Читать книгу Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021 - Alfred Bekker - Страница 70
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ОглавлениеBount hoffte, dass niemand den Aufprall gehört hatte. An Deck jedenfalls war alles ruhig. Die Positionslampen brannten vorschriftsmäßig. Auf der Brücke war niemand zu sehen. Einer musste schließlich die Gefangenen überwachen. Bount nahm an, dass sie sich in der Messe aufhielten. Das war der größte Raum, der auch am besten zu kontrollieren war.
Er huschte zum vorderen Niedergang, um sich unter Deck weiter vorzuarbeiten. Stufe um Stufe kletterte er lautlos nach unten. Der Gang war mit sanftem Licht beleuchtet. Glücklicherweise kannte er sich auf diesem Schiff aus. Das gab ihm einen Vorteil gegenüber den Gangstern.
Alle Türen waren hier unten geschlossen. Bount hatte fast die Messe erreicht, als die Tür einen Spalt aufging und Bensons Kopf erschien. Bount riss seinen Revolver hoch, aber der andere hatte ebenfalls blitzschnell reagiert, und ein Feuerstoß aus dem automatischen Gewehr fetzte ein Stück der teuren Mahagonitäfelung aus der Wand. Benson hatte in der Eile zu hoch gezielt.
Bount ließ sich vornüberfallen und schoss zurück. Seine Kugel traf den Türrahmen. Benson verschwand aus der Schusslinie und knallte die Tür hinter sich wieder zu.
Mit der Überraschung war es damit vorbei. Die Schüsse hatten das ganze Schiff geweckt. Bount musste jeden Augenblick damit rechnen, dass die anderen auftauchten, und damit würde er einer beträchtlichen Übermacht gegenüberstehen.
Er rannte die paar Schritte bis zur Messe. „Seid ihr da drin?“, brüllte er.
„Ja, wir sind hier!“ Die Stimme erstickte in einem Gurgeln. Das war Jane Morris gewesen.
Das M 16 ballerte wieder los und stanzte eine saubere Lochreihe in die Tür. Bount hatte sich natürlich nicht direkt davor gestellt. Er wusste, dass Kugeln schwerer Kaliber nicht nur Türen, sondern unter Umständen auch Wände durchschlagen konnten.
Bount schnellte herum und trat gegen die Tür. Sie krachte aus dem Rahmen und fiel in den Raum. Mit einem Vorwärtssalto war er drinnen, während die nächste Garbe über seinen Kopf ging.
Noch im Sprung zielte er, und als seine Augen in gleicher Höhe mit der Visierlinie waren, drückte er ab.
Bount wusste, dass er nur diesen einen Schuss hatte. Wenn er nicht traf, würde ihn das automatische Gewehr in der nächsten Sekunde in zwei Teile zerschießen.
Doch er traf. Benson wurde vom Einschlag des Geschosses nach hinten geworfen und fiel gegen die Wand. Jane Morris riss reaktionsschnell das Gewehr an sich. Trotzdem starrte sie Bount an, als sei er ein Gespenst - und das war er wohl in ihren Augen auch.
Benson grunzte und versuchte, sich wieder hochzustemmen. Die Kugel hatte ihn irgendwo in der Schulter erwischt. Mit Sicherheit keine tödliche Wunde. Capitan Hernandez würde sich freuen, ihn lebend in die Finger zu bekommen.
„Kümmert euch um ihn!“, rief Bount Reiniger. „Das Gewehr wird ihn wohl in Schach halten!“
Larry Kent hatte inzwischen auch mitbekommen, dass um ihn herum die schönste Schießerei im Gange war.
Er nahm das M 16 und richtete es auf Benson. „Das haben wir unter Kontrolle“, murmelte er schlaftrunken.
Jane nickte heftig. „Pass auf dich auf!“
Rita blickte von einem zum anderen und sah aus, als hätte sie einen Traum. Die Mannschaft hatte sich nicht von der Stelle gerührt, aber jetzt sprangen sie alle auf.
„Stopp!“, sagte Bount. „Keiner verlässt diesen Raum. Haltet Benson in Schach und sichert den Eingang. Lasst keinen herein. Um die beiden anderen kümmere ich mich. Larry, du bist mir dafür verantwortlich, dass dieser Befehl befolgt wird. Noch haben wir nicht gewonnen - aber wir haben eine verdammt gute Chance!“
Damit war er wieder draußen auf dem Gang. Dicht an die Wand gedrückt, schlich er weiter in Richtung Heck. Gleich würde wieder ein Niedergang kommen, der direkt zur Brücke führte.
Er setzte den Fuß auf die erste Treppe, als ein kleiner Gegenstand an ihm vorüberfiel und über das Deck kollerte. Er griff gedankenschnell nach der Handgranate und schleuderte sie durch das geöffnete Bullauge. Es platschte, und dann zerriss die Explosion die Nacht. Das Rauschen des Wassers, das hochgeschleudert wurde und wieder zusammenfiel, schien kein Ende zu nehmen.
Er rannte mit wenigen Schritten die Treppe hoch und warf sich durch die Tür in den nächsten Raum.
Ein M 16 ratterte und machte aus der Einrichtung Kleinholz. Und dann war der Schatten auch bereits draußen und rannte über das Deck.
Bount spuckte eine Handvoll Sägemehl aus und stemmte sich hoch. Das war knapp gewesen. Ein wenig tiefer - und die Garbe hätte ihn voll getroffen. Der Schütze hatte es zu eilig gehabt. Es war aber nur einer! Wo hielt sich der andere auf?
Bount erfuhr es eine halbe Minute später, als ein zweiter Schatten wie der Blitz aus dem über ihm gelegenen Brückenaufbau herunterschoss. Der Mann schwang sein Gewehr wie eine Keule, aber Bount tauchte unter dem Hieb weg, und der Kolben zerschmetterte irgendein Instrument.
Der Schein der Positionslampe huschte flüchtig über das Gesicht, und Bount erkannte den Mann, der sich Garcia nannte. Seine Züge waren verzerrt und die Zähne entblößt wie bei einem Raubtier.
Bount schlug seinerseits mit dem Lauf des Revolvers zu, traf aber nur das Geländer der Treppe.
Garcia antwortete mit einem gemeinen Fußstoß, dem Bount aber problemlos ausweichen konnte. Dann versuchte es der Gangster mit der Waffe. Er wirbelte sie herum und drückte den Abzug.
Bevor der erste Schuss den Lauf verließ, hatte Bount ihn erreicht. Mit einem Kreuzhebel zwang er den Lauf der Waffe nach oben, und die Garbe zerstörte die Deckentäfelung. Rasch machte Bount eine Hand frei und setzte Garcia die Mündung des Revolvers an die Schläfe. „Schluss jetzt! Ihr habt ausgespielt!“
Garcia rührte sich nicht. „Auf den anderen Booten wird man uns hören. Du wirst gleich richtigen Feuerzauber kriegen.“
Bount lächelte. „Du irrst dich. Deine Freunde sind schon schlafen gelegt. Jetzt fehlt uns nur noch der saubere Mister Alvarez.“
„Er wird dich umlegen!“, höhnte Garcia.
Bount nahm ihm das M 16 aus der Hand. „Dreh dich um und geh vor mir her auf das Vorderdeck. Wenn dein Freund schießt, wirst du zuerst getroffen. Sag ihm lieber Bescheid, dass er sich ergeben soll. Dann rettest du dein Leben.“
„Fahr zur Hölle, Bastard!“ Garcia spuckte aus.
„Nach dir!“ Bount packte Garcia und schob ihn vor sich her, den Revolver im Anschlag. Er wusste, dass er diesem Mann keine Chance geben durfte. Garcia kämpfte jetzt um sein Leben, und das ließ unberechenbare Handlungen erwarten.
Als sie durch die Tür auf das Deck traten, versuchte es Garcia. Er riss sich los und rannte vorwärts. Dabei brüllte er: „Pass auf! Ich bin es! Der andere ...“
Ein Feuerstoß aus einer automatischen Waffe schnitt ihm das Wort ab. Garcia stolperte ein, zwei Schritte, dann sank er in die Knie und rollte über das Deck. Er stöhnte kurz auf und verstummte.
Alvarez hatte ihn verwechselt. Nicht immer war es gut, erst zu schießen und dann zu fragen. Bount hockte sich im Schatten nieder und spähte in das Halbdunkel. Er hatte am Mündungsfeuer erkannt, wo sich der zweite Mann befand. Hinter einer aufgerollten Taurolle unmittelbar am Bug. Das war keine sehr günstige Position, doch es gab kaum eine andere Deckung. Geblendet von den Lichtern, hatte Alvarez seinen Kumpel erschossen. Daran war er selber schuld.
Bount arbeitete sich vorsichtig weiter vor. Er war dankbar, dass seine Freunde und die Mannschaft sich an die Anweisungen hielten und in der Messe blieben. So wurde er nicht abgelenkt und konnte sich auf seinen letzten Gegner konzentrieren.
„Bist du das, Schnüffler?“, fragte Alvarez über das Deck.
Bount gab keine Antwort, um seine Stellung nicht zu verraten.
„Ich schlage dir ein Geschäft vor, Schnüffler! Ich lasse das Gold hier, das wir schon haben, und dafür lässt du mich laufen. Ich nehme einfach die Barkasse und verschwinde. Ihr habt gewonnen.“
Bount lächelte schwach. Alvarez schien nicht im Ernst zu glauben, dass er mit einer solchen durchsichtigen Geschichte durchkam.
„Überleg es dir! Immerhin bin ich bewaffnet und könnte dir ein Loch in deinen Körper schießen. Das wäre doch dämlich. Wir könnten einen Waffenstillstand schließen, dann gehen wir beide kein Risiko mehr ein. Wenn es die anderen erwischt hat, brauchen wir nicht auch noch dran zu glauben. Das ist doch ein fairer Vorschlag!“
Bount kroch weiter nach vorn, bis ihn nur noch eine Distanz von etwa fünf Metern von Alvarez trennte.
„Ich meine es ernst!“, schrie Alvarez erneut. „Ich werfe dir jetzt den Beutel mit dem Gold rüber. Und dann erwarte ich, dass du mich gehen lässt. Pass auf, er kommt jetzt!“
Ein schweres Bündel kam aus der Deckung geflogen und rutschte über das polierte Deck direkt auf Bount zu. Gleichzeitig sprang Alvarez auf, überwand die zwei Meter bis zur Reling und sprang mit einem gewaltigen Satz in die Barkasse.
Schon heulte der Starter auf, und der Motor kam auf Touren.
Bount griff blitzschnell den schweren Beutel und warf ihn zur Barkasse hinüber. Er fiel dumpf auf das Heck und kippte dann auf die hintere Sitzbank.
Alvarez schaffte gerade noch fünfzehn Meter, dann wurde die Barkasse von der Explosion der geballten Ladung in die Höhe gehoben und förmlich auseinandergerissen. Ein Feuerball stieg in die Nacht, und dumpf rollte der Donner der Explosion über die Küste. Das müsste Capitan Hernandez eigentlich um den Schlaf bringen.
Bount starrte nachdenklich auf den Revolver. Zwei Patronen hatte er verbraucht. Ein paar Gangster blieben ihm noch zur Verhaftung, praktisch verschnürt und bereit zum Abtransport. Das sollte den Capitan über den Verlust von zwei Patronen und ein beschädigtes Schlauchboot hinwegtrösten.
Bount wandte sich um. Es wurde Zeit, zu den anderen zu gehen. Er dachte flüchtig an den Hintermann der Bande, der vermutlich sicher in Florida saß und die nächste Schweinerei ausheckte. Nun, eines Tages würde es auch ihn erwischen.
Bount ging langsam die Treppe zur Messe hinunter. Vermutlich würde das Goldfieber bei seinen Freunden jetzt erheblich abgeklungen sein. Das spanische Gold hatte bis jetzt nur den Tod eingebracht. Man sollte es in seinem nassen Grab ruhen lassen.
ENDE