Читать книгу Gespensterfluch - 5 Romantic Thriller - Alfred Bekker - Страница 8
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Der Wind heulte klagend um die uralten Mauern von Dellmore Manor. Fensterläden klapperten. Es war bereits weit nach Mitternacht.
Edward Gaskell öffnete die schwere Holztür und trat ins Freie.
Der Wind zerrte an seinen Kleidern. Ihm fröstelte. Er schaute hinaus in die sturmdurchtoste Nacht.
Sein Blick glitt suchend umher. Bizarre Schatten tanzten auf den grauen Wänden der Nebengebäude.
Zögernd schritt Gaskell dann die fünf breiten Steinstufen des Portals hinab.
Wie ein verwaschener Fleck stand der Mond am Himmel und schimmerte durch die schnell dahinziehenden Wolken. Düsteren Schatten gleich erhoben sich die knorrigen, auf groteske Weise verwachsenen Bäume. Grauer Nebel war aus dem nahen See emporgestiegen. In dicken Schwaden kroch er über den Boden.
Immer neue geisterhafte Gestalten und Gesichter schienen sich in den wabernden Nebeln zu bilden. Der Schrei eines Raben durchdrang die Geräusche des Windes für einen kurzen Moment.
Dann sah Gaskell die Gestalt...
Sie hob sich als dunkler Schatten gegen den hellgrauen Nebel ab. Der Gang war schleppend. Ein eisiger Schauder überkam Gaskell, als er die Silhouette eines Dreispitzes erkannte...
Mein Gott!, durchzuckte es ihn. Sein Puls raste.
"Gaskell!", donnerte eine Stimme durch die Nacht. "Gaskell, bleiben Sie stehen, Sie Narr!"
Gaskell drehte sich halb herum. Jemand war auf das Portal getreten. Durch die offene Tür fiel Licht auf einen hochgewachsenen, hageren Mann, dessen falkenhaftes Gesicht Gaskell entgeistert anstarrte.
"Ich habe IHN gesehen, Sir Wilfried!", rief Gaskell. "Ich bin mir sicher. Dahinten..."
"Kommen Sie zurück, Sie Wahnsinniger!"
"Nein!", erwiderte Gaskell mit fester Stimme. "Ich will jetzt wissen, was hier vor sich geht!"
"Gaskell, nein!" Sir Wilfried streckte die Hand aus. Er trat einen Schritt vor, wagte sich aber nur bis zur ersten Stufe des Portals. Dann blieb er wie zur Salzsäule erstarrt stehen. Sein Gesicht war aschfahl geworden.
Auch Gaskell erstarrte.
Die Gestalt mit dem Dreispitz näherte sich. Der Mond beleuchtete ein bleiches Gesicht. Die Augen waren weit aufgerissen und ausdruckslos. Glasig schienen sie ins Nichts zu blicken. Unter dem Dreispitz quollen die Locken einer gepuderten Perücke hervor. Ein dunkler Mantel hing um seine Schultern und reichte beinahe bis zum Boden.
"Der bleiche Lord...", flüsterte Sir Wilfried ergriffen.
Seine Stimme vibrierte. Die knochendürren Finger hielten sich am steinernen Handlauf fest.
"Wer sind Sie?", fragte Gaskell an die düstere Gestalt gewandt. "Was wird hier eigentlich gespielt? Ich habe Sie durch das Fenster gesehen..."
Der Düstere antwortete nicht.
Seine leeren blicklosen Augen richteten sich auf Gaskell.
Dieser erschauerte bis in den tiefsten Grund seiner Seele.
Er wich einen Schritt zurück. Eine eigenartige Schwere fühlte er in den Beinen. Kälte kroch ihm den Rücken hinauf.
Eine Kälte, wie er sie nie zuvor gefühlt hatte...
"Nein", flüsterte Gaskell, während ihn das Grauen erfasste.
Im Gesicht des Düsteren veränderte sich etwas. Der dünnlippige Mund öffnete sich. Mit einem fauchenden Laut kam ein leuchtend weißer Nebel aus seinem Mund heraus und schoss in einer Fontäne auf Gaskell zu.
Gaskell taumelte einen Schritt zurück. Eine unsagbare Kälte erfasste in. Sein schauriger Todesschrei gellte durch die Nacht, während er zu Boden sank. Reglos blieb er am Boden liegen.
Der bleiche Lord senkte den Kopf.
Der Mond tauchte sein hageres Totengesicht in ein fahles Licht.
Sir Wilfried wich zurück zur Tür.
"Nein...", flüsterte er.
Der bleiche Lord hob die Hand.
Das Wiehern eines Pferdes ertönte. Dunkel hob sich die Silhouette des hochbeinigen Reittiers im Nebel ab. Das Pferd galoppierte auf den bleichen Lord zu und blieb dann stehen.
Der bleiche Lord wankte zu dem Reittier hin, schwang sich in den Sattel. Er wandte den Kopf. Einen Augenblick schienen seine leeren Augen Sir Wilfried zu musterten. Dieser war wie gelähmt. Angst kroch ihm wie eine grabeskalte, feuchte Hand den Rücken hinauf.
Dann riss der Reiter die Zügel seines Pferdes herum und ließ es direkt in den Nebel hineingaloppieren. Doch noch ehe die Nebelwand ihn wirklich verschluckt hatte, schien er transparent zu werden. Er löste sich auf. Nur das Getrappel der Hufe war noch eine ganze Weile zu hören und ließ Sir Wilfried bis ins Mark erschauern.