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Erster Teil
X.
Der Vertrag

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Der Chevalier reichte dem Capitain Roquefinette die Hand hin, und sprach: »Sie sind ein Mann von Wort; aber treten Sie schnell ein, es ist nothwendig, daß unsere Nachbarn nicht aufmerksam auf uns werden.«

»In diesem Falle bin ich stumm wie ein Fisch erwiderte der Capitain; »übrigens haben Sie,« – hier deutete er auf die kalte Pastete und die Weinflaschen, die den Tisch füllten, – »das rechte Mittel gefunden, mir den Mund zu stopfen.«

Der Chevalier schloß die Thür und schob den Riegel vor.

»Ah, wie ich sehe, ein Geheimniß!« rief der Mann mit dem rothen Achselbande, desto besser, ich liebe das Geheimnißvolle, es ist fast immer etwas zu verdienen bei Leuten, die da ihre Rede beginnen mit: »Still, um Gotteswillen, ich bitte, schweigen Sie;« – »in jedem Falle konnten Sie sich an Niemand Besseres wenden, als an Ihren gehorsamen Diener, Sie sehen in mir« – der geneigte Leser bemerke, daß der Capitain seine mythologische Redeweise fortsetzt – »Sie sehen in mir den Abkömmling des Harpokrates, des Gottes der Verschwiegenheit. Sprechen Sie also frei heraus; genieren Sie sich nicht.«

»Das ist sehr schön, mein lieber Capitain;« entgegnete Harmental, »ich habe Ihnen allerdings Dinge mitzutheilen, die höchst wichtig sind und Ihrer ganzen Verschwiegenheit bedürfen.«

»Sie können fest auf mich zählen, Chevalier. Während ich dem jungen Ravanne eine Lektion gab, beobachtete ich von der Seite Ihr Degenspiel – und ich interessiere mich für die tapferen Kämpfer. Dann haben Sie mir einen kleinen unbedeutenden Dienst, der gar nicht einmal zu nennen ist, durch das Geschenk eines vortrefflichen Pferdes vergolten, das unter Brüdern 100. Louisd’ors werth war; und ich liebe die großmüthigen Leute. Da Sie also zwiefach mein Mann sind, warum wäre ich nicht einmal der Ihre?«

»Ich sehe, Capitain, daß wir uns leicht mit einander verständigen werden, sprach der Chevalier.

»Sprechen Sie, ich bin ganz Ohr,« entgegnete der Capitain, indem er eine höchst ernste Miene annahm.

»Sie werden mich besser sitzend anhören, mein lieber Gast, nehmen wir daher Platz und frühstücken wir.«

»Sie sprechen goldene Worte, wie der heilige Johannes,« versetzte der Capitain, indem er Hut und Degen auf das Clavier legte und sich dem Chevalier gegenüber setzte, »es ist ganz unmöglich, je andrer Meinung zu seyn, als Sie. So, da sitze ich, jetzt kommandieren Sie, und ich werde einhauen!«

Prüfen Sie diesen Wein, während ich diese Pastete attaquire

»Ganz recht!« lachte der Capitain, »theilen wir unsere Macht und greifen wir den Feind von verschiedenen Seiten an; später vereinigen wir uns wieder um seine Ueberreste zu vertilgen.«

und schnell die Praxis der Theorie folgen lassend, erfaßte der Capitain eine der Weinflaschen, ließ den Pfropfen derselben springen, schenkte sich ein Glas bis zum Rande voll und goß den Inhalt mit einer Geschwindigkeit hinunter, welche glauben machen konnte, die Natur habe ihn mit einem ganz besonderen Verschlingungstalente begabt. Um ihm indes Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, müssen wir berichten, daß der Wein, den er so ohne weitere Verfehlungen hatte, kaum hinunter war, als er auch schon bemerkte, daß dessen ganz ausgezeichnete Qualität eine ganz besondere Beachtung und Behandlung verdiene.

»Alle Teufel!« rief er, indem er mit der Zunge schnalzte und das Glas langsam wieder auf den Tisch stellte, »was habe ich da gemacht? Ich Unglücklicher! Da gieße ich den köstlichen Nectar hinunter, als ob es Krätzer wäre. Und das zu Anfang des Mahls! Ha,« fuhr er fort, indem er ein Glas aus derselben Flasche aufs Neue füllte, und mit dem Kopfe schüttelte, »Roquefinette, wein guter Freund, Du fängst an alt zu werden. Vor zehn Jahren hättest Du bei dem ersten Tropfen, der deine Zunge berührte, gewußt, mit wem Du es zu thun hattest während Du jetzt mehrere Versuche anstellen mußt, um den Werth der Dinge kennen zu lernen. Ihre Gesundheit, Chevalier!

Und dieses mal schlürfte der Capitain seinen Wein langsam hinunter, und setzte das Glas, bis er es geleert hatte, dreimal von den Lippen, wobei er beifällig, mit den Augen blinzelte. Als er getrunken hatte, rief er mit einer wahren Kennermiene: »Das ist Eremitage vom Jahre 1702. Wenn Ihr Lieferant von diesem Weine Vorrath hat, und Credit gibt, so geben Sie mir seine Adresse, er soll an mir einen guten Kunden haben.«

»Capitain, entgegnete der Chevalier indem er eine gewaltige Scheibe der kalten Pastete auf den Teller seines Gastes gleiten ließ, »mein Lieferant gibt nicht nur Credit, sondern er giebt meinen Freunden sogar den Wein umsonst.«

»O, der unvergleichliche Mann!« rief der Capitain in einem wahrhaft gerührten Tone, und nach einer kurzen Pause, während welcher ein ruhiger Beobachter sich überzeugt haben würde, daß er die Pastete eben so sorgsam prüfe, als vorhin den Wein, stemmte er beide Ellbogen auf den Tisch und sprach zwischen Gabel und Messer durch, zu einem Wirth gewandt: »Wir haben also eine Verschwörung vor, mein lieber Chevalier, und wir möchten, wie es scheint, daß der gute Capitain Roquefinette uns dabei hilfreiche Hand leiste.«

»Und wer, in aller Welt, hat Ihnen das gesagt?« fragte der Chevalier, indem er unwillkürlich zusammenschauderte.

»Wer mir das gesagt hat? Zum Teufel, das war kein schweres Räthsel. Ein Mann, der Pferde zu hundert Louisd’ors verschenkt, der Wein trinkt, zu einer Pistole die Flasche, und der in einer Dachstube der Straße du Temps perdu wohnt, was, zum Henker, kann der anders vorhaben als eine Verschwörung?«

»Wohlan, Capitain,« nahm Harmental das Wort, »ich will nicht länger hinter dem Berge halten, – Sie haben vielleicht grade das Rechte getroffen. Erschreckt Sie eine Verschwörung?« Er füllte das Glas seines Gastes aufs Neue.

»Ich, ich mich erschrecken? Was in der großen weiten Welt gäbe es wohl, wovor sich der Capitain Roquefinette erschrecken könnte?

»Ich bin von Ihrem Muthe überzeugt, Capitain. Gleich nach unserm ersten Zusammentreffen, nachdem wir nur einige Worte mit einander gewechselt hatten, beschloß ich auf der Stelle, Sie zu meinem Unterbefehlshaber zu wählen.«

»Das heißt mit andern Worten: Daß wenn Sie zwanzig Fuß hoch gehängt werden, soll ich nur zehn Fuß hoch baumeln.«

»Ey zum Henker, Capitain,« rief Harmental, indem er aufs Neue einschenkte, »wenn man, wie Sie jetzt, alle Dinge im schwarzen Lichte sähe, würde man nie etwas unternehmen.«

»Meinen Sie, weil ich von dem Galgen sprach? wandte der Mann mit dem rothen Achselbande ein, »was ist denn der Galgen in den Augen eines Philosophen? Was ist er anders, als einer von den Millionen Wegen, aus dieser Welt zu gehen, und es ist, meiner Treu, grade keiner der unangenehmsten. Man sieht, Sie haben die Sache noch nicht im rechten Lichte betrachtet, sonst würden Sie nicht so davor zurückschaudern. Uebrigens würde man uns nur den Kopf abschlagen, wie dem Herrn von Rohan. Haben Sie es mit angesehen, wie man dem Herrn von Rohan den Kopf abschlug?« Hier faßte der Capitain den Chevalier von Harmental scharf ins Auge. »Es war ein schöner, junger Mann, wie Sie, auch so ungefähr von Ihrem Alter! Er hatte eine Verschwörung vor, wie Sie eine vorhaben. Aber die Sache mißlang. Was thut’s, man kann sich irren. Man erbauete für ihn ein schönes, erhabenes Schafott; man gestattete ihm das Gesicht nach dem Fenster zu drehen, wo eine Geliebte stand, man schnitt ihm mit der Scheere den Kragen seines Hemdes ab. Der Scharfrichter aber, hören Sie, war ein Tölpel, er war nur an das Hängen, nicht an das Enthaupten gewöhnt, so daß er dreimal zuschlagen mußte, bevor der Kopf fiel, und doch kam er nur zum Zweck mit Hilfe eines Messers, das er aus der Tasche zog und mit dem er so lange hin und her feilte, bis er endlich den Kopf vom Halse geschnitten hatte. – – Ihre Hand, Chevalier, ich sehe jetzt, daß Sie Muth besitzen, fuhr der Capitain nach einer Pause fort, während welcher er den Chevalier forschend betrachtet hatte, der bei der schaudervollen Schilderung keine Miene verzog. »Schlagen Sie ein, ich bin Ihr Mann! Nun aber heraus mit der Sprache, gegen wen wird die Verschwörung gerichtet. Gegen den Herzog von Maine, oder gegen den Herzog von Orleans? Gilt es dem Hinkenden das andere Bein ab, oder dem Einäugigen das andere Auge auszuschlagen? Ich bin zu allem bereit!

»Nichts von dem Allen, Capitain, mit Gottes Hilfe soll kein Blut vergossen werden.«

»Wovon ist denn aber die Rede?«

»Hörten Sie nie von der Entführung des Secretairs des Herzogs von Mantua erzählen?«

»Des Secretairs Matthioli?«

»Desselben.

»Alle Teufel, die Geschichte kenne ich besser als irgend ein Anderer. Ich sah ihn, wie man ihn nach Pignerol brachte die Herren von Saint Mar und Villebois führten den Streich aus: sie empfing jeder dreitausend Livres für sich und ihre Leute.«

»Das war schlecht bezahlt!« entgegnete verächtlich Harmental.

»Finden Sie das, Chevalier? Dreitausend Livres sind dennoch viel Geld.«

»Würden Sie denn die Sache für Dreitausend Livres übernommen haben, Capitain?«

»Ich hätte sie für diese Summe über mich genommen,« antwortete Roquefinette.

»Wenn es nun aber statt der Entführung Secretairs, der des Herzogs gegolten hätte?«

»Dann hätte man freilich mehr zahlen müssen.«

»Aber die Sache, Sie hätten sie doch gewagt.«

»Warum nicht? Ich hätte das Doppelte verlangt und damit basta.«

»Und wenn man Ihnen nun das Doppelte zusicherte, und ein Mann wie ich zu Ihnen spräche, Capitain, ich will Sie keineswegs allein in die Gefahr werfen; ich selbst theile sie mit Ihnen, ich wage wie Sie meinen Namen, meine Zukunft, meinen Kopf; was würden Sie alsdann diesem Manne geantwortet haben?«

»Ich würde ihm die Hand gereicht haben, wie ich sie jetzt Ihnen reiche. Nun sprechen Sie frei heraus, worauf kommt es an?«

Der Chevalier füllte sein Glas und das des Capitains.

»Auf die Gesundheit des Regenten!« sprach er, »möge er eben so wohlbehalten die Spanische Grenze erreichen, als Matthioli in Pignerol anlangte!«

»Ah, ha,« rief der Capitain, indem er sein Glas bis zur Höhe seines Auges führte, »und warum sollte er nicht? Er ist ja nur ein Mensch! – Das einzige dabei zu bemerken ist, daß man uns weder hängen noch köpfen, sondern rädern würde. Jedem Andern würde ich sagen, das würde theurer zu stehen kommen, für Sie, Chevalier, aber habe ich keine doppelten Preise. Sie zahlen mir sechstausend Livres, und ich sorge für ein Dutzend entschlossener Kerle.

»Aber dies Dutzend Kerle, fragte der Chevalier lebhaft, »kann man ihnen vertrauen? »Sie dürfen nicht wissen, warum es sich handelt, bemerkte der Capitain, es betrifft eine Wette.«

»Und was mich betrifft, Capitain,u fuhr der Chevalier fort, indem er seinen Schrank öffnete, und einen gefüllten Beutel hervorzog, mich will Ihnen beweisen, daß ich mit meinen Freunden nicht handle. Hier sind zweitausend Livres in Gold, nehmen Sie sie einstweilen a conto, wenn es gelingt, erfolgt das Uebrige; scheitern wir, muß jeder sehen, wo er bleibt.«

»Chevalier,« entgegnete der Capitain, indem er wohlgefällig den Beutel in der Hand wog, »Sie begreifen, daß ich nicht die Unhöflichkeit begehen werde, das Geld nachzuzählen; wann aber soll die Sache vor sich gehen?«

»Das ist noch unbestimmt, mein lieber Capitain, wenn Sie aber die kalte Pastete und den Wein erträglich gefunden haben, und wenn Sie mir täglich das Vergnügen machen wollen, wie heute, mit mir zu frühstücken, so sollen Sie pünktlich erfahren, wie es um unsere Angelegenheit steht.«

»Das geht nicht, Chevalier, das geht nicht,« versetzte der Capitain, jetzt heißt es die Sache ernst betrachten. Käme ich auch nur drei Tage hinter einander zu Ihnen, so würde die Polizei des verdammten Argention auf unseren Fersen seyn. Glücklicherweise sind wir eben so schlau als er. Nein, mein Chevalier, bis zu dem Moment des Handelns, müssen wir so selten als möglich, zusammenkommen, noch besser, wir sehn uns gar nicht. Ihre Straße ist nicht lang, und da Sie von der einen Seite in die Straße Gros, Chenet und auf der andern in der Straße Montmartre ausläuft, so brauche ich sie nicht einmal zu passiren. Hier nehmen Sie dies Band,« bei diesen Worten löste er das rohe Achselband von der Schulter, an dem Tage, an welchem ich zu Ihnen kommen soll, befestigen Sie es außerhalb Ihres Fensters, ich weiß, dann was das sagen will, und komme zu Ihnen.«

»Wie Capitain, fragte Harmental, als er gewahrte, daß sein Gast seinen Degen wieder umschnallte und seinen Hut nahm, »Sie gehen, ohne die Flasche zu leeren? Was hat der gute Wein verschuldet, den Sie vor kurzem so sehr priesen, und den Sie jetzt zu verachten scheinen.«

»Grade, weil ich ihn hochschätze, trenne ich mich jetzt von ihm,« fügte der Capitain hinzu, indem er sich noch ein Glas einschenkte; »ich sage ihm jetzt das letzte Lebewohl. Auf Ihre Gesundheit, Chevalier. Köstliche Tropfen, bei meiner Seele! Von jetzt an aber setze ich mich auf die Wassercur, bis zu dem Tage, an welchem ich das rothe Band am Fenster flattern sehe. Sorgen Sie, daß das recht bald geschieht, bedenken Sie, daß das Wasser meiner Constitution durchaus zuwider ist.«

»Aber, warum brechen Sie so schnell auf?«

»Weil ich die Ehre habe, den Capitain Roquefinette zu kennen. Er ist ein trefflicher Mann, wenn er aber eine Flasche vor sich hat, so muß er trinken, und wenn er getrunken hat, muß er schwatzen. Wenn man zu viel schwatzt, sagt man leicht etwas Dummes. Adieu, Chevalier, vergessen Sie nicht das rothe Band, ich wirke indessen für unsere Angelegenheit.«

»Auf Wiedersehen,« sprach Harmental, »ich sehe mit Vergnügen, daß ich Ihnen keine Vorsicht anzuempfehlen brauche.«

Der Capitain legte den einen Finger auf seine Lippen, setzte den Hut gerade und breit auf die Stirn, hob seinen langen Degen, damit er auf der Treppe nicht wieder Geklapper verursache, und stieg diesmal die Stufen so leise hinab, als ob er gefürchtet hätte, das Geräusch seiner Schritte hätte in dem Hôtel des Herrn von Argention einen Widerhall gefunden.

Ritter von Harmental

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