Читать книгу Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021 - Alfred Bekker - Страница 47

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Über Miami lag drückende Hitze, die selbst die Strände leerfegte. In dem klimatisierten Büro des Hochhauses war davon nichts zu spüren. Der Mann hinter dem riesigen Fenster hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und starrte über das Panorama, das er von dieser Höhe aus genoss.

Links, zum Greifen nahe, lag der Henderson Park. Weiter im Norden erkannte er den Expressway, der Miami von Norden nach Süden durchzieht. Sein Blick streifte kurz die Silhouette des Holiday Inn in der 11. Straße Nordwest, ging hinüber zur Biscayne Bay und heftete sich auf Miami Beach mit seiner endlosen Kette von Hotels.

Der Mann hatte eisengraues Haar, einen scharfen Zug um den Mund und buschige Brauen, die seine tiefliegenden Augen fast verdeckten. Er mochte um die sechzig sein, wirkte aber jünger.

Er drehte sich um und musterte die beiden anderen Männer in seinem Büro. Sie trugen schwarze Anzüge mit dunklen Krawatten und weißen Hemden, was ihnen das Aussehen von Leichenbestattern gab. Sie waren um die dreißig und besaßen ziemlich nichtssagende Gesichter, von einer fast unangenehmen Blässe. Das lag daran, dass sie der Sonne aus dem Weg gingen. Ihre Arbeit lag mehr in den Nachtstunden. Sie wirkten wie Brüder, obwohl sie nicht miteinander verwandt waren.

Der linke war Pedro Alvarez, auf Puerto Rico geboren, aber seit seinem fünften Lebensjahr in New York wohnend. Dort war er in der südlichen Bronx aufgewachsen und hatte die harte Schule der Straßengangs erlebt.

Seinen ersten Mord beging er, als er fünfzehn war. Er fand, dass es nicht allzu schwer gewesen war. Seitdem bevorzugte er das Messer als lautlose Waffe. Natürlich konnte er ebenso gut mit allen anderen Waffen umgehen.

Es blieb bei seiner Karriere nicht aus, dass andere auf ihn aufmerksam wurden. Er diente sich hoch mit Schutzgelderpressungen, als Bodyguard für einen kleineren Gangster, der aber bald erschossen wurde. Bei dieser Auseinandersetzung tötete Alvarez einen Polizisten. Das führte dazu, dass er die Bronx verlassen musste. Seine Freunde gaben ihm eine Empfehlung nach Miami, und so war er bei Rico Valetta gelandet, der seine Leute gern aus Puerto Ricanern rekrutierte. Denn in Miami gab es viele spanisch sprechende Leute. Es war immer besser, bei Drohungen die Muttersprache zu verwenden. Das hatte eine sehr viel durchschlagendere Wirkung.

Rechts neben ihm saß Lucky Garcia, der aus Kuba geflohen war, als Castros Polizei ihm zu dicht auf den Fersen saß. Er bezeichnete sich gern als politischen Flüchtling und erzählte wahre Schauermärchen darüber, wie er den kommunistischen Häschern entkommen war. Davon stimmt natürlich kein Wort. Für die Verbrechen, die er auf Kuba begangen hatte, hätte ihn jeder andere Staat der Welt ebenfalls für längere Zeit eingelocht.

Wie auch immer, für Rico Valetta war er ein nützliches Werkzeug. Garcia, den man aus unerfindlichen Gründen nur Lucky nannte, erledigte jeden Auftrag ohne zu fragen. Er war Spezialist in Sachen Mord, und die amerikanische Polizei war ihm noch nie auf die Spur gekommen. Er war also ein sehr nützliches Werkzeug.

Valetta betrachtete seine beiden Leute nachdenklich. Er konnte über ein Dutzend gute Männer verfügen, aber diesmal war er froh, auch über spanisch sprechende Untergebene zu verfügen. Offiziell besaß Valetta eine große Im- und Exportfirma mit guten Verbindungen nach Mittel- und Südamerika. Er hatte ein halbes Dutzend Schiffe gechartert, die gute Renditen erwirtschafteten. Vor allem, wenn man bedachte, was ihre illegale Fracht brachte. Neben Handelsgütern, wie Kaffee, Bananen und anderen nützlichen Dingen, wurde auch fast immer ein wenig Kokain oder auch ein Ballen Marihuana mitgeführt.

Dieser ertragreiche Handel war trotzdem nur die Spitze des Eisbergs. Denn in Miami war Valetta ein wichtiger Mann, der seine Finger im Glücksspielgeschäft, in der Prostitution und in anderen Bereichen der Unterwelt hatte. Außerdem besaß er eine Maklerfirma, die wertlosen Boden aufkaufte und ihn als gutes Bauland weiterveräußerte, vorwiegend an Ausländer, die Miami nicht kannten. Die entsprechenden Behörden wurden natürlich geschmiert. Um die finanziellen Einzelheiten seiner Geschäfte zu verschleiern, hatte Valetta vor ein paar Jahren eine eigene Bank gegründet. Alles in allem konnte er über den Geschäftsgang nicht klagen.

„Ich habe für euch eine ganz spezielle Aufgabe“, begann Valetta. „Ihr werdet für ein paar Tage Florida verlassen müssen.“

Die beiden sahen ihn aufmerksam an. „Kein Problem für uns“, sagte Garcia schleppend.

Valetta ging zu seinem Schreibtisch und zog eine Karte aus der Schublade, die er sorgfältig entfaltete. Sein Finger suchte, bis er die Stelle gefunden hatte. „Hier ist es, diese kleine Insel östlich von Puerto Rico. Dort habe ich seit Jahren einen Vertrauensmann sitzen, der mich gestern angerufen hat.“

„Von dieser Insel habe ich noch nie gehört“, meinte Pedro Alvarez. „Und dabei liegt sie ganz in der Nähe meiner Heimat.“

Valetta lächelte schwach. „Über diese Insel wickle ich einige meiner Geschäfte ab. Daher sitzt dort auch ein Mann von mir. Aber um diese Geschäfte geht es nicht. Sie laufen ausgezeichnet. Es gibt dort etwas ganz Neues, das meine Aufmerksamkeit geweckt hat. Ich weiß nicht warum, aber die Idee gefällt mir einfach.“

Garcia hob den Kopf. „Welche Idee, Boss?“

„Ganz durch Zufall hat mein Mann einen Haufen Goldmünzen gefunden. Nun, gefunden ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, aber bleiben wir ruhig dabei. Sicher hätte er die Münzen einstecken können und den Mund darüber halten. Aber er ist mir natürlich ergeben, wie ich das von meinen Mitarbeitern erwarte.“

Er sah die beiden scharf an und machte eine kurze Pause. „Nun, er weiß, dass ich Treue durchaus zu belohnen weiß. Wie auch immer, es gibt Anzeichen dafür, dass diese paar Münzen nur Teil eines großen Schatzes sind, der sich irgendwo bei dieser Insel befindet. Gefunden wurden diese Münzen von einem Fischer, der leider nichts mehr sagen kann. Jedenfalls ist zu vermuten, dass dort vor Jahrhunderten ein spanisches Silberschiff gesunken ist. Es wartet wahrscheinlich immer noch darauf, dass es gehoben wird.“

Garcia hatte einen betretenen Ausdruck im Gesicht. „Wir haben nicht viel Erfahrung im Schatzsuchen“, sagte er leise. „Um genau zu sein, ich wüsste nicht, wie ich das anfangen sollte. Ich bin in meinem Leben noch nie getaucht.“

Valetta nickte. „Das ist mir klar. Ich will auch nicht, dass ihr dort unten nach versunkenen Schiffen taucht. Ihr würdet eine spanische Galeone noch nicht mal erkennen, wenn ihr sie mit der Hand berühren könntet.“

„Eine spanische was?“, fragte Alvarez.

„Eine Galeone. So hieß damals der Schiffstyp. Ein bauchiges relativ kleines Schiff mit drei Masten. Ihr müsst in diesem Zusammenhang noch wissen, dass ich eine kleine Münzsammlung besitze. Übrigens mein einziges Hobby. Ich würde schon ganz gern ein paar spanische Golddublonen besitzen.“

„Und wie kommen wir an diesen Schatz?“, fragte Garcia.

„Nehmen wir einmal an, mein Mann dort unten hat recht, und es gibt tatsächlich ein gesunkenes Schiff. Nehmen wir weiter an, es gehörte zur spanischen Silberflotte und ist aus irgendwelchen Gründen vor dieser Insel gesunken. Der bisherige Münzenfund spricht dafür, dass es nur ein kleiner Teil des Schatzes ist. Wenn dies alles stimmt, ist es bestimmt möglich, auch den Rest zu heben.“

„Und wie sollen wir das anfangen?“

„Das sollt ihr nicht. Mein Mann hat mir noch etwas Interessantes erzählt. Im Hafen liegt die Jacht eines reichen Amerikaners, der dort zum Hochseeangeln ist. Dieser Mann hat die Münzen ebenfalls gesehen. Mein Mann ist ganz sicher, dass der Amerikaner die gleichen Schlüsse gezogen hat. Seine Jacht hat die notwendige Tauchausrüstung an Bord. Er wird sich jetzt wahrscheinlich unter Wasser ein wenig umsehen. Und da gibt es noch etwas. Die Polizei, vertreten durch einen gewissen Capitan Hernandez, hat Verdacht gegen die Amerikaner geschöpft. Er verdächtigt sie, am Tod des Fischers beteiligt gewesen zu sein.“

Garcia grinste. Dies war ein Sachverhalt, den er besser beurteilen konnte als die Schatzsuche. „Aber diesen Fischer hat natürlich Ihr Mann umgelegt?“

Valetta nickte. „Sicher. Er hat die Goldmünzen sichergestellt. Aber er weiß nicht, wo der Fischer die Münzen in einer Kassette gefunden hat. Das ist natürlich einzugrenzen, denn es muss herauszukriegen sein, wo er normalerweise gefischt hat. Mein Mann meint, dass die Amerikaner auch so schlau sein müssten.“

Alvarez nickte. „Ich verstehe. Wir brauchen uns bloß an die Amerikaner zu hängen, die uns vielleicht bald zum Fundort führen.“

„Und die das Gold für uns vom Meeresgrund holen“, ergänzte Garcia.

Valetta strahlte. „Ihr habt genau begriffen, was ich meine.“

„Dazu benötigen wir aber eine bestimmte Ausrüstung“, meinte Garcia nachdenklich.

Valetta nickte. „Ich habe heute Morgen schon alle Vorbereitungen getroffen. Ihr bekommt einen schnellen Kabinenkreuzer mit einer dreiköpfigen Besatzung, die mir absolut ergeben ist. Die Männer stellen keine Fragen und können notfalls alle mit der Waffe umgehen. Nur eines müsst ihr beachten: Für die seemännischen Kommandos ist der Kapitän da. Das gilt ohne jede Ausnahme. Für den operativen Einsatz habt ihr die Verantwortung. Der Kapitän ist informiert. Er hat inzwischen die Ausrüstung an Bord genommen und erwartet euch. An Bord befinden sich Waffen und Munition, die ihr möglicherweise brauchen werdet.“

Garcia klopfte sich unter die linke Achsel. „Ich verlasse mich am liebsten auf meine eigene Waffe.“

„Die kannst du natürlich auch mitnehmen. Der Kabinenkreuzer trägt den Namen ‚Valetta‘.“

Die beiden Köpfe ruckten hoch. „Ihr eigener Name?“, fragte Alvarez erstaunt.

Valetta lächelte stolz. „Sicher, es ist mein eigenes Schiff. Warum soll ich es nicht auf meinen eigenen Namen taufen? Es ist ein guter und seriöser Name.“

„Ist das nicht ein bisschen leichtsinnig? Jeder, der das Boot sieht, wird doch wissen, wer dahintersteckt.“ Valetta machte eine unwirsche Handbewegung. „Keiner dort unten kennt meinen Namen. Außerdem werdet ihr dafür sorgen, dass es keinen Verdacht geben wird. Ihr verhaltet euch unauffällig und tretet erst in Aktion, wenn es soweit ist. Vorher spielt ihr amerikanische Touristen, die die Zeit totschlagen.“

„Und wenn die Amerikaner tatsächlich den Schatz finden?“, fragte Garcia.

„Dann nehmt ihr ihn weg. Das müsst ihr dann schon selbst sehen, wie es am besten geht. Schließlich habt ihr genügend bei mir gelernt. Es wäre gut, wenn es keine Toten gibt. Das wirbelt immer so viel Staub auf. Aber ich will den Schatz auf jeden Fall haben wir verstehen uns doch?“

Die beiden Männer nickten.

„Zu mir wird es ab sofort keine weitere Verbindung geben“, fuhr Valetta fort. „Haltet die Kontakte so gering wie möglich. Aufsehen können wir nicht gebrauchen, und auf keinen Fall darf mein Mann in Verdacht kommen, mit dieser Sache zu tun zu haben. Immerhin gibt es noch einen ungeklärten Mord auf der Insel. Die Polizei wird ihren ganzen Ehrgeiz dareinsetzen, den Täter zu erwischen.“

„Sie deuteten vorhin an, dass die Polizei diese Amerikaner in Verdacht hat. Was ist, wenn sie verhaftet werden?“

Valetta nickte nachdenklich. „Eine gute Frage. Wenn sie hinter Schloss und Riegel sitzen, ist uns damit wenig gedient. Schließlich müssen sie für uns den Schatz heben. Wenn es also so weit kommen sollte, müsst ihr eben dafür sorgen, dass die Polizei einen anderen Verdächtigen bekommt. Wir dürfen den Gesamtplan nicht gefährden. Zeit genug bekommt ihr von mir. Ich will den Schatz - falls er existiert.“

„Sie haben ihn schon“, sagte Alvarez.

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