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Erster Teil
I.
Der Capitain Roquefinette
ОглавлениеEs war am 22-sten März im Jahr der Gnade 1718, in der Fastenzeit, als ein junger Herr von stolzem Ansehen, ungefähr 25 bis 26 Jahr alt, der ein schönes spanisches Roß ritt, sich gegen acht Uhr Morgens an dem letzten Ende des Pont-Neuf zeigte, der zu dem Quais de l’école führt. Er saß so fest und unbeweglich in seinem Sattel, daß es schien, als sey er dort als Schildwache aufgestellt durch den General-Lieutenant der Polizei des Königreichs, den Herrn Voyer d’Argenson.
Nach einem halbstündigen Harren, und nachdem er mit ungeduldigen Blicken oftmals die Uhr de la Samaritaine befragt hatte, schien sein bisher umherschweifendes Auge, endlich mit Zufriedenheit auf einem Individuum zu weilen, das von dem Platz Dauphine kam, sich ein wenig rechts wandte und sich alsdann ihm näherte.
Derjenige, der auf diese Weise die Ehre hatte, die Aufmerksamkeit des jungen Cavaliers auf sich zu ziehen, war ein hochgewachsener wohlbeleibter Mann, der statt einer Perücke einen wahren Wald von schwarzem, mit etwas Grau untermischtem Haar auf seinem Kopfe trug; er war halb bürgerlich, halb militairisch gekleidet, und auf seiner Schulter zeigte sich ein Epaulett, das ursprünglich dunkelroth gewesen, durch Regen und Sonne aber zu Orange verblichen, war. Er war mit einem langen Degen bewaffnet, welcher ihn unablässig gegen die starken Lenden, schlug; sein Haupt war mit einem Hute bedeckt, den vormals goldene Tressen und eine Feder geschmückt hatten, den sein Herr aber jetzt, vermuthlich aus Respekt wegen seines früheren Glanzes, so ganz auf das linke Ohr gedrückt trug, daß der Hut in dieser Stellung nur durch ein Wunder das Gleichgewicht behaupten konnte. In der Gestalt, dem Gange, der Haltung, kurz in dem ganzen Wesen dieses Mannes, welcher ungefähr fünfundvierzig Jahre alt zu seyn schien, mitten auf der Straße daherschritt, und indem er sich mit der einen Hand den Schnauzbart strich, mit der andern dem ihm entgegenkommenden Wagen ein Zeichen gab, ihm auszuweichen, lag übrigens so viel prahlerische Unverschämtheit, daß, wer ihn sah, sich des Lächelns nicht enthalten konnte.
Der oben erwähnte junge Cavalier näherte sich ihm jetzt, augenscheinlich in der Absicht, ihn anzureden; worauf der Daherschreitende, obgleich er jenen durchaus nicht kannte, vor der Kirche de la samaritaine seine Schritte hemmte, den einen Fuß vorsetzte, mit der einen Hand den Schnauzbart strich, die andere an den Griff eines Degens legte, und dergestalt erwartete, was derjenige, der sich ihm näherte, ihm mitzutheilen habe.
Wie es der Mann mit dem orangefarbenen Epaulett vorhergesehen hatte, hielt auch wirklich der junge Reiter sein Pferd vor ihm an, er legte die Hand an seinen Hut und sprach: »Mein Herr, nach Ihrem Wesen zu urtheilen, halte ich Sie für einen Cavalier, sollte ich mich geirrt haben?«
»Keineswegs, wie in Herr, das will ich meinen, entgegnete der auf diese seltsame Weise Angeredete, indem er gleichfalls eine Hand zu seinem alten Filze führte. »Es freut mich übrigens, daß mein ganzes Wesen meinem Range entspricht, denn wenn Sie geben wollen was mir zukommt, so nennen Sie mich Capitain!«
»Höchst erfreuet, in Ihnen einen Militair kennen zu lernen, mein Herr Capitain,« entgegnete der junge Reiter, indem er sich neuerdings verbeugte, »das giebt mir um so mehr die gewisse Ueberzeugung, daß Sie einen Cavalier nicht in der Verlegenheit lassen werden.«
»Ganz gewiß nicht,wenn anders dieser Cavalier nicht die Absicht hat, meine Börse in Anspruch zu nehmen, denn ich will Ihnen mit der größten Freimüthigkeit eingestehen, daß ich soeben meinen letzten Thaler in einem Weinhause verzehrte.«
»Es betrifft keineswegs. Ihre Börse, Herr Capitain, im Gegentheil, die meinige steht zu Ihren Diensten.«
»Mit wem habe ich die Ehre zu reden, und was wünschen Sie von mir,« entgegnete der Mann mit dem orange Bande, sichtlich sehr zufrieden mit der einladenden Rede des jungen Reiters.
»Ich bin der Baron René de Valef,« antwortete der Befragte.
»Verzeihen Sie Herr Baron, entgegnete der Capitain, »aber ich glaube, während der Kriege in Flandern, eine Familie dieses Namens gekannt zu haben.«
»Ganz recht mein Herr, es war die meinige, ich stamme ursprünglich aus Lüttich. – Erfahren Sie jetzt, daß der Chevalier Raoul d’Harmental, einer meiner Freunde, in dieser Nacht gemeinschaftlich mit mir, in einen Streit verwickelt wurde, der an diesem Morgen durch einen Zweikampf geschlichtet werden soll; unsere Gegner waren ihrer drei, wir waren nur unserer zwei. Ich begab mich daher diesen Morgen zu dem Marquis de Gace und zu dem Grafen du Surgis, Beide aber waren leider die Nacht nicht zu Hause gewesen. Da sich nun aber die nicht aufschieben läßt, zumal da ich in drei Stunden nach Spanien abreisen muß, und uns der dritte Mann fehlt, so habe ich mich hier auf den Pont-Neuf gestellt, in der Absicht, den ersten Cavalier der sich mir zeigen würde, um diesen Ritterdienst zu ersuchen. Sie kamen und ich wandte mich an Sie.«
»Und Sie haben wohl daran gethan, auf meine Ehre! Schlagen Sie ein, Baron, ich bin Ihr Mann. Um welche Zeit soll das Duell stattfinden?«
»Um neun ein halb Uhr diesen Morgen. »Und wo soll die Sache vor sich gehen?«
»Vor dem Thore Maillot.«
»Teufel, da haben wir keine Zeit zu verlieren! Sie aber sind zu Pferde, ich bin zu Fuß, wie wird sich das arrangieren?
»Es giebt ein Mittel, Capitain!
»Und welches?«
»Sie müßten mir die Ehre erzeigen und hinter mir aufsitzen.«
»Mit Vergnügen, Herr Baron!«
»Ich benachrichtige Sie aber, fügte der junge Reiter mit einem kleinen Lächeln hinzu, daß mein Pferd etwas lebhaft ist.«
»Ey, das habe ich schon bemerkt, entgegnete der Capitain, indem er einen Schritt zurücktrat und das schöne Thier mit einem Kennerblick musterte. »Wenn ich mich nicht sehr irre, so ward dieses Thier zwischen den Bergen von Granada und der Sierra Morena geworfen. Ich ritt ein ähnliches bei Almanza, und zähmte es, wenn es mit mir Reißaus nehmen wollte, oftmals wie ein Lamm und das einzig und allein mit der Kraft meiner Kniee.«
»Sie haben mich völlig beruhigt, zu Pferde also, Capitain!«
»Ich sitze schon, Herr Baron!« und ohne sich des Steigbügels zu bedienen, den ihm der junge Cavalier überließ, schwang sich der Capitain hinter ihn hinauf auf das Thier.
Der Baron hatte die Wahrheit gesprochen. Sein Pferd war an keine so schwere Last gewöhnt, auch versuchte es anfangs, dieselbe von sich abzuschütteln; der Capitain hatte aber gleichfalls nicht gelogen, und bald merkte das muthige Thier, daß gewandte Reiter es beherrschten, so daß es nach zwei vergeblichen Sprüngen nachgab, sich zum Gehorsam entschloß und mit den beiden Cavaliren ruhig über den Quais de l’école, den Quais de Louvre und den Quais der Tuilerien dahin trabte, das Thor de la Conference passierte, und den nach Versailles führenden Weg links liegen ließ. Bei der Brücke d’Antin angelangt, hielt der Baron von Valef die Zügel seines Pferdes ein Wenig an, denn er sah, daß er noch volle Zeit hatte, das Thor Maillot zu der bestimmten Stunde zu erreichen. Der Capitain benutzte diesen Augenblick, um sich an seinen jungen Begleiter zu wenden.
»Darf ich, mein Herr Baron, sprach er, »Sie ohne unbescheiden zu erscheinen, befragen: um welcher Ursache willen wir uns schlagen sollen? Sie begreifen, daß ich davon unterrichtet seyn muß, um darnach mein Benehmen gegen meinen Gegner einzurichten, und um zu wissen, ob es auch der Mühe werth ist, daß ich ihn in die andere Welt expedire.«
»Das ist nicht mehr als billig, Capitain,« versetzte der Baron; »Hören Sie, wie sich alles zugetragen. Wir speisten gestern zu Nacht, bei der Fillon. Sie kennen ohne Zweifel die Fillon Capitain?«
»Was sollt’ ich nicht? ich war es, der ihr im Jahr 1705 Berühmtheit verschaffte, bevor ich den Feldzug in Italien mitmachte.«
»Wolan, lächelte der Baron, »Sie macht Ihnen alle Ehre. Wir speisten also, wie gesagt, gestern bei ihr zur Nacht, wir beide, der Chevalier d’Harmental und ich –«
»Ohne irgend jemand vom schönen Geschlecht?« ragte der Capitain.
Allerdings! Sie müssen wissen, Harmental ist eine Art Trappist. Er besucht die Fillon nur aus Besorgniß, daß man glaube er gehe nicht dort hin, er liebt stets nur eine zur Zeit und ist jetzt bis über die Ohren in die kleine Averne verliebt, die Frau des Gardelieutenants.«
»Schön, schön! und weiter?«
»Wir schwatzten also dort von unsern Angelegenheiten, als plötzlich eine lustige Gesellschaft in das Cabinet trat, welches an das unsere gränzte, Da das was wir uns mitzuheilen hatten, niemand anders etwas anging, schwiegen wir, und hörten so ohne daß wir es wollten, das Gespräch unserer Nachbaren. Nun erstaunen Sie über den seltsamen Zufall: unsere Nachbarn sprachen gerade von dem einzigen Gegenstande, den wir gerade nicht hätten hören sollen.«
»War es vielleicht von der Geliebten des Chevaliers?«
»Sie haben es errathen. Bei den ersten Worten ihres Gesprächs stand ich auf, um meinen Freund fortzuführen, statt aber mir zu folgen, legte er mir die Hand auf die Schulter und drückte mich wieder nieder auf meinen Sessel. »Philipp liebt also die kleine Averne?« fragte eine Stimme. »Seit dem Feste bei der Marschallin d’Estree, antwortete eine andere, »dort reichte sie ihm, als Venus verkleidet, einen Degengürtel, der von Versen begleitet war, in welchen sie ihn mit Mars verglich.« – »Aber das ist ja schon acht Tage her, bemerkte eine dritte Stimme. – »Ei freilich, versetzte der, welcher zuerst gesprochen, »sie hat sich nicht sogleich ergeben; sey es, daß sie von dem armen Harmental wirklich etwas hielt, oder daß sie wußte, daß der Regent grade das liebe, was ihm Widerstand leistet. Kurz, diesen Vormittag hat sie das Geschenk eines mit Blumen und Juwelen gefüllten Körbchens durch die Erklärung erwidert, daß sie bereit sey, Se. Königliche Hoheit zu empfangen.«
»Ja, jetzt fange ich an, die Sache zu begreifen!« rief der Capitain, »der Chevalier gerieth in Zorn, nicht wahr?«
»Ganz recht. Statt, wie unsereins gethan haben würde, darüber zu lachen und die Gelegenheit sich zum Nutzen zu machen, ein Obristenpatent wieder zu erlangen, das man ihm genommen hat, unter dem Vorwande, die Staatsausgaben beschränken zu müssen, wird mein Freund Harmental so bleich, daß ich glaubte, er werde in Ohnmacht fallen, dann trat er rasch zum Cabinet, schlug mit der geballten Faust gegen die Wand, so daß alles schwieg und rief »Meine Herren, es thut mir leid, Ihnen widersprechen zu müssen, derjenige von Ihnen aber, der behauptet hat: Madame d’Averne habe dem Regenten oder sonst jemand, ein Rendezvous zugesagt, hat gelogen!
»Ich war es, mein Herr, der dies gesagt hat und der seine Behauptung aufrecht halten wird,« entgegnete die erste Stimme; »enthält sie etwas, das Ihnen mißfällt, so stehe ich zu Diensten, ich nenne mich Lafare und bin Capitain in der Garde.«
»Und ich nenne mich Fargy,« rief die zweite Stimme.«
»Und ich Ravanne, die dritte.
»Sehr wohl meine Herren,« erwiderte Harmental. »Morgen Vormittag zwischen neun und zehn Uhr also bei dem Thore Maillot.« – Darauf setzte er sich mir wieder gegenüber; jene Herren schwatzten von gleichgültigen Dingen, und wir beendigten unser Souper. Jetzt wissen Sie alles, Capitain.«
Dem Letzteren schien die Sache äußerst geringfügig; obgleich er die allzugroße Reizbarkeit des Chevaliers mißbilligte, war er dennoch entschlossen, für die Angelegenheit, zu deren Verfechter er nun einmal gewählt worden war, den Degen zu ziehen. Wenn er sich übrigens auch hätte zurückziehen wollen, so war dies jetzt zu spät. Man befand sich bereits bei dem Thore Maillot und ein junger Cavalier, der dort zu harren schien, und der aus der Ferne den Baron und den Capitain bemerkt hatte, sprengte ihnen jetzt entgegen. Es war der Chevalier von Harmental.
»Mein lieber Chevalier, sprach der Baron von Valef, indem er mit seinem Freunde einen Händedruck wechselte, »erlaube mir, Dir hier, in Ermangelung eines alten Freundes, einen neuen vorzustellen. Weder Surgis noch Gace waren daheim. Ich traf diesen Herrn auf dem Pont-Neuf, schilderte ihm unsere Verlegenheit und er erbot sich mit großer Bereitwilligkeit, derselben abzuhelfen.«
»Ich bin Dir also zwiefach verbunden, mein lieber Valef, entgegnete der Chevalier, indem er auf den Capitain einen Blick warf, in welchem sich ein kleines Erstaunen aussprach. »Sie, aber mein Herr, bemerkte er, muß ich um Verzeihung bitten, daß ich Sie zum Anfange unserer Bekanntschaft mit einem so unangenehmen Geschäft, belästige. Sie werden mir hoffentlich Gelegenheit geben, mich Ihnen wieder gefällig zu beweisen; seyn. Sie überzeugt, Sie werden mich stets zu Ihren Diensten bereit finden. Verfügen Sie alsdann frei über mich, wie ich jetzt über Sie.
»Gut gesprochen, Chevalier, rief jetzt der Capitain, indem er vom Pferde sprang. »Sie haben eine Art und Weise, die mich für Sie durchs Feuer treiben würde.«
»Wer ist das seltsame Original?«, fragte der Chevalier leise zu dem Baron gewandt, während der Capitain, um die steifgewordenen Beine wieder gelenkig zu machen, mit den Füßen den Boden stampfte.
»Wahrlich, ich weiß es nicht,« entgegnete Valef »so viel aber weiß ich, daß wir uns ohne ihn in großer Verlegenheit befinden würden. Es wird irgend einer vom Militair seyn, den der Friede bei Seite geworfen hat. Bald wird es sich übrigens zeigen, wie er sich bei der Sache benimmt.«
»Wolan,« rief jetzt der Capitain, belebt durch seine Körperbewegung. »Wo bleiben denn unsere Gegner? fühle ich mich doch diesen Morgen recht kampflustig!«
»Als ich hierher ritt, waren sie noch nicht angelangt,« erwiderte Harmental, »aber ich gewahrte in der Ferne einen Miethwagen, dessen Langsamkeit ihnen wahrscheinlich zur Entschuldigung dienen wird, daß sie etwas spät eintrafen. Uebrigens ist noch keine Zeit verloren, fügte er hinzu, indem er eine reich mit Brillanten besetzte Flaschenuhr hervorzog, es ist kaum neun ein halb Uhr.
Schnell, also ihnen entgegen, sprach Valef indem er sich jetzt gleichfalls aus dem Sattel schwang und den Zaum seines Pferdes dem Diener Harmentals zuwarf, »denn langten sie an dem bestimmten Orte, vor uns an, würde es scheinen, als hätten wir auf uns warten lassen.«
»Du hast recht, versetzte Harmental; er stieg dann vom Pferde und trat mit seinen beiden Gefährten in das Gehölz.
»Befehlen die Herren etwas?«, fragte der Besitzer der dort befindlichen Restauration, der Gäste erwartend vor einer Thüre stand.
»Versteht sich, Durand, entgegnete Harmental, welcher, um nicht gestört zu werden, dem Restaurateur gern glauben machen wollte, daß ihr Hierseyn nur einen Spaziergang zur Absicht habe, »bereitet ein Frühstück für drei Personen, wir schlendern hier ein wenig umher und kehren bald zurück.«
Mit diesen Worten ließ er drei Louis d’ors in die Hand des Gastwirths gleiten. Der Capitain gewahrte die glänzenden Goldstücke und berechnete mit dem Scharfsinne eines Kenners, was man für zwei und siebzig Livres im Bois de Boulogne alles bekommen könne. Da er aber den Empfänger des Geldes kannte, hielt er eine Empfehlung seinerseits nicht für überflüssig: »Macht Eure Sache gut, Herr Garkoch,« sprach er zu Durand gewandt, »Ihr wißt, ich verstehe mich darauf, daß die Speisen delicat und der Wein unverfälscht aufgetragen werden, versteht Ihr mich, sonst pflücken wir später ein Hühnchen mit einander.«
»Seyn Sie unbesorgt, Herr Capitain, antwortete der Restaurateur; »einen Gast wie Sie werde ich doch nicht hinters Licht führen.«
»Nun, wir wollen sehen. Ich habe seit zwölf Stunden nichts zu mir genommen, richtet Euch danach.«
Der Wirth verbeugte sich, wie Jemand, der genau begriff, was die an ihn gerichtete Rede sagen wollte; er begab sich kopfschüttelnd in seine Küche, denn es leuchtete ihm ein, daß er ein weniger gutes Geschäft gemacht, als er anfangs gehofft hatte. Der Capitain warf ihm noch einen warnenden Wink zu, und eilte alsdann mit raschen Schritten seinen beiden Kampfgenossen nach, welche ihre Schritte hemmten, um ihn zu erwarten.
Der Chevalier hatte sich hinsichtlich des Miethwagens, nicht geirrt; so wie sie in die nächste Allee traten, erblickten sie ihre drei Gegner, welche so eben ausstiegen: es waren, wie wir bereits berichtet haben, der Marquis Lafare, der Graf Fargy und der Chevalier von Ravanne.
Unsere geneigten Leser wollen uns jetzt gestatten, ihnen eine kurze Schilderung dieser drei Personen zu liefern, welche in dieser unserer anspruchslosen Erzählung den Schauplatz mehrmals betreten werden.
Lafare, der Bekannteste der Dreien, Dank den Versen, die er hinterlassen hat, war damals ein Mann von ungefähr 36 Jahren, begabt mit einem freien offenen Antlitz und einer unverwüstlichen guten Laune; dabei stets bereit bei der Tafel, beim Spiele und mit den Waffen in der Hand, es mit jedermann aufzunehmen, und zwar das alles ohne Haß und Groll; er war ein Liebling der Damen und ein Günstling des Regenten, der ihn zum Hauptmann in der Garde ernannt, und ihn während der letzten zehn Jahre zwar mitunter als seinen Nebenbuhler angetroffen, stets aber als seinen treuesten Diener erkannt hatte. Der Herzog von Orleans, der die Gewohnheit hatte, seinen Günstlingen Beinamen zu geben, nannte ihn daher stets nur: »hon enfant.« Seit einiger Zeit aber schien Lafare’s Popularität bei den Damen des Hofes und der Oper etwas zu sinken; denn es hatte sich das Gerücht verbreitet, daß er die Lächerlichkeit begehe, ein ordentlicher Mensch werden zu wollen. Zwar behaupteten einige seiner Freunde, um seinen Ruf aufrecht zu halten, mit gedämpfter Stimme, daß diese scheinbare Bekehrung keinem andern Beweggrund habe, als die Eifersucht der Mademoiselle de Conti, Tochter der Herzogin von Conti und Enkelin des großen Condé, welche wie man versicherte, den Gardecapitain des Regenten mit einer ganz besonderen Zuneigung beehrte. Seine Verbindung mit dem Herzog von Richelieu unterstützte diese Ansicht.
Der Graf von Fargy, gemeinhin nur der schöne Fargy genannt, war in der That der schönste junge Mann seiner Zeit, was ihm in jener Epoche der Galanterie Verpflichtungen auferlegte, vor denen er niemals zurückgeschreckt war. Er war zu gleicher zeit zart und kräftig, ungemein liebenswürdig, kurz er vereinte in sich alle Eigenschaften eines Romanhelden jener Zeit Vereint man nun noch hiermit sein schönes Aeußere, seinen Verstand und Witz, so wie seinen kühnen Muth, so wird man sich der den glänzenden Ruf nicht wundern, den er in der Welt,in welcher er lebte, sich erworben hatte.
Was den Chevalier von Ravanne betraf, der rücksichtlich seiner Jugend, so seltsame Memoiren hinterlassen hat, daß man, trotz ihrer Authenticität, an ihrer Wahrhaftigkeit zweifeln möchte, so war derselbe damals kaum dem Pagenalter entwachsen, er war reich und stammte aus einer vornehmen Familie; er trat ein in das Leben, durch dessen goldenes Thor und jagte nach allen Freuden desselben mit der ganzen Begierde und Unvorsichtigkeit der Jugend: Er machte in seinem achtzehnten Jahre alle Fehler und Thorheiten seiner Zeit mit; man begreift daher, wie stolz er darauf war, Männern wie Lafare und Fargy als Secundant in einer Angelegenheit zur Seite zu stehen, von der man erwarten konnte, daß die großes Aufsehen erregen würde.