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Erster Teil
VI.
Der Prinz von Cellamare

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Auf diese Einladung erschien ein hochgewachsener hagerer Mann, von ernstem würdevollen Ansehen, den ein Mantel dicht umhüllte, und der mit einem einzigen Blicke. Alles, was sich im Zimmer befand, überflog; der Chevalier von Harmental erkannte in ihm den Gesandten seiner katholischen Majestät, den Prinzen Cellamare.

»Nun mein Prinz, was giebt es Neues?« fragte die Herzogin.

»Zuvörderst,« entgegnete der Gesandte, indem er der Herzogin ehrfurchtsvoll die Hand küßte und seinen Mantel auf einen Sessel warf, »möchte ich Ew. Hoheit den Rath geben, sich einen andern Kutscher, anzuschaffen. Wenn Sie denjenigen, der mich hierher brachte, in Dienst behalten, prophezeihe ich Ihnen Unglück; ich glaube, er wird von dem Regenten besoldet, um Ew. Hoheit und Ihren Freunden den Hals zu brechen.«

Alle Anwesenden brachen in ein lautes Gelächter aus, vor allem aber stimmte der Kutscher selbst mit ein, der hinter dem Prinzen ohne Umstände eingetreten war, jetzt Hut und Mantel auf einen Stuhl neben dem des Gesandten warf, und einen hochgewachsenen Mann von ungefähr 33 Jahren erblicken ließ, dessen untere Hälfte des Gesichts mit schwarzem Taffet bedeckt war.

»Haben Sie gehört, mein lieber Laval, was der Prinz so eben von Ihnen gesprochen?« fragte die Herzogin.

»Allerdings!« lachte Laval; die ältesten Barone der Christenheit sind Ihnen also nicht gut genug, um Ihnen als Kutscher zu dienen? Alle Teufel, Sie sind schwer zu befriedigen.«

»Wie, Sie waren es, mein lieber Graf?« fragte der Prinz, indem er ihm die Hand reichte.

»Ich war es in der That; die Frau Herzogin hat mich für diese Nacht als Kutscher in Dienst genommen, fiel hielt es für sicherer.«

»Die Frau Herzogin hat wohl daran gethan, bemerkte der Kardinal von Polignac, »man kann nicht vorsichtig genug zu Werke gehen.«

Unterdessen hatte sich Laval dem Chevalier von Harmental genähert; »Sie habe ich gleichfalls glücklich hierher gebracht, mein junger Herr,« sprach er, »und das freut mich, denn so jung. Sie sind, haben Sie doch schon tapfer dreingeschlagen, haben Sie gleich nicht, wie ich, die Hälfte des Gesichts dabei eingebüßt.«

»Sie haben, mein Prinz, Nachrichten von Alberoni empfangen, sagt mir Herr von Pompadour,« nahm jetzt die Herzogin von Maine wieder das Wort.

»Ja, Ew. Hoheit.«

»Und welche?«

»Gute und schlechte zu gleicher Zeit. Sr. Majestät, Philipp der Fünfte haben jetzt gerade ihre vernünftigen Augenblicke, und man kann ihn zu nichts bestimmen. Er will an die vierfache Allianz nicht glauben.«

»Wie, er will nicht daran glauben, rief die Herzogin, »jetzt grade wird sie unterzeichnet, und in acht Tagen wird Dubois sie hierher bringen?«

»Ich weiß das, Ew. Hoheit,« entgegnete kaltblütig Cellamare, »aber Sr. Katholische Majestät wissen es nicht.«

»Er zieht sich also von uns zurück?«

»So zu sagen, ja – –«

»Aber die Königin, was sagt sie dazu? Was helfen jetzt alle die glänzenden Verheißungen und die vorgebliche Gewalt, die sie über ihren Gemahl besitzen will?«

»Von dieser Gewalt,« entgegnete der Prinz, »will sie Beweise geben, sobald erst etwas geschehen ist.«

»Und kommt es dahin, dann wird sie nicht Wort halten, fiel der Cardinal von Polignac ein.

So ist es nicht, ich leiste Bürgschaft für sie, Ew. Eminenz,« sprach der Gesandte.

»Ich sehe klar in der Sache. Der König soll kompromittiert werden,« sprach Laval, »ist das einmal geschehen, wird er handeln.«

»Ganz recht,« rief Cellamare, »wir kommen uns einander näher.«

»Wie aber soll man ihn compromittieren?", fragte die Herzogin, »ohne Briefe, ohne Botschaft von ihm, – ja selbst ohne eine mündliche; fünfhundert Lieues weit von ihm entfernt.«

»Hat er nicht seinen Repräsentanten zu Paris? Und befindet sich nicht dieser Repräsentant in diesem Augenblick bei Ihnen, gnädigste Frau?« fragte Cellamare.

»Gestehen Sie es mein Prinz, Sie haben eine ausgedehntere Vollmacht, als Sie einräumen?«

»Keinesweges! Meine Vollmacht beschränkt sich darauf, Ew. Hoheit zu erklären, daß die Citadelle von Toledo, und die Festung Saragossa zu Ihren Diensten sind. Finden Sie ein Mittel aus, den Regenten dorthin zu bringen, und Sr. Katholische Majestät wird die Pforte hinter ihm so gut verschlossen halten, daß er nicht wieder herauskommen soll; ich stehe Ihnen dafür.«

»Das ist ganz unmöglich,« sprach Herr von Polignac. »Unmöglich und warum?« fragte Harmental, rasch, das ist im Gegentheil sehr leicht, besonders bei der Lebensweise des Regenten. Was braucht es denn dazu? acht bis zehn entschlossene Männer, einen gut verschlossenen Wagen, und Postpferde bis Bayonne.«

»Ich habe mich schon bereit erklärt, die Sache zu übernehmen, sprach Laval.

»Ich auch, fügte Herr von Pompadour hinzu.

»Das geht nicht, fiel die Herzogin ein, »schlüge das Unternehmen fehl, wären Sie verloren, da der Regent Sie persönlich kennt

»Das ist schade, entgegnete kaltblütig der Prinz Cellamare; »in Toledo oder Saragossa angelangt, erwartet dem, der die Sache vollbringt, die Würde eines spanischen Grands.«

»Und der Orden des heiligen Geistes nach seiner Rückkehr zu Paris,« fügte die Herzogin hinzu.

»Halten Sie ein, gnädigste Frau, halten Sie ein!« rief Harmental lebhaft, »wollen Ew. Hoheit solche Preise darauf setzen, so wird die Hingebung einen Anstrich von Ehrgeiz erhalten, der ihr jedes Verdienst rauben würde. Ich wollte mich erbieten, das Unternehmen in’s Werk zu richten, ich, den der Regent nicht kennt, jetzt aber nehme ich einigen Anstand – und dennoch fühle ich mich des Vertrauens Ew, Hoheit würdig.«

»Wie, Chevalier,« fragte die Herzogin von Maine, »Sie wollten es wirklich wagen?«

»Mein Leben ist. Alles, was ich dabei auf’s Spiel setze. Ich habe es Ihnen schon früher angeboten, gnädigste Frau, und Sie haben es angenommen, oder sollte ich mich getäuscht haben?«

»Nein, nein, Chevalier,« rief lebhaft die Herzogin, »Sie sind ein wahrer Cavalier. Es gibt Ahnungen, ich habe nie daran gezweifelt: so wie Valef mir Ihren Namen nannte und Sie mir schilderte, dachte ich sogleich: wir haben unsern Mann gefunden? Sie haben gehört meine Herren, wozu der Chevalier sich erbietet; sprechen Sie jetzt, worin können Sie ihm Beistand leisten?«

»In Allem worin er will!« riefen Laval und Pompadour zugleich.

»Die Schatulle seiner katholischen Majestät steht zu seinen Diensten,« bemerkte Cellamare, »er kann frei und ungehindert hineingreifen.«

»Großen Dank, Ihr Herren, großen Dank!« rief Harmental zu den beiden Ersten gewandt, »bekannt, wie Sie sind, würden Sie mir nur das Unternehmen erschweren. Besorgen Sie mir nur einen Paß nach Spanien, so, als ob ich beauftragt wäre, einen Gefangenen von Wichtigkeit dorthin zu führen. Das wird leicht zu bewerkstelligen seyn.«

»Das übernehme ich,« sprach der Abbé Brigaud, »ich werde mir von Herrn d’Argenson ein Blanket verschaffen, das nur ausgefüllt zu werden braucht.«

»Sie haben gehört, Chevalier, was der Prinz sagte, nahm die Herzogin wieder das Wort, wenn wir Geld bedürfen« – –

»Leider Gottes,« versetzte Harmental, »bin ich nicht reich genug, um das Anerbieten Ew. Excellenz zurückzuweisen; wenn ich über tausend Pistolen verfügt haben werde, die ich ungefähr besitzen mag, so muß ich ihn allerdings in Anspruch nehmen.«

»Ihn, mich, uns Alle!« rief lebhaft die Herzogin,« ein. Jeder giebt mit Freuden was er hat. Ich habe zwar in diesem Augenblick nur wenig baares Geld, aber ich besitze Diamanten und Perlen, sparen Sie also nichts; nicht Jedermann ist so uneigennützig wie Sie, es giebt Dienste, die man nur mit Gold erkaufen kann.«

»Vor allem aber Vorsicht, mein Herr, warnte der Kardinal.

»Ich ersuche Ew. Eminenz, dieserwegen unbesorgt zu seyn,« versetzte Harmental, »ich bin von dem Regenten so schwer gekränkt worden, daß man im Fall des Mißlingens glauben wird, ich hätte aus eigenem Antriebe so gehandelt, und persönliche Rache an ihm nehmen wollen.«

»Aber, bemerkte der Graf von Laval, »Sie bedürfen bei dieser Gelegenheit eines Unterbefehlshabers, eines Mannes, dem Sie vertrauen können, haben Sie einen solchen?«

»Ich glaube ja,« antwortete der Chevalier, »nur müßte ich jeden Morgen erfahren, was der Regent am Abend vor hat; der Herr Prinz von Cellamare, werden als Diplomatiker ohne Zweifel ihre geheime Polizei haben.«

»Ich habe, versetzte der Prinz mit einiger Verlegenheit, »allerdings einige Personen, die mir Bericht abstatten – –«

»Das meine ich gerade, bemerkte Harmental.

»Wo aber wohnen Sie?« fragte der Kardinal.

»In der Straße Richelieu No. 74.«

»Seit wie lange wohnen Sie dort?«

»Seit drei Jahren!«

»Dann sind Sie dort zu bekannt, mein Herr, Sie müssen Ihre Wohnung verändern!«

»Diesmal haben Ew. Eminenz Recht,« versetzte Harmental. »Ich werde mir in irgend einem entlegenen Stadtviertel eine andere Wohnung suchen.«

»Ich nehme es über mich, Ihnen ein Logis zu verschaffen, bemerkte der Abbé Brigaud. »Meine Kleidung erregt keinen Verdacht, ich werde sagen, daß ich die Zimmer für einen jungen Mann aus der Provinz miethe, der mir empfohlen worden, und der hier eine Anstellung erhalten soll.«

Das ist also abgemacht, Herr Abbé, rief der Chevalier, »ich benachrichtige noch heute meinen Hauswirth, daß ich Paris verlassen, um eine dreimonatliche Reise anzutreten.«

»Und somit wäre denn alles in Ordnung,« fügte freudig die Herzogin hinzu, »wir sehen jetzt endlich klar in der Sache, und das danken wir Ihnen, Herr Chevalier; glauben Sie mir, ich werde das niemals vergessen.«

»Meine Herren, sprach Malezieux, indem er seine Uhr hervorzog, »ich bemerke Ihnen, daß es vier Uhr Morgens ist, und daß unsre theure Herzogin der Ruhe bedarf.«

»Da irren Sie sich sehr, versetzte die Herzogin, »grade in solchen Nächten ruht man aus, ich habe lange keine so angenehme verbracht.«

»Mein Prinz,« nahm jetzt der Graf Laval das Wort, indem er einen Mantel wieder umschlug, »Sie müssen sich noch einmal mit dem Kutscher begnügen, den Sie aus dem Dienst gejagt wissen wollten, es wäre denn, daß Sie vorzögen, zu Fuß zu gehen.«

»Lieber will ich mich Ihnen noch einmal anvertrauen,« lächelte der Gesandte.

»Marquis von Pompadour, Sie begleiten den Herrn von Harmental,« sprach die Herzogin.«

»Darf ich nicht zuvor von meiner liebenswürdigen Fledermaus Abschied nehmen?« fragte der Chevalier, denn ihr verdanke ich das Glück, daß ich Ew. Hoheit meine Dienste anbieten konnte.«

»De Launay,« rief die Herzogin, indem sie den Prinzen von Cellamare und den Grafen de Laval bis zur Thür begleitete, »de Launay! hier ist der Chevalier von Harmental, welcher behauptet, Du wärst die größte Zauberin, der er jemals begegnete.«

»Nun, fragte lächend diejenige, welche späterhin unter den Namen Frau von Staal so interessante Memoiren zurückgelassen hat. »Glauben Sie jetzt an meine Prophezeihungen, Herr Chevalier?«

»Ich glaube, weil ich hoffe,« versetzte Harmental. »Wie aber konnten Sie von meiner Vergangenheit und Gegenwart unterrichtet seyn?«

»Sey, aufrichtig de Launay, und quäle ihn nicht länger,« lächelte die Herzogin, »er würde uns sonst für wirkliche Zauberinnen halten und Furcht vor uns bekommen.«

»Verließen Sie diesen Morgen im Bois de Boulogne keinen Freund,« fragte Demoiselle de Launay, der hierher kam, um von uns Abschied zu nehmen?

»Valef war es also, Valef, rief der Chevalier, »ja jetzt begreife ich Alles.«

Herr von Pompadour erfaßte jetzt den Arm des Chevaliers und, nachdem sich beide vor der Herzogin verbeugt hatten, begaben sie sich hinweg, von dem Abbé Brigaud gefolgt.

»Glauben Ew. Eminenz noch, daß es mit einer Verschwörung etwas so Furchtbares auf sich habe?« fragte die Herzogin den Cardinal von Polignac, welcher mit dem Grafen Malezieux noch zurückgeblieben war.

»Ich werde Ew. Hoheit auf diese Frage Antwort geben, wenn wir uns sämmtlich in der Bastille befinden werden, erwiderte der Cardinal, indem er sich verbeugte und mit dem Kanzler Malezieux das Gemach ebenfalls verließ.

Die Herzogin blickte ihm mit einem verächtlichen Lächeln nach, dann wandte sie sich zu Fräulein de Launay und sprach in einem Zufriedenheit verkündenden Tone: »Wir haben unsere Laterne nicht umsonst gebraucht, wir haben endlich einen Menschen gefunden.«

Ritter von Harmental

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