Читать книгу Krimi Doppelband 2211 - Alfred Bekker - Страница 11
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ОглавлениеMarlies Enkhausen wartete auf mich.
Sie wartete im Bett. Splitternackt und ohne störende Decken lag sie dahingegossen wie aus edlem Marmor. Als ich ins Schlafzimmer kam, hatte sie mich längst gehört.
Statt einer Begrüßung machte sie die Beine breit.
Sehr einladend, absolut unmissverständlich.
Ihr Anblick hatte etwas von einem Grund zum Feiern, obwohl es den nicht geben konnte. Für mich auf keinen Fall. Doch bei Marlies wusste man nie, was sie gerade für feierlich hielt.
Selbst eine Abschiedsfeier war letzten Endes eine Feier. Der Gedanke durchzuckte mich, ohne dass ich ihn gerufen hatte.
Trotzdem folgte ich der Einladung – gleichfalls ohne ein Wort zu verlieren. Nach der Anspannung der vergangenen Stunden war es unter dem Strich auch eine willkommene Einladung.
Ich stieg aus meinen Klamotten. Mein erigiertes Prachtstück war höchst willkommen. Ich merkte es daran, dass sich Marlies entschloss, zusätzlich zur breitbeinigen Einladung eine mündliche Begrüßung vorzunehmen – ohne Worte versteht sich.
Sie nahm meinen Schwanz zwischen die Lippen. Der Anblick hatte was vom herzhaften Hineinbeißen in einen Apfel. Ich fragte mich, wer in grauer Vorzeit auf die Idee gekommen war, das Ding »Eichel« zu nennen. »Apfel« wäre viel treffender gewesen, allein von der größenmäßigen Einstufung her. Jedenfalls konnte ich das für mich beanspruchen, ohne herumzuspinnen.
Vielleicht waren die Neandertaler das gewesen, was der Engländer »well hung« nennt – »gut ausgestattet«, frei übersetzt. Und dann hatten die Jungs aus dem Neandertal zum ersten Mal die fortschrittlicheren Typen vom Stamm »Homo sapiens« gesehen – Typen mit ziemlich kleinen Schwänzen. Und weil sie nichts Besseres zum Vergleichen gehabt hatten, mussten die Neander-Boys die Eichel zum Vergleich herangezogen haben. Wildschweine fraßen Eicheln, und die Sapiens-Kerle gaben ihren Weibern die persönlichen Eicheln zum Lutschen.
Unsere neandertalischen Vorfahren müssen darüber mächtig gewiehert haben. Wahrscheinlich kannten sie damals das Sprichwort »Wer zuletzt lacht, lacht am besten« noch nicht. Denn die Burschen vom Typus »Homo sapiens« haben die Neandertaler in der Evolution bekanntlich ausgestochen, ob sie nun Eichelschwänze hatten oder nicht.
Ich musste mich zusammenreißen, um mein Pulver nicht schon in der Begrüßungsphase zu verschießen.
Doch Marlies war ein aufmerksames Mädchen. Sie spürte, dass ich kurz vor dem Kommen war, gab meinem Schwanz die Freiheit wieder und zog mich auf das Bett herab. Zwischen ihren einladend gespreizten Schenkeln fand ich das Ziel ohne jede Führungshilfe.
Marlies schrie vor Behagen, als ich zügig und tief in sie eindrang.
Sie klammerte die Beine um meine Hüften, und indem sie die Beinmuskeln anspannte und entspannte, reagierte sie auf meine Stöße.
Schreie, Keuchen und Stöhnen waren die einzigen Laute, die wir in den darauffolgenden Minuten und Stunden von uns gaben. Ich trieb Marlies von einem Orgasmus zum anderen, und es war genau das, was sie wollte. Ich dachte nicht darüber nach, warum sie es wollte.
Mir fiel ein, dass ich Tante Berta dankbar sein musste. Sie hatte darauf bestanden, dass ich die Wohnung in Dortmund behielt, auch wenn ich die meiste Zeit des Jahres nun in Berlin verbrachte.
Ein Mann braucht zwei Standbeine, lautete Tante Bertas Lebensweisheit zum Thema Wohnen.
Meine eigenen vier Wände in Dortmund konnte ich an Wochenenden oder zum Urlaub machen benutzen, lautete die Empfehlung meiner praktisch veranlagten Tante.
Urlaub im Ruhrpott.
Davon hatte so mancher Berliner bestimmt lange Zeit geträumt.
Als ich aufwachte, war ich schweißnass. Das Bett sah aus, als habe ein Kampf darin stattgefunden. Ich hatte schwer und schlecht geträumt. Irgendwann in der Nacht hatte Marlies das Schlafzimmer verlassen und sich auf die Couch gelegt. Ihr Kopfkissen war verschwunden. Es musste mit dem Grund zum Feiern zu tun haben.
Ich stand auf und zog die Gardinen vom Fenster. Es regnete noch immer. Der Nebel hing so tief, dass es heute mit Sicherheit nicht richtig Tag wurde. Ich ging ins Bad. Der Kerl im Spiegel sah aus, dass ich Mitleid mit ihm bekam und ich seinen Anblick nicht lange ertragen konnte. Ich stellte mich unter die Dusche. Kalt-heiß-kalt-heiß. Ob das die Kneipp’sche Methode war, wusste ich nicht. Aber es half, die Teufel aus mir zu vertreiben. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee, der die Wohnung durchstrich, tat ein Übriges.
Marlies saß am Küchentisch. Sie schaute mich über den Tassenrand hinweg an. Irgendwie sah sie aus, als hätte sie noch weniger Schlaf gefunden als ich. Ich setzte mich, schenkte mir Kaffee ein und trank einen Schluck.
»Morgen«, sagte ich dann, während sie mich schweigend weiter musterte, als müsse sie mich erst wieder daran erinnern, wer der Kerl war, der ihr gegenübersaß.
»Gibt es wirklich Frauen, die längere Zeit mit einem Polizisten zusammenleben können, Borgmann?«
»Soll es schon gegeben haben.«
»In Afrika?«
»Möglich.«
»Du warst in den letzten vier Wochen ganze fünf Tage zuhause, und wenn ich nicht mit dir nach Dortmund gekommen wäre, hätte ich dich wahrscheinlich die nächsten vierzehn Tage auch nicht gesehen.«
»Ja. Ich bin ein gefragter Mann.«
»Zweimal bist du mit Beulen gekommen, die ich verpflastert habe, und du hattest Schmerzen, sodass du dich nicht bewegen konntest.«
»Wenn du das sagst.«
»Zweimal warst du so kaputt, dass du im Stehen eingeschlafen bist.«
»Möglich.«
»Dann kamst du mit Karaschewski. Karaschewski ist geblieben, und ihr habt, obgleich ihr schon voll wart, noch eine Flasche Wodka getrunken.«
»Ich erinnere mich. Er brauchte seelischen Beistand. Wegen seiner geldgierigen Ex-Frau. Scheint mir wirklich nicht einfach, mit einem Polizisten zusammenzuleben – oder zusammengelebt zu haben.« Ich grinste schief, aber meine schöne Blondine fand das ganz und gar nicht lustig.
»Ich glaube nicht, dass ich das noch lange aushalte.«
Das war es also.
Der Grund zur Vor-Abschiedsfeier.
»Bitte, jetzt nicht«, sagte ich. »Ich habe schon Schwierigkeiten genug.«
»Ja«, sagte Marlies spitz. »Mit dir selbst, Borgmann. Du solltest mal um einen Termin bei eurem Polizeipsychiater nachsuchen. Habt ihr doch, so was, oder?«
»Ganz sicher. Aber ich habe keine Zeit.«
»Hatten wir eigentlich eine gute Zeit zusammen, Borgmann?«
Ich stand auf, stellte mich hinter sie und nahm sie in den Arm. Zuerst war da Widerstand, aber dann machte sie sich leicht. »Tut mir Leid«, sagte ich.
»Was?«
»Alles, was du willst«, sagte ich. »Aber jetzt keine Predigt. Ich habe wirklich Schwierigkeiten.«
»Ich auch. Ich frage mich, ob ich dich liebe, ob ich zu dir aufschaue oder dir nur dankbar bin. Immerhin hast du mich aus Mallorca geholt, und vielleicht hast du mir auch das Leben gerettet, als in Berlin einige Leute auftauchten und mit Maschinenpistolen durch die Tür schossen. Aber in Wirklichkeit ging das ja nicht um mich, oder?«
»Absolut nicht. Alles meine Schuld.«
Ihre Muskeln spannten sich schon wieder.
»Willst du weg?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie leise. »Ich weiß es wirklich nicht. Ich bin noch jung, sicherlich, aber einige Freundinnen haben schon Mann und Kinder. Ich weiß es wirklich nicht. Und dann ist da ja auch noch die Boutique, die ich aufmachen will. Kannst du mir nicht helfen?«
»Mit was?« Ich fühlte mich wirklich hilflos.
»Vielleicht kannst du mich fragen, ob ich deine Frau werden will.«
Ich ließ sie los und trat wieder neben den Tisch. Einige Sekunden lang schaute ich sie an. Sie war wunderschön, sie war ein prächtiger Mensch, wahrscheinlich konnte man sich auch auf sie verlassen, und ganz sicherlich würde sie eine gute Mutter werden, weil sie selbst eine verkorkste Kindheit gehabt hatte. »Könnte ich«, sagte ich. »Aber das wäre nicht ehrlich, Marlies.«
»Heißt das, dass du mich nicht liebst?«
Wie hatte ich auch eine andere Reaktion erwarten können?
»Das heißt, ich bin noch nicht reif, und mein Leben …«
Ihr Lachen unterbrach mich zuerst, dann kam die Rettung vom bimmelnden Telefon.
»Geh nicht ran«, sagte sie.
Das erinnerte mich an ein anderes Mädchen, das verlangt hatte, einen toten Türkenjungen von drei Jahren zu vergessen und stattdessen sie zu befriedigen.
Ein saurer Geschmack stieg in meinen Mund. Ich ging zum Telefon und hob ab.
»Ja, Borgmann!«
»Rossario erwartet dich, Werders Privatklinik, Schönau.«
»Rossario kann mich mal …«
Der Anrufer hatte eingehängt. Ich hielt den Hörer noch einige Sekunden in der Hand, dann legte ich auf.
»Sag jetzt nicht, dass du weg musst, Borgmann.«
»Ich muss weg!« Ich ging zum Tisch zurück, trank die Tasse leer und schaute Marlies an. Sie hatte schmale Lippen bekommen. Ich konnte mir zwar vorstellen, was in ihr vorging, aber ich konnte es nicht verstehen. Ich dachte blitzschnell an Mallorca, wo wir uns kennengelernt hatten, dachte an ihren Traum von einer eigenen Boutique, an das Geld dafür, das ich aus Riesenbeck herausgeholt hatte, und an die Zeit, die wir zusammen verbracht hatten. Sie hatte vollkommen Recht. Wir hatten wenig Zeit gehabt füreinander. Eigentlich zu wenig, um uns wirklich kennen zu lernen. Wir waren Magnet und Metall gewesen. Es hatte uns unweigerlich zueinander gezogen. Die magnetische Kraft schien nachgelassen zu haben.
»Okay«, sagte sie, stand auf und schloss sich den Morgenmantel über der schwellenden, runden Brust. »Okay, Borgmann. Tu, was du tun musst.«
Irgendwie hatte ich einen Kloß in der Kehle. Ich wollte etwas sagen, aber ich tat es nicht. Der Teufel wusste, warum. Ich zog mich an und rief den Polen an, den ich in unserem ehemaligen Revier erwischte.
»Ich habe gerade einen Anruf bekommen, Paul«, sagte ich. »Rossario will mich sehen, behauptet der Anrufer. In Werders Privatklinik. Weißt du, wo das ist?«
»Schönau«, sagte Karaschewski. »Er hat sich wirklich dahin bringen lassen?«
»Möglich, aber ich will auf Nummer sicher gehen. Okay?«
»Nimmst du den Porsche?«
»Ja.«
»Dann bin ich irgendwann auf der Wittekindstraße hinter dir, Peter. Dreh einige Runden. Ich brauche eine halbe Stunde.«
Ich ging in die Küche zurück. Marlies saß noch beim Kaffee und las in einem Magazin. »Ist noch was?«, fragte sie, rechts am Magazin vorbeischielend.
»Du kennst doch Larissa Steiner, oder?«
Sie nickte. »Und?«
»Sie ist tot.«
Marlies Enkhausen zuckte zusammen. Sie kannte Larissa Steiner nicht gut. Zweimal war sie ihr begegnet. »Was hat das mit dir zu tun?«
Mein Magen sackte ein Stück durch. »Nichts«, sagte ich rau. »Ich dachte, du solltest es wissen.«
»Tut mir Leid«, sagte sie. »Sie war noch jung.«
»Neunzehn. Ich gehe jetzt.«
»In Ordnung.« Ihre Stimme war etwas leiser geworden. »Geh du mal.«
Ich verließ die Wohnung. Sie rief mir etwas nach, was ich nicht verstand.