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Kapitel 2: Ein Commander namens Reilly

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Du bist lange nicht hier gewesen, dachte Commander Willard J. Reilly, als er den großen, Licht durchfluteten Raum betrat. Von der Fensterfront aus hatte man einen beeindruckenden Panoramablick auf das Meer und die Bucht von Tanger, Erde. Die Sonne ließ die gekräuselte Wasseroberfläche wie Myriaden von Perlen glitzern. Eine sanfte Brandung erzeugte ein allgegenwärtiges und sehr charakteristisches Rauschen. Spezielle akustische Rezeptoren übertrugen dieses Rauschen eins zu eins ins Innere des Hauses, das den arabischen Namen Dar-el-Reilly trug.

„Es ist schön, dass du auch da bist!“, sagte eine wohl vertraute Stimme in Willard Reillys Rücken.

Er drehte sich herum.

„Dan!“, stieß er hervor. Willard grinste. „Oder muss ich dich neuerdings Bruder Daniel nennen?“

„Angemessen wäre es“, erwiderte der junge Mann mit den leicht gelockten, dunklen Haaren. Der Blick seiner meergrünen Augen wirkte ungewöhnlich intensiv und schien alles zu durchdringen.

Dan Reilly hatte sich vor kurzem dem Wissenschaftlerorden der Olvanorer angeschlossen, nachdem er bereits einige Jahre an der Brüderschule des Ordens auf Sirius III studiert hatte. Diese Brüderschule war die Universität im Bereich der Humanen Welten, die in Bezug auf die Erforschung extraterrestrischer Kulturen das mit Abstand größte Ansehen besaß. In erster Linie war sie für Mitglieder des Ordens bestimmt, die danach zu Expeditionen in die Weiten des Alls aufbrachen – getrieben von einem friedlichen Forscherdrang, der fremde Kulturen in erster Linie zu verstehen und nicht zu verändern versuchte. Oft harrten Gruppen von Olvanorern jahrelang in Forschungscamps auf abgelegenen Welten aus, um die Sitten und Gebräuche von Spezies zu studieren, die sowohl der kommerziellen als auch der militärischen Weltraumforschung als schlicht und ergreifend zu unbedeutend erschienen, um sich näher mit ihnen zu beschäftigen.

Aber inzwischen kam es immer häufiger dazu, dass das sowohl das Space Army Corps of Space Defence als auch die Raumhandelsabteilungen großer Konzerne auf das Wissen des Ordens zurückgriffen und sich von Olvanorer-Brüdern beraten ließen.

„Für mich wirst du immer Dan bleiben!“, meinte Willard. Die graubraune Kutte, die sein Bruder jetzt trug, war für ihn gewöhnungsbedürftig.

Zwar gab es auch an Bord der STERNENKRIEGER, dem Leichten Kreuzer, den Willard Reilly kommandierte, mit Bruder Padraig einen Olvanorer-Berater, mit dem Willard stets gut zusammengearbeitet hatte, aber seinen Bruder in dieser Kleidung zu sehen, war doch etwas anderes. Er folgt einer bestimmten Idee, einem Plan, den er sich für sein Leben gemacht hat. Genau wie ich, auch wenn sich unsere Pläne gewiss etwas unterscheiden, dachte Willard. Es ist nichts dagegen einzuwenden. Das Problem ist nur, dass unsere Eltern wohl ganz andere Pläne für uns hatten und es spätestens jetzt wohl klar sein dürfte, dass keiner von uns diese Pläne je erfüllen wird…

Vielleicht war dies der tiefere Grund dafür, dass Commander Willard J. Reilly stets ein gewisses Unbehagen empfand, wenn er die lichten Hallen des Dar-el-Reilly in Tanger, Erde, betrat – einem Ort, den er früher einmal als eine Heimat bezeichnet hätte.

Eric Reilly war als junger Mann nach Tanger gezogen, weil er dort günstig Grund und Boden für die Hangarhallen seiner Raumboote bekommen konnte, mit denen er eine Frachtlinie aufbauen wollte. Das Geschäft war gut angelaufen. Zunächst hatte Reilly Ltd. lediglich innerhalb des Sonnensystems operiert. Die Versorgung der Prospektorensiedlungen auf den planetengroßen Objekten des Kuiper-Gürtels wie Sedna oder Quor war ein einträgliches Geschäft gewesen und hatte Eric Reilly schließlich ermöglicht, eine Sirius-Linie einzurichten, die auch heute noch das wichtigste Standbein der Firma darstellte.

Zwischenzeitlich hatte Eric Reilly eine junge Frau kennen- und lieben gelernt: Jarmila Delarondou. Sie gehörte der traditionsbewussten arabischen Minderheit an, die hier lebte. Als Jarmila Reilly wurde sie die Mutter dreier Söhne: Willard, Dan und Eric Junior, der von allen in der Familie oft auch einfach nur „Nummer Zwei“ genannt wurde, da er offiziell als Eric Reilly II eingetragen worden war.

Altersmäßig lag Eric II genau zwischen dem zweiunddreißigjährigen Willard und dem fünfundzwanzigjährigen Dan.

Der Kontakt zu Eric II war allerdings seit Jahren abgebrochen. Er hatte Biochemie und Genetik auf Genet studiert und war anschließend in die Dienste des TR-Tec-Konzerns getreten, von dem seit langem bekannt war, dass er die strengen Gentechnik-Gesetze, die innerhalb des Machtbereichs der Humanen Welten galten, zu unterlaufen versuchte. TR-Tec unterhielt auf eigenen, auf Firmenkosten erschlossenen Welten, geheime Labors. Ganze Forscher-Städte waren dort errichtet worden. Und nur ein Bruchteil dessen, was dort geschah oder sich zumindest vorbereitete, drang nach außen.

Der Konzern wollte offensichtlich seine Ruhe haben und sein politischer Arm in Gestalt seiner unermüdlichen Lobbyisten schien stark genug zu sein, das Gesetz an entscheidenden Stellen zu schwächen, da es die Ausübung der freien Forschung behindere.

„Hast du etwas von Nummer Zwei gehört?“, fragte Willard an Dan gerichtet.

„Du solltest ihn nicht so nennen, Willard.“

„Tut mir leid.“

„Vielleicht ist das der Grund, weshalb er es bislang noch nicht geschafft hat, selber irgendetwas Vernünftiges aufzubauen!“, glaubte Dan Reilly.

„Ich bin überzeugt davon, dass es unserem Bruder durch seine Festanstellung bei TR-Tec möglich ist, sich sein Leben so einzurichten, wie er das für richtig hält, Willard.“

„Ja, vielleicht hast du Recht. Auch wenn ich die Dinge, die er tut, nicht wirklich billigen kann.“

„Hast du dich je genauer damit beschäftigt, was das Leben im Innersten wirklich zusammenhält und bestimmt? Unser Bruder, den wir oft so despektierlich Nummer Zwei genannt haben, ist zumindest auf seinem Gebiet inzwischen eine Nummer Eins geworden, wenn du verstehst, was ich meine!“

„Vollkommen“, erklärte Willard. „Es wundert mich nur, dass ausgerechnet du ihn verteidigst.“

„Tue ich das?“ Dan hob die Augenbrauen.

„Jedenfalls kann ich mich erinnern, dass du sehr vehement gegen die Positionen der Genetics gewettert, wie sie auf den Welten der Drei Systeme propagiert werden, die vom TR-Tec-Konzern besiedelt worden sind!“

Genetics – dieser Begriff bezog sich einerseits auf die Bewohner des Planeten Genet, dem wirtschaftlichen Zentrum der Drei Systeme, in denen die Bundesgesetze der Humanen Welten zur Gentechnik mehr oder minder offen boykottiert oder unterlaufen wurden. Er bezeichnete allerdings zunehmend auch jene Menschen, bei denen gentechnische Modifikationen vorgenommen worden waren. Irgendwann, so sagten Beobachter, würde die politische und wirtschaftliche Kluft zwischen den Drei Systemen und den Humanen Welten so groß werden, dass der Bruch unvermeidlich war.

Vielleicht war es das allgemeine Gefühl einer latenten Bedrohung, die dies bisher verhinderte. Schließlich war seit der ersten Mission der Raumschiffe STERNENKRIEGER und JUPITER im so genannten Niemandsland klar, dass jenseits dieser weitgehend unbekannten Raumzone ein gefährlicher Feind lauerte – das Heilige Imperium der vogelähnlichen Qriid, über die man im Moment kaum mehr wusste, als dass sie aus offenbar religiösen Gründen ständig expandierten. Sie trieben die Grenzen des Imperiums vor sich her und überzogen System für System mit einem bisher auf galaktischer Bühne beispiellosem Eroberungskrieg.

Es war nur eine Frage der Zeit, wann sich dieses Imperium zu einem direkten Kontrahenten der Humanen Welten mausern würde. Eine Kraft, die sich der Übermacht des Imperiums entgegenzustellen vermochte, war weit und breit nicht in Sicht. Das so genannte Niemandsland wurde von Völkern besiedelt, die sich zum überwiegenden Teil noch im Anfangsstadium des überlichtschnellen Raumflugs befanden, sofern sie ihn überhaupt entwickelt hatten. Erste Kolonisierungsversuche hatten inzwischen im Alistair-System, nur etwa zehn Lichtjahre von der bisherigen Grenze jener Raumkugel mit einem Radius von fünfzig Lichtjahren entfernt, die die Menschheit als ihr Einflussgebiet betrachtete, stattgefunden.

Die arachnoiden Wsssarrr, auf die Reilly und seine Crew vor zwei Jahren stießen, waren selbst Flüchtlinge vor den unbarmherzigen Eroberern.

Die letzten zwei Jahre hatten die Humanen Welten dazu genutzt, um sich zu wappnen. Nur wenige Vorstöße waren ins Niemandsland unternommen worden – und dann auch nie über die magische Marke von 15 Lichtjahren hinaus. Schließlich wollte man nicht über Gebühr auf sich aufmerksam machen. Vielleicht hoffte man auch darauf, dass der Expansionsdrang der Vogelartigen irgendwann von ganz allein zum erliegen kam.

Eine Hoffnung, die trügerisch und durch nichts zu begründen war.

Aber dieser permanente, außenpolitische Druck sorgte zweifellos dafür, dass einerseits die drei Systeme alles unterließen, um es zu einem Bruch kommen zu lasse, während andererseits der Hohe Rat der Humanen Welten nur halbherzig die Einhaltung der Bundesgesetze einforderte und stillschweigend so manches tolerierte, was eigentlich nicht hätte toleriert werden.

„Ich habe Eric II niemals verteidigt“, widersprach Dan, nachdem er einige Augenblicke lang auf das Meer hinaus geblickt hatte. „Schließlich widersprechen seine Ansichten meinen Wertvorstellungen und meinem Glauben beinahe diametral. Für mich ist der Mensch ein Geschöpf Gottes – und nicht eine verbesserungswürdige, biologische Maschine, die man mit ein paar Ersatzteilen so optimieren kann, wie es gerade den Gewinninteressen irgendwelcher Konzernoberen entspricht!“

„Harte Worte“, erwiderte Willard Reilly. „Und was ist mit dem medizinischen Fortschritt, der dadurch erreicht wird? Dem Leiden, dass die Ärzte von Genet, die heute zu den besten innerhalb der Humanen Welten gehören, zu lindern vermögen?“

„Wir wiederholen unsere Diskussionen von frühe!“, gab Dan zurück. „Aber ich glaube nicht, dass du deshalb hier her gekommen bist!“

Dan bedachte Willard mit einem Blick, der zu sagen schien: Ich weiß alles über dich. Jeder Gedanke, der dir nur flüchtig durch das Gehirn zu schnellen scheint, jede Regung, jedes Gefühl…

Manchmal war es Willard regelrecht unheimlich vorgekommen, dass Dan stets genau zu wissen schien, was in seinem Gehirn vor sich ging, wie er sich fühlte und was er als nächstes sagen würde. Die Erklärung dafür sah Willard in seiner sehr wachen Beobachtungsgabe, die seinen Bruder auszeichnete. Allerdings hatte sich diese Begabung, Menschen einzuschätzen und mitunter sogar ihre Verhaltensweisen vorherzusagen, noch deutlich verstärkt, seit Dan Reilly sich ein Herz gefasst und dem Orden der Olvanorer beigetreten war.

Nein, dachte Willard. Beigetreten ist nicht das Wort, das hier passend wäre. Aber wie sollte man es sonst ausdrücken? Zu sagen, er hätte seinem Beitritt schließlich zugestimmt wäre wohl passender – aber das klingt ziemlich seltsam!

Dan hatte Willard einmal anvertraut, dass es umgekehrt gewesen war. Der Orden war auf ihn aufmerksam geworden. Nachdem eine gewisse Zeit vergangen war und er sich diversen spirituellen Prüfungen unterworfen hatte, war aus Dan Reilly schließlich Bruder Daniel geworden.

Willard erinnerte sich noch an die Einsegnungsfeier auf Sirius III, an der auch Verwandte und Freunde hatten teilnehmen können. Eric Reilly senior und seine Frau Jarmila hatten sich entschuldigt. Angeblich waren sie beide unabkömmlich, da die Eric Reilly Ltd. in Verhandlung mit einem wichtigen Kunden stand, der eine firmeninterne Frachtlinie nach Alpha Centauri einrichten wollte.

Willard vermutete jedoch, dass der Grund für die Abwesenheit der beiden ein anderer gewesen war. Nachdem ihre beiden ältesten Söhne Willard und Eric II. relativ früh klargemacht hatten, dass sie sich ein Leben als Betreiber einer Raumfrachtfirma einfach nicht vorstellen konnten, waren mit Dans Einsegnung ihre Hoffnung, dass doch noch einer der Reilly-Söhne die Firma eines Tages übernehmen würde, vollends gestorben.

Für Dad muss das ein schwerer Schlag gewesen sein!, dachte Willard. Vielleicht schwerer, als wir alle ahnten.

Er hatte sich in der Folgezeit wenig anmerken lassen.

Immerhin, so hatte er bei der nächsten Familienzusammenkunft anlässlich von Jarmilas Geburtstag gewitzelt, seien die Olvanorer ja wenigstens kein Orden, der das Zölibat praktiziere, sodass noch Hoffnung auf Enkelkinder bestehe, die das Erbe eines gut gehenden Raumfrachtgeschäfts vielleicht besser zu würdigen wüssten.

„Wie lange wirst du bleiben?“, fragte Dan.

„Bis übermorgen“, antwortete Willard.

„Nicht länger?“

„Ich muss wieder an Bord meines Schiffes. Der Geburtstag meiner Mutter ist nicht unbedingt etwas, wofür man eine wichtige Mission aufschieben könnte. Ich habe mit Lieutenant Commander Soldo eine sehr guten Ersten Offizier – und nur deswegen konnte ich meinen Urlaub noch um einen Tag verlängern.“

„Natürlich.“

Er weiß, dass das nicht stimmt, dachte Willard Reilly. Ihm ist bewusst, dass der wahre Grund für meinen frühen Aufbruch darin zu suchen ist, dass ich mir nicht dauernd sagen lassen möchte, wie schön es wäre, wenn ich in die Geschäftsführung von Reilly Ltd. einstiege… Es ist wohl unvermeidlich, dass Dad auf diesen Punkt zu sprechen kommen wird…

Aber Willard J. Reilly hatte nun einmal einen anderen Weg gewählt. In dem Moment, als er die anthrazitfarbene Uniform des Space Army Corps zum ersten Mal angelegt hatte, war ihm klar gewesen, dass es kein Zurück gab. Es genügte ihm einfach nicht, immer wieder die Linie Sirius-Sol-System zu fliegen. Ihn drängte es nach mehr. Und er wollte außerdem etwas tun, das für die Menschheit wichtig war – und nicht nur für ihn selbst.

Finanziell war diese Entscheidung zugunsteten des Space Army Corps mit Sicherheit ein Fehler gewesen. Aber materieller Wohlstand war nicht alles, so fand er. Und immerhin in dieser Hinsicht schien sich die Einstellung aller drei Reilly-Söhne auf frappierende Weise zu ähneln.

„Wir werde es durchstehen“, sagte Dan. Sein Tonfall war zwar sanft und er sprach leise. Dennoch drückten seine Worte in diesem Augenblick eine Stärke aus, die Willard seinem jüngeren Bruder früher niemals zugetraut hätte. Dan lächelte. „Eine Kutte, eine Uniform… Ich glaube der Unterschied ist für Dad gar nicht so groß, fürchte ich.“

„Da dürftest du wohl Recht haben!“

Er hat ausgesprochen, was ich dachte!, ging es Willard durch den Kopf. Es ist frappierend. Manchmal fragte ich Willard, ob diese Fähigkeit tatsächlich durch eine genaue Beobachtungsgabe zu erklären war.

Willards Gedanken wirbelten flashbackartig zurück in die Vergangenheit.

Diese Fähigkeit, die emotionale Verfassung anderer Menschen unmittelbar zu erfassen, hatte sich bei Dan schon früh entwickelt. Als Kind hatte er immer genau gewusst, wann es keinen Sinn hatte, Mum oder Dad um irgendetwas zu fragen. Er hatte das dem älteren Willard auch gesagt, aber dieser hatte natürlich in der Regel nicht auf den Jüngeren gehört.

Die Ausbildung, die Dan später auf seinem Weg zur Einsegnung als Olvanorer-Bruder durchlaufen hatte, musste dafür verantwortlich sein, dass sich diese Fähigkeit noch verstärkte.

Für einen Moment erschienen Szenen von der Einsegnungsfeier in den erhabenen Mauern des Klosters Saint Arran auf Sirius III vor Willards innerem Auge. Er dachte immer mit gemischten Gefühlen an diese Feier. Ein Grund dafür war, dass er in den Reihen der Kuttenträger das Gesicht eines Mannes wieder erkannte, den er bereits viele Jahre zuvor einmal gesehen hatte. Der Mann hatte graue Haare. Sein Alter war schwer zu schätzen gewesen. Die Haut hatte Willard an gegerbtes Leder erinnert. Hoch stehende Wangenknochen und ein spitz zulaufendes Kinn waren außerdem heraus stechende Kennzeichen dieses wie in braunes Holz geschnitzt wirkende Gesicht gewesen.

Der Blick dieses Mannes hatte zuerst auf dem Novizen Dan Reilly geruht, der sich gerade anschickte, Bruder Daniel zu werden, hatte dann aber Willards Blick bemerkt und ihn für eine volle Sekunde auf eine Weise erwidert, die dem damals frisch gebackenen Kommandanten der STERNENKRIEGER eisige Schauder über den Rücken getrieben hatte.

Du brauchst nur an jenen Moment zu denken und das Gefühl ist wieder da!, durchfuhr es Willard Reilly. Ein unerklärliches Unbehagen, gemischt mit dem Wissen, dass da ein Geheimnis war…

Ein Geheimnis, dessen wahre Natur Willard nicht einmal zu erahnen vermochte.

„Du denkst an den Mann, von dem du annimmst, dass er uns beide als Kinder beobachtet hat, als wir draußen spielten.“ Es war eine Feststellung, die da gelassen über Dan Reillys Lippen ging und keine Frage.

Willard musste unwillkürlich schlucken.

„Ja“, gab er zu. „Du erinnerst dich wirklich nicht an ihn?“

„Nein, ich war zu klein.“

„Ich habe dir den Mann nach der Einsegnungsfeier beschrieben.“

„Ja, ich weiß. Eine markante Erscheinung.“

„Du hast inzwischen seinen Namen herausgefunden?“

„Was hat das für eine Bedeutung, Willard?“

„Man könnte ihn fragen, weshalb er uns damals beobachtete. Er trug keine Kutte, aber ich bin mir sicher, dass…“

„Das Bewusstsein spielt einem manchmal schon eigenartige Streiche“, unterbrach Dan seinen älteren Bruder.

Warum tut er das?, fragte sich Willard. Ist das seine Art, mir auf besonders diplomatische Weise klar zu machen, dass er darüber nicht sprechen will? Vermutlich… Aber wo steht geschrieben, dass ich so sensibel und feinfühlig sein muss wie er?

„Der Mann trug damals keine Kutte, sondern eine ganz gewöhnliche, zivile Kombination!“

„Unsere Kutte gehört ebenfalls zur Zivilkleidung“, sagte Dan. „Und wenn du genau hinschaust, dann wirst du sehen, dass sie sich keineswegs wie ein Ei dem anderen gleichen, so wie eure Uniformen.“

Er will mich von diesem Thema ablenken!, dachte Willard. Aber in dieser Hinsicht wollte er Dan diesmal nicht auf den Leim gehen. Nein, diesmal nicht!

„Ich habe dich das nie gefragt, aber kann es sein, dass der Orden seine Mitglieder aussucht und sie vielleicht schon in einem sehr frühen Stadium ihrer Entwicklung beobachtet?“

„Es wird viel über unseren Orden erzählt“ erwiderte Dan. „Manches davon ist wahr, anderes nichts als eine Legende.“

„Und wie ist es in diesem Fall?“

Die Erinnerung stieg erneut in Willard J. Reilly empor.

Dieser Blick, mit dem der grauhaarige Mann uns damals musterte!

„Ich verstehe dein Interesse“, sagte Dan schließlich. „Dieser Mann – wer immer er auch gewesen sein mag – hat uns beide angesehen. Aber ich wurde schließlich ein Ordensbruder und jetzt fragst du dich, was ich dir voraushaben könnte. Aber das ist eine destruktive Sichtweise, die nur innere Zweifel daran nährt, den richtigen Weg gegangen zu sein.“

Willard hatte den Mund bereits geöffnet, um etwas zu erwidern. Aber kein einziges Wort kam ihm über die Lippen. Er bemerkte die Schritte, sah aus den Augenwinkeln heraus, wie sich eine Tür geöffnet hatte und die Gestalten zweier Menschen eintraten.

Eric Reilly I. und seine Frau Jarmila Reilly hatten den Raum betreten und das Gespräch der Brüder erstarb.

Vielleicht hat unser Bruder Eric II. am klügsten gehandelt, in dem er einfach zu diesem Anlass keinen Flug von Genet zur Erde gebucht hat!, überlegte Willard.

Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane

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