen, das er nicht heirathen konnte, weil der Vater der Dona Mercedes da Mendo – so hieß diese Königin der Schönheit – der Feind des seinigen war und Beide einander ewigen Haß geschworen hatten, hatte Don Inigo Velasco in seinem dreißigsten Jahre die Theorien und Pläne des Christoph Columbus unterstützt, denn sein Lehrer war der Pater Marchena gewesen, einer der ersten Geistlichen, die aus die Gefahr hin mit der heiligen Schrift in Widerspruch zu gerathen, nach der Darlegung jenes genuesischen Seefahrers zugaben, daß die Erde doch wohl rund seyn könne.

Man weiß, was am Hofe der katholischen Könige der geniale Mann leiden mußte, den die mindest Uebelwollenden der Räthe Isabella’s und Ferdinands als Wahnwitzigen und Träumer behandelten, als er seiner Heimat Genua vergebens seinen Plan vorgelegt hatte, durch eine Fahrt nach Westen das Reich Cathays wiederzufinden, das sein Vorgänger Marco Polo bemerklich gemacht, als er von Juan II. abgewiesen war, der insgeheim durch einen Schiffer die Unternehmung versuchen ließ, die man öffentlich als unsinnig behandeln, und endlich bei dem Könige Ferdinand von Aragonien und der Königin Isabella von Castilien erschien, um Spanien nicht eine Stadt, nicht eine Provinz, nicht ein Land, sondern eine Welt anzubieten.

Acht Jahre vergingen mit fruchtlosen Schritten und Bitten.

Zum Glück für den großen Genuesen fügte es die Vorsehung, daß in dem Augenblicke, als Christoph Columbus seine Fahrt unternehmen wollte, in dem Augenblicke als das Reich der Kalifen in Spanien mit seiner letzten Schutzwehr fiel, sich der Neffe einer der geliebtesten Freundinnen der Könige auf das Leidenschaftlichste in ein Mädchen verliebte, obgleich er nicht die geringste Hoffnung hatte sie zu heirathen.

Kleine Ursachen, große Wirkungen.

Mag uns die Liebe vergeben, daß wir sie unter die kleinen Ursachen zählen.

Die Ursache, ob klein oder groß, hatte eine unermeßliche Wirkung.

Den Namen des Neffen kennen wir bereits; es war Don Inigo Velasco Graf von Haro.

Die Tante war Beatrice, Marchesa de Moya, und die Königin hatte keine liebere Freundin, keine innigere Vertraute.

Velasco nun hatte den festen Vorsatz gefaßt seinem Leben ein Ende zu machen und er wurde nur darum nicht, zehnmal getödtet, weil der Tod vor ihm zurückwich wie vor allen entschlossenen Herzen. In den Kriegen, welche die katholischen Könige gegen die Mauren führten, hatte er stets in der vordersten Reihe gekämpft; er war bei der Erstürmung der Festen Ilosa und Moclin gewesen, jener so wichtigen Bürgen der königlichen Stadt, die matt die Augen Granadas genannt; er hatte sich bei der Belagerung von Velez befunden, als der Zagal Abdallah dieselbe aufzuheben versuchte und mit ungeheuerem Verluste zurückgeschlagen wurde; er war bei der Einnahme von Gibaltar gewesen, als die Stadt Ibrahims mit Sturm genommen und geplündert wurde; er hatte sich endlich unter den Mauern der Hauptstadt Boabdils befunden, als die katholischen Könige, nachdem sie eine Stadt des Reiches nach der andern genommen, die belagerte Stadt mit einer neuen Stadt einschlossen, mit Häusern, Kirchen und Wäldern, die sie Santa Fe nannten zum Zeichen ihrer Hoffnung und ihres Gelübdes, die Belagerung Granada‘s nicht aufzugeben, bevor Granada sich ergeben.

Granada ergab sich am 25. November 1491, im Jahre 897 der Hedschira, am 22. Tage des Mondes Moharrem.

Für Columbus, der seit acht Jahren wartete, war dies der Augenblick, sein Gesuch zu erneuern. Der König Ferdinand und die Königin Isabella hatten das Werk vollendet, das war vor sieben Jahrhunderten begonnen worden.

Die Ungläubigen waren in Spanien überwunden.

Columbus gab als Hauptzweck seiner Unternehmung die Belehrung der Ungläubigen in der Neuen Welt an.

Um diesen Zweck zu erreichen, verlangte er nur hundert Mann und dreitausend Kronenthaler.

Neben dem religiösen Zwecke machte er als auf das materielle Resultat, auf unerschöpfliche Goldlager und unschätzbare Diamantengruben aufmerksam. Was also konnte den habsüchtigen Ferdinand und die fromme Isabella abhalten ein Unternehmen zu wagen, das in weltlicher und kirchlicher Hinsicht aller Berechnung nach eine glückliche Speculation seyn müßte, sobald das Daseyn jener unbekannten Welt gegeben war?

Wir wollen es sagen, was sie abhielt.

Christoph Columbus, der gleich im voraus die Belohnung nach der Größe des Dienstes bemaß, verlangte den Rang eines Admirals der spanischen Flotte, den Titel eines Vicekönigs aller Länder, die er entdecken würde, den zehnten Theil des Gewinnes von dem Unternehmen und die Vererbung der ihm ertheilten Würden auf seine männlichen Nachkommen.

Diese Forderungen erschienen um so übertriebener, als Christoph Columbus, obwohl er von einer der angesehensten Familien Piacenzas abstammen wollte, obwohl er der Königin Isabella schrieb, er würde nicht der erste Admiral in seiner Familie seyn, wenn er zum Admiral ernannt würde, keinen Nachweis über seinen Adel hatte beibringen können und am Hofe sich das Gerücht verbreitete, er sey nichts als der Sohn eines Webers in Logoreo oder Nervi.

Seine Forderungen hatten demnach den Unwillen des Erzbischofs von Granada, Ferdinand von Talavera, errregt, der von den katholischen Majestäten beauftragt worden war, den Antrag des genuesischen Schiffers zu prüfen, wie man am Hofe Christoph Columbus allgemein nannte.

Namentlich dieser zehnte Theil des Gewinnes, welcher genau der Abgabe gleichkam, welche die Kirche unter dem Namen des Zehent erhob, verletzte das Gewissen des Don Ferdinand von Talavera.

Der arme Christoph Columbus hatte Unglück, denn seine drei anderen Forderungen: zum Range eines Admirals erhoben zu werden, den Titel eines Vicekönigs zu erhalten und diesen Titel wie in einer königlichen oder fürstlichen Familie zu vererben, verletzten den Stolz Ferdinands und Isabella’s, da die Herrscher damals noch nicht daran gewöhnt waren, einen Privatmann als ihres Gleichen zu behandeln, und Columbus, so arm und unbekannt er war, so stolz sprach, als trage er auf seinem Haupte bereits die doppelte goldene Krone Guacanagaris und Montezumas!

Die Folge davon war gewesen, daß nach einer lebhaften Erörterung in dem geheimen Rathe, in welchem Columbus nur zwei Vertheidiger hatte, Don Luys de San-Angel, den Einnehmer der Kirchenabgaben von Aragonien und Don Alonso de Qiuntatille, den Finanzdirector Castiliens, der Antrag definitiv verworfen wurde, zur großen Befriedigung Ferdinands, des Mannes des Zweifels, und zur großen Betrübniß der Königin Isabella, der Frau der Poesie und des Glaubens.

Die Feinde des Christoph Columbus, und er hatte; deren viele am Hofe, hielten die Entscheidung für unwiderruflich und glaubten für immer von dem lächerlichen Träumer befreit zu seyn, neben dessen versprochenen Diensten alle bereits geleisteten klein und unbedeutend erscheinen mußten.

Aber sie hatten ohne Don Inigo de Velasco und ohne dessen Tante, die Marquise Beatrice von Moya gerechnet.

Am Tage nach dem, an welchem die Ablehnung der katholischen Majestät dem Columbus durch den Erzbischof Don Ferdinand von Talavera mitgetheilt worden war, trat Dona Beatrice in das Betgemach der Königin und bat die selbe mit merklich bewegter Stimme um eine Audienz für ihren Neffen.

Isabella staunte über das verlegene Aussehen ihrer Freundin und sah sie einen Augenblick an, dann fragte sie mit jenem sanften Tone, der ihr den Vertrauten gegenüber gewöhnlich war:

»Was sagst Du, meine Tochter?«

»Meine Tochter« war eine freundschaftliche Benennung, welche sie meist ihren besonderen Freundinnen gab, ohne sie jedoch sehr zu verschwenden.

»Ich sage Ew. Hoheit, mein Neffe, Don Inigo Velasco, habe die Ehre Euch um eine Abschiedsaudienz zu bittend.«

»Don Inigo Velasco?« wiederholte Isabella, die sich offenbar auf die Person zu besinnen suchte. »Ist er nicht der junge Capitän, der sich in unserem letzten Kriege bei der Erstürmung von Ilosa und Moclin, bei der Belagerung von Velez, bei der Einnahme von Gibalfaro und sonst noch auszeichnete?«

»Er ist‘s,« entgegnete Dona Beatrice erfreut und stolz darauf, daß der Name ihres Neffen solche Erinnerungen, in dem Herzen der Königin weckte. »Ja, ja, Hoheit, er ist‘s.«

»Und er reiset fort?« fragte Isabella.

»Ja, Hoheit.«

»Eine lange Reise?«

»Ich fürchte es.«

»Verläßt er Spanien?«

»Ich glaube es. Er sagt, er habe im Dienste Ew. Hoheit nichts mehr zu thun.

»Wohin geht er?«

»Die Königin wird ihm gnädig erlauben, selbst darauf zu antworten.«

»Sage ihm, er möge eintreten.«

Während die Marquise, die ihren Neffen selbst einführen wollte, nach der Thür ging, setzte sich die Königin Isabella und nähte, mehr um die Hände zu beschäftigen, als um wirklich zu arbeiten, ein Fähnchen, das sie zu Ehren der Jungfrau stickte, deren Einflusse sie die glückliche Uebergabe Granada’s zuschrieb, welche bekanntlich auf Capitulation und ohne Blutvergießen erfolgt war.

Einen Augenblick darauf öffnete sich die Thür wieder, der junge Mann trat ein an der Hand der Dona Beatrice und einige Schritte von der Königin blieb er mit dem Hute in der Hand ehrerbietig stehen.

El Salteador

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