Читать книгу Krimi Doppelband 2211 - Alfred Bekker - Страница 10

4

Оглавление

Oberstaatsanwalt Karl Rahmeier sah im Gesicht genauso zerknittert aus, wie es sein grauer Anzug war. »Borgmann!«, keuchte er. Wie sehr er mit der Fassung rang, war schon daraus zu ersehen, dass er mich »Borgmann« nannte. Ohne »Herr«.

Ich sah ihn an. Irgendwie tat er mir Leid. Karl Rahmeier war erkältet wie Karaschewski. Seine kleinen, etwas schräg stehenden Augen, die hinter einer randlosen Brille lauerten, tränten. Die Nase war rot wie die eines diplomierten Trinkers. Aber der Herr Oberstaatsanwalt trank nicht. Vielleicht heimlich, denn ich hatte ihn noch nie mit einem Glas in der Hand erwischt. Man hatte ihn aus Berlin herbeordert, um seinen »Bundesbullen« an die Kandare zu nehmen.

»Borgmann!«

»Sir?«

Er wollte schniefen, erinnerte sich an seine Stellung und die gute Kinderstube und unterließ es.

»Lassen Sie den Quatsch, Herr Borgmann.« Er war wirklich total von der Rolle. »Was glauben Sie eigentlich …«

»Nichts!«, sagte ich. »Oder doch wenigstens nicht genug, als dass es sich lohnte, darüber zu reden.« Ich zuckte mit den Schultern. »Was geschehen ist, ändert nichts.«

»Was wissen Sie denn davon?«

»Auch nichts«, gab ich zu. »Ich habe so was im kleinen Zeh.«

Oberstaatsanwalt Rahmeier ballte die zarte Hand zur Faust, knallte sie auf die Tischplatte und verzog das Gesicht vor Schmerz. »Rossario arbeitet mit dem BKA zusammen. Er steht unter Naturschutz. Dann kommen Sie daher und …«

Mit einer wütenden Handbewegung winkte ich ab. Ich war müde, fühlte mich schlapp und auch ein bisschen hilflos. Susanne Steiner, Peter Steiner, Kocker, Specht – alle erwarteten Wunderdinge von mir. Und dann gab es die anderen, die mich daran zu hindern versuchten, das zu tun, was meine Freunde von mir erwarteten. Ich steckte ziemlich hoffnungslos in der Klemme. Es blieb mir gar nichts anderes übrig, als mit dem Kopf voran durch die Wand zu gehen. So wie Specht es ausdrückte: »Immer mit dem Kopf voran, der Arsch kommt von selbst nach!«

»Larissa Steiner besuchte einen von Rossarios Schuppen, als es zu dem Zwischenfall kam«, sagte ich leise. »Ich musste denken, dass Rossario – verdammte Scheiße! Warum versuche ich hier wie ein reuiger Sünder Rechenschaft abzulegen? Ob Rossario mit dem BKA zusammenarbeitet oder nicht, das interessiert mich einen Dreck! Ein paar Schweinehunde haben ein neunzehnjähriges Mädchen bestialisch überrollt. Dreimal. Zwei DIN-A-4-Seiten haben nicht ausgereicht, um darauf all die Verletzungen aufzuschreiben, die letztlich zum Tode von Larissa Steiner geführt haben.«

»Jeden Tag passiert so was.«

»Sicher«, sagte ich bitter. »In Hongkong oder Kapstadt. Aber wir sind zur Zeit in Dortmund, Herr Oberstaatsanwalt. Wenn sich hier welche aus Sizilien und Kalabrien bekämpfen, dann kann mir das auch noch egal sein. Aber wenn es dabei Opfer gibt, die mir nahe gestanden haben, dann hört alles auf. Ob Sie das verstehen oder nicht, ist mir auch egal. Was, verdammt, soll ich eigentlich hier? Mich dafür verantworten, dass sich Rossario eine Kugel eingefangen und man das Mama Luna in Schutt und Asche gelegt hat?«

Rahmeier hatte die seltene Gabe, alles an sich abprallen zu lassen, was ihm nicht behagte. »Ich soll Ihnen sagen, dass der Fall für Sie gestorben ist, Herr Borgmann. Sie haben schon genug kaputt gemacht. Seit Ihrem Auftreten ist Rossario als Informant sehr gefährdet. Jetzt wird man denken …«

Ich lachte leise und brachte ihn damit zum ersten Mal aus dem Konzept. »Die Leute, auf die ich es abgesehen habe, sind keineswegs die, an denen auch das BKA Wiesbaden interessiert ist und die Rossario denen vielleicht liefern kann.«

Über den Brillengläsern zuckten Rahmeiers Brauen irritiert in die Höhe. »Das verstehe ich nicht«, sagte er.

»Wenn Rossario das könnte, dann hätte er es schon längst getan. Er ist nicht gerade zimperlich.«

»Was sind das dann für Leute?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Auf jeden Fall haben sie Rossario in der Hand. Sie wollen zwei Milliarden Lire von ihm. Wie viel ist das in DM?«

Rahmeier rechnete. Es hätte mich auch arg enttäuscht, wenn er den Umrechnungskurs nicht im Kopf gehabt hätte. »Ungefähr zwei Millionen«, sagte er. »Aber davon weiß ich gar nichts.«

»Trösten Sie sich mit mir. Ich weiß auch nichts davon. Dass ich mit der Sache stoppen soll, kam das von Riesenbeck?«

»Nein.« Rahmeier schüttelte den Kopf. »Der Mann heißt Westermann. Ich habe es auf jeden Fall an Sie weitergegeben, Herr Borgmann.«

»Sicher«, sagte ich. »Das kann ich unterschreiben.«

»Wollen Sie mich vielleicht auf den Arm nehmen?«

Ich schaute ihn lange an und schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt nicht«, sagte ich. »Haben Sie schon mal was von ’Ndrangheta gehört?«

»Irgendein italienisches Gericht?«, fragte Rahmeier unsicher.

»Möglich«, sagte ich. »Wenn’s so ist, dann ist es ein schwer verdauliches Gericht.«

Krimi Doppelband 2211

Подняться наверх