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4 DIE EXPERTEN-MASCHE Glauben Sie mir, ich bin Fachmann.
Oder: Warum können Experten darauf bauen, dass wir ihnen vertrauen?
ОглавлениеEin Doktortitel, und dann auch noch ein Facharzt – das macht sich immer gut. Das flößt den Menschen erheblichen Respekt ein. Da ist es auch für Politiker hilfreich, wenn man auf diese Art des Vorschussvertrauens in der Wahrnehmung zurückgreifen kann. Von Bild über das Hamburger Abendblatt bis in die überregionale Qualitätspresse wurde die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und sicher noch mehr, Frau Dr. Ursula von der Leyen, der Leserschaft hartnäckig als Frauenärztin verkauft. Und sogar auf der Homepage des eigenen Ministeriums wird die Ministerin in einem Porträt einer Redakteurin der Wochenzeitung Die Zeit als promovierte Gynäkologin bezeichnet.
Erst die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung klärte uns auf, dass es alles ein wenig anders ist: Das erste Studium wurde abgebrochen, zehn Jahre nach dem Beginn des Medizinstudiums hatte sie dann die Staatsexamen hinter sich gebracht. 1992 brach Dr. Ursula von der Leyen die Facharztausbildung ab. Ohne Widerspruch oder Zweifel kann man ihr besondere Leistungen attestieren. Aber viele von uns schätzen einen zusätzlichen und besonderen Nachweis von Kompetenz, auch wenn er nichts mit ihrer politischen Aufgabe zu tun hat.
Nun leben wir in einer komplexen Welt, die sich außerdem noch ständig ändert. Wie also wollen wir uns orientieren? Auch wenn es immer wieder Gründe gibt, daran zu zweifeln, ist unsere Gesellschaft tief vom Glauben an die Rationalität geprägt. Darum nehmen wir gerne zu Experten und ihrem Wissen Zuflucht, dann wissen wir Bescheid. Gerade die Medien bieten uns eine breite Palette an Fachleuten. Ob es der Dr. Sommer ist, der in der Bravo jungen Menschen die drängenden Fragen der Pubertät beantwortet, oder ob es Experten unterschiedlichster Provenienz sind, die uns in Magazinen wie Men’s Health verraten, wie wir uns einen Waschbrettbauch antrainieren können.
Und mit einem geeigneten Titel sollen uns Menschen einfach kompetenter erscheinen. Nehmen wir die Luftfahrt: Der Purser ist der ranghöchste Flugbegleiter der Kabinenbesatzung eines Passagierflugzeugs. Eine durchaus wichtige Aufgabe, aber für manchen wird die hierarchische Stellung nur ungenügend deutlich, und dann hilft man eben etwas nach. So stellte sich der Purser eines Fluges von New York nach Frankfurt seinen Passagieren mit folgenden Worten vor: „Ich bin der Direktor dieses Fluges.“ Doch auch am Boden strebt man nach Höherem. So wird in manchen Unternehmen ein seit Jahrzehnten so genannter Pressesprecher schnell zum Kommunikationsdirektor – zu sagen hat er aber nach rhetorischer Titelinflation genauso wenig wie vorher. Und selbst in einem Zwei-Mann-Beratungsunternehmen oder in einem kleinen Hundezüchterverein haben die Führungskräfte den Hang zur Titel-Aufwertung. Deshalb wundern Sie sich nicht, wenn Sie auch dort einen CEO, einen Allein-Geschäftsführer oder gar einen Präsidenten vor sich haben.
Allerdings wird uns nur selten offenbar, wie weit es mit der Kompetenz der medialen Experten mitunter wirklich her ist. Beispielsweise ließ RTL von Sommer 2004 bis August 2005 seine Zuschauer von Dr. med. Afschin Fatemi über Schönheit und Schönheitsoperationen aufklären. Der hauseigene Goldmann Verlag brachte ein Buch Fatemis auf den Markt. Bis schließlich das Magazin Focus dann klarstellte, dass Fatemi zwar Dermatologe ist, aber eben leider ohne Promotion – und damit ohne Doktortitel. Weiterhin klärte der Focus darüber auf, dass Herr Fatemi bereits zu dieser Zeit mehrfach zur Zahlung von Schmerzensgeld wegen erwiesener Kunstfehler verurteilt worden war. Ein peinliches Leiden für Mediziner, an dem wohl auch der Zahnarzt Ulrich Kurze laborierte, der trotz Verurteilungen wegen Falschbehandlung als Experte in diesem Sender auftreten durfte.
Doch in der Zeitschrift Brigitte kann man im Sommer 2008 von neuen Aktivitäten des Dr. Fatemi lesen. Zwar nichts darüber, ob der Doktortitel mittlerweile echt ist, dafür mehr über andere Aufblähungen. Denn Fatemi, Leiter der Düsseldorfer „S-thetic Clinic“, figuriert derweil als Experte für Brustvergrößerungen mithilfe von Hyaluronsäure, das Ganze in Zusammenarbeit mit dem schwedischen Unternehmen Q-Med. Angesehene Mediziner stehen der Methode skeptisch gegenüber, nicht zuletzt wegen der dürftigen Forschungslage. Aber bis zu 4 000 Euro machen hier die Brust und dort die Brieftasche wieder etwas praller. Und das nicht nur einmal – da der Körper einen Teil der Füllmasse absorbiert, muss nachgearbeitet werden. Ein wahrhaft lukratives Geschäft.
Titel sind als Attribute der Kompetenz vor allem immer dann hilfreich, wenn man seine Expertise gewinnbringend zu vermarkten trachtet. Und erworbene Titel lassen einen dann auch grundsätzlich Bescheid wissen. Wer etwa am wissenschaftlichen Wert seiner Erkenntnisse zweifeln mag, dem macht der aus dem Fernsehen bekannte Professor Manfred Spitzer – auch Experte für Pädagogik – mit seinen Worten klar, worum es geht: „Ich bin Arzt. Oftmals besteht ärztliches Handeln aus Nicht- oder Halbwissen.“ Auch wenn es nicht alle unserer Freunde aus der Ärzteschaft freuen dürfte, so ist es doch eine willkommene Carte blanche für Meinungsäußerungen, die man auch dann als Experte abgeben kann, wenn man vom konkreten Problem vielleicht nicht so viel versteht wie wirkliche Fachleute.
Da fällt es auch nicht gleich auf, wenn aus dem Mund berufener Experten die eine oder andere nicht ganz so stichhaltige Erkenntnis ihren Eingang in die Medien findet. Gern, oft und auch zu vielen Themen äußert sich Christian Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, und auch er ist Professor. So fiel er mit einer These zur Entwicklungspsychologie auf, als er den gemeinsamen Klogang in DDR-Kinderkrippen als Ursache für den Hang junger Ostdeutscher zum Rechtsradikalismus erklärte.
Und auch zu Dr. Dragan Dabić alias Radovan Karadžić erklärte Professor Pfeiffer direkt nach der Verhaftung gegenüber dem Magazin Focus, dass Karadžić seine Rolle als Guru regelrecht zelebriert habe und dass dies Ausdruck von dessen übersteigertem Narzissmus sei. Nun sind Ferndiagnosen ohnehin schwierig, und sie werden auch nicht einfacher, wenn man das Objekt seiner Diagnose persönlich nie zu Gesicht bekam. Doch ein wenig Alltagspsychoanalyse kommt als Kommentar immer gut an, wenn sonst nur wenige Fakten bekannt sind.
Die Medien greifen solche Botschaften gerne auf, viele von uns glauben den Experten, und meist bleibt das Gesagte unkommentiert. Es sei denn, es passt irgendjemand nicht, von dem man aber in gewisser Weise abhängig ist. Dann kommentiert diese Person die Kommentare und die Rolle – so war es in der Auseinandersetzung um die von der Kapazität her eher kleine Politikwissenschaft an der Universität Göttingen. Denn die wenigen Professoren machten umso mehr von sich reden durch Kommentare, Leitartikel und Interviews. Vor allem den Göttinger Politologen Franz Walter und Bassam Tibi wurde vom Präsidenten ihrer Hochschule vorgeworfen, durch ihr umfangreiches Engagement als „Feuilletonprofessoren“ zu wenig Zeit für ernsthafte Wissenschaft aufzuwenden. Nun mag man sagen, Hochschulrektor Kurt von Figura könnte als Biochemiker diese Art von Wissenschafts-PR etwas fremd sein, die bei Politologen eher zum Geschäft gehört. Vor allem aber bleibt die Frage offen, ob nicht auch andere Hochschulpräsidenten sich die diversen Meister der öffentlichen Präsenz wie Peter Sloterdijk, Bert Rürup oder Jürgen W. Falter vornehmen und danach befragen sollten, ob sie tatsächlich noch Zeit finden, selber zu forschen oder wenigstens aktuelle Forschung wahrzunehmen.
Die wahren Koryphäen der Geisteswelt haben es oft schwer, daneben zu bestehen. Das Interesse an Wissenschaft steigt, vielleicht wollen die Menschen auch nur wissen, was man da mit ihrem Geld alles anstellt und was dabei herauskommt. Viele Wissenschaftler tun sich schwer mit ihrem Anteil zu einem gelingenden „public understanding of science“, denn Hochtechnologie ist nun mal schwieriger als die Hitparade und damit nicht in 30 Sekunden zu erklären. Nur wenigen gelingt es so gut wie Harald Lesch, Astrophysiker aus München und Star des Nachtprogramms im Bayerischen Fernsehen. Er ist eine Art Wiedergeburt Hoimar von Ditfurths, zumindest wenn es um Sonne, Monde, Sterne und Galaxien geht. Lesch erhielt bereits den sogenannten Communicator-Preis für die beste allgemein verständliche Darstellung wissenschaftlicher Zusammenhänge. Ach ja, 50 000 Euro Preisgeld gab es auch.
All die anderen wissenschaftlichen Disziplinen müssen sich nun nicht verstecken, selbst wenn die Themen einfach zu verstehen sind. Gerade wenn es einfache Themen sind, ist die Aufmerksamkeit der Medien groß, solange es nicht zu wissenschaftlich wird. Dem kommen so manche Forscher entgegen durch die bewusste Wahl ihres Forschungsgegenstandes. Uns fiel da eine Untersuchung von Alfred Gebert auf, seines Zeichens promovierter Diplom-Psychologe und Professor an der Fachhochschule des Bundes in Münster. Er verfasste eine wissenschaftliche Untersuchung zu den unterschiedlichen Portemonnaie-Typen. Da gibt es den „Vorsichtigen“ mit dem „Luxus-Portemonnaie“, er hat nach Gebert einen extrovertierten und intelligenten Charakter, ist aktiv genauso wie herzlich, optimistisch und souverän. Er gibt gerne viel Geld aus und ist beruflich meist sehr erfolgreich. Wer von uns hätte schon gedacht, dass der Besitzer eines Luxus-Portemonnaies gerne viel Geld ausgeben würde, und wer hätte gedacht, dass Menschen, die viel Geld ausgeben können, oft auch beruflich erfolgreich sind? Oder nehmen wir in Geberts Aufstellung den „Perfektionisten“: Er hat den Inhalt seines Portemonnaies bestens sortiert, genau so organisiert er auch sein Leben. Das Portemonnaie ist häufig aus Kunstleder und die Perfektionisten legen wenig Wert auf Statussymbole. Ein Portemonnaie aus Kunstleder und dem Besitzer sind Statussymbole nicht wichtig! Aber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung war diese bahnbrechende Typologie immerhin eine ganze Seite wert. Unterstützt wurde die Untersuchung von einem Unternehmen, das sich mit dem Inhalt von Brieftaschen besonders gut auskennen sollte: der Kreditkartengesellschaft Visa.
Trotz solcher Beispiele orientieren wir alle uns immer wieder an Experten, wenn wir nicht mehr weiterwissen. Der amerikanische Psychologe Stanley Milgram stellte in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreiche Untersuchungen an. Er ließ Versuchspersonen an einem Experiment zum menschlichen Lernen teilnehmen. Zwei Personen trafen sich mit dem Versuchsleiter im Labor. Die Rollen wurden dann ausgelost, einer wird damit zum Lernenden als Versuchsperson und der andere wird zum Helfer des Versuchsleiters. Ziel des Experiments ist es, den Einfluss von Bestrafung auf das Lernen zu untersuchen. Die Versuchsperson nimmt im Nachbarraum Platz, um Zahlenreihen zu lernen. Der Helfer jedoch sitzt vor einer Apparatur, mit der er der lernenden Versuchsperson immer dann, wenn sie Fehler beim Lernen macht, Stromstöße verpassen muss. Und der Lernende macht auch immer wieder Fehler, und dafür bekommt er jedes Mal einen elektrischen Schlag. Immer stärkere Stromstöße, bedient mit einem Regler, der bis zu 450 Volt reicht – und das trotz inständiger Bitten der Versuchsperson, doch aufzuhören. Der Helfer will auch immer wieder aufhören, wird aber durch den Versuchsleiter strikt aufgefordert, mit dem Versuch wie vorher geplant weiterzumachen.
Wer jetzt glaubt, das könne alles doch gar nicht sein und würde nur von einzelnen Sadisten mitgemacht, der sollte sich hüten: Denn 65 Prozent der Teilnehmer an diesem Versuch sind bereit, dem Lernenden Elektroschocks bis zu 450 Volt – eine in jedem Fall tödliche Stromstärke – zu verpassen. Warum machen Menschen so etwas mit? Entscheidender Faktor für das Zustandekommen dieses Ergebnisses sind die Anwesenheit des Versuchsleiters und seine wissenschaftliche Autorität. Ohne seine Anwesenheit sind maximal drei Prozent der Helfer bereit, die Versuchsperson dem Stromlimit auszusetzen – die anderen brechen vorher ab, zum Teil schon sehr früh.
Wir sehen: Experten üben in der Tat einen starken Einfluss auf unser Handeln aus. Auf dieser Grundlage formuliert Bibb Latané seine Theorie der sozialen Wirkung. Darin postuliert er, dass sozialer Einfluss – wie der von Experten – immer durch die Faktoren Stärke, Nähe und Häufigkeit bestimmt wird. Die Stärke ist abhängig vom Status, den Fähigkeiten und der Verbindung zum Publikum.
Experten sind Autoritätsfiguren. Ärzte, Hochschullehrer, ganz allgemein Wissenschaftler, aber auch Geistliche und die Angehörigen einiger anderer Berufsgruppen genießen auf dieser Basis in unserer Gesellschaft einen hohen Status und ihnen werden besondere Kenntnisse zugeschrieben.
Je näher uns eine Quelle steht, desto größer ist ihre Wirkung. Und die Medien bringen uns die Experten sehr nahe. Sie sitzen beispielsweise vom Fernseher aus quasi in unserer Mitte im Wohnzimmer. Und ebenso sorgt das häufige Erscheinen in den Medien für eine Steigerung des sozialen Einflusses.
Wir steigern diese Wirkung noch durch entsprechende Symbole der Macht und Autorität. Ob es ein sichtbares Symbol wie die Kleidung oder eine teure Uhr ist, ebenso groß und wirksam können auch tragbare soziale Symbole sein wie Titel oder anerkannte Expertise – es reicht sogar die eines Starfriseurs, um in den Kreis der Wissenden zu kommen.
Schließlich ist es besonders ein psychologischer Effekt, der bei den Experten wirkt, der sogenannte Haloeffekt. Er beschreibt, dass wir uns von isolierten, aber prägnanten Merkmalen besonders stark beeinflussen lassen. Die Gesamtbeurteilung des Menschen verschiebt sich dann entsprechend in eine positive oder negative Richtung. Stößt der Bewerber im Gespräch beispielsweise seine Kaffeetasse um, dann werden wir diese Person nachher insgesamt als ungeschickt beschreiben – auch wenn es dafür sonst keine Anhaltspunkte gibt.
Genau dieser Haloeffekt ist auch einer der Gründe, warum Werbung mit Prominenten trotz vieler Zweifel doch wirkt. Wenn Steffi Graf uns Nudeln und Soße empfiehlt, Boris Becker eine Biersorte und Veronica Ferres den richtigen Mobilfunkanbieter, dann haben alle diese Menschen auf ihren jeweiligen Gebieten Hervorragendes geleistet. Deshalb neigen wir dazu, ihnen auch Kenntnisse auf anderen Gebieten zuzuschreiben, die mit ihren übrigen Erfahrungen gar nichts zu tun haben. Es muss also nicht ein bekannter Koch sein, der uns Pfannen empfiehlt, auch wenn er im Einzelnen viel mehr von dem Produkt verstehen würde.
Auch Journalisten sind vor dem Haloeffekt nicht gefeit. Im Magazin Focus finden wir eine Besprechung des Buches „Jenseits der Gier“: „Die dunkle Parabel der prominenten Politikberaterin Gertrud Höhler fasziniert ein konservatives Publikum“, titelt der Autor. Von den 142 Zeilen des Artikels sind ganze 18 Zeilen dem Inhalt und der Aussage des Buchs gewidmet. Ob der Verfasser das Buch gelesen hat, bleibt zumindest uns verborgen. Denn im Interview muss die Autorin ihm versichern, dass die münteferingschen Heuschrecken, aber auch raffgierige Politiker in ihrem Buch tatsächlich vorkommen. Zum Trost werden wir dann aber ausführlich darüber informiert, welche Musik im Adlon „aus Lautsprechern quillt“ (nämlich Ravels „Boléro“ von 1928), was die Schwarzwälder Kirschtorte kostet (7,50 Euro) und darüber, dass Verfasser und Autorin in einem „hortus conclusus“ unter einer bläulich schimmernden Jugendstilkuppel zu sitzen kamen. So wird Gier fast zur schönsten Nebensache der Welt.
Doch wie gehen Sie mit Experten aller Art am besten um, wenn Sie mit welchen zu tun haben? Der gebotene Respekt vor dem Fachwissen und der erworbenen Verdienste ist sicher gerechtfertigt. Ehrfurcht und blinder Glaube sind jedoch ebenso sicher fehl am Platz. Hinterfragen Sie die Basis sowie den Hintergrund der gemachten Aussagen und überprüfen Sie die qualitativen Voraussetzungen. Suchen Sie den kritischen Dialog – trauen Sie sich, höflich, aber bestimmt nach Belegen und Beweisen zu fragen. Überprüfen Sie, ob die Schlussfolgerungen berechtigt sind. Gerade einfache Fragen wie „Warum ist das so?“ und „Worauf stützen Sie Ihre Behauptungen?“ kommen für echte wie vermeintliche Experten oft ziemlich überraschend. Geben Sie sich dann mit Sätzen wie „Das ist gesichertes Fachwissen“ nicht zufrieden. Lassen Sie sich den Gedankengang und die zugrunde liegenden Annahmen erläutern. Und trauen Sie sich auch hier und prüfen Sie die „Expertise“ des Experten, stellen Sie auch diese gegebenenfalls zur Debatte. Es heißt zwar, es gebe nichts, wovon ein deutscher Professor nichts verstünde, dennoch kann seine Expertise auf einem ganz anderen Gebiet liegen als das Thema der Diskussion.
Wenn Sie nun aufgrund unserer Beschreibung zu der Auffassung kommen, ein Experte sei das Problem, dann können wir Sie beruhigen: Mehrere Experten zusammen sind ein noch viel größeres Problem. Denn gerade bei Fachleuten besteht die Tendenz innerhalb einer Gruppe, sich gegenseitig selbst zu bescheinigen, dass man alles richtig mache. Wird dann innerhalb der Gruppe etwas unterschiedlich gesehen oder taucht sogar Kritik auf, wird es implizit durch Druck auf die Konformität unterbunden – nach dem Motto „Wollen Sie uns allen etwa in den Rücken fallen?“ Dies stellte der Psychologe Irving Janis 1972 in einem Buch fest, das er als psychologische Studie über Entscheidungen und Fiaskos in der US-Außenpolitik verfasste. Janis prägte den Begriff Groupthink als Phänomen und analysierte es am Beispiel der Militärexperten und Berater John F. Kennedys bei der Invasion in der Schweinebucht auf Kuba. Es kam, wie es kommen musste. Was alle dachten, stimmte nicht. Als übervorsichtig eingeschätzte Berater hatten dagegen recht behalten. Die Invasion endete als Debakel.
„Frag die Fachleute – auf die ist Verlass!“
Wir neigen dazu, Experten zu vertrauen.
Wir achten meist mehr auf den Status als Experte verglichen mit den Ergebnissen der Arbeit des Experten.
Medien bauen oft Menschen aufgrund ihrer Ausstrahlung zu Experten auf.
Wir orientieren uns stark an dem, was andere akzeptieren.
Wenn uns die Gruppe sympathisch oder wichtig ist, nehmen wir auch falsche Aussagen hin.
Deshalb prüfen Sie:
Ist die Person wirklich Experte?
Prüfen Sie die Referenzen!
Expertise ist nicht generalisierbar – Kompetenz ist auf das Fachgebiet beschränkt.
Hat sich der Rat des Experten bereits in der Praxis bewährt?
Selbst Experten können irren – denken Sie selber nach!