Читать книгу Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021 - Alfred Bekker - Страница 46
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ОглавлениеEr erwachte am nächsten Morgen vom Poltern genagelter Stiefel an Deck. Ein ungewohntes Geräusch auf diesem Schiff. Und der Gedanke vom Vorabend fiel ihm wieder ein. Er zog die Stirn in Falten und streifte sich rasch ein paar Sachen über. Duschen und Rasieren würde er später. Erst musste er seine Neugier befriedigen.
Die Polizei dieser Karibikinsel östlich Puerto Ricos war doch leistungsfähiger als sie alle gedacht hatten. Denn die Herren waren schon an Bord.
Bount sah Larry Kent auf dem Vordeck im Gespräch mit einem fetten Zivilisten, neben dem rechts und links zwei uniformierte Polizisten standen. Die Uniform erinnerte an britische Polizei, abgesehen von den kurzen Hosen. Bount hatte sich bisher keine Gedanken darüber gemacht, wer auf dieser Insel regierte, auf der sie mehr oder weniger zufällig gelandet waren.
Larry sah ihn und winkte ihn heran. „Das ist Capitan Hernandez“, stellte er vor. „Er möchte uns ein paar Fragen stellen.“
Der Dicke musterte Bount aus zusammengekniffenen Augen. „Sie waren gestern in einer Kneipe am Hafen“, begann er. Sein Englisch war gut zu verstehen. „Dort war ebenfalls ein Fischer aus diesem Ort, ein gewisser Alfredo Villalonga. Ich hörte, dass er seine Rechnung mit einer Goldmünze beglichen hat. Das ist ziemlich ungewöhnlich für einen Fischer, finden Sie nicht?“
„Ich kann nicht beurteilen, in welcher Währung die Fischer hierzulande normalerweise zahlen“, sagte Bount.
„Aber was hat das mit uns zu tun? Wir haben in Pesos bezahlt.“
Hernandez nickte. „Es geht nicht um Ihre Zeche, meine Herren. Sagen Sie mir einfach, was Sie gemacht haben, nachdem Alfredo gegangen war.“
Kent warf Bount einen raschen Blick zu, der signalisierte, dass Bount das Gespräch führen sollte. Larry fühlte sich einem Verhör durch den Polizisten offenbar nicht gewachsen.
„Wir sind etwas später ebenfalls gegangen“, sagte Bount. „Direkt hierher zum Schiff. Ein paar Minuten später sind wir in unsere Kabinen gegangen. Aber ich verstehe immer noch nicht, was wir mit diesem Fischer zu tun haben.“
Capitan Hernandez nagte an seiner Unterlippe. „Villalonga wurde heute Nacht ermordet. Und ich habe den starken Verdacht, dass es wegen seiner Goldmünzen geschah. Denn er sagte ja, dass er nicht nur die eine besäße. In seinem Haus haben wir jedoch nichts gefunden, was auch nur annähernd einer Goldmünze ähnlich sehe. Irgend jemand ist dem armen Kerl nachgegangen und hat ihn beraubt.“
„Das ist ja furchtbar“, sagte Larry erschüttert. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen.
Vermutlich dachte er in diesem Augenblick an das gleiche wie Bount. In der Messe lagen noch die Goldmünzen auf dem Tisch. Wenn Hernandez sie zu Gesicht bekam, würde er sie augenblicklich hinter Schloss und Riegel bringen. Der Capitan sah nicht so aus, als ob er lange zögern würde. In der Tat wäre dieser Fund für seine Theorie auch das Tüpfelchen auf dem i gewesen. Und Bount musste einräumen, dass der Polizist mit seiner Theorie des Tathergangs durchaus recht hatte.
„Ich habe im Moment keine weiteren Fragen“, sagte Hernandez. „Aber ich möchte Sie bitten, in den nächsten Tagen nicht auszulaufen.“
„Das ist unmöglich“, sagte Larry entschlossen.
Hernandez lächelte. „Nun gut, da ich Sie nicht zwingen kann, bleiben Sie wenigstens noch vierundzwanzig Stunden im Hafen.“
Bount lächelte. „Diesen Wunsch können wir Ihnen gern erfüllen. Wir hatten ohnehin die Absicht, ein paar Tage in dieser Gegend zu verbringen. Die Inseln hier sind sehr schön, und die Leute freundlich.“
Hernandez wurde leicht rot im Gesicht. Seine Augen wurden noch schmaler. Er hatte die Anspielung verstanden, keine Frage. Bount ahnte, dass man sich vor diesem Mann in Acht nehmen musste. Er war nicht dumm, und er würde in seinem Verdacht gegen die Amerikaner so schnell nicht nachlassen.
„Können wir noch etwas für Sie tun?“, fragte Larry Kent.
Hernandez schüttelte den Kopf. „Wir werden uns vor Ihrer Abreise bestimmt noch einmal sehen.“
Abrupt wandte er sich um und ging zur Gangway. Die beiden Polizisten folgten ihm wortlos.
Bount wartete, bis er weit genug weg war. „Wir sollten uns darauf einrichten, dass er in Kürze mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkommt. Ich kenne Leute wie ihn. Er hat einen Verdacht, und er wird wie ein guter Spürhund nicht davon ablassen. Das mag auch daran liegen, dass wir seine einzige Spur sind.“
Larry blickte ihn verunsichert an. „Heißt das, dass dieser Hernandez uns hier festnageln kann, solange es ihm gefällt?“
Bount schüttelte den Kopf. „Wenn wir seinen Verdacht in eine andere Richtung lenken, wird er uns schnell vergessen. Wir müssen also selbst nach dem wahren Täter suchen. Nicht nur, um mehr über die Goldmünzen zu erfahren, sondern auch aus ureigenstem Interesse. Wenn Hernandez seinen Verdächtigen in die Finger bekommt, hat er genug zu tun. Aber solange das nicht der Fall ist, werden wir keinen Schritt tun können, ohne dass er davon erfährt. Das würde bedeuten, dass wir die Suche nach dem Schiff vergessen können.“
Larry nickte sorgenvoll. „Du hast recht. Was tun wir also?“
„Du kümmerst dich um die Vorbereitungen für die Suche. Meine Aufgabe ist wie üblich die Mörderjagd.“
Gähnend erschien Ron Wilson an Deck, in einen weißen Bademantel gehüllt. „Einen wunderschönen guten Morgen“, wünschte er.
Bount grinste ihn an. „Das Beste hast du bereits verpasst. Wir hatten Besuch von der hiesigen Polizei.“
Wilsons Gesicht färbte sich grünlich. „Und das vor dem Frühstück. Du kannst einem den schönsten Tag versauen.“
Jetzt tauchten auch die beiden Mädchen auf. Rita Wilson, Anfang Zwanzig, schlank und rothaarig, schüttelte ihre lange Mähne und blickte fragend zwischen den Männern hin und her.
Jane Morris lächelte schwach. Ihre dunklen Augen blitzten. Sie war ebenso schlank und biegsam wie ihre Freundin, etwas kleiner, dunkelhaarig und zwei Jahre älter. „Unsere Männer haben wieder mal ein kleines Geheimnis“, sagte sie spöttisch. „Wie die kleinen Kinder. Sie werden schon noch damit herausrücken. Ich finde, wir sollten erst mal frühstücken.“
„Wir müssen mit euch reden“, sagte Larry mit Grabesstimme.
„Nicht so ernst!“, entgegnete Jane. „Worum geht es?“
Larry sah sich um, ob Hernandez mit seinen beiden Begleitern auch tatsächlich verschwunden war. „Es geht um Gold.“
Für einen Augenblick herrschte Schweigen an Bord. Dann sagte Jane lässig: „Und ich dachte schon, es sei etwas Wichtiges.“