Читать книгу Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021 - Alfred Bekker - Страница 65
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ОглавлениеLarry hatte Tränen in den Augen. Die Hiebe waren schmerzhaft, aber sein Gegner kannte kein Erbarmen. „Wir werden euch schon noch Manieren beibringen!“, brüllte er.
„Ihr habt meinen Freund einfach absaufen lassen“, schrie Larry zurück.
„Er ist selber schuld. Warum ist er nicht an Bord der Barkasse gekommen? Dann wären wir jetzt alle beieinander und könnten überlegen, wie wir das Gold aus dem Meer holen. So wie es jetzt aussieht, musst du die ganze Arbeit allein machen.“
„Ich denke gar nicht daran, für euch zu tauchen!“, knurrte Larry mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Geht doch selber nach unten, wenn ihr die angeblichen Reichtümer holen wollt.“
Alvarez trat dicht vor ihn. In seinen Augen funkelte es vor unterdrückter Wut. „Du wirst tun, was wir dir sagen, sonst wirst du es bereuen. Glaub bloß nicht, dass uns deine großkotzige Art imponiert. Wir sind schon mit ganz anderen Leuten fertig geworden.“
„Es ist ja auch einfach, mit einem Gewehr dazustehen und andere Menschen zu bedrohen!“, höhnte Larry. „Bei einem Kampf Mann gegen Mann würde es anders aus sehen.“
Alvarez schüttelte den Kopf. „Wenn wir hier fertig sind, werde ich dir das Gegenteil beweisen - in einem Kampf auf Leben und Tod. Und dann werde ich dich erledigen, das verspreche ich dir. Du wirst deinen Kampf bekommen. Aber zuerst holen wir das Gold.“
„Ihr könnt mich nicht zwingen.“
Alvarez drehte sich um. Garcia war hinter ihm erschienen, ebenfalls das M 16 unter den Arm geklemmt. Die Waffe schien ihm zu gefallen, denn seit er an Bord war, hatte er sie nicht wieder aus der Hand gelegt. „Alles in Ordnung?“, fragte Alvarez.
Garcia nickte. „Unsere Gäste sind alle in der Messe eingesperrt. Benson bewacht sie. Ich hoffe sehr, dass er dazu in der Lage ist. Unsere eigene Mannschaft passt auf die beiden anderen Boote auf. Das ist mir lieber, denn so sind wir unter uns.“
„Okay“, sagte Alvarez. „Jetzt müssen wir diesen blöden Kerl nur noch dazu bringen, seine Tauchausflüge fortzusetzen.“
„Hat er denn noch nicht begriffen, was anderenfalls passiert?“, tat Garcia erstaunt. „Er müsste doch wissen, dass unsere Geduld schnell erschöpft ist. Ich hole einen von seinen Leuten.“
Larry Kent öffnete den Mund, aber Alvarez schlug ihm hart mit der freien Hand ins Gesicht, und so sagte er nichts.
Garcia erschien bereits nach zwei Minuten wieder. Er zerrte den Steward mit sich, einen jungen Burschen von Anfang zwanzig, der seit drei Jahren zu Kents Mannschaft gehörte. Er war ein einfacher Junge aus Florida, der wenig sagte und zuverlässig seine Arbeit tat. Er war so unauffällig, dass man ihn kaum bemerkte. Eine Eigenschaft, die Larry besonders schätzte. Andererseits war er immer da, wenn man ihn brauchte.
„Was habt ihr vor?“, fragte Larry dumpf.
Alvarez grinste. „Das wirst du gleich sehen. Ich frage dich aber ein letztes Mal: Wirst du jetzt tauchen?“
„Ich lasse mich nicht zwingen“, sagte Larry. „Aber lasst diesen Jungen aus dem Spiel. Er hat mit unserer Angelegenheit nichts zu tun. Was wollt ihr von ihm?“
Alvarez gab keine Antwort, sondern sah zu, wie Garcia den jungen Burschen an die Reling trieb. Der Junge zitterte und blickte ängstlich zu Kent hinüber, der mit zusammengebissenen Lippen hinüberstarrte. Jetzt würden sie den Jungen schlagen, aber er durfte nicht so einfach nachgeben. Es kam ihm dabei nicht auf das Gold an, sondern auf seinen Stolz. Ron Wilson lag verletzt unter Deck, sein Freund Bount Reiniger war vermutlich tot. Es reichte jetzt!
Garcia stellte den Steward an die Reling und befahl ihm, sich umzudrehen. Er hob langsam sein Gewehr, bis der Lauf zwischen die Schulterblätter zeigte.
Plötzlich begriff Larry, was geschah. Sie wollten den Jungen einfach umbringen!
„Das dürft ihr nicht tun!“, schrie er. Er schüttelte die Hand von Alvarez ab, der nach ihm greifen wollte, und rannte los.
Der Feuerstoß wirkte wie eine ungeheure Explosion in der morgendlichen Stille. Als das Echo verhallte, rührte sich nichts.
Kent blieb stehen, als sei er gegen eine Mauer gerannt. Seine Augen füllten sich erneut mit Tränen, als der Junge wie in Zeitlupe vornüberkippte und klatschend im Wasser versank.
„Du gemeiner Mörder!“, sagte er leise und setzte sich wieder in Bewegung, die Hände geballt.
Garcia zuckte herum, sein Finger krümmte sich erneut um den Abzug, und ein zweiter Feuerstoß jagte aus dem Lauf.
Die Kugeln zogen sich wie eine saubere Naht über das Deck. Larry blieb stehen und starrte auf die Einschüsse zu seinen Füßen. Aus den polierten Bohlen waren hässliche Splitter herausgerissen. Einer traf ihn am Fuß und riss eine kleine Wunde auf. Larry bemerkte sie überhaupt nicht. Er blickte auf die leere Stelle, an der eben noch der Steward gestanden hatte. Seine Fäuste sanken herunter.
„Wirst du jetzt für uns tauchen?“, fragte Garcia lauernd.
„Oder sollen wir zur Abwechslung eins der Mädchen holen?“, ergänzte Alvarez höhnisch.
„Ich werde tauchen“, sagte Larry Kent leise. Sein Widerstand war zusammengebrochen. Erst allmählich begriff er die Katastrophe, in die er hineingeraten war. Was als Abenteuer begonnen hatte, war zum Alptraum geworden. Sie würden alle sterben das war ihm jetzt klar. Die Gangster würden niemanden am Leben lassen. Sie mussten schon aus eigenem Interesse die Zeugen beseitigen. Auf einen Mord mehr oder weniger kam es ihnen bestimmt nicht an.
„Das ist aber eine sehr erfreuliche Nachricht“, sagte Alvarez. „Pack deine Klamotten zusammen und mach dich an die Arbeit. Wir wollen nicht den ganzen Tag vertrödeln.“
„Ich brauche Hilfe. Allein schaffe ich es nicht. Es ist zu gefährlich, in diesen Gewässern allein zu tauchen. Wir sind sehr dicht am Riff.“
„Wenn du denkst, dass wir vielleicht ...“, schrie Garcia hitzig.
„Einen Moment“, unterbrach ihn Alvarez. „Wer soll dir helfen?“
„Die beiden Mädchen können ebenfalls tauchen. Eine von ihnen muss mit mir kommen.“
Die beiden sahen sich kurz an. Dann nickte Alvarez.
„Das geht in Ordnung. Du weißt ja, was sonst geschieht. Wir haben genügend Geiseln.“
„Und wie habt ihr euch den weiteren Ablauf vorgestellt?“
„Ganz einfach. Ihr taucht und holt das Gold aus dem spanischen Schiff oder was immer es sein mag. Wenn ihr nicht fleißig seid, erschießen wir noch einen Mann - oder eine Frau.“
Larry hatte keinen Plan. Er wollte wenigstens eine der Frauen aus der unmittelbaren Gewalt der Gangster befreien. Unter Wasser fühlte er sich sicherer. Irgendetwas musste ihm einfallen, sonst waren sie alle verloren.
Er klammerte sich daran, dass er vielleicht in der versunkenen Galeone eine Lösung finden könnte. Zunächst einmal musste er die Goldgier der Feinde befriedigen und Zeit gewinnen. Sie durften nicht ungeduldig werden, aber gleichzeitig musste ihr Goldfieber immer höher steigen. Und dann musste er auf eine günstige Gelegenheit warten. Wenn doch nur Bount da wäre! Dem fiel in solchen Situationen immer etwas ein. Larry Kent fühlte sich sehr einsam.
„Wer soll mit dir tauchen?“, fragte Garcia. „Du hast die freie Auswahl. Überlege es dir gut. Und versuch keine Tricks. Wir kennen sie alle und fallen auf keinen mehr herein.“
„Jane Morris wird mit mir gehen“, sagte Larry.
„Ich werde sie holen.“ Garcia verschwand wieder. Er pfiff leise und hatte den Mord, den er vor wenigen Minuten begangen hatte, bereits wieder vergessen.