Читать книгу Alfred Bekker Western Sonder-Edition - Ein Mann namens Bradford - Alfred Bekker - Страница 14
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Dunkel und drohend zogen sich Horizont die Wolken zusammen.
Sie richteten sich zu eindrucksvollen, finsteren Gebirgen auf. Dort oben rumorte es bereits ein wenig und es gehörte in diesem Moment nicht viel dazu, das Wetter für die nächsten Stunden vorherzusagen.
Eine kühle Brise wehte und trocknete Lawton den Schweiß.
Es wird ein Gewitter geben!, dachte er und schob sich den Hut in den Nacken. Die Rechte hielt er an einer Schnallen seiner Satteltaschen, die er sich über die Schulter gelegt hatte.
Die Sache ist ungünstig gelaufen!, überlegte er. Jemand wusste jetzt, dass er einen Batzen Geld mit sich herumtrug und das war nicht gut. So etwas weckte nur Begehrlichkeiten und konnte am Ende gar jemanden dazu verführen, ihm die Dollars abnehmen zu wollen.
So viele Dollars auf einem Haufen machten hungrig, das galt in Harlington nicht weniger, als anderswo.
Wenn es in einem Nest wie diesem einer weiß, dann wissen es alle!, wurde es ihm klar. Er würde also auf der Hut sein müssen, zumal es vielleicht auf Grund des Wetters notwendig sein würde, den Rest des Tages (und möglicherweise auch die Nacht) in dieser Stadt zu verbringen. Wenn es wirklich ein Gewitter gab, dann würden sich die Wege in Sümpfe verwandeln. Es war niemandem, der gerade ein Dach dem Kopf hatte, zu empfehlen, unter solchen Bedingungen weiter zu reiten!
Ein dumpfes Grollen war in diesem Moment zu vernehmen.
Lawton spürte die ersten Tropfen fallen und nahm den Hut ab.
Dann blickte er nach oben.
Die Nässe war erfrischend.
Als er wenige Augenblicke später die Schwingtüren des Saloons passiert hatte, fühlte er mehr als ein halbes Dutzend Augenpaare auf sich gerichtet.
Lawton sah Will Rankine vor einem leeren Glas sitzen und nickte ihm zu. Der Alte nickte zurück.
Auch der Rothaarige, den er bei Stokes getroffen hatte - Dray - war bei diesen Männern. Auf die anderen achtete er kaum. Er nahm nur noch wahr, dass einer von ihnen einen Blechstern trug.
Die Männer ließen ihn keine Sekunde aus den Augen. Sie starrten ihn wortlos an, während er sich zu Rankine an die Theke stellte und den Barkeeper dazu veranlasste, ihm einen Drink einzuschenken.
Draußen hatte es unterdessen zu donnern begonnen. Es goss in Strömen. Kein Gedanke mehr daran, heute noch weiter zu reiten.
"Ziemlich schweigsam, die Leute hier", meinte Lawton an Rankine gewandt. "Sie sind doch öfter hier. Sind die immer so?"
"Nein, erst seitdem Sie den Raum betreten haben, Lawton." Der Alte ließ ein albernes Kichern hören. "Vor wenigen Sekunden hat hier noch eine sehr angeregte Unterhaltung stattgefunden!"
Lawton drehte ein wenig den Kopf und unterzog den rothaarigen Dray einer abschätzigen Musterung.
Er wird seinen Zechbrüdern alles brühwarm erzählt haben, was er bei Stokes gesehen hat!, dachte er.
Es war nicht mehr zu ändern.
Kein Zweifel, sie wussten es alle und jetzt warteten sie ab - wie Geier in der Prärie, die es kaum abwarten konnten, sich auf ein Aas zu stürzen.
Lawton sah das Funkeln in den Augen der Männer.
"Dray behauptet, Sie hätten die Satteltaschen voller Geld!", brach Logan schließlich das Schweigen, nachdem klar war, dass Dray dazu nicht den Mut haben würde.
Lawton tat, als hörte er das nicht und gab keine Antwort.
"Ich habe Sie etwas gefragt!", sagte Logan.
Seine Stimme hatte einen deutlich feindseligen Unterton.
Lawton legte den Hut auf die Theke.
"Ich denke aber nicht daran, Ihnen zu antworten, Mister!"
In diesem Moment schnellte Dray blitzschnell vor und riss ihm die Tasche von der Schulter. Hastig taumelte er zurück, während seine Hände den Verschluss öffneten und ein Bündel mit Dollars hervorholten.
"Hier!", rief er triumphierend. "Na, habe ich zuviel versprochen, Leute?"
Das Klicken eines Revolverhahns durchschnitt die Luft und Dray erstarrte. Als er in Lawtons Richtung schaute, blickte er direkt in dessen Revolvermündung und wurde bleich.
"Die Tasche her!", lautete der knappe Befehl des Fremden.
Dray schluckte und warf einen kurzen Blick zu den anderen.
Er wirkte unschlüssig.
Vielleicht überlegte er einen Moment lang, zum Revolver an seiner Seite zu greifen, aber in der einen Hand hielt er die Satteltaschen, in der anderen das Bündel mit Geldscheinen.
Seine Aussichten, den Colt aus dem Holster zu reißen, den Hahn zu spannen und abzudrücken, bevor der Fremde seinen Zeigefinger bewegt und geschossen hatte schätzte er als zu gering ein, um sich auf solch ein selbstmörderisches Spiel einzulassen.
"Na, los!", setzte Lawton mit Nachdruck hinzu. "Wird's bald?"
"Gib dem Mann seine Sachen zurück!", befahl jetzt der Sheriff, während Dray etwas Unverständliches vor sich hin knurrte. Dann steckte er das Dollarnotenbündel wieder in die Tasche und warf sie Lawton vor die Füße.
"Da!"
Lawton steckte die Waffe ein und hob die Satteltaschen auf, um sie sich anschließen wieder über die Schulter zu legen.
Der Sheriff trat jetzt näher an Lawton heran.
"Mein Name ist Miller", erklärte er. "Wie Sie an diesem Abzeichen hier sehen können, bin ich in dieser Stadt für die Einhaltung der Gesetze verantwortlich!"
"Warum sagen Sie mir das?", brummte Lawton. "Habe ich etwa gegen ein Gesetz verstoßen?"
"Nein."
"Na also!"
"Wer sind Sie, Mister? Verstehen Sie mich nicht falsch, aber wenn jemand mit einer Tasche voller Geld durch die Gegend zieht, dann ist ein gewisses Misstrauen angebracht!"
Lawton nickte.
"Verstehe. Sie denken, ich habe eine Bank geleert oder so etwas." Er lachte heiser. "Mein Name ist Jim Lawton. Ich glaube nicht, dass Sie mich auf irgendeinem Ihrer Steckbriefe finden werden!"
Sheriff Miller schüttelte den Kopf und machte ein nachdenkliches Gesicht.
"Nein", musste er zugeben. "Mir ist von keinem Mann dieses Namens bekannt, dass er wegen irgendeines Verbrechens gesucht würde..."
"Sehen Sie!"
"Na ja...", schränkte Miller dann ein. "Das allein will noch nicht allzu viel heißen. Schließlich dauert es oft ziemlich lange, bis so ein Steckbrief in einer Stadt wie Harlington ankommt... Es ist sogar schon vorgekommen, dass die Gesuchten längst gehenkt waren, als der entsprechende Steckbrief auf meinem Schreibtisch landete!"
"Geben Sie's auf, Sheriff!", erwiderte Lawton kühl. "Wenn Sie etwas Greifbares gegen mich vorliegen haben, können Sie mich gerne behelligen. Aber bis dahin lassen Sie mich bitte in Ruhe!" Der sarkastische Unterton war nicht zu überhören. Sheriff Miller runzelte die Stirn.
"Der kann Ihnen doch alles mögliche erzählen!", rief Dray aufgebracht. "Fragen Sie ihn doch, woher er das lausige Geld hat, verdammt noch mal!"
"Nun?", fragte Miller. "Woher haben Sie es?"
"Geerbt."
Dray brach in schallendes Gelächter aus.
"Das ist doch die dümmste Story, die ich je gehört habe!"
"Pah! Kann man wohl sagen!", rief Logan dazwischen.
"Habt Ihr irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht stimmt?", fragte Miller.
Die Männer schwiegen, wechselten einen unschlüssigen Blick miteinander und wandten sich dann ihren Gläsern zu.
Miller wandte sich an Lawton: "Wie Sie schon sagten: Ich kann nichts gegen Sie vorbringen, Mister! Aber selbst wenn das Geld wirklich rechtmäßig Ihnen gehört, wäre es besser, wenn Sie nicht allzu lange in Harlington bleiben würden. Sie sehen ja, was allein die Tatsache, dass Sie mit einer solchen Summe herumlaufen, in den Köpfen mancher Menschen anzurichten im Stande ist."
"Ja, des ist nicht zu übersehen."
"Ich will keinen Ärger, Lawton. Verschwinden Sie so bald wie möglich!"
"Mach ich. So einladend ist Ihre Stadt nun auch wieder nicht." Er deutete nach draußen, wo der Regen hernieder prasselte. "Ich wäre am liebsten gleich weitergeritten, aber das Wetter hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Morgen früh werde ich aufbrechen!"