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Sie waren alle fünf in der Barkasse. Larry hatte entschieden, dass sie es jetzt gemeinsam versuchen sollten. Sie wussten, dass ihre Zeit knapp wurde. Die Gegenseite war aufmarschiert. Nach Bount Reinigers Ausflug gab es keinen Zweifel über die Absichten der anderen.

Der Fund der Kanone hatte ihnen Hoffnung gegeben. Die „San Trinidad“ war ohne Zweifel hier gesunken oder an den Riffen zerschellt. Natürlich konnten ihre Reste in alle Himmelsrichtungen verstreut sein, aber es gab durchaus Hoffnung, dass es sie noch gab.

Die Barkasse dümpelt in einer schwachen Dünung. Das Rauschen und Gurgeln des Wassers am Riff war gefährlich nahe. Glücklicherweise hatten sie wenigstens mit dem Wetter Glück. Schon ein schwacher Sturm hätte das Tauchen unmöglich gemacht.

„Dort drüben liegt die Kanone“, erläuterte Larry Kent. „Wir bilden einen Halbkreis und suchen systematisch alles ab. Es kann sein, dass das Wrack im Riff eingeklemmt ist. Vielleicht ist es auch überwachsen. Wir müssen gründlich vorgehen. Wir bewegen uns dabei zum Riff hin und versuchen, so dicht wie möglich heranzukommen. Aber ich möchte, dass wir in Sichtkontakt bleiben, falls etwas passiert. Wir werden die Suche wieder in Segmente aufteilen. Wir beginnen östlich von der Kanone und bewegen uns dann zur Küste hin.“

„Unsere Besatzung ist doch instruiert, dass sie auf die beiden Boote aufzupassen hat?“, vergewisserte sich Ron Wilson.

Bount nickte. „Wenn sie etwas Verdächtiges bemerken, verständigen sie die Barkasse. Von dort aus würde man uns ein Zeichen geben. In der Barkasse befinden sich Waffen für den Notfall.“

„Es wird doch nicht gleich eine Schießerei geben!“, bemerkte Jane Morris spöttisch.

Bount sah sie an und verzog leicht den Mund. Seine Gedanken behielt er jedoch für sich. Er hoffte, dass sie recht behielt, aber er wusste, dass es hart hergehen würde, wenn sie tatsächlich Gold fanden.

„Ich gehe als Erster“, sagte Larry und ließ sich rücklings über die Bordwand fallen.

Die Barkasse nahm langsam Fahrt auf. Nacheinander ließen sie sich ins Wasser gleiten. Rita, dann Ron, Jane und schließlich Bount, der das andere Ende der Kette bildete. Die anderen hatten akzeptiert, dass er sich beim Tauchen bereits gut zurechtfand. Sie nahmen ihn als vollwertiges Teammitglied auf.

Wie immer am Anfang hatte Bount Schwierigkeiten, sich von der frischen Luft auf die Pressluft umzustellen. Er atmete zu hastig, weil er zu ersticken glaubte. Erst nach zwei oder drei Minuten atmete er ruhiger und kontrollierter. Er prüfte seine Instrumente. Es war alles in Ordnung. Er hob grüßend die Hand zu Jane Morris, die er als schlanken Schatten erkennen konnte.

Dicht über dem Boden glitten sie auf das Riff zu. Ein Fisch, der fast so groß war wie Bount, drehte ab, ehe sie aufeinandertrafen. Ein harmloser Geselle. Haie waren nicht in Sicht.

Minuten später wuchs vor ihm die dunkle Wand des Riffs in die Höhe. Die Sicht wurde schlechter. Er blickte zur Seite, aber von Jane war nichts zu sehen. Er änderte seine Richtung und schwamm näher zu ihr. Er hatte begriffen, dass beim Tauchen keine Eigenmächtigkeiten erlaubt waren. Jeder war für die anderen verantwortlich. Eine Unachtsamkeit konnte einem Kameraden das Leben kosten.

Und plötzlich sah er es!

Die Erkenntnis durchzuckte Bount wie ein elektrischer Schlag, nachdem er beinahe vorbeigeschwommen wäre. Er drehte sich um seine Achse und brachte sich in eine senkrechte Position. Leicht mit den Flossen tretend, schwebte er im Wasser und betrachtete die schwarze Masse zwischen den Korallen.

Es war ohne jeden Zweifel ein altes Schiff. Mit einem Neigungswinkel von etwa 45 Grad hing es in den Korallen. Der Bug lag tiefer als das Heck. Bount konnte die ganze Länge überblicken.

Das Deck war an vielen Stellen eingebrochen und natürlich völlig überwachsen. Die Masten waren nur noch kurze Stummel, kaum als solche erkenntlich. Der ursprünglich hochgezogene Heckaufbau bestand nur noch aus gesplitterten Seitenteilen, die bis zum Hauptdeck herunter verrottet waren.

Der Rest des Bugspriets ragte aus dem Riff hervor. Auch am Bug gähnte eine riesige Öffnung. Zwei unförmige Klumpen auf dem Hauptdeck identifizierte Bount als Kanonen. Die übrigen mussten sich bei der Katastrophe aus ihren Verankerungen gerissen und die Bordwände durchschlagen haben, ehe sie für immer in der Tiefe verschwanden.

Bount bewegte sich näher an das Wrack heran. Allmählich gewann er den Blick für Einzelheiten. In den Büchern, die Larry herangeschleppt hatte, waren Abbildungen alter spanischer Schiffe gewesen. Danach war dies tatsächlich eine Galeone. Die typische Bauweise war immer noch recht deutlich zu erkennen.

Bount versuchte sich vorzustellen, was damals vorgegangen war, welche entsetzlichen Szenen sich abgespielt haben mussten, ehe das kühle Nass die Besatzung zu sich nahm. Es war nicht mehr zu unterscheiden, ob die schweren Beschädigungen durch den Sturm entstanden waren oder erst durch den Untergang. Vermutlich waren Ruder und Masten zerschlagen und das Schiff damit steuerlos. Unbarmherzig hatte der Sturm dann die „San Trinidad“ auf die Riffe zugetrieben, und die berstenden Planken hatten das Ende eingeleitet.

Das Wasser hatte sich in die unteren Räume ergossen. Messerscharfe Korallen schlitzten die Bohlen auf wie ein Rasiermesser. Die „San Trinidad“ sank mit allen, die an Bord waren, und niemand fand danach eine Spur von ihr. Bis ein Fischer ein paar Goldmünzen in seinem Netz entdeckte. Die Vergangenheit wurde plötzlich wieder lebendig.

Bount schwamm um das Wrack herum, wobei er außer Reichweite der scharfen Korallen blieb. Er fragte sich, welche gefährlichen Bewohner sich heute in dem Wrack eingenistet haben mochten. Muränen lebten häufig an solchen Stellen.

Er schaltete seine Lampe an und ließ den hellen Schein über das Deck wandern. Aufgescheuchte Fischschwärme huschten blind durcheinander. Alles war dick mit Muscheln überwachsen. Es gab jedoch genügend Stellen, an denen man in das Wrack hineinkommen konnte. Bount war versucht, selbst hineinzugehen, ließ es dann aber doch bleiben. Wenn ihm etwas geschah, gab es niemanden, der ihm helfen konnte. Er musste die anderen holen.

Bount hatte sich das Schiff größer vorgestellt. Es war kaum zu glauben, dass die Menschen damals mit solchen Nussschalen die Ozeane überquerten. Außerdem schien es ihm unmöglich, dass hundert oder mehr Menschen auf einem solchen Schiff eingezwängt gewesen waren.

Er schwamm über den zerschlagenen Heckaufbau und konnte durch die Reste der Decks bis zum Kiel hindurchsehen. Hoffentlich hatten sich die Schätze nicht ausgerechnet hier befunden, denn dann waren sie in unergründlichen Tiefen versunken.

Die Schiffsmitte dagegen schien noch einigermaßen intakt zu sein. Und dort befanden sich die Laderäume.

Durch die Muscheln wirkte das Schiff wie ein versteinertes Abbild. Der hölzerne Rumpf war sicher nicht mit einer Säge zu bezwingen. Bount fragte sich, wie sie weiter vorgehen würden.

Krimi Paket 9 starke Thriller im August 2021

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