Читать книгу Ruhrpott, Venedig, Tanger - tot! 3 Krimis - Alfred Bekker - Страница 49
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Im Ruhrgebiet, Sommer 1982
Die junge Frau wurde ungeduldig: »Nun, wie ist es? Haben Sie Zeit?« Nach der Stimme konnte ich sie mir gut vorstellen: jung, selbstbewusst, energisch, aktiv, kein Mensch, der viel Geduld besaß. Leise seufzend nahm ich den schweißfeuchten Hörer in die andere Hand: »Um was geht es denn?«
»Das würde ich Ihnen lieber in einem persönlichen Gespräch erzählen.«
»Ja, aber in großen Zügen müssen Sie’s mir schon am Telefon sagen.«
Am anderen Ende blieb es einen Moment still. Dann brach es aus ihr heraus: »Ich habe heute meine Schwester begraben. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt und hat Selbstmord begangen. Das behauptet wenigstens die Polizei. Aber ich glaube das nicht, nie und nimmer. Für mich war das Mord, und Sie sollen den Mörder finden.«
Nachdenklich starrte ich zum weit geöffneten Fenster hinaus. Auf den Tennisplätzen gegenüber herrschte reger Betrieb; die dicht belaubten alten Platanen versperrten zwar die Sicht, aber man hörte die Zurufe und das dumpfe, regelmäßige Plopp der Tennisschläger. Für die Spieler hatte am Freitagnachmittag um vier Uhr bereits das Wochenende begonnen, und wenn es nur nach mir gegangen wäre, hätte ich auch schon längst das Büro geräumt. Seit Tagen stand die Luft in der Stadt, stickig, schmutzig, klebrig-feucht. Die Leute flüchteten sich in die Schwimmbäder.
»Hallo, sind Sie noch dran?«
»Wenn es Mord war, ist die Polizei zuständig«, wehrte ich ab.
»Aber ich sage Ihnen doch, die Polizei hält es für Selbstmord. Sie hat den Fall abgeschlossen.«
»Dann weiß ich nicht, was ich da noch machen soll.«
»Herrgott!«, sagte sie scharf. »Sind Sie immer so schwer von Begriff? Nachforschen sollen Sie, recherchieren – so heißt das doch? Sind Sie nun Privatdetektiv oder nicht?«
Langsam ärgerte mich ihr Ton. »Natürlich kann ich nachforschen. Aber wenn die Polizei sagt, es war Selbstmord, dann war es Selbstmord. Darauf können Sie sich verlassen, und falls Sie mich jetzt engagieren, um den angeblichen Mörder Ihrer Schwester zu finden, schmeißen Sie nur Ihr Geld zum Fenster hinaus. Was Sie mit Ihrem Geld anstellen, kümmert mich nicht, aber ich nehme grundsätzlich keine unlösbaren Aufträge an.« Wütend schnaufte ich. »Ich verplempere nicht gern meine Zeit.«
Plötzlich lachte sie. »Das hat Herr Martens auch gesagt.«
»Wer?«
»Herr Martens, ein Kriminalbeamter. Ich glaube, er ist Leiter der Mordkommission, nicht wahr? Er hat mir Ihr Büro empfohlen.«
»Wie bitte?«
»Ja, ich habe ihm sehr deutlich erklärt, dass ich mit der Selbstmordtheorie nicht einverstanden bin, und wenn die Polizei sich damit zufriedengebe, würde ich Privatdetektive anheuern, und wen er mir da empfehlen könne.«
»Und er hat uns vorgeschlagen?«
»Sag ich doch – deswegen hab’ ich Sie ja angerufen.«
Das verschlug mir erst einmal die Sprache. Ausgerechnet Hauptkommissar Martens, Leiter der Essener Mordkommission, sollte uns empfohlen haben, die Privatdetektei Peter Altmann & Walter Müller, uns, seine langjährigen Intimfeinde? Welche hinterlistige Teufelei hatte er da wieder ausgeheckt?
»Hallo, Herr Altmann«, unterbrach sie meine Grübelei, »sind Sie eigentlich mundfaul?«
»Nein«, fuhr ich sie an, »ich überlege gerade, das kommt bei mir gelegentlich vor, auch wenn Sie’s stören sollte.«
»Aha!«, machte sie trocken. »Und über was denken Sie nach?«
»Dass Martens unsere Detektei genannt hat, muss nicht unbedingt ein Kompliment für uns sein.«
Sie kicherte schadenfroh: »Dasselbe hat Herr Martens auch gesagt. Er kann Sie nicht leiden, was?«
»Das ist noch sehr vornehm ausgedrückt.«
»Ach, so läuft das. Trotzdem: Nehmen Sie den Auftrag an?«
Wieder zögerte ich, bis sie leise stöhnte.
»Also schön – Herr Martens hat mich schon gewarnt, dass Sie nicht gleich Feuer und Flamme sein würden. Aber er bietet Ihnen Folgendes an: Sie rufen ihn an, lassen sich erklären, was die Polizei denkt und weiß, und dann sprechen wir noch einmal miteinander. Ist das ein faires Angebot?«
»Okay«, willigte ich ein.
»Danke!«, sagte sie schnell und diktierte mir ihre Telefonnummer.